Neu-Schottland

[835] Neu-Schottland (englisch New Scotland, Nova Scotia, früher Acadia, Neu-Braunschweig einschließlich), 1) Halbinsel im Osten des Britischen Nordamerikas, durch eine fast 3 Meilen breite Landenge mit Neu-Braunschweig zusammenhängend, im Westen von der Fundybai, im Süden u. Osten vom Atlantischen. Ocean umflossen, im Norden durch den Gut von Canso von der Insel Cape Breton getrennt, im Nordwesten an den Lorenzo Golf grenzend; 736 QM.; Gebirge: Zweige des Albanygebirges, im Nordosten; Vorgebirge: Canso, Louis etc.; Baien: Antigoniche, Chebneto, Rothe See, Lorenzbai, Roseway; Flüsse: Schubenaccadie, Annapolis, Pigaquid u. a.; Seen: Rossignol, Porter u.a.; Klima: ziemlich rauh, doch selten od. nie zugefrorene Häfen, nebelige Luft, ziemlich heiße Sommer; Erzeugnisse: Korn (zur Ausfuhr), andere Getreidearten, Tabak, Gemüse, Kartoffeln, weniger Obst; die Viehzucht, (europäische Hausthiere) ist ergiebig; Fischerei ist Hauptnahrung, an ihr nehmen Europäer (auf Stockfische, Makrelen, Häringe u. dgl.) Antheil; die Wälder geben treffliches Bau- u. Schiffsholz (Cedern u. andere Nadelhölzer, Birken, Ahorn mit Zuckergewinn); von Wild gibt es Füchse, Luchse, wilde Hunde (den Schafheerden gefährlich), Fischottern, Robben, vielerlei Geflügel Eidergänse); im Sommer sind auch hier die Moskitos eine schwere Plage. Einwohner über 250,000, Angloamerikaner, Briten, Franzosen (die ursprünglichen Einwanderer, Acadier genannt) u. wenig andere Europäer, mit englischen Sitten u. Sprache, u. Indianer (Mickmack, algonkinischen Stammes, 1500 Köpfe); man treibt Fischerei, Holzcultur, Jagd, Ackerbau u. Viehzucht, Handel, befördert durch gute Ankerplätze, schiffbare Flüsse, auch einige Landstraßen; 2) Gouvernement des Britischen Nordamerikas, die gleichnamige Halbinsel u. die Insel Cape Breton umfassend, insgesammt 848 QM., mit 280,000 Ew. Die Verfassung ist der von Canada ähnlich. Die Verwaldung ist einem Gouverneur (Lieutenant Governor) übertragen, welcher in militärischer Beziehung dem Governor General von Canada untergeordnet, im übrigen aber von diesem ganz unabhängig ist; ihm zur Seite steht ein Executive Council; die legislative Versammlung besteht aus einem Oberhaus (Legislative Council, sieben vom König gewählte Mitglieder) u. einem Unterhaus (House of Assembly, 59 von den Grafschaften u. Städten gewählte Mitglieder); Gerichtsverfassung ist der englischen ähnlich; es besteht ein Obergerichtshof (Supreme Court) in Halifax u. verschiedene Friedensgerichte. In Beziehung auf religiöses Bekenntniß sind die meisten Anhänger der Schottischen u. Anglikanischen Kirche, die übrigen Baptisten, Methodisten u. Dissenters. Für den Unterricht ist gut gesorgt; es besteht eine Universität King's College in Windsor, 4 theologische Seminarien, 6 Colleges, eine Anzahl höherer Mittelschulen (Academies u. Grammar Schools) u. gegen 700 Elementar- u. Volksschulen; Wohlthätigkeitsanstalten sind zahlreich. Alle männlichen Einwohner von 16 bis 60 Jahren sind militärpflichtig. Eintheilung in 15 Grafschaften (Counties): Halifax, Colchester, Pictou, Hants, King's County, Annapolis, Yarmouth, Shelburne, Queen's County, Lunenburg, Guysborough, Digby, Richmond, Sidney u. Cape Breton; Hauptstadt: Halifax; die übrigen bedeutenden Städte sind: Liverpool, Pictou u. Lunenburg. – Zuerst kam 1497 an die Küsten N-s der auf Kosten Heinrichs VII. ausgesendete Venetianer Sebastian Cabot; eine französische Expedition unter dem Florentiner Verrazani fand das Land wieder 1524 u. nannte es Acadia; auch eine spanische unter Alarçon u. Carundo kam dahin 1540. Die erste Niederlassung geschah von Seiten der Franzosen 1604 u. 1605, u. dann von den Niederländern unter van Montz 1606 in Annapolis, sie wurde aber von den Engländern 1613 zerstört, welche es nun in Besitz nahmen. König Jakob I. gab N. 1621 dem Grafen von Stirling zu Lehn, welcher ihm den Namen N. gab u. 1623 eine schottische Colonie darauf anlegte; doch wurde N. den sich von Canada aus hier ausbreitenden Franzosen 1632 abgetreten (mit Neu-Braunschweig zusammen die Colonie Acadia bildend), von den Engländern 1654 unter Cromwell wiedererobert, aber 1687 den Franzosen wieder überlassen, welche Port Royal anlegten. 1690 wurde N. abermals von den Briten erobert, welche den Einwohnern die Wahl überließen, nach Canada auszuwandern, od. sich den Briten zu unterwerfen. Letzteres geschah von den Meisten, doch nur zum Schein, worauf 1710 Port Royal weggenommen u. Annapolis genannt wurde. 1713 kam N. im Frieden von Utrecht endlich für immer an England, welches 1763 die Grenzen genau bestimmen ließ. Seit 1748 hat England sehr für die Aufnahme N-s gesorgt, u. seit dem Versailler Frieden 1784 wendeten, sich viele Loyalisten aus den Freistaaten nach N.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 835.
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