Segur

[771] Segur (spr. Segür), altfranzösische Familie in Poitou, welche aus Guyenne stammte, das Schloß S. besaß u. die Reformation annahm, aber in den Hugenottenkriegen viele Drangsale erlitt. Zeitig theilte sich die Familie in drei Linien: a) S.-Pardaillan, protestantisch, erlosch mit Jacques de S., Marquis de Pardaillan, b) S.-Bouzeley, protestantisch, erlosch 1829 mit Henry Philippe de S., Marquis de Bouzeley, welcher sich selbst entleibte; c) S.-Ponchat et Fouguerolles; daraus: 1) Henri François S., le beau S. genannt, Sohn eines Offiziers, geb. 1689; trat in seines Vaters Regiment, wurde in demselben 1706 Capitän u. bald darauf Oberst u. Brigadier, focht als solcher im Spanischen Erbfolgekriege in Spanien, an der Mosel u. Maas u. ging 1734 als Generalquartiermeister nach Italien, diente als Generalmajor in Lothringen unter Belle-Isle u. wurde 1738 Generallieutenant. 1742 führte er ein Corps von 10,000 Mann zur Unterstützung Karls VII. gegen Österreich, wurde aber mit demselben in Linz eingeschlossen u. capitulirte dort unter der Bedingung ein Jahr nicht gegen Österreich die Waffen zu tragen. 1744 focht er in Flandern, führte Karl VII. 1745 ein neues Hülfscorps zu, schlug die Österreicher bei Lichtenau, wurde aber bei Pfaffenhofen von einer doppelten Übermacht besiegt; er focht 1746 an der Sambre, belagerte Charleroi, commandirte die Cavallerie bei Lawfeld u. st. 1751 als Commandant in Metz. Seine Gemahlin war eine natürliche Tochter des Regenten. 2) Philippe Henri, Marquis von S.-Ponchat, Sohn des Vor., geb. 1724; nahm mit seinem Vater am Österreichischen Erbfolgekrieg Theil, wo er bei Lawfeld einen Arm verlor, u. wurde Maréchal de Camp u. Generallieutenant. Im Siebenjährigen Kriege rettete er bei Warburg u. Minden bedeutende Corps, wurde aber 1760 bei Kloster-Kampen verwundet u. gefangen; er erhielt 1764 die Franche Comté zum Gouvernement, wurde 1781 Marschall u. Kriegsminister, stellte viele Mißbräuche, Unordnungen u. Verschwendung in den Ausgaben ab u. schloß 1783 den Frieden mit Amerika. Als aber der Cardinal Loménie de Brienne 1787 Minister wurde, legte er seinen Posten nieder u. protestirte gegen die Convocation der Notabeln. In der Revolution verlor er seine Güter, so wie seine Pension, wurde ins Gefängniß geworfen, erhielt aber, wieder befreit, von Bonaparte 1800 seinen Militärrang zurück u. eine bedeutende Pension u. st. 1801 in Paris. 3) Josephe Alexandre, Vicomte von S., zweiter Sohn des Vor., geb. 1756 in Paris; diente vor der Revolution im Heere, wurde 1788 Maréchal de Camp u. st. 1805 in Bagnères; er schr. außer mehren Operetten, Lustspielen u. Liedern: Sur les femmes, Par. 1803, 3 Bde.; La femme jalouse, ebd. 1791; Correspondance secrète entre Ninon de Lenclos, le Marquis de Villarceaux et Madame [771] de Maintenon, ebd. 1799; seine Oeuvres diverses erschienen Paris 1819; er war auch Herausgeber der Memoiren von Besenval (s.d.). 4) Louis Philippe, Graf von S. d'Aguesseau (spr. d'Aghessoh), älterer Bruder des Vor., geb. 10. Dec. 1753 in Paris; trat 1769 in ein Cavallerieregiment als Unterlieutenant ein, wurde 1776 Oberst u. machte als solcher den Amerikanischen Freiheitskrieg mit. Zurückgekehrt erhielt er ein Dragonerregiment, ging 1783 als Gesandter nach Rußland, stellte ein gutes Vernehmen zwischen Frankreich u. der Kaiserin Katharina her u. schloß 1787 einen vortheilhaften Handelsvertrag mit Rußland. 1789 abberufen blieb S. in Frankreich, trat in die Nationalversammlung u. wurde Maréchal de Camp; 1790 schickte ihn Ludwig XVI. nach Berlin, um den Ausbruch des Krieges mit Frankreich zu hindern, er kam aber unverrichteter Dinge nach Frankreich zurück, wurde den 10. Aug. 1792 verhaftet, verlor sein Vermögen u. nährte sich nach seiner Befreiung in Châtenay bei Sceaux durch literarische Arbeiten. Unter dem Consulat trat er in das Corps législatif u. 1803 in den Staatsrath u. das Institut u. ward, als Napoleon Kaiser wurde, zum Großceremonienmeister u. 1813 zum Senator ernannt. Während der Hundert Tage gab ihm Napoleon seine Stelle als Großceremonienmeister zurück, dafür verlor er aber nach der Rückkehr des Königs seine Stelle als Pair, wurde jedoch 1818 wieder eingesetzt u. st. 27. Aug. 1830 in Bagnères. Er war vermählt mit einer Tochter des Kanzlers Aguesseau, deren Namen er dem seinigen beifügte. Er schr.: Théâtre de l'hermitage, (Lustspiele für das Privattheater der Kaiserin Katharina geschrieben), Par. 1798, 2 Bde.; Histoire de Frédéric Guillaume II., Par. 1800, 3 Bde.; Contes, fables, chansons et vers, ebd. 1801; Histoire universelle, Par. 1817, 44 Bde., 1821, 10 Bde. u.ö.; Galerie morale et politique, 1817; Les quatre âges de la vie (Gedicht), 1819; Romances et chansons, 1819; Mémoires, souvenirs et anecdotes, ebd. 1826, 3 Bde.; Oeuvres complètes, ebd. 1824 ff., 33 Bde. 5) Graf Octave, Sohn des Vor., geb. 1779, widmete sich der Administration, diente aber in den Feldzügen des Kaisers im Heere u. st. 1818; er übersetzte die englischen Romane Ethelvina (1802, 2 Bde.) u. Belinde (1802) ins Französische. 6) Paul Philippe, Graf von S. d'Aguesseau, Bruder des Vor., geb. 4. Novbr. 1780 in Paris; wurde theilweis in England erzogen, trat nach der Revolution vom 18. Brumaire in die Armee u. bewies in Baiern unter Moreau, in Holland u. dem Gebirgskriege in Graubündten unter Macdonald, Loison u. Lécourbe viele Tapferkeit; 1802 wurde er Generalstabsadjutant des Ersten Consuls u. übernahm einige diplomatische Sendungen nach Dänemark u. Spanien; 1805 unterhandelte er mit dem General Mack über Abschließung der Capitulation Ulms; 1806 zeichnete er sich vor Gaeta u. bei Jena, 1807 in Polen u. 1808 bei Somo Sierra (Spanien) aus u. wurde darauf Oberst u. 1812 Brigadegeneral, als solcher folgte er Napoleon als Hausbeamter nach Rußland, organisirte dann 1813 in Tours ein Regiment Ehrengarden u. that sich 1813 u. 1814 hervor. Nach dem Sturze Napoleons übertrug ihm Ludwig XVIII. das Commando über die aus der Alten Garde gebildete Cavallerie; während der Hundert Tage wandte er sich jedoch dem Kaiser wieder zu u. wurde Chef des Generalsstabs bei dem Armeecorps, welches den Rhein decken sollte. Er zog sich nach der zweiten Restauration zurück, aber 1818 ernannte ihn Ludwig XVIII. zum Maréchal de Camp. Nach der Julirevolution trat er wieder in activen Dienst u. wurde 1831 Generallieutenant u. Pair u. schr.: Campagne du général Macdonald dans les Grisons, Par. 1802; Hist. de Napoléon et de la grande armée pendant l'année 1812, Par. 1825, 2 Bde. u. öfter (deutsch von Kottenkamp, Manh. 1835, 4. A. Stuttg. 1850); Hist. de Russie et de Pierre le Grand, ebd. 1829, 2 Bde.; Hist. de Charles VIII., ebd. 1835, 3 Bde. 7) Raymond Josephe Paul S. d'Aguesseau, Neffe des Vor., geb. 1803, trat früh in die Armee, nahm am Spanischen Feldzug von 1823 Theil u. ging dann zur administrativen Laufbahn über, war bis 1837 Präfect des Departements Ober-Pyrenäen, wurde von diesem Departement 1849 in die Legislative gewählt u. im Januar 1852 von Napoleon III. zum Senator ernannt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 771-772.
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