[649] Stabilĭtät (v. lat.), 1) das Feststehen, Verbleiben, die starre Beharrlichkeit an dem Bestehenden, im Gegensatz des Beweglichen, Veränderlichen, bes. in der Politik; davon: Stabilitätssystem u. Stabilisten, die Anhänger des Bestehenden in der Politik; 2) die Kraft, mit welcher ein Schiff bei einem Seitenwinde strebt seine wagerechte Lage im Wasser zu erhalten; 3) die Beharrlichkeit durch den Schwerpunkt, s.u. Schwere III.; 4) S. unseres Planetensystems, die aus der Ordnung des zu unserer Sonne gehörenden Systems von Weltkörpern (Planeten, Asteroïden, Trabanten u. Kometen) resultirende Unveränderlichkeit u. Dauer dieses Systems. Lagrange u. bes. Laplace haben sich mit der schwierigen Lösung des berühmten Stabilitätsproblems beschäftigt. Letzter begnügte sich mit dem allgemeinen Resultate, zu welchem er nach Maßgabe aller zu seiner Zeit vorhandenen Beobachtungen gelangte, daß sämmtliche Glieder der Säculargleichungen nur periodisch seien, u. daß daher im Planetensystem eine ewige S. herrsche. Vorzüglich bemühte er sich dieses Ergebniß aus der gegenwärtig sehr geringen Ercentricität u. Neigung der Bahnen aller älteren Hauptplaneten, verbunden mit dem Umstande, daß sämmtliche Umläufe um die Sonne nach einerlei Richtung geschehen, abzuleiten. Indessen zweifelte man später an der Richtigkeit dieses Resultates u. Le Verrier bemerkte 1840 den Irrthum, indem in den Säculargleichungsausdrücken die Anfangs unbedeutend scheinenden mit den dritten Potenzen der Excentricitäten u. Neigungen behafteten Glieder vernachlässigt waren. Er verbesserte diesen Fehler u. kam auf folgende Resultate: a) weil die Excentricitäten u. Neigungen der Jupiters-, Saturns- u. Uranusbahn (Neptun war noch unbekannt) wenigstens auf viele Millionen Jahre in sehr engen Grenzen eingeschlossen bleiben, u. weil sich ihre Apsiden- u. Knotenlinien zwischen den Fixsternen nur mit äußerster Langsamkeit bewegen; so genießt dieses System jener drei größten Planeten eine ewige S.; b) nach unserer bisherigen Kenntniß der Planetenmassen sind wir noch nicht sicher, ob das von Mercur, Beuns, [649] Erde u. Mars gebildete zweite System mittelgroßer Planeten eine ewige S. genieße. Die Frage, wie lange die Erde existiren werde, wurde von den früheren Astronomen wenig beachtet, jetzt gewinnt dieselbe mehr Interesse durch Enckes Entdeckung, daß die Planeten sich um die Sonne nicht in einem völlig leeren Raume, sondern in einem, wenn gleich äußerst subtilen, widerstehenden Mittel (Äther, s.d. 3) bewegen. Der Enckesche u. Bielasche Komet waren bis jetzt die einzigen Weltkörper, welche diesen Widerstand durch Verkürzung ihrer Umlaufszeit u. durch die davon abhängige Verminderung der mittleren Entfernung von der Sonne direct bewiesen. Der Halleysche Komet wird uns über diesen Gegenstand gründlicher belehren, sobald seine Störungen durch Jupiter genauer als bisher berechnet u. die Beobachtungen des Jahres 1835 mit zu Hülfe genommen sein werden. So viel aber kann man jetzt schon annehmen, daß auch die Planeten, unsere Erde mitgerechnet, dem Einfluß des Äthers unterworfen sein müssen. Nur gab sich dieser Einfluß wegen der unvergleichbar viel größeren Dichtigkeit der Planeten den bisherigen Beobachtungen noch nicht zu erkennen. Nach dieser Annahme würde wegen dieses Widerstandes sowohl das siderische, als auch das davon abhängende tropische Jahr immer mehr verkürzt, die Erde käme der Sonne immer näher u. müßte nach vielen Millionen Jahren in dieselbe stürzen. Aus diesem Allen geht hervor, daß das System der großen Planeten unbedingt stabil, das der mittelgroßen Planeten hingegen nur bedingt stabil sei.