[682] Standgericht, 1) ein Ausschuß des militärischen Kriegsgerichts (s.d.), welcher über leichtere Vergehen der Militärpersonen aburtheilt. Die Bezeichnung hat ihren Grund in dem mehr summarischen Verfahren, bei welchem das Urtheil gewissermaßen sonst stehenden Fußes zu erfolgen pflegte. In einigen Staaten kommen dafür auch andere Ausdrücke (kriegrechtliche Commission in Württemberg, rechtliches Erkenntniß in Österreich, größere Kriegscommission in Baiern) vor. Die Competenz des S-s erstreckt sich meist nur auf solche Vergehen bei denen die Strafe in einfachem od. geschärftem Arrest, Degradation od. anderen geringeren Strafmitteln besteht; auch unterfallen demselben gewöhnlich nur Unteroffiziere u. Soldaten, so daß die Vergehen der Offiziere immer vor das eigentliche Kriegsgericht gehören. Die Zusammensetzung des S-s ist nach den verschiedenen Staaten sehr verschieden, beruht indessen im Ganzen auf den nämlichen Grundsätzen, wie beim Kriegsgericht, so daß es ebenfalls nur aus Soldaten gebildet wird. In Österreich besteht es aus sieben (1 Hauptmann als Vorsitzender, je 1 Hauptmann, Lieutenant, Feldwebel, Corporal, Gefreiter u. Gemeiner als Beisitzer), in Preußen aus neun Personen (1 Hauptmann als Vorsitzender, je 2 Oberlieutenants, 2 Unterlieutenants, 2 Unteroffiziere u. 2 Gefreite); in Baiern wird es nur aus fünf (1 Major, 2 Hauptleute u. 2 Oberlieutenants), in Hessen-Darmstadt aus nur drei (1 Stabsoffizier, 1 Hauptmann, 1 Oberlieutenant) Personen zusammengesetzt. Wo die einzelnen Chargen doppelt besetzt sind, wird nach Chargen, wie im Kriegsgericht, abgestimmt, sonst einzeln. Der beigezogene Auditeur hat nach den Gesetzen von Österreich (auch Baden, Frankfurt) ein entscheidendes, nach den anderen Militärgesetzen nur ein berathendes Votum. Die Zusammenberufung des S-s erfolgt regelmäßig nur für den einzelnen Fall durch eine vom Regimentscommando ausgehenden Regimentsbefehl, auch die Bestätigung gebührt der Regel nach dem Regimentscommando. 2) Ein außerordentliches Gericht, welches nach Analogie des Kriegsgerichts für Fälle außerordentlicher Gefahr, namentlich bei ausgebrochenem od. drohendem Aufruhr u. Empörung, bei Meuterei, nach einigen Gesetzen z.B. in Österreich, auch schon bei großer Verbreitung anderer schwerer Verbrechen, z.B. Raub, Mord, Brandstiftung, eingesetzt werden kann. Als der Eintritt eines außerordentlichen Verfahrens muß das Inslebentreten eines S-s (das Standrecht) immer erst feierlich verkündigt werden. Dies geschieht meist unter Trommel- u. Trompetenschall auf freien Plätzen, öffentlichem Ausruf, Einrückung in öffentliche Blätter. Die Zusammensetzung des S-s ist meist die eines gewöhnlichen Kriegsgerichts; nur nach einzelnen Gesetzen ist, wenn sich die Competenz des S-s namentlich auf Civilpersonen u. vielleicht nur auf einzelne Verbrechen erstreckt, der Beitritt einiger Richter aus dem Civilstande vorgeschrieben. In der Regel erkennt das S. nur auf Todesstrafe. Findet das S., daß der ihm Vorgeführte nicht in vollem Maße strafbar sei, so erfolgt die Verweisung der Sache an das ordentliche Gericht. Das S. procedirt wo möglich unter freiem Himmel; das Verfahren, welches mündlich geführt wird u. höchstens mit einer kurzen Niederschrift des Erkenntnisses verbunden ist, muß binnen einer bestimmten, kurzen Zeit (meist 24 Stunden) beendigt sein u. der standrechtliche Spruch wird sofort nach der Eröffnung, ohne daß es einer weiteren Bestätigung bedarf (längstens innerhalb 3 od. 6 Stunden) vollzogen. Die Zurücknahme des Standrechtes erfolgt, wenn der Zweck erreicht, d.h. die Gefahr für die öffentliche Sicherheit beseitigt ist, auf gleiche Weise, wie die Verkündigung desselben.