Fehler

1. Alte Fehler halten fest.

Lat.: Inveterata vitia non facile corriguntur. (Philippi, I, 208.)


2. An fremden Fehlern erkennt man die eigenen.

It.: Con l' error d'altri il proprio si conosce. (Pazzaglia, 109, 4.)


3. Anderer Fehler sind unsere (gute) Lehrer. Simrock, 2331; Körte, 1326; Sutor, 187.

Lat.: Optimum est, aliena insania frui.


[957] 4. Aus kleinen Fehlern werden grosse.

Holl.: Die met kleine fouten begint, leert haast groote. (Harrebomée, I, 195.)


5. Besser die eigenen Fehler beherrschen, als fremde annehmen.

Frz.: Il est plus catholique nourrir ses passions que d'en prendre d'autruy. (Leroux, I, 4.)


6. Der Fehler des Trunkenboldes ist nicht der des Weines, sondern sein eigener. (Chin.)


7. Der Fehler ist oft besser als das Flickwerk.


8. Der Fehler ist so gross, wie der, der ihm begeht.


9. Die Fehler der Aerzte bedeckt man mit Erde.

Holl.: De misslagen der geneesheeren worden met aarde, de gebreken der rijken worden met geld bedekt. (Harrebomée, I, 6.)


10. Eigene Fehler sieht man nicht.

Holl.: Op de gebreken van anderen zien de menschen als de losch; maar op die van zich zelven als de mol. (Harrebomée, I, 210.)

Lat.: Non videmus id manticae, quod in tergo est. (Sutor, 208.)


11. Ein Fehler aus Versehen ist leicht geschehen (auch: verziehen).

Frz.: Faire des pas de clerc. (Lendroy, 1165.)


12. Ein Fehler, den man er(be)kennt, ist schon halb verbessert.Müller, 56, 2.

Frz.: Faute confessée est à demi pardonnée. (Lendroy, 484.)

Port.: Peccado confessado, he meio perdoado. (Bohn I, 291.)


13. Ein Fehler gibt dem andern die Schnalle in die Hand.Parömiakon, 453.


14. Ein verborgener Fehler ist zur Hälfte verziehen.

Weil er andern weder Aergerniss gibt, noch sie zum Bösen verleitet.


15. Eines andern fehler ist ein guter lehrer.Lehmann, 405, 17.


16. Es ist ein Fehler von dem Wein, dass er abnimmt (zu Ende geht), sagte Neumann; aber ich trink' ihn doch gern.

Engl.: With all thy faults I love thee still, as the Alderman said to the decayed Chester. (Hagen 105, 38.)


17. Es ist kein Fehl' und Laster, man find't dafür ein Pflaster.


18. Es ist kein fehler so böss, er ist zu etwas gut. Lehmann, 407, 46.


19. Es ist niemand ohne fehl.Henisch, 1040.

Lat.: Nemo sine crimine vivit. (Cato.) (Binder I, 1097; II, 2057; Philippi, II, 16; Schonheim, N, 14.) – Nemo sine vitiis nascitur. (Horaz.) (Faselius, 162; Wiegand, 864.)


20. Es ist schlimm, einen Fehler leugnen, aber noch viel schlimmer ist es, mit ihm prahlen.


21. Es mus einer des andern feler entgelten. Lehmann, 108, 31.

»Wass ein teil misshandelt, muss der andre büssen.«


22. Fehler erkennt man nicht, biss sie begangen sindt.Lehmann, 407, 52.


23. Für eigene Fehler sind wir Maulwürfe, für fremde Luchse.


24. Jeder Fehler hat seine Ausrede.

Poln.: Kazdy blad ma swoje wymówke. (Wurzbach I, 125.)


25. Jeder hat seine Fehler.Tendlau, 934.

Engl.: Every man has his feeble. – He is lifeless, that is faultless.

Frz.: Chacun a ses défauts.

Lat.: Homo sum, nihil humani a me alienum puto. (Terenz.) (Philippi, I, 181.) – Pastillos Rufillus olet, Gorgonius hircum. (Horaz.) (Binder I, 1330; II, 2491; Philippi, II, 84; Seybold, 429.) – Unicuique dedit vitium natura creato. (Properz.) (Binder I, 1796; II, 3412; Philippi, II, 233; Seybold, 650.)

Ung.: Senki sincsen fogyatkozás nélkül.


26. Kleine Fehler räumt man ein, um sich von grossen zu befreien.

D.h. man gesteht kleine zu, um zu sagen, daas man grosse habe.

Russ.: My priznajemsja w malych pogrjesznostjach tolko dlja toga daby pokazat', czto my ne imjejem welikich. (Wurzbach I, 395.)


27. Kleine Fehler sieht man weit, grosse deckt das Kleid.

It.: La veste copre di gran difetti. (Pazzaglia, 86, 4.)


28. Man muss verborgene Fehler nicht auf dem Markte ausbreiten.

Holl.: Huiselijke feilen moeten niet op den drempel komen. (Harrebomée, I, 191.)


29. Seine eigenen Fehler sieht niemand.Simrock, 2323.


[958] 30. Was nützt es, seine Fehler erkennen, wenn man sie nicht meidet!

It.: Non ha intelletto chi conosce, e non fugge il difetto. (Pazzaglia, 62, 3.)


31. Wenn du die eigenen Fehler ertragen kannst, so ertrage auch die deiner Nachbarn.

It.: Se ognuno conoscesse il suo difetto, non mirarebbe l'altrui. (Pazzaglia, 86, 3.)


32. Wenn man einen fehl in Kleidern hette, so könt man jhn bald aussschneiden.Petri, II, 665.


33. Wer keinen Fehler hat, muss im Grabe liegen.Simrock, 2234; Eiselein, 163.

Engl.: Every man hath his faults. – He is lifeless, that is faultless. (Bohn II, 92.)

Lat.: Quisque suos patimur manes. – Ut vitiis nemo sine nascitur. (Bohn II, 92.)


34. Wer kleinen Fehler nicht acht't, hat's bald zu grossem Laster gebracht.


35. Wer seine Fehler entschuldigt, sündigt aufs neue.

Frz.: Une faute niée est deux fois commise. (Bohn I, 61.)

It.: Difender la sua colpa è un altra colpa. (Pazzaglia, 56, 1.)


36. Wer seinen Fehler nicht erkennt, kann ihn nicht verbessern.Simrock, 2333.


37. Wir verdrehen unsere Fehler, wie die Katze das Kat.Eiselein, 163.


*38. Auf den Fehler. (Rottenburg.)


*39. Einen Fehler wieder gut machen.Eiselein, 167.

Lat.: Aliis benefactis hocce depellunt probrum. (Eiselein, 163.)


*40. Er hat alle (oder mehr) Fehler wie (als) ein Judengaul (Judenkuh). (Nürtingen.)


*41. Er hat nur einen Fehler, das Loch unter der Nase. (Pennsylvanisch-deutsch.)

Aus der Bucks-County-Express (Doylestown, Pennsylvanien) vom 2. Januar 1855.


*42. Er schaut daran einen grossen Fehler. Schottel, 1119a.


*43. Er sieht's für einen Fehler an, dass man das Essen nicht trinken kann.


*44. Seinen Fehler büssen.

Frz.: En payer la folle enchère. (Lendroy, 657.)


[959]

45. Das ist ja eben dein grösster Fehler, dass du alles nur halb thust, sagte der Mann, als seine Frau seufzte: Ich ärgere mich über dich noch halb zu Tode.


46. Man soll die Fehler anderer mit dem Mantel der Liebe decken.Hermann, II, 4.


47. Wer andrer Fehler dir erzählt, erzählt die deinen andern.Sadi's Rosengarten von Graf, 64.


48. Wer des andern Fehler ausplaudert, dessen Fehler werden auf die Trommel geschlagen.Neue illustrirte Zeitung, V, 25.


49. Wer die Fehler anderer tadelt, tadelt auch die eigenen.Schlechta, 122.


*50. Ainen feler schiessen.Granatapffel, 117a, 1.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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