Stecken (Subst.).
1. Auf Stecken reiten ist halb gegangen vnd macht müde Beine. – Petri, II, 27.
2. Auff Stecken reiten oder zu Fuss gehen ist ein ding. – Moscherosch, 134.
3. Die Stecken selber tragen, womit man geschlagen wird.
4. Du bist mein Stecken und mein Stab, sagte der Mann, als seine Frau ihn schlug.
5. Ein Stecken stimmt nicht mit einer Harpffen. – Mathesy, 796.
6. Ittlicher Stecken hot zwei Ecken. (Jüd-deutsch.) (Warschau.)
Jede Sache hat ihre Licht- und Schattenseite. Auch als Entgegnung auf die Androhung von Prügeln. In diesem Sinne liegt der Ton auf zwei.
7. M' nimmt nid gärn d'r Stäcka n'am dräckigan' Ort. (Bern.) – Zyro, 5.
Man sucht einer Sache gern die bessere Seite abzugewinnen.
8. Man findet bald einen Stecken, wenn man einen Hund schlagen will. – Blum, 385.
Lat.: Bellum non voluntate, sed necessitate captandum est. (Chaos, 570.)
9. Man soll den gebrauchten Stecken nicht wegwerfen, sondern nur an die Seite stellen. (Franken.)
10. Mancher trägt den Stecken, womit er geschlagen wird.
Frz.: Tel porte le bâton dont il est battu. (Kritzinger, 61b.)
11. Neben dem Stecken gegangen ist nicht geritten. – Fischart, Gesch.
12. Ohne Stecken wird (will) sich der Faule nicht strecken.
13. Ohne tüchtigen Stecken muss man die Hunde im Dorfe (schlafende Hunde) nicht wecken.
14. We me e Stecke unger e Chuppele Säu wirft, so grusset die, wo 's trifft. (Aargau.) – Schweiz, I, 120, 30.
15. Wega ma Stecka lod ma n'e ken Hag abgoh. – Tobler, 46; Sutermeister, 137.
Eines Zaunpfahls wegen lässt man keinen Zaun eingehen.
16. Wenn man auf Stecken reitet, so fühlen's die Beine. – Körte, 5729.
»Wer auff stecken will reiten herein, der macht gewüsslich müde bein.« Bei Tunnicius (965): Wan men rit up stecken, dat tasten de beine. (Crura dolent, si quis baculis equitaverit usquam.)
Lat.: Crus sentit dum in baculo equitamus. – Si baculus sit equus, tunc sentiet undique vaeh crus. (Sutor, 580; Loci comm., 105.)
Schwed.: Kostar på benen at rijda trä häst. (Grubb, 427.)
17. Wenn man auffm stecken reit, so kosts doch bein. – Lehmann, 453, 16.
18. Wer den Stecken nicht wil am guten (rechten) Ende annemen, da jhm Gott jhn beut, dem gibt er darnach den beschiessen End in die Hand. – Petri, II, 693; Henisch, 887, 57.
19. Wer einmal mit einem Stecken gestrichen worden ist, der geht nicht gern bei einem Haselstrauch vorbei.
Die Russen: Der Geschlagene geht ungern bei einem Weidenstrauche vorüber. (Altmann VI, 482.)
[789] 20. Wer reutet auf den Stecken, muss seine Füsse auch herrecken. – Sutor, 590.
21. Wer will auf Stecken reiten, der schmiere die Füsse beizeiten.
*22. Auf dem Stecken pfeifen.
Müssig gehen, unnütze Dinge treiben. » ... Geyget auff der Nussschale, pfiff auff den stecken.« (Fischart, in Kloster, VIII, 234.)
*23. Auf einem Stecken reiten. – Murner, Nb., 73.
Lat.: Equitat in arundine longa. (Binder II, 959.)
*24. Dar will ik di en Sticken bi stecke. – Eichwald, 1943.
Oder: Darvör will ick'n Sticken stäken. Der Sache will ich Einhalt thun.
*25. Das (er) ist mein Stecken und mein Stab. – Ps. 23, 4; Braun, I, 4279.
Holl.: Hij is mijn stok en mijn staf. (Harrebomée, II, 298b.)
*26. Das ist nicht an einen Stecken gebunden. – Fischer, Psalter, 257, 1.
*27. Dau ka'sten Stecke derzue stecke. (Ulm.)
*28. De Sticken vör'n Kalwerstall is weg. – Monatsschrift von und für Mecklenburg, 1795, S. 151; Schiller, II, 5b.
Wenn jemand in seiner Ausgelassenheit alle Grenzen überschreitet.
*29. Den möcht' i mit koim Stecke(n) anrehre. (Ulm.)
*30. Der is wiar a Steck'n. – Hügel, 156a.
D.h. sehr mager.
*31. Der Stecken liegt immer beim Hunde.
*32. Er het de Stecke müsse am dreckige Ort näh. (Oberaargau.) – Gotthelf, Leiden, I, 109.
*33. Er kann den Stecken alle Tage in die Hand nehmen.
Sein Vermögen ist weg, der Bettelmann ist fertig.
Lat.: Ad manticam res reducit. (Philippi, I, 9.)
*34. Er will lieber mit einem polirten Stecken geprügelt sein als mit einem rohen.
Wer nicht die Willkür überhaupt, sondern nur die rohe bekämpft.
*35. Es ist kein Stecken bei ihm gerade. (Schles.)
Er ist unzufrieden, misgestimmt, mürrisch, übler Laune.
*36. Es stehet jm kein stecken recht. – Fischer, Psalter, 672, 3.
»Es stehet jhm kein stecken recht.« (Mathesy, 323b.)
*37. Ich hab' ihm den (oder: einen nusshösenen) Stecken angemessen. (Nürtingen.)
*38. Neben dem Stecken gegangen, hält er für geritten.
» .... Er meint, neben dem Stecken gangen, sey geritten.« (Kloster, VIII, 236.)
*39. Steck en Stecke derzu, wenn der's nit recht ist. (Ulm.)
*40. Wir haben weder Stecken noch Stab mehr. – Eiselein, 578.
*41. Sich einen Stecken schneiden, so lange man im Walde ist.
It.: Far legna quando si taglia il bosco. (Giani, 1842.)
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