Bodenchemie [1]

[103] Bodenchemie, die Lehre von der Bodenzusammensetzung, von den im Boden verlaufenden Vorgängen und deren Bedeutung für die Pflanzenernährung. Infolgedessen haben wir unter Bodenchemie zu berücksichtigen: die Entstehung des Bodens, soweit chemische Agentien dabei in Frage kommen, und die sich daran anschließende Bodeneinteilung, die chemische Bodenanalyse, die chemischen Eigenschaften und die Düngung des Bodens.

Die Anfänge der Bodenchemie liegen im 18. Jahrhundert, und zwar sind es die Arbeiten von Hales (1727), Senebier (1783), Saussure. Ihnen folgen Davy, Gazzeri und besonders Thaer (Grundsätze der rationellen Landwirtschaft), Schwerz (Anleitung zum praktischen Ackerbau), Koppe, Burger. Diesem letzteren gilt der Humus als Hauptwertbestandteil des Bodens (Humustheorie). Boussingault, E. Wolff (Die naturgesetzliche Grundlage des Ackerbaues), Stöckhardt, Lawes, Gilbert glaubten dem Stickstoff im Humus die Hauptrolle zuschreiben zu sollen (Stickstofftheorie). Sprengel wies zuerst auf die Wichtigkeit der mineralischen Verbindungen des Bodens als Pflanzennährstoffe hin und war somit der Vorläufer v. Liebigs (Die Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie), der lehrte, daß die Fruchtbarkeit des Bodens durch den in demselben vorhandenen Vorrat an mineralischen Pflanzennährstoffen bedingt sei, während die Kohlensäure und die Stickstoffverbindungen durch die atmosphärische Luft geliefert würden (Mineralstofftheorie). Aus diesem Widerstreit hat sich dann endlich die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß sowohl der Stickstoff als auch die Mineralstoffe (Kalk, Kali und Phosphorsäure) für die Pflanzenernährung notwendig sind und beide dem Boden zugeführt werden müssen. Zu Ende des 19. Jahrhunderts haben sich mit der Bodenchemie vorwiegend W. Knop, M. Fesca, Orth, K. Heinrich u.a. befaßt, während Schöne, E.W. Hilgard, A. Mitscherlich u.a. die Kenntnisse über die physikalischen Eigenschaften des Bodens wesentlich erweiterten.

Für die Entstehung des Bodens ist der Verwitterungsvorgang der Gesteine von grundlegender Wichtigkeit. Diesem Verwitterungs- und Zersetzungsvorgänge der Gesteine liegen teils physikalische, teils chemische Vorgänge zugrunde. Für die chemischen Vorgänge ist das Vorhandensein von Wasser eine unumgängliche Vorbedingung; ferner greifen bei dem Verwitterungsvorgang noch Sauerstoff, Kohlensäure sowie gewisse Salze ein und erhöhen die Wirkung des Wassers. Der Einfluß des Wassers auf die bodenbildenden Gesteine ist teils zersetzend, teils lösend. Dadurch, daß das Wasser Sauerstoff aufzunehmen vermag, bringt es diesen in die Gesteinsporen und gibt ihm hier Gelegenheit, seine oxydierende Wirkung auszuüben; durch diese oxydierende Einwirkung auf die Gesteinsbestandteile ist Anlaß zum Zerfall der Gesteine gegeben. Wichtiger aber wie der Sauerstoff im Wasser ist für die Wirkung des Wassers auf den Zerfall der Gesteine der Gehalt an Kohlensäure; denn kohlensäurehaltiges Wasser hat eine bei weitem stärkere lösende und zersetzende Wirkung als reines Wasser. Unter Umständen kann die Wirkung des kohlensäurehaltigen Wassers durch die Anwesenheit gewisser Salze, so z.B. nach Dietrichs Untersuchungen durch das Vorhandensein von kohlensaurem Ammon, unterstützt und erhöht werden.

Für die Zersetzung der Gesteine sind auch die auf den Verwitterungserzeugnissen wachsenden Pflanzen wichtig; auch hierbei ist vorwiegend die von Wurzeln erzeugte Kohlensäure bezw. organische Säure das treibende Agens (Korrosionserscheinungen). Für die Schnelligkeit der Zersetzung ist ferner noch die Tätigkeit der Regenwürmer im Boden von Bedeutung (Darwin). Diese verzehren Laub, Pflanzenreste u.s.w. und scheiden sie in einem leichter zersetzlichen Zustande wieder aus. Durch die Gänge, welche die Regenwürmer in der Ackerkrume anlegen, wird der Boden lockerer und so der Luftzutritt zu dem Bodeninnern erleichtert; zugleich dringt aber durch diese Gänge das Wasser leichter ein und trägt zur Zersetzung der bodenbildenden Gesteine bei. V. Hansen berechnet pro Hektar Ackerland 130000 Würmer.

Neben den anorganischen Bestandteilen finden sich im Boden (abgesehen von Moorboden) noch geringe Mengen organischer Substanzen (Humus) vor, die von der Verwesung oder Fäulnis pflanzlicher oder tierischer Reste herrühren. Der Humus ist keine einheitliche Verbindung, sondern ein Gemenge von verschiedenartig konstituierten Stoffen. Die Humusstoffe sind keine direkten Pflanzennährstoffe, wie wir sie durch den Zerfall der Gesteine bekommen, sondern sie wirken mehr indirekt für die Pflanzenernährung, indem sie durch ihre Umsetzungserzeugnisse auf die Bodenbestandteile zersetzend wirken, diese in eine für die Pflanzen aufnehmbare Form bringen und im Boden weiter verbreiten. Die Humussubstanzen zerfallen nämlich durch die Einwirkung von Mikroorganismen vorwiegend in die für den Verwitterungsvorgang wichtige Kohlensäure und in Ammoniak. Als Ergebnis der Verwitterung der Gesteine und der Humusbildung haben wir den Naturboden, der durch die menschliche Tätigkeit in Kulturboden umgewandelt wird. Je nach dem vorherrschenden Bestandteil des Bodens unterscheidet man: Sand-, Lehm-, Ton-, Kalkboden. Hierzu kommt noch der Humus- oder Moorboden, der aus den mehr oder weniger verwesten, meist an Ort und Stelle gewachsenen und abgestorbenen Pflanzen sowie aus Wasser (bis zu 94%) besteht. Während bei den erstgenannten Bodenarten die mineralischen Bestandteile vorhergehend sind, treten beim Moorboden die Mineralstoffe gegen die organischen Stoffe, entsprechend der Entstehungsweise, sehr zurück. Je[103] nach der Zusammensetzung und der Entstehung unterscheidet man Hochmoor und Niederungs- oder Grünlandsmoor. Das Hochmoor besteht im wesentlichen aus den Resten von heidekrautartigen Gewächsen, von Wassermoosen (Sphagnum), Wollgras (Eriophorum vaginatum) u.s.w. Das Hochmoor ist auf sterilem, des Zutritts nährstoffreichen Wassers entbehrendem Heidesandboden entstanden. Das Niederungsmoor besteht aus Ueberresten von Phragmites, von Hypnumarten sowie von verschiedenen Holzarten und bildet sich überall da, wo ein guter, kalkreicher Untergrund vorhanden ist oder wo ein natürlicher Wasserlauf den Pflanzen zeitweise ein fruchtbares, kalkhaltiges Wasser zuführt. Das Hochmoor enthält in der Heidehumusschicht im wasserfreien Zustande etwa 1,2% Stickstoff, 0,35% Kalk und 0,10% Phosphorsäure, das Niederungsmoor durchschnittlich 2,5% Stickstoff, 4,0% Kalk und 0,25% Phosphorsäure. Selbstverständlich sind diese Gehaltszahlen je nach dem Sandgehalt verschiedenen Schwankungen unterworfen. Bei der augenblicklichen Bedeutung der Moorkultur sei hier kurz das wichtigste Kultivierungsverfahren derselben hervorgehoben. Vorbedingung für jede Kultivierung der Moore ist eine gut geregelte Entwässerung. Sollen Niederungsmoore zu Wiesenanlagen dienen, so genügt eine einfache Entwässerung auf 50 cm; wird das Wasser tiefer als auf 50 cm gesenkt, so ist eine Bedeckung mit grobem Sand oder mineralischen Bodenarten (Lehm, Lehmmergel, Wiesenkalk oder Seeschlick) in einer 10–12 cm dicken Schicht angebracht. Als Düngung verwendet man für 1 ha 4 dz Thomasmehl und 8 dz Kainit. Nach der Düngung hat eine geeignete Graseinsaat zu erfolgen. Werden Niederungsmoore in Aecker umgewandelt, so wird die Fläche, nachdem das Wasser bis auf 1 m tief gesenkt ist, 10–12 cm dick übersandet (Moordammkultur, zuerst 1856 von v. Rimpau auf seinem Rittergut Cunrau ausgeführt). Als Deckmasse verwendet man den Grabenauswurf oder gewinnt diese auf benachbarten Flächen. Ist der Sand schwefelkieshaltig, so muß der für die nachfolgende Vegetation verderbliche Schwefelkies durch gleichzeitiges Aufbringen von Kalk oder Mergel unschädlich gemacht werden. Vor der Besandung ist die Zerstörung der Grasnarbe anzuempfehlen. Die Düngung erfolgt am besten durch Thomasmehl und Kainit. Bei der Hochmoorkultur werden die Flächen durch 50–60 cm tiefe Gräben in 8–10 cm breite Dämme geteilt, dann 15 cm tief umgehackt, mit 40 dz Kalk für 1 ha gekalkt und nach weiterem zwei- bis dreimaligen Umhacken mit 6–8 dz Thomasmehl und 12–15 dz Kainit gedüngt. Zu dieser Düngung hat aber noch eine Stickstoffgabe (2–4 dz Chilisalpeter oder entsprechende Mengen Ammoniaksalz) hinzuzutreten. Neuerdings ist bei Neukulturen auf Hochmoor die sogenannte Bodenimpfung, d.h. Zugabe von einem schon länger in Kultur befindlichen Boden, auf dem Leguminosen gut gedeihen, mit gutem Erfolg zur Stickstoffbereicherung des Bodens verwendet worden, indem eben durch diese Bodenimpfung das Wachstum von Leguminosen auf Moorboden ermöglicht worden ist (Salfeld). Bei nicht zu schwacher Humusschicht kann ein- bis zweimaliges Brennen des Hochmoors – aber nur als Vorkultur – mit Vorteil angewendet werden. Im allgemeinen ist die früher übliche fortgesetzte Brennkultur zu verwerfen; nach fünf- bis achtmaligem Brennen ist die Fläche totgebrannt und ertraglos. Nach Fleischer können derartig totgebrannte Flächen aber in folgender Weise wieder kultiviert werden: Nach der Entwässerung durch 60 cm tiefe und 50–60 cm breite Gräben wird die Fläche 20–25 cm tief umgepflügt und nachher gehörig geeggt, darauf mit 20–30 dz Kalk für 1 ha gekalkt und später mit 8 dz Thomasmehl und 16 dz Kainit für 1 ha gedüngt. Bei der sogenannten Veenkultur geht der eigentlichen Kultivierung eine Austorfung des Moores vorher. Die unteren Schichten des Moorlagers, der sogenannte schwarze, dichte Torf, wird ausgehoben (und findet als Brennstoff Verwertung); dann wird die obere lose Moostorfschicht auf den Untergrundsand zurückgeworfen und darauf eine 10 cm dicke Sandschicht gebracht. Durch 20–25 cm tiefes Pflügen wird das Moor mit dem Sand sorgfältig gemischt; hierauf erfolgt Düngung und Einsaat.

Die chemische Bodenanalyse soll uns Aufschluß geben über die Beschaffenheit und Menge der im Boden lagernden Stoffe; sie soll uns sowohl die Pflanzennährstoffe als auch die für eine gedeihliche Entwicklung der Pflanzen schädlichen Substanzen angeben. Dieser hat stets eine mechanische Analyse (Schlämmanalyse) vorherzugehen, s. Bodenphysik. Um die einzelnen Bestandteile des Bodens festzustellen, unterwirft man die Feinerde des Bodens einer stufenweisen Behandlung mit verschieden starken Säuren, zunächst mit einer schwächeren Säure (verdünnter Salzsäure), darauf mit konzentrierter Schwefelsäure und schließlich mit Flußsäure und verfährt bei der weiteren Bestimmung der einzelnen Bestandteile nach den allgemein üblichen Verfahren, auf die hier nur verwiesen werden kann. Das Bild, das durch eine derartige Untersuchung von der Zusammensetzung des Bodens gewonnen wird, wird am besten durch nachfolgende Zusammenstellungen erläutert. Zugleich mögen dieselben als Typen für die verschiedenen Bodenarten dienen:


Bodenchemie [1]

[104] Durch die Einwirkung der verschieden starken Säuren erhalten wir den Gesamtvorrat der Pflanzennährstoffe des Bodens. Jedoch nicht die Menge, sondern die Form der letzteren ist bestimmend für die Fruchtbarkeit des Bodens, d.h. die größere oder geringere Löslichkeit derselben in der Bodenlösung. Zur Ermittlung der Fruchtbarkeit bezw. Güte eines Bodens hat man verschiedene Wege eingeschlagen. Zunächst glaubte man in der Größe der Absorption der Ackererde, d.h. der Fähigkeit, gelöste Basen (besonders Ammoniak) bezw. Säuren (Phosphorsäure) aufzunehmen und festzuhalten, ein Mittel für die Bestimmung der Fruchtbarkeit des Bodens gefunden zu haben. Die Absorption hat teils physikalische, teils chemische Ursachen. Die letzteren bestehen hauptsächlich in der Wechselwirkung von Salzen, indem die Basen der auf die Bodenbestandteile einwirkenden Salze vom Boden festgehalten werden und die Säuren mit Basen des Bodens in Lösung gehen (mit Ausnahme der Phosphorsäure und teilweise der Kieselsäure). Bei den Alkalien findet dieser Austausch meistens gegen Kalk und Magnesia statt. Bei der Kalk- und Magnesiaabsorption wirken besonders die Karbonate des Bodens. Die Phosphorsäure wird im Boden durch die Karbonate des Kalks und der Magnesia sowie der Sesquioxydhydrate festgehalten. Je konzentrierter die auf den Boden einwirkenden Lösungen sind, desto mehr wird aus denselben im Boden zurückgehalten. Infolge der Absorptionskraft der Ackererde werden die durch die Verwitterung frei werdenden Stoffe von dem Boden festgehalten, so daß trotz fortschreitender Verwitterung nur wenig Stoffe in der Bodenlösung vorhanden sind. Die Absorptionskraft des Bodens kann daher als auf den Nährstoffgehalt des Bodens regelnd wirkend angesehen werden, weil bei Mangel an Nährstoffen in der Bodenlösung die leicht löslichen adsorptiv gebundenen Stoffe Ersatz liefern können, sie schützt aber auch zugleich die Ackererde vor Auswaschung. Nach Knop ist ein Boden um so besser und fruchtbarer, je mehr Stickstoff in Form von Ammoniak er zu binden imstande ist. Jedoch gibt es hiervon auch Ausnahmen. Nach A. Mitscherlich steht die Menge des aufzunehmenden Wasserdampfes, die »Hygroskopizität« oder auch die »Benetzungswärme«, bis zu gewissen Grenzen in Beziehung zur Fruchtbarkeit eines Bodens. Man hat die Menge der leicht löslichen, d.h. für die Pflanze aufnehmbaren Nährstoffe des Bodens auch direkt zu bestimmen gesucht. M. Märcker und P. Wagner haben zur Bestimmung der aufnehmbaren Phosphorsäure Ammoniumcitrat, O. Kellner zur Bestimmung des adsorptiv gebundenen Kalis (auch des Kalkes) eine 10 prozentige Chlorammoniumlösung, A. Rümpler zu demselben Zweck (d.h. Kali) Kalkwasser bezw. eine 20 prozentige Chlorcalciumlösung vorgeschlagen. M. Gerlach und B. Dyer u.a. verwenden eine 1- oder 2 prozentige Zitronensäurelösung, Bogdanow eine 2 prozentige Essigsäurelösung, Schlösing und Sigmund eine schwache Salpetersäurelösung, um die Menge der für die Pflanzen direkt aufnehmbaren Nährstoffe des Bodens (Phosphorsäure, Kali, Kalk) zu bestimmen. Hilgard beurteilt das Stickstoffbedürfnis eines Bodens aus dem Stickstoffgehalt des Humus, Grandeau glaubt aus dem Gehalt der in verdünntem Ammoniak aus einem von kohlensaurem Kalk befreiten Boden löslichen Menge Kali u.s.w. in der sogenannten »Matière noire« auf die Menge der aufnehmbaren Bodennährstoffe schließen zu können. Aber alle diese Vorschläge haben sich bis jetzt für alle Fälle noch nicht bewährt. Aus dem Grunde hat man auch versucht, durch die Pflanzenanalyse einen Maßstab für die im Boden vorhandene Menge aufnehmbarer Nährstoffe, also ein Maß für die Fruchtbarkeit des Bodens zu gewinnen. Weinhold, Emmerling und Hellriegel analysierten zu diesem Zwecke die ganzen Pflanzen, Heinrich dagegen nur die Wurzeln. Aus dem größeren oder geringeren Gehalt der Wurzeln an Nährstoffen schließt Heinrich auf den Nährstoffgehalt des betreffenden Bodens. Ist der Nährstoffgehalt der Wurzeln hoch und enthält der Boden gleichzeitig eine hohe absolute Menge Nährstoffe, so kann die weitere Aufschließung der Bodenbestandteile der Verwitterung ohne besonderes Zutun überlassen bleiben; ist aber der absolute Gehalt des Bodens an Pflanzennährstoffen ein hoher, der Gehalt der Wurzeln ein geringer, so muß für die Aufschließung der im Boden schlummernden Kräfte durch entsprechende Kulturen u.s.w. (Stalldünger, Gips, Kalk) gesorgt werden. Atterberg und Stahl-Schröder kommen auf Grund ihrer Haferuntersuchungen zu dem Schlusse, daß zwischen dem Stickstoff- und Phosphorsäuregehalt der Haferkörner bestimmte Verhältnisse bestehen, die den im Boden vorhandenen Mengen Stickstoff und Phosphorsäure entsprechen. Helmkamp sucht dadurch, daß er Pflanzenanalyse und Düngungsversuch verbindet, zu einem Ergebnis zu gelangen. Vorläufig aber haben auch diese Versuche noch zu keinem sicheren Verfahren zur Bestimmung der aufnehmbaren Pflanzennährstoffe im Boden geführt, und muß daher vorläufig noch der Düngungsversuch als empirisches Hilfsmittel, um Aufschluß über das Nährstoffbedürfnis eines Bodens zu erhalten, angesehen werden.

Durch die Pflanzen werden organische und anorganische Bodenbestandteile aufgezehrt, die, abgesehen von den Wurzeln und Stoppelresten, durch die Ernten weggeführt werden; der[105] Ersatz muß sich daher auf beide Formen erstrecken. Die organischen Stoffe, die zur Humusbildung notwendig sind, werden vorwiegend durch den Stallmist und die Gründüngung geliefert. Der Stallmist ist ein wertvolles Erzeugnis der Wirtschaft und muß daher besonders vor Entwertung geschützt werden. Diese Entwertung kann namentlich durch Stickstoffverluste verursacht werden. Um sie zu verhindern, sind vielerlei Konservierungsmittel vorgeschlagen, wie z.B. Superphosphat, Superphosphatgips, Gips, Kainit u.s.w.; jedoch ist das einfachste und beste Mittel möglichster Abschluß der Luft (also des Sauerstoffs), damit der Zersetzung entgegengewirkt wird, ferner tunlichste Abhaltung von Regen und Licht. Im Anschluß hieran sei noch auf die Nitrifikation, d.h. auf die Bildung der Salpetersäure aus Ammoniak und weiter aus organisch gebundenem Stickstoff, und auf die Denitrifikation, d.h. auf die Rückwandlung der Salpetersäure in salpetrige Säure und sogar in Stickstoff – beides Erzeugnisse der Tätigkeit niederer Organismen – hingewiesen, weil diese Vorgänge bei der Lagerung des Stallmistes vorkommen, dieselben ferner auch im Boden u.s.w. sich abspielen.

Bei der Gründüngung, d.h. dem Unterbringen grüner Pflanzen in den Acker, tritt in neuerer Zeit neben der Absicht, dem Boden humusbildende Stoffe zuzuführen, als Hauptabsicht hinzu, den Boden zugleich mit Stickstoff anzureichern; denn die vielfach als Gründüngungspflanzen angebauten Leguminosen haben durch die in den an den Wurzeln haftenden Knöllchen lagernden Bakterien die Kraft, den Stickstoff der Luft aufzunehmen und für die Pflanze verwertbar zu machen. Die anorganischen Stoffe werden außer durch obige beiden Dünger größtenteils durch künstliche Düngemittel zugeführt.

Wenn uns die chemische Analyse bei Feststellung des Nährstoffbedürfnisses des Bodens die nötige Aufklärung nicht geben kann, so kann sie dieses eher, wenn es sich um schädliche Bestandteile des Bodens handelt, denn hier ist nicht immer die Form, sondern oftmals schon das Vorhandensein gewisser Stoffe überhaupt und die absolute Menge derselben das Entscheidende. Als direkt schädliche Bestandteile des Bodens seien folgende angeführt: Schwefelkies, weil sich bei der Zersetzung desselben im Boden die für Pflanzen giftige freie Schwefelsäure und das ebenso giftige Ferrosulfat bilden; Schwefelcalcium, das in Abfällen der Soda- und Pottaschefabrikation sowie in denjenigen der Gasfabriken als Gaskalk zur Verwendung gelangt; letzterer enthält auch das sehr giftige Rhodanammonium; Zinkblende, die sich im Boden leicht zu dem für Pflanzen schädlichen Zinksulfat umsetzt. Wirkt zinkvitriolhaltiges Wasser auf Boden ein, so bildet sich unlösliches kohlensaures Zink im Boden, und die frei werdende Schwefelsäure verbindet sich mit Kalk, Magnesia und Kali; diese leicht löslichen Sulfate werden durch das Regen- und Berieselungswasser mit fortgeführt, so daß hierdurch ein Nährstoffverlust im Boden eintritt. In gleicher Weise wirkt Kupfersulfat. Die Umsetzung dieser schädlichen Metallsulfate zu unschädlichen Metallkarbonaten hält aber nur so lange an, als der Vorrat an Karbonaten der Erdalkalien nicht erschöpft ist. Sobald dieses eintritt, wirken die Metallsulfate auch direkt schädlich. Zu den schädlichen Bestandteilen gehören ferner Chlornatrium, Chlorcalcium und Chlormagnesium in größerer Menge. Abgesehen davon, daß Wasser, das größere Mengen dieser Salze enthält, als Rieselwasser verwendet, den Boden physikalisch verschlechtert (dicht schlämmt), wirkt es auch durch Wechselzersetzung und durch seine stärker lösende Kraft gegenüber gewöhnlichem Wasser schädigend, indem durch dasselbe Pflanzennährstoffe (Kali u.s.w.) ausgewaschen werden. Die lösende Wirkung dieser Salze tritt schon bei einem Gehalt von 1 g pro Liter hervor. Aeußerst schädlich für die Vegetation ist die arsenige Säure, die durch Abwasser aus Gerbereien, Färbereien u.s.w. in den Boden gelangt.


Literatur: Knop, Der Kreislauf des Stoffes, 1868; Bonitierung der Ackererde, 1873; Detmer, Die naturwissenschaftliche Grundlage des Ackerbaues in »Handbuch der gesamten Landwirtschaft«, herausgegeben von v. d. Goltz, 1893, ferner Die naturwissenschaftl. Grundlagen der landw. Bodenkunde; Sachse, R., Lehrbuch der Agrikulturchemie, 1888; Mayer, A., Lehrbuch der Agrikulturchemie, Heidelberg; Wahnschaffe, F., Anleitung zur wissenschaftlichen Bodenuntersuchung, Berlin 1903, 2. Aufl; König, J., Die Verunreinigung der Gewässer, deren schädliche Folgen u.s.w., Berlin 1899, 2. Aufl., und Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe, Berlin 1905, 3. Aufl.

F. König, E. Haselhoff.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 103-106.
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