[475] Leichenverbrennung. In neuester Zeit hat die Leichenverbrennung ganz erheblich an Verbreitung zugenommen (Anfang 1914 bestanden in Deutschland 40 Krematorien). Im engsten Zusammenhange damit steht es, daß für die Verbrennungsapparate nunmehr verschiedentlich Neukonstruktionen in Anwendung kommen. Auf diese Neukonstruktionen sowie auf Neugestaltungen von Kolumbarien und Urnenhainen, außerdem auf einige kleinere, mustergültige Krematorien soll im folgenden eingegangen werden, auch auf solche für kleinere Städte. Für diese liegen die Bedingungen im allgemeinen weniger günstig als bei größeren Städten, die über bedeutendere Mittel verfügen.
Verbrennungsapparate. Während in den meiden der die Leichenverbrennung gestattenden Staaten nur kurze, allgemeine Bestimmungen über die an die Verbrennungsapparate zu Heilenden Bedingungen enthalten sind, spricht sich »das Feuerbestattungsgesetz für Preußen« in der »Anweisung zur Ausführung des Gesetzes, betreffend die Feuerbestattung vom 14. September 1911« in eingehenderer Weise über die an die Verbrennungsapparate gesellten Anforderungen in folgenden Worten aus:
»Zur Erwärmung der Einäscherungsöfen dürfen keine Brennstoffe verwendet werden, die zur Bildung von Rauch oder Ruß Anlaß geben also beispielsweise nicht Steinkohlen, Holz und andre unvergaste Brennstoffe, wohl aber Koks oder Gas.
Die Einäscherung darf nicht durch unmittelbare Einwirkung der Brennstoffe, sondern nur in besonderen Einäscherungskammern getrennt vom Feuerraum erfolgen. Die Verbrennungsprodukte der Feuerung dürfen während der Einäscherung weder in die Einäscherungskammer direkt eintreten, noch sie mittelbar beheizen. Die Einäscherung muß vielmehr in der auf genügende Temperatur erhitzten Einäscherungskammer unter Zuführung ausreichender, hoch vorzuwärmender Verbrennungsluft bewirkt werden. Die Verbrennung in der Einäscherungskammer muß vollkommen sein und in ununterbrochener Folge vor sich gehen. Dabei dürfen keine die Nachbarschaft belästigende Gerüche in die Atmosphäre entlassen werden.
Zur Abführung der Verbrennungsprodukte aus der Feuerung und den Einäscherungskammern muß ein genügend hoher Schornstein vorgesehen werden.«
Es wird angestrebt, diese hart erscheinenden Bestimmungen für die Konstruktion der Verbrennungsapparate in gemilderter Form zur Anwendung bringen zu lassen, wenigstens für die nächste (Uebergangs-) Zeit.
In diesen Bestimmungen ist noch besonders bemerkenswert, daß für jede Einäscherung an dem Sarge eine Tonscheibe fest anzuhängen ist, auf welcher eine Nummer sich eingeprägt befindet; diese Tonscheibe, die sich in den Aschenresten wiederfindet, soll eine Verwechslung der Aschenreste unmöglich machen. (»Flamme« 1912, Nr. 6, S. 82.)[475]
Die Särge sollen aus leichtem, dünnem Holze (z.B. der Tanne oder Pappel) oder aus Zinkblech hergestellt sein. Deren Außenmaße sind: Länge 2,0 bis 2,40 m, Breite 0,6 bis 0,87 m, Höhe 0,55 bis 0,80 m; gebräuchlichste Mittelmaße: 2,25 × 0,75 × 0,65.
Von den Verbrennungsapparaten haben in Deutschland in neuester Zeit die Konstruktionen: System Rich. Schneider (Lexikon der gesamten Technik, 2. Aufl., 6. Bd., S. 122; [3], S. 111) sowohl als auch System Klingenstierna-Beck-Dorovius (Lexikon der gesamten Technik, 2. Aufl., 6. Bd., S. 121, 122; [3], S. 107) wieder Anwendung gefunden. Außerdem ist es hauptsächlich das System Ruppmann, welches bereits in mehreren Krematorien (Stuttgart, Reutlingen, Göppingen, Winterthur, Biel u.s.w.) zur Ausführung kam. Bei diesem System wird, wie bei den meisten andern Systemen, der Sarg im Verbrennungsraum von einem Schamotterost getragen. Unter diesem Verbrennungsraum befindet sich der Nachglühraum, in welchem, ebenfalls hocherhitzt erhalten, die durch den Schamotterost hindurchgefallenen Ueberreste zum völligen Ausglühen gebracht werden. Der unter dem Nachglühraum angeordnete, geräumige Rekuperator gibt der ihn durchströmenden Verbrennungsluft die entsprechend hohe Temperatur. In der Längsrichtung des Verbrennungsraumes schließt sich an diesen, der Tür desselben gegenüber, der Koksgasgenerator als senkrechter Schacht mit Rost und Aschenfall an. Ueber den Betrieb und dessen Einzelheiten dieses Systems enthält ein Protokollauszug verschiedene, auch allgemein wissenswerte Angaben nach den Aufzeichnungen des Stuttgarter Hochbauamts II bei Beobachtungen an einem Apparat System Ruppmann im Stuttgarter Krematorium bei 48 Leichenverbrennungen in der Zeit vom 20. Juli bis 18. September 1909.,([3], S. 116 und 117.) Hiernach dauerte das Anheizen durchschnittlich 2 Stunden 54 Minuten; Lockfeuer im Kamin war unnötig. Die durchschnittliche Dauer einer Verbrennung betrug 1 Stunde 33 Minuten, die kürzeste 1 Stunde 10 Minuten, die längste 2 Stunden 30 Minuten. An Brennmaterial waren für eine Verbrennung durchschnittlich 207 kg Stuttgarter Gaskoks und 2 kg Anzündholz erforderlich. Der Koksverbrauch betrug an vier Tagen mit drei Verbrennungen durchschnittlich für eine Verbrennung 125 kg, an sechs Tagen mit zwei Verbrennungen durchschnittlich für eine Verbrennung 193 kg, an 20 Tagen mit einer Verbrennung durchschnittlich für eine Verbrennung 265 kg. Dunkler Rauch zeigte sich an der Mündung des Kamins bei jeder Verbrennung durchschnittlich 44,5 Minuten lang, somit während der Zeit, innerhalb welcher der Sarg verbrannte. Grauer Rauch war 5,56 Minuten zu bemerken. Die Zugstärke betrug durchschnittlich, unmittelbar vor Einfahrt der Leiche in den Ofen, 11,3 mm Wassersäule und unmittelbar nach Beendigung der Verbrennung 10,8 mm Wassersäule. Die erreichten Temperaturen sind in nachstehender Tabelle zusammengestellt; sämtliche Messungen wurden mittels Thermoelementen vorgenommen.
Die Höchsttemperaturen betrugen im Verbrennungsraum 1120° C, im Luftkanal links 560°C, im Luftkanal rechts 540° C. Die Temperatur im Verbrennungsraum darf über 1100° C. nicht gesteigert werden wegen des alsdann eintretenden Sinterns der Knochen, welche dabei eine feste, glasähnliche Struktur von dunkelbrauner Färbung annehmen.
In den bisherigen Einäscherungsapparaten mit Schamotterost erfolgte die Bewegung der hocherhitzten Verbrennungsluft durch den Verbrennungsraum in der Richtung von oben nach unten, so daß also die Verbrennungsluft zuerst die oberen Partien des Sarges und des Leichnams trifft und die gebildeten Flammen und Abgase durch den Schamotterost hindurch nach unten in die Abzugskanäle abziehen. Bei dem neuen Verbrennungsapparat des schwedischen Ingenieurs Knös, in Stockholm in Betrieb, wird die in einem Rekuperator hocherhitzte Verbrennungsluft von unten nach oben durch den Verbrennungsraum geführt. Es soll diese Anordnung ebenfalls gute Resultate erzielen lassen. Die Anordnung der einzelnen Teile dieses Verbrennungsapparates (Verbrennungsraum, Rekuperator, Koksgasgenerator) und deren Stellung zueinander sind im allgemeinen die gleichen wie bei den Systemen Beck und Schneider; bei dem System Knös dienen zwei Schamotteschieber dazu, der Flamme die entsprechende Richtung zu geben.
Außer den festen (Koks) haben auch gasförmige Brennmaterialien für Verbrennungsapparate Verwendung gefunden. Besonderes Interesse erweckt ein Verbrennungsapparat, welcher, von Toisoul, Fradet & Cie. in Paris konstruiert, mit Leuchtgas betrieben, in Dessau zur Ausführung gekommen ist, nachdem in Paris selbst und andern Städten Frankreichs gleiche Verbrennungsapparate bereits im Betriebe waren. Die Fig. 1 läßt ohne weiteres erkennen, daß dem Verbrennungsraum b der sonst vorhandene Schamotterost fehlt; die Verbrennung wird hier auf einer Metallplatte vollzogen. Diese Metallplatte bleibt während der Verbrennung im Verbrennungsraum, auf Längsrippen der Sohle desselben gelagert, in welchen sie mittels eines Wagens auf Tragarmen eingebracht wurde, der nach dem Absetzen der Platte zurückgefahren[476] wird, nachdem die Tragarme zwischen den Längsrippen des Bodens des Verbrennungsraums herabgesenkt worden sind. Die auf der Platte verbleibenden Ueberreste werden, nach entsprechender Abkühlung, von der Platte in die Aschenkapsel überführt. An der einen Stirnseite des mit den Schauöffnungen e versehenen Verbrennungsraums b ist die Sargeinführungstür g mit doppeltem Verschluß angeordnet, während sich an der andern Stirnseite die einzeln regulierbaren Brenner c für das Gas in einer Nische sich vereinigt finden, die mittels einer Tür abschließbar ist. Die Einzelbrenner erhalten das Gas aus der gemeinsamen Leitung l. Unter dem Verbrennungsraum liegt der zur Erhitzung der Verbrennungsluft dienende Rekuperator; er stellt sich als ein System von Kanälen h dar, von welchen die sehr hoch erhitzten mit Schamotteplatten, die übrigen mit Eisenplatten abgedeckt sind. Bei m tritt die Verbrennungsluft, vorerst in kleinen Vertikalschächten abwärts geleitet, in dieses Kanalsystem regulierbar ein, durchströmt einen Teil der Kanäle h und gelangt, durch kleine Vertikalkanäle j von dem obersten Heißluftkanal i aus, nach dem Verbrennungsraum, in welchem sie, durch die kleinen Kanäle d verteilt, von den Längsseiten auf Sarg und Leichnam einwirkt. Die Verbrennungsprodukte gelangen durch die Oeffnungen f des Verbrennungsraumes in zwei vertikale Kanäle, welche sie nach dem untersten, mit Schamotteplatten abgedeckten Kanal des Rekuperators führen. Von hier aus steigen sie nach oben und kehren durch einige der Kanäle h zurück, um in einem gemeinsamen Kanäle nach dem Schornstein zu gelangen. Die Verbrennungsluft wird also in diesem Verbrennungsapparat nicht im reinen Gegenstrom erwärmt. Die Schwierigkeiten, die früher einen einwandfreien Betrieb nicht erzielen ließen, gelten als überwunden.
Außer den festen und gasförmigen sind auch flüssige Brennmaterialien für den Betrieb von Verbrennungsapparaten in Anwendung gekommen; in den Vereinigten Staaten von Nordamerika schon seit längerer Zeit. In Deutschland, wo man höhere Ansprüche bezüglich der Pietät u.s.w. an die Leichenverbrennungsapparate stellt, hat man erst in neuerer Zeit die Benutzung von flüssigen Brennmaterialien versuchsweise vorgenommen, ist aber bisher zu günstigen Resultaten noch nicht gelangt. Es handelt sich hier besonders um die Erzielung eines zuverlässigen, sicheren Betriebes, der auch durch Geräuschlosigkeit sich auszeichnet und die Empfindung und den Eindruck des Fabrikmäßigen nicht aufkommen läßt. Während in der Industrie längst Oelfeuerungen und Teerfeuerungen für Befeuerung von Dampfkesseln u.s.w. sich in einwandfreiem Betriebe befinden, fehlen uns solche Feuerungen noch für Leichenverbrennungsapparate.
Schließlich hat man auch für die Leichenverbrennungsapparate die Anwendung des elektrischen Stromes ins Auge gefaßt. Von der Société pour la propagation de l'incinération in Paris erging 1908 die Aufforderung zur Einreichung von Projekten, Plänen und Modellen für Leichenverbrennungsapparate, deren Betrieb unter Benutzung des elektrischen Stromes oder einer andern Wärmequelle erfolgt [4], 1908, S. 174; 1909, S. 102. Die hauptsächlichsten, von den allgemeinen mehr oder weniger abweichenden Bedingungen für die einzureichenden Projekte lauteten: »Die Verbrennung soll mit Hilfe von Elektrizität oder einer anderen Wärmequelle erfolgen. Die Einäscherungsdauer bei den Leichen Erwachsener, die bei den gegenwärtigen Systemen im Mittel eine Stunde beträgt, soll beträchtlich herabgesetzt sein. Der Apparat muß es gestatten, mehrere Einäscherungen ohne Unterbrechung auszuführen. Die Betriebskosten und ebenso die Erhaltung und Amortisation des Apparates müssen so niedrig als möglich sein. Der Apparat muß leicht zu erhalten und zu behandeln sein. Der Einäscherungsvorgang muß auf schickliche Weise erfolgen und die Leiche in einem Holzsarg verbrannt werden können.«
Diese Bestrebungen haben aber zu einer Anwendung bei Leichenverbrennungsapparaten noch nicht geführt. Im allgemeinen dürfte der Benutzung des elektrischen Stromes als Wärmequelle aber noch immer dessen erhebliche Kosten das größte Hindernis sein. (D.R.P. 244887.) Außer den Vorschlägen für Verbrennungsapparate mit Oelfeuerung und für solche, welche die[477] elektrische Energie zur Erzeugung der erforderlichen Temperatur der Verbrennungsluft benutzen, liegen auch bereits weitere neue Ofenprojekte als D.R. Patente vor, welche einerseits zwar ebenfalls Rekuperatoren zur Lufterhitzung vorsehen, jedoch in andrer Weise als es bisher geschah, anderseits aber sich der Regeneratoren bedienen, wie dies beim ersten deutschen Verbrennungsapparat (Gotha) der Fall ist; Rekuperatorerhitzung besitzt z.B. der Ofen nach D.R.P. 263725. Bei diesem Verbrennungsapparat besteht die Neuerung in der Anordnung getrennter, aber miteinander in Verbindung zu bringender Rekuperatoren für das Gas des Generators und für die Einäscherungsluft. Außerdem sind Abgasabzüge in zwei verschiedenen Höhen vorgesehen: in der Höhe der Schamottelängsträger direkt an der Tür des Einäscherungsraumes und ferner im Nachglühraum in der Nähe der Aschensammelpfanne. Die Schamottelängsträger sind dabei hohl ausgebildet für die Verteilung der hocherhitzten Verbrennungsluft und haben Ausströmungsöffnungen nach unten. (Patentansprüche u. Abb.: Patentblatt 1913, 24. Sept., Nr. 39, S. 1924.)
Einen Verbrennungsapparat mit Regeneratoren und einem Gaserzeuger zeigt das D.R.P. Nr. 258066. Dieser Ofen arbeitet mit wechselnder Richtung der Gas- und Luftströme, d.h. er hat den Vorzug, daß die Einäscherung in einem Heißtluftstrom erfolgt, der sowohl von oben nach unten als auch von unten nach oben wirken kann. Die Erwärmung der Regeneratoren wird dabei durch Zuführung von Generatorgas zu den aus dem Einäscherungsraum in die Regeneratoren abströmenden Gase bewirkt, so daß es unmöglich ist, daß empyreumatische Gase dem Schornstein entströmen. (Patentanspruch u. Abb.: Patentblatt 1913, 16. April, Nr. 16, S. 762.)
Ein weiterer Vorschlag ist erfolgt zur längst angestrebten Abkürzung der Verbrennungsdauer, indem eine der Verbrennung im Ofen vorausgehende Behandlung des Leichnams in einem Kanal, in welchem heiße Luft entgegenströmt, vorgenommen werden soll [5], 1912, S. 53. Dieser und ähnliche Vorschläge verbieten eine Ausführung aus leicht begreiflichen Gründen von selbst.
Von Sargeinführungsvorrichtungen wurden mehrere Neuerungen bekannt, so z.B.D.R.P. Nr. 263783, 267547, 267548.
Mit dem Betriebe der Verbrennungsapparate eng verbunden ist der Schornstein zur Zugerzeugung. Da nun einerseits ein niedriger Schornstein zu geringe Zugstärke besitzt, anderseits ein hoher Schornstein mit großer Zugstärke dem Aeußern des Krematoriums ein für vorliegende Zwecke wenig günstiges Aussehen verleiht, so ist man auch zur Anwendung des künstlichen Saugzugs (mit elektrischem Betrieb, Frankfurt a.M.) geschritten, beschränkt sich aber in der Benutzung desselben auf die Zeiten des durchaus nötigen Bedarfs wegen der verhältnismäßig hohen Kosten.
Für Lösung des Problems: Anwendung eines niedrigen, nicht auffälligen Schornsteins von vollkommen genügender Höhe, der leicht zu verdecken ist und beim Anblick des Krematoriums den Charakter eines fabrikmäßigen Betriebes nicht aufkommen läßt, kommt auch bereits ein Projekt in Betracht, welches eine abweichende, geeignete Disposition benützt.
Krematorien. Im allgemeinen werden gefordert: 1. eine Versammlungs- oder Einsegnungshalle (völlig geschlossen) von ca. 100 qm zur Abhaltung der Trauerfeier mit Gestühl oder Bänkereihen. Daran anschließend, meistens dem Eingange gegenüber, 2. eine Apsis oder Nische, ca 50 qm, mit erhöhtem Podium für die Kanzel oder die Rednerbühne sowie Katafalk mit Versenkung; Orgel- (Harmonium-) Empore über dem Podium oder der niedrig gehaltenen Vorhalle; 3. Warteraum für die Leidtragenden neben der Einsegnungshalle; 4. ein Raum für den Geistlichen, am bellen von der Vorhalle aus zugänglich; 5. getrennte Bedürfnisanstalten, ebenfalls neben der Vorhalle oder in einem kleinen Nebengebäude; 6. Leichenaufbewahrungsraum (für 13 Särge); 7. bei obligatorischer Leichenschau: mehrere Leichenkammern, ebenfalls im kleinen Nebengebäude. Im Untergeschoß des Hauptgebäudes: 1. Einäscherungsraum mit 1 oder 2 event. 3 Oefen; 2. Versenkungsraum mit Schiebebühne event. Drehbühne nebst Luft- oder Oelpumpe für die Versenkung. Im Hintergrund oder an der Seitenwand: eine mit Geländer versehene erhöhte Bühne, von welcher aus Mitglieder der Trauerversammlung, mit Erlaubnis der Angehörigen, der Verbrennung selbst beiwohnen können; 3. Aschenkapsel-Aufbewahrungsraum event. Leichenkammer; 4. Raum für Heizer und Wärter; 5. Sargmagazin und Geräteraum; 6. Lagerraum für Brennmaterial. Für den Hausmeister einer größeren Anlage, in welcher er ständig anwesend sein muß, Wohnung mit Geschäftszimmer in einem Nebengebäude. Die Gebäude sind gegen Grundfeuchtigkeit bestens zu isolieren und mit Hohlräumen, Luftschichten und Kanälen zu umgeben. Bei Herstellung der Wände und Fußböden der Räume ist auf die nötige, öftere Desinfektion besonders Rücksicht zu nehmen. In den Räumen muß die peinlichste Sauberkeit herrschen. Deshalb: Mauern in Zement; die Wände der Leichenhalle mit Kacheln, glasierten Platten belegt oder mit Porzellanemailfarbenanstrich versehen. Decken massiv; Holz höchstens zu Wandbekleidungen benutzt. Fußböden: Zementestrich, Mettlacher Platten oder Terrazzo; in Räumen für das Trauergefolge: aus hartem Holz, in Asphalt auf Beton gelagert (Linoleum).
Für die äußere Gestaltung des Krematoriumgebäudes soll die Verkörperung des Verbrennungsgedankens in den Formen einer idealen Monumentalarchitektur erreicht werden. Eine Leichenverbrennungshausanlage muß auch im ganzen einen feierlichen Eindruck hervorrufen, dabei aber ihr interkonfessioneller Charakter volle Berücksichtigung finden und deshalb keineswegs irgendeinen ausgeprägt kirchlichen Stil zum Ausdruck bringen. Bei größeren Anlagen, für welche hohe Baukosten der Ausführung kein Hindernis bereiten, ist das erstrebte Ziel unschwer zu erreichen. Anders liegen die Verhältnisse, wenn nur über verhältnismäßig geringe Mittel verfügt werden kann. Von diesen kleineren Krematorien, bei welchen ebenfalls den gestellten Anforderungen genügt werden soll, sind diejenigen in Mainz und in Mannheim zu nennen, die sich als besonders beachtenswert darstellen und durch die Abbildungen in Ansichten, Vertikalschnitten und Grundrissen wiedergegeben sind. Die Mainzer Anlage (Fig. 2) ist ein massiver Sandsteinkuppelbau mit vier Seitenbauten. Eine Freitreppe aus 16 Granitstufen führt zu dem von vier Sandsteinsäulen getragenen, 2 m über Geländehöhe sich erhebenden Portikus, welcher von[478] dem erhöhten Kuppelbau der Haupthalle überragt wird. An letzteren, von 7 × 7 m, schließen sich vorn und an den beiden Seiten Nischenbauten von 6 × 2,5 m an, während der hintere Anbau sich zu einer Apsis von 6 × 6 m erweitert, welche die Versenkungsvorrichtung enthält. Rechts und links von der Apsis befinden sich zwei weitere Räume, von denen einer für die Damen und einer für den Geistlichen und das Harmonium bestimmt ist. Diese Nebenräume öffnen sich mit beiden Türen nach der Apsis. Dem Kuppelbau von außen entspricht auch im Innern eine Kuppel, welche in der Mitte ein rundes Oberlicht (2,5 m Durchmesser) aus buntem Glas besitzt. Die beiden Seitenanbauten der Halle enthalten Urnennischen. In den Untergeschossen R1 und R2 (R1 im Grundriß besonders dargestellt), sind bei A, A1 und A2 die Einäscherungsöfen zu ersehen, während C die Versenkung bezeichnet. R2 ist der Raum, in welchem die Aschenentnahmen stattfinden und die Bedienung der Gasgeneratoren-Roste erfolgt. Der Mannheimer Anlage (Fig. 3) fehlen seitliche Anbauten; sie hat nur vorgelagerten, ebenfalls erhöhten Portikus und auf der andern Stirnseite der Haupthalle (mit Satteldach) die abschließende Apsis.
Wenn die Grundwasserhöhe oder andre Ursachen eine entsprechend tiefe Gründung des Hauptgebäudes, wie sie für die Aufstellung der Einäscherungsöfen im Untergeschoß erforderlich würde, verhindern, so werden die Oefen in einem Nebenraum oder in einem Nebengebäude untergebracht (z.B. in St. Gallen, sowie in verschiedenen amerikanischen Anlagen, u.s.w.), das mit der Apsis des Hauptgebäudes in geschützter, direkter Verbindung steht. Der Sarg wird dann nach der Beendigung der Feier durch eine mit Vorhang versehene Tür der Nische (Apsis) auf gleichem Niveau aus der Einsegnungshalle nach dem Ofenraum gebracht. Eine solche Disposition wählt man jedoch ungern und nur aus zwingenden Gründen.
Eine andre, jedoch nicht zu empfehlende Anordnung führt zur vollständigen Trennung der Einsegnungshalle vom Verbrennungsraum, wie sich solche finden in München, Ostfriedhof ([5], 1913, S. 182); in Ulm ([4], 1906, S. 184) und in Jena ([7], 1905, 5. Heft, S. 146). Hier war diese Trennung wegen der bereits bestehenden Halle vorgeschrieben gewesen. Für die Krematoriumsanlage in Kassel wird ebenfalls eine solche Anordnung gewünscht ([5], 1913, S. 182).[479]
Kolumbarien. Auch in der Entwicklung von Kolumbarienbauten ist ein Fortschritt zu verzeichnen. Sie werden sowohl als selbständige Bauten ausgeführt, bis jetzt meistens in bescheideneren Abmessungen, während für umfangreichere Bauwerke verschiedene Projekte vorliegen (»Flamme« 1912, Nr. 20, S. 312), als auch im engeren Zusammenhange mit Krematorien. Vielfach wurden früher geeignete Wände der Krematorien selbst zur Aufstellung von Urnen und zur Aufbewahrung von Aschenkapseln eingerichtet; in neuerer Zeit steht man davon ab. Man fand, daß es vorzuziehen sei, den Ueberresten Eingeäscherter einen Ruheplatz in einem Räume, an einem Orte zu gewähren, welcher keinerlei anderm Zwecke dient. Ueberdies waren die wenigen Nischen und Standorte bald besetzt und ihre Herstellung verhältnismäßig teuer. Bezüglich der Aufbewahrung von Ueberresten Eingeäscherter bestimmen die betreffenden Gesetze der meisten Staaten, daß dieselben an hierfür besonders vorgesehenen und hergerichteten Stätten zu erfolgen hat. Jedoch ist es z.B. in Hamburg gestattet, Aschenreste auch außerhalb der gemeinsamen hierfür bestimmten Plätze, also auch im eignen Hause oder Garten, aufzubewahren.
Deshalb war es für mehrere Städte notwendig, welche noch kein Krematorium besaßen, insbesondere, weil die behördliche Genehmigung zur Erbauung oder zum Betriebe versagt wurde, zur Errichtung selbständiger Kolumbarien zu schreiten, um den Aschenresten auswärtig Eingeäscherter eine Stätte der würdigen, gemeinsamen Aufbewahrung zu bieten. Für diese Kolumbarien wurde meist die Form eines Zentral-(Kuppel-)Baues gewählt, in dessen Wänden die Nischen angeordnet sind, entweder offen und von größerer Abmessung, wenn sie zur Aufnahme von Urnen, oder geschlossen und von kleiner Abmessung, wenn sie zur Aufnahme von Aschenkapseln bestimmt wurden (Stettin [5], 1910, S. 6273; Berlin [5], 1911, S. 4). Wird das Kolumbarium in Verbindung mit einer Einäscherungsanlage errichtet, so schließt es sich entweder direkt an dasselbe an (geradlinig oder in Hakenform) oder es umgibt in mehr oder weniger weitem Abstand diese Anlage in Kreis- oder Rechteckform, sich nach der Eingangsseite öffnend, meist einen kleinen Garten als Urnenfriedhof umfassend. Eine Verbindung des Kolumbariums mit dem Krematorium kann auch in andrer Form erfolgen (z.B. in Leipzig teilweise unterirdisch).
Die einzelnen Zellen der Kolumbarien für je eine Aschenkapsel haben als Abmessungen vielfach 28 × 28 × 48 cm. Die Doppelzellen der Heidelberger Kolumbarien, z.B. 55 × 50 × 35 cm, sind durch Blechwände voneinander getrennt. Die Verschlußplatten dieser Zellen werden durch Rosettenscheiben an kleinen -Eisen der Wandkanten befestigt. Für die Verschlüsse kommen Platten von Marmor, Metall, Glas u.s.w. zur Verwendung, auf welchen die Inschriften Platz finden. In Mailand verlegt man die Marmorverschlußplatten in Zement, also luftdicht. Sarkophagähnliche Tonkapseln von 44 × 26 × 23 cm lichten Weiten verwendet man unter anderm in Mannheim.
Urnenhaine. Aschenbeisetzungsstätten werden in neuerer Zeit, den erweiterten Anforderungen entsprechend, in erheblich größerer Ausdehnung angelegt als früher. Meist umgeben sie ein Krematorium oder ein Kolumbarium. Die Anordnung und Gestaltung dieser Beisetzungsstätten erfolgt meist im engsten Zusammenhange mit den beistehenden oder neu anzulegenden allgemeinen Friedhöfen. Auch auf diese verwendet man hinsichtlich ihrer Form und des von ihnen gebotenen Bildes mehr Sorgfalt als früher, um den angestrebten Eindruck auf die Besucher in erhöhtem Maße zu erzielen. Diese Bestrebungen für die zweckentsprechendere Ausgestaltung und zur Erhöhung der hervorzurufenden Stimmung der Besucher solcher Stätten gaben Anlaß zur Schaffung einer besonderen Friedhofskunst. Und gerade die Urnenhaine sind es, welche die angestrebte Wirkung durch ihre Mannigfaltigkeit der Anordnung auf die schönste Weise erzielen lassen. Die Beisetzungsstelle selbst wird dabei als Einzelerdaschengrab oder als Reihengrab, als gemauerte Aschengruft im Freien (unterirdisch als auch oberirdisch) oder als Urnendenkmal für einzelne oder für mehrere (bis zu 100) Urnen, als Felsaschengruft u.s.w. in reizvollster Abwechslung angeordnet, die bei der Ausbildung der ganzen Anlage als »Hain« durch die ausgedehnte Benutzung eines Koniferenbestandes seinem Zwecke auf das beste entspricht [17].
Literatur: [1] Heil, Karl, Die Feuerbestattungsliteratur, Zusammenstellung, Darmstadt 1912. [2] Fayans, Stephan, Handbuch der Architektur, 4. Teil, 8. Halbbd., Heft 3, Bestattungswesen, Stuttgart 1907. [3] Beutinger, E., Handbuch der Feuerbestattung, Leipzig 1911. [4] »Phönix«, Blätter für fakultative Feuerbestattung und verwandte Gebiete, seit 1891 Wien VII (früher Darmstadt). [5] »Die Flamme«, Zeitschrift zur Förderung der Feuerbestattung im In- und Auslande, Berlin seit 1884. [6] Weigt, K., Almanach der Feuerbestattung, Hannover 1909. [7] Heepke, Wilh., Die modernen Krematorien Deutschlands, »Die Kirche,« Zentralorgan für Bau, Einrichtung und Ausstattung der Kirchen, Groß-Lichterfelde-W., 2. Jahrg., Februar 1905, 5. Heft. [8] Kratter, Julius, Leichenwesen einschl. der Feuerbestattung, Handbuch der Hygiene, Bd. II, Leipzig 1912. [9] Müller, Georg, Empfiehlt sich für kleinere Stadtgemeinden die Errichtung von Krematorien? Bernburg 1913. [10] »Die Feuerbestattung«, herausgeg. v. Ver. s. Feuerbestattung, Leipzig 1909. [11] »Die Feuerbestattung«, herausgeg. v. Ver. s. Feuerbestattung »Urne«, Dresden 1909. [12] Jahrbuch d. Verb, der Feuerbestattungsvereine deutscher Sprache, Verbandsangelegenheiten, 101 Fragen und Antworten über den Bau und Betrieb von 26 Krematorien im deutschen Sprachgebiet, Heilbronn 1911. [13] Dass., Verbandsangelegenheiten, Gesetzliche Bestimmungen in den deutschen Staaten in betreff der Feuerbestattung, deutsche Krematorien, Heilbronn 1912. [14] Brackenhöft, E., Krematorium und Urnenfriedhof in Hamburg, Hamburg 1907. [15] Heim, A., Ueber die Methoden der Feuerbestattung und die Einrichtung des Krematoriums Zürich, Zürich. [16] Krafft, Gustav, La Crémation, Lausanne 1907. [17] Hannig, Georg, Der Friedhof und seine Kunst, Berlin 1908. [18] Högg, Der Urnenfriedhof, Ergebnis eines Wettbewerbs, Dresden 1913.
Paul Freygang.
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