Hessen-Rheinfels-Rotenburg

[279] Hessen-Rheinfels-Rotenburg, erloschene Nebenlinie von Hessen-Kassel, ward gegründet von Ernst, dem jüngern Sohn des Landgrafen Moritz, der (geb. 1623, 1652 zur katholischen Kirche übergetreten, gest. 1693) nach dem Hausvertrag vom 12. Febr. 1627 und 1. Sept. 1628 Rheinfels und nach dem Tode seiner Brüder, des Landgrafen Friedrich zu Eschwege (gest. 1655) und des Landgrafen Hermann zu Rotenburg[279] (gest. 1658), allein die sogen. Rotenburger Quart erhielt, d. h. alle den jüngern Söhnen des Landgrafen Moritz unter Hoheit der ältesten Linie überlassenen Ämter, Städte und Einkünfte, nämlich die niedere Grafschaft Katzenelnbogen mit der Festung Rheinfels, den Ämtern und Städten Rotenburg, Wanfried, Eschwege, Treffurt, Ludwigstein, der Herrschaft Plesse, dem Amt Gleichen, nebst einem Viertel des Landzolles. Ernsts Söhne Wilhelm (gest. 1725) und Karl (gest. 1711) stifteten die Linien Rotenburg und Wanfried, welch letztere 1755 schon wieder erlosch. In der Linie Rotenburg folgte auf Wilhelm dessen Sohn Ernst Leopold (gest. 1749). Dessen Sohn Ernst Konstantin (geb. 1716) brachte nach dem Aussterben der Linie Wanfried 1755 alle Besitzungen seines Hauses wieder zusammen und suchte sie durch Einführung der Primogenitur zusammenzuhalten; nur Rheinfels war 1735 an Hessen-Kassel gekommen, weswegen die Linie fortan bloß Hessen-Rotenburg heißt. Konstantin (gest. 1778) folgte sein Sohn Karl Emanuel (der 1752 geborne andre Sohn Karl Konstantin beteiligte sich, seit 10. Aug. 1792 »Citoyen Hesse«, stark an der französischen Revolution und starb in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai 1821 in Frankfurt a. M.; vgl. Kleinschmidt, Prinz Karl Konstantin von H., in der »Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte«, Bd. 25, Kassel 1901) und diesem 1812 sein Sohn Viktor Amadeus (geb. 5. Sept. 1779). Inzwischen war durch den Frieden von Lüneville 1801 der auf dem linken Rheinufer gelegene Teil der Grafschaft Katzenelnbogen an Frankreich gekommen, wofür der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 den Landgrafen durch eine Rente entschädigte. Unter der westfälischen Herrschaft blieb Hessen-Rotenburg im Besitz der zur Quart gehörigen Lande, nach dem Wiener Kongreß aber trat Hessen-Kassel 1815 den Rest der niedern Grafschaft Katzenelnbogen, die Herrschaft Plesse und das Amt Neuengleichen an Preußen ab, das dafür dem Landgrafen Viktor die Abtei Korvei in Westfalen und die Herrschaft Ratibor in Schlesien überließ. Da Landgraf Viktor Amadeus von seiner Gemahlin Eleonore, einer Prinzessin von Salm-Reifferscheidt-Krautheim, keine Kinder und nur noch eine Schwester, Klothilde, am Leben hatte, die mit dem Fürsten Karl August von Hohenlohe-Bartenstein kinderlos vermählt war, so vermachte er mit Genehmigung der preußischen Regierung die in Preußen gelegenen Güter, die Herrschaft Ratibor, das Fürstentum Korvei und die Herrschaft Treffurt, seinem Paten, dem Prinzen Viktor von Hohenlohe-Schillingsfürst, und dessen Bruder, dem Prinzen Chlodwig, Neffen seiner zweiten, 1830 verstorbenen Gemahlin Elisabeth, Prinzessin von Hohenlohe-Langenburg. Nachdem Landgraf Viktor 12. Nov. 1834 gestorben, übernahm Prinz Viktor, seit 1840 Herzog von Ratibor (s. d.), die rotenburgische Erbschaft. Über die in Kurhessen gelegene und dem Vertrag von 1627 gemäß an Hessen-Kassel zurückgefallene Rotenburger Quart erhob sich ein Streit zwischen den kurhessischen Ständen und der Regierung (vgl. oben, S. 276).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 279-280.
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