[738] Identitätsnachweis, im Zollwesen der Nachweis, daß ein- und ausgeführte Waren miteinander identisch seien, daß es sich in verschiedenen Fällen, in denen Zahlung und Befreiung von Abgaben in Frage kommen, um ein und dieselbe Ware handelt. Der I. hatte zuerst eine Bedeutung erlangt für die Rückvergütung bereits entrichteter Zölle bei der Wiederausfuhr eingeführter Waren oder der aus eingeführten Roh- und Halbfabrikaten hergestellten fertigen Erzeugnisse. Wird die Rückvergütung ohne einen I. gewährt, so wird sie leicht zu einer Ausfuhrprämie für aus heimischen Stoffen hergestellte Waren. In Deutschland findet die unmittelbare Durchfuhr unter Zollkontrolle statt. Ein weiterer I. ist für durchgeführte Waren unnötig. Wird eine in den freien Verkehr gesetzte Ware, bei deren Einfuhr ein Zoll bezahlt wurde, wieder ausgeführt, so findet hierfür keine Rückvergütung statt. Dagegen wird eine solche für im Inlande bezahlte Steuern bei der Ausfuhr von Tabak und Tabakfabrikaten, Bier und Branntwein gewährt. Solche Rückerstattungen können leicht bei der Fabrikatsteuer vermieden werden, wenn die für die Ausfuhr bestimmten Mengen unbesteuert und bis zu ihrer Verbringung über die Grenze unter Zollkontrolle bleiben. Alsdann wäre, wie unter anderm beim Zucker in Deutschland, bei der Ausfuhr von bereits in den freien Verkehr gesetzten Waren keine Vergütung zu gewähren. Während in Frankreich die Identität des ein- und nach der Verarbeitung wieder ausgeführten Materials in der Praxis nie genau festgehalten wurde, geschieht dies im Deutschen Zollverein mit aller Strenge, beim Zwischenauslandsverkehr (Verbringen einer Ware vom Zollgebiet durch das Ausland wieder zurück nach dem Zollgebiet), beim Meß- und Marktverkehr (zollfreie Rückbringung der auf auswärtigen Messen und Märkten unverkauft gebliebenen Waren), bei Retourwaren (s. d.) sowie beim Veredelungsverkehr (s. d. und »Acquit à caution«, hier französische Bestimmungen über den I.). Feststellung der Identität kann erfolgen durch Stempelaufdruck, Zeichen, kenntliche Beschreibung, Zurückbehaltung von Proben etc. Eine Ausnahme ist jedoch 1882 für Mühlen- und Ölfabrikate zugelassen worden. Der Inhaber von Mühlen, der ausländisches Getreide einführt und Mehl nach dem Auslande verbringt, braucht die Identität seines Mehles mit dem vom Ausland bezogenen Korn nicht nachzuweisen Er erhält vielmehr den für das ausländische Getreide bezahlten Zoll erstattet, sofern er nur eine entsprechende Mehlmenge ausführt. Der seither vielfach gestellten Forderung (im Reichstag Antrag Stolberg 1887, Antrag Ampach 1888), daß auch für die Ausfuhr von rohem Getreide, ohne Rücksicht auf dessen Herkunft, eine Vergütung gewährt werde, ist durch Gesetz vom 14. April 1894 entsprochen worden. Hiernach werden bei der Ausfuhr von Weizen, Roggen, Hafer, Hülsenfrüchten, Gerste, Raps und Rübsaat aus dem freien Verkehr des Zollinlandes, wenn die ausgeführte Menge mindestens 500 kg beträgt, auf Antrag des Warenführers Bescheinigungen (Einfuhrscheine) erteilt, die den Inhaber berechtigen, innerhalb einer vom Bundesrat auf längstens 6 Monate zu bemessenden Frist eine dem Zollwert der Einfuhrscheine entsprechende Menge der nämlichen Warengattung ohne Zollentrichtung einzuführen. Die Reichsregierung wollte damit der Landwirtschaft der östlichen Provinzen die Ausfuhr nach England erleichtern und so einige Entschädigung für die durch den deutsch-russischen Handelsvertrag verstärkte Konkurrenz des russischen Getreides gewähren. Die Abfertigung zu einer Ausfuhr dieser Art findet nur an den vom Bundesrat bestimmten Zollstellen statt, wobei Aufnahme in eine öffentliche Niederlage oder in ein Transitlager mit amtlichem Mitverschluß der Ausfuhr gleichsteht. Die aus reinen Transitlagern ohne amtlichen Mitverschluß zur Ausfuhr abgefertigten Warenmengen werden, soweit sie den jeweiligen Lagerbestand nicht übersteigen, von diesem Bestand abgeschrieben, im übrigen als inländische Waren behandelt. Die früher zugelassenen gemischten Transitlager sind durch Verordnung des Bundesrates vom 13. Mai 1896 aufgehoben worden. Den Inhabern von Mühlen oder Mälzereien wird für die Ausfuhr der von ihnen hergestellten Fabrikate eine Erleichterung dahin gewährt, daß ihnen der Eingangszoll für eine der Ausfuhr entsprechende Menge des zur Mühle oder Mälzerei gebrachten ausländischen Getreides nachgelassen, bez. innerhalb eines bestimmten Zeitraums bei der Zollzahlung für eine Reihe andrer, besonders angeführter Waren (Nutzhölzer, Südfrüchte, rohen Kaffee, gesalzene Heringe etc.) angerechnet wird. Auch ihnen werden auf Antrag bei der Ausfuhr ihrer Fabrikate Einfuhrscheine über eine entsprechende Getreidemenge erteilt. Der Ausfuhr der Fabrikate steht deren Niederlegung in eine Zollniederlage unter amtlichem Verschluß gleich. Vgl. Hoffmann, Was bedeutet die Aufhebung des Identitätsnachweises? (Düsseld. 1891); Kuhn, Die Aufhebung des I. bei der deutschen Getreideausfuhr (Freib. i. Br. 1891); Lexis, Artikel I. im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, 2. Aufl., Bd. 5 (Jena 1900).[738]