[683] Krim (russ. Krym, bei den Alten Tauris oder Chersonnesos Taurica, franz. la Crimée), Halbinsel im südlichen Rußland, zum Gouv. Taurien gehörig und daher auch Taurische Halbinsel genannt, bildet eine 25,140 qkm (458,1 QM.) große Landmasse, die nur durch die schmale, 57 km breite Landenge von Perekop zwischen dem Schwarzen und Asowschen Meer mit dem russischen Festland zusammenhängt (s. Karte). Die Küsten bilden eine Menge von Buchten und mehr oder weniger brauchbaren Häfen. Neben der Landenge von Perekop liegt westlich der Karkinitische Busen oder das Tote Meer, östlich der Siwasch oder das Faule Meer. Die K. zerfällt physisch in zwei Abteilungen: eine monotone Ebene (Krimsche Steppe), die, eine Fortsetzung der großen südpontischen Steppe, sich über drei Viertel der ganzen Halbinsel erstreckt und unzählige Viehherden ernährt, sonst aber fast gar nichts erzeugt, und eine Bergregion, die den südlichen Teil einnimmt und die großartigsten und schönsten Landschaftsbilder darbietet. Südlich von Simferopol nimmt das Land mit den ansteigenden Höhen allmählich einen reichern Charakter an; herrliche Wiesen wechseln mit Feldern, Gärten und Wäldern ab. Jüngeres Kalkgebirge steigt in Hügeln und Bergzügen auf und bildet die Vorstufe zu dem isolierten System des Taurischen Gebirges (s. d.), dessen interessantester Teil das Jailagebirge ist.
Die beträchtlichsten Gewässer sind: der Salghir mit dem Karasu, der dem Faulen Meer zufließt, ferner die Alma, Katscha, der Belbek und die Tschernaja, die sämtlich auf der Nordseite des ältern Gebirges entspringen und nach kurzem, kaskadenreichem Lauf in das Schwarze Meer münden. Schiffbar ist keiner dieser Flüsse. Das Gebirge hält die erstarrenden Winterwinde aus N. und NO. ab und macht auf diese Weise den schmalen, bis 9 km breiten Küstensaum mit den malerisch steilen Bergabhängen zwischen Neusudak und Balaklawa zu einer paradiesischen Region, die bei subtropischer Vegetation den mannigfachsten Wechsel von prächtigen Villen, Festen und Ruinen der Vorzeit, Klöstern und tatarischen Moscheen, schönen Gärten, Weinbergen und herrlichen Olivenhainen darbietet und längst ein Lieblingsaufenthalt des russischen Hofes (s. Livadia 2) und Adels geworden ist. Während die Gebirge von Eichen-, Buchen- und Nadelwäldern (Pinus sylvestris[683] und P. larix) bedeckt sind, wachsen am Fuße derselben Lorbeerbäume, Zypressen und Feigenbäume. Vollständig akklimatisiert haben sich auf diesem schmalen Küstenstrich auch Oleander, Magnolien, Tulpenbäume, Bignonien, Myrten, Kamelien, Mimosen, Granaten, Papiermaulbeerbaum etc. Die hauptsächlichsten Produkte der K. sind: Getreide, Hirse, Tabak, Wein und eine Menge des vorzüglichsten Obstes. Von den Produkten der Viehzucht hat nur die Schafwolle größere Bedeutung, doch ist die Schafzucht neuerdings im Rückgang, da die Weiden immer mehr abnehmen. An Mineralien werden gewonnen: Porphyr, verschiedenfarbiger Marmor, Kalkstein und insbes. Salz (bis zu 400,000 Ton. jährlich) aus den Seen, die, an 400, in drei Gruppen verteilt, alle stark salzhaltig sind. Die reichste Ausbeute geben die südlich von Perekop, eine geringere die auf der Halbinsel Kertsch und um Eupatoria gelegenen. Außer diesen drei Seegruppen befinden sich auch einige Salzseen auf der Landzunge von Arabat. Neuerdings sind in der Nähe von Kertsch (s. d.) außerordentlich reiche Lager von Eisenstein entdeckt und in Abbau genommen worden. Eine Eisenbahn durchquert die K. von Nord nach Süd, Endpunkt Sebastopol, Abzweigungen nach Kertsch und Feodosia (s. die Karte, S. 683). Über die ethnographischen und wirtschaftlichen Verhältnisse der K. s. Taurien.
Geschichte. Die K. hieß im Altertum Taurische Chersonesos (Chersonesus Taurica) von den Tauriern, die wohl aus dem Kaukasus stammten. Seit 600 v. Chr. blühten daselbst griechische Kolonien. Zur Zeit der Perserkriege bildete sich das Bosporanische Reich (s. d.), das unter Mithradates seine höchste Macht erlangte und 47 v. Chr. von den Römern unterworfen wurde. In der Völkerwanderung wurde die K. von den Chasaren und Goten eingenommen und 640 unter dem Kaiser Heraklios mit dem byzantinischen Reich vereinigt. 1237 drangen die Tataren herein und gaben dem Lande den Namen K. (»Festung«). Die Venezianer trieben bedeutenden Handel dahin, wurden aber von den Genuesen verdrängt, die, wie die Griechen, an der Südküste Städte und Burgen bauten. Ihre Hauptniederlagen waren: Kassa, Sudak und Balaklawa. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. wurden die Genuesen von den Türken vertrieben, und 1478 ernannte Mohammed 11. den Tataren Mengli Giray (gest. 1515) zum Chan der K. und der nördlichen Pontusküste (Kleinen Tatarei) unter Oberherrschaft der Pforte. 1736 drangen die Russen zum erstenmal in die K. ein. Im Frieden von Kütschük Kainardschi mußte die Pforte die K. als unabhängig anerkennen, die jedoch nun in Abhängigkeit von Rußland kam. Nachdem 1779 die Tataren ihren Chan Sahib Giray vertrieben hatten, zwangen ihn auch die Russen, der Herrschaft zu entsagen, und 1783 wurde die Halbinsel dem russischen Reich völlig einverleibt. In den Jahren 185456 war die K. Schauplatz des sogen. Krimkrieges (s. d.). Vgl. Remy, Die K. in ethnographischer, landschaftlicher und hygienischer Beziehung (Leipz. 1872); Telfer, The Crimea and Transcaucasia (2. Aufl., Lond. 1877, 2 Bde.); »Antiquités du Bosphore cimmérien« (Petersb. 1854, 3 Bde.); Hammer-Purgstall, Geschichte der Chane der K. unter osmanischer Herrschaft (Wien 1856); Canale, Della Crimea e dei suoi dominatori dalle sue origini fino al trattato di Parigi (Genua 1856, 3 Bde.); Sir Evelyn Wood, The Crimea in 1854 and 1894 (Lond. 1895); Sosnogorow, Führer durch die K. (russ., 5. Aufl., Odessa 1889).