Thomas [2]

[493] Thomas, 1) Ambroise, Komponist, geb. 5. Aug. 1811 in Metz, gest. 12. Febr. 1896 in Paris, Schüler des Pariser Konservatoriums (Römerpreis von 1832), debütierte 1837 als dramatischer Komponist mit der komischen Oper »La double échelle«, die jedoch so wenig wie sieben weitere einen nennenswerten Erfolg hatte. Erst mit den komischen Opern: »Le Caïd« (1849) und »Le songe d'une nuit d'été« (1850) gelang es ihm, die Teilnahme des Publikums in vollem Maße zu gewinnen. Von sechs während der folgenden Jahre aufgeführten Opern fand nur »Psyché« (1857) einigen Beifall. Erst »Mignon« (1866) schlug vollständig durch und hatte nicht nur in Paris, sondern auch im Ausland glänzenden Erfolg. Eine günstige Aufnahme fand auch »Hamlet« (1868), während[493] sein letztes Werk, »Françoise de Rimini« (1882), nur wenig Eindruck machte. T.' Musik zeichnet sich durch angenehme, wenn auch bisweilen weichliche und an Trivialität streifende Melodik, geistvolle Orchestration und namentlich durch effektvolle Behandlung der Singstimmen aus. Unter seinen sonstigen Werken befinden sich ein Requiem, eine solenne Messe, ein Streichquintett und -Quartett, eine Phantasie für Klavier und Orchester, Klavier- und Gesangstücke u. a. 1871 wurde T. als Nachfolger Aubers zum Direktor des Konservatoriums erwählt. Schon 1851 wurde er Mitglied der Akademie und 1868 Kommandeur der Ehrenlegion. In Paris wurde ihm 1890 ein Standbild (von Falguière) errichtet.

2) George Henry, amerikan. General, geb. 31. Juli 1816 in Southampton County (Virginia), gest. 28. März 1870 in San Francisco, ward 1840 Leutnant der Artillerie, diente in Florida und Texas und machte den mexikanischen Krieg mit. Beim Ausbruch des Bürgerkriegs 1861 erhielt er den Oberbefehl über die Reiterei auf dem westlichen Kriegsschauplatz, siegte 19. März 1862 bei Mill Spring, zeichnete sich in der Schlacht am Chickamanga (19. und 20. Sept. 1863) aus, befehligte 1864 ein Korps unter Sherman auf dem Marsch nach Atlanta, siegte 15.–16. Dez. 1864 bei Nashville, erhielt nach dem Krieg ein Militärkommando im Süden und dann das in San Francisco. Sein Leben beschrieben van Horne (New York 1882) und Coppee (das. 1894).

3) Cyrus, amerikan. Ethnograph, geb. 27. Juli 1825 in Kingsport (Tennessee), ursprünglich Jurist, wurde 1869 bei der Landesaufnahme der Territorien angestellt und 1882 archäologischer Direktor bei dem Bureau of Ethnology. Sein Hauptverdienst ist die Untersuchung der Erdwälle (mounds) des Mississippibeckens. Weniger erfolgreich waren seine Forschungen über Sprache und Altertümer der Mayavölker.

4) (Eigentlich Tobias) Emil, Schauspieler, geb. 24. Nov. 1836 in Berlin, gest. daselbst 19. Sept. 1904, widmete sich seit 1855 der Bühne, war anfangs bei kleinern reisenden Gesellschaften tätig, bis er 1860 nach Köln, dann nach Danzig und Breslau kam. 1861 wurde er Mitglied des Friedrich-Wilhelmstädtischen Theaters in Berlin; von 1866–75 gehörte er dem Thaliatheater in Hamburg an. Nachdem er in den Jahren 1875–78 die Direktion des Woltersdorff-Theaters in Berlin geführt hatte, war er von 1882–1887 eine der Hauptkräfte des Berliner Wallnertheaters. Dann übernahm er nacheinander die Direktion des dortigen Zentral-, Thalia- und Königstädtischen Theaters, ohne rechtes Glück. Seit 1892 trat er an den verschiedensten Bühnen Berlins teils als Gast, teils in kurzen Engagements auf, unter andern am Metropoltheater und am königlichen Schauspielhaus. T. war neben Helmerding einer der berufensten Darsteller der alten, durch Ausstattungswesen noch nicht verdorbenen Berliner Posse (von Weirauch, Kalisch, Salingré u. a.), hat sich aber auch in neuern Stücken (Striese im »Raub der Sabinerinnen«) als Komiker mit edlerm humoristischen Anflug bewährt. Er schrieb: »40 Jahre Schauspieler« (Berl. 1895–97, 2 Bde.) und die losen Erinnerungen »Ältestes, Allerältestes« (das. 1904).

5) Sydney Gilchrist, Techniker, geb. 16. April 1850 in Canonbury bei London, gest. 1. Febr. 1885 in Paris, besuchte die Royal School of Mines, bemühte sich seit 1870 um die Entphosphorung des Roheisens im Bessemerkonverter und verband sich 1876 mit seinem Vetter Percy Gilchrist (Chemiker auf den Blaenavoneisenwerken) zur Vornahme größerer Versuche. 1877 nahm er sein erstes Patent auf ein Verfahren, das für die Eisenindustrie kaum minder bedeutungsvoll wurde als der Bessemerprozeß. Seiner Gesundheit halber ging er 1882 nach Australien, 1883 nach Algier.

6) Antoine, romanischer, besonders franz. Philolog, geb. 29. Nov. 1857 in St.-Yrieix-la-Montagne (Creuse), studierte in Paris, wurde Mitglied des französischen Instituts in Rom, 1881 Professor in Toulouse, 1889 an der Universität in Paris. T. ist nach dem Umfang und der Tiefe seines Wissens sowie nach der Originalität und dem Scharfsinn seines Denkens bei weitem der hervorragendste unter den jüngern französischen Philologen. Seine Hauptwerke sind: »Les États provinciaux de la France centrale sous Charles VII« (Par. 1879, 2 Bde.), »Nouvelles recherches sur l'Entrée de Spagne, chanson de geste franco-italienne« (das. 1882), »Francesco da Barberino et la littérature provençale en Italie« (das. 1883) und die Ausgabe der »Poésies complètes de Bertran de Born« (Toulouse 1888). Außerdem gibt er seit 1889 die in Toulouse erscheinende Zeitschrift »Annales du Midi« heraus, trat 1904 in die Redaktion der Zeitschrift »Romania« ein und übernahm bei dem »Dictionnaire général de la langue française« von A. Darmesteter u. Hatzfeld (Par., seit 1890) nach dem Tode des erstern dessen Arbeit. Seine kleinern Untersuchungen und Aufsätze sind gesammelt als »Mélanges d'étymologie française« (Par. 1902), als »Essais« und »Nouveaux essais de philologie française« (das. 1897 u. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 493-494.
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