[910] Ganges, 1) (a. Geogr.), Fluß in Indien, soll früher Chliaros geheißen haben, entsprang auf den Emodi montes u. wurde von Einigen sogleich bei seiner Quelle als ein großer Fluß genannt, aber die Späteren, wie Mela, wußten schon, daß er[910] aus mehreren Quellen entsprang u. erst nach deren Vereinigung bedeutend wurde; über Breite u. Tiefe waren die Angaben sehr verschieden u. unsicher; auf seinem erst südlichen, dann (von der Stadt Ganges an) östlichen Laufe, nahm er viele (15 od. 18) u. große, meist schiffbare Flüsse auf, darunter rechts: Jomanes (Dschumna) mit dem Sambus (Tschumbul), Sonus (Sone), Erannaboas, Amystis (Patterea), Oxymagis (Bogmully); links: Solomatis, Commenases, Agoranis (Gogra), Condochates (Gunduk), Kakuthis (Gumty), Kossoanos (Cosa), Omalis, Magon (j. Ramgonga), Dyardanes od. Ödanes (Brahmaputra) etc. u. mündete in 5 (7) Mündungen in den Gangeticus sinus des Indischen Oceans. Die 5 Mündungen nach Ptolemäus waren: Ostium Cambusum (Hugly), Magnum (Roymongul), Camberichum (Murjatta), Pseudos tomum (Huringotta) u. Antibole (j. Ganges). Nach ihm wurde ganz Indien in India intra (westlich) u. extra Gangem (östlich) getheilt. 2) im Sanskrit Ganga) Hauptstrom Vorderindiens, heiliger Fluß der Hindus, entspringt auf einer der südlichen Vorgebirgsketten des Himalaya in mehreren Quellen. Die bedeutendsten Quellenflüsse sind: der Bhagirathi (Bhagirut, Bhagirathi Ganga, südwestlicher [rechter] Quellenfluß), entspringt oberhalb des Wallfahrtsortes Gangautri in der Provinz Gurwal der Präsidentschaft Bengalen, 12,800 Fuß über der Meeresfläche, aus einer ungeheueren Gletscherhöhle (Ganhmuthi genannt Cow's Mouth], d.i. Kuhmaul; zuerst von Alexander Elliot besucht), in einer Breite von 100 Fuß über einen fast senkrechten Eiswall stürzend; nimmt nach einem kurzen, reißenden Laufe einen andern Quellenfluß (Dschahnehwi) auf u. vereinigt sich bei dem durch seinen heiligen Tempel berühmten Wallfahrtsorte Deoprag im Alpenlande von Sirinagur (Srinagara) mit dem bei Badrinah entspringenden, zweiten (nordöstlichen) großen Quellenflusse, dem Alaknanda (Alacananda-Ganga). Der so gebildete, bereits über 160 Fuß breite Strom führt nun den Namen Ganges, durchbricht bei Hurdwar, noch ungefähr 950 Fuß über der Meeresfläche, die letzte Himalayakette u. tritt durch die ungesunde, sumpfige Waldzone des Tarai in die große Gangesebene, welche sich von den Wüsten der Indus- u. Ganges-Wasserscheide (zwischen dem Vindhya-Gebirge u. dem Himalaya) bis zum Bengalischen Meerbusen erstreckt u. zu den fruchtbarsten Länderstrichen der Erde gehört. Der Oberlauf hat eine vorzugsweise südliche Richtung u. ist außerordentlich reißend. Bei Hurdwar beginnt der Mittellauf; dieser hat Anfangs eine südsüdöstliche, später eine südöstliche Richtung, durchströmt die Provinzen Delhi, Agra, Audh u. Allahabad u. nimmt auf diesem Wege außer zahlreichen kleineren Flüssen den Yar Wofodar, die Ram-Ganga, den Callee-Nuddee, die Dschumna (der bedeutendste Nebenfluß des G., mit dem G. das Dnab od. Zweistromland [das Inbische Mesopotamien] bildend, u. bei Allahabad mündend, wodurch der G. 2400 Fuß breit wird), den Goomti (Gumti, Gogra), Sone (oberhalb Patna), Gunduk (bei Hajipoor), Bagmutty (bei Mongbir) u. die Gogari mit Kosi (bei Dschumneah) auf. Der Mittetlauf ist ohne eigentliche Wasserfälle, bildet nur noch bei Radschamal (in der Provinz Bengalen), wo er über die niedrigen Vorberge des Plateaus von Malwa strömt, eine letzte Stromschnelle, tritt dann in das Niederungsland von Bengalen ein u. beginnt dort seinen Unterlauf. Auf diesem breitet er sich bei Moorshedabad in vielen Armen in ein großes Delta aus u. ergießt sich in sieben Haupt- u. zahlreichen Nebenmündungen in den Bengalischen Meerbufen. Der westliche Hauptarm dieses Deltas ist der Hoogly (gebildet aus dem Cossimbazar [Cosurbazur] u. Dschellinghy); an ihm liegt Calcutta; der mittlere der Huringotta (Hooringotha), der östliche der Padna; kleinere Arme sind: Subtermooky, Dschumerah, Raymatla, Mandschadhony, Gua-Suba, Roymungul, Mollinscheir, Burranpungah, Murdschatlah, Bandscharah, Rabnabad u.a. Durch den Padna vereinigt sich der G. mit dem Brahmaputra, nimmt darauf den Namen Meghna an u. fällt als solcher in den Bengalischen Meerbusen. Die Stromlänge des G. wird (bei 214 Meilen Krümmungen) auf 420 Meilen, sein Stromgebiet auf 19,600 QM. u. mit dem des Brahmaputra auf 30,600 QM. geschätzt; 12 von seinen Nebenflüssen sind größer als der Rhein. Seine Wassermasse ist so bedeutend, daß er bei Allahabad, 140 Meilen von seiner Mündung entfernt, bei mittlerem Wasserstande noch 3638 Fuß tief ist u. von da an seiner Breite nach einem Landsee gleicht. Auf dem Hoogly-Arm gehen Schiffe von 600 Tonnen bis Calcutta, 25 Meilen landeinwärts; dieser ergießt bei mittlerem Wasserstande 66,000 Cubikfuß Wasser in einer Secunde ms Meer, der Padna-Arm (Meghna) sogar über 120,000 Cubikfuß. Im April beginnt der G. zu steigen, wächst bis zum Juli, tritt dann stets über seine Ufer u. überschwemmt die umliegenden Gegenden. Von Ende Juli an tritt er allmälig zurück, hinterläßt eine Menge Schlamm u. wirkt dadurch, dem Nil ähnlich, außerordentlich befruchtend. Auch führt er Gold, Perlen u. Edelsteine, hat viele Fische u. eine eigene Art Krokodile. Das Gangesdelta, welches 50 Meilen von der Mündung beginnt, ist das größte Delta der Erde, umfaßt ungefähr 1100 QM. u. ist von mehr als Tausend Wasserläufen u. Kanälen durchschnitten. Die Mündungen ändern sich fortwährend u. sind mehr od. weniger verschlammt. In jeder Secunde trägt der G. in seinen gesammten Mündungen 550,000 Cubikfuß Schlamm ins Meer, welcher das Wasser bis auf 13 Meilen landeinwärts trübt. Nur der Hoogly-Arm wird durch künstliche Mittel vor Verschlammung gesichert u. schiffbar erhalten. Von diesem ab beabsichtigt die britische Regierung, von Calcutta an einen Kanal nach Bombay zu bauen. Die Fluth steigt bis zur Spitze des Deltas. Im Süden desselben steht das angeschwemmte Land in fortwährendem Kampfe mit dem Andrängen des Stromes u. des Meeres, namentlich in dem 45 Meilen langen, 1015 Meilen breiten, höchst ungesunden Küstenstriche des sogenannten Sunderbunds, einem Labyrinthe von wandelnden Salzwassersümpfen, Flüssen, Kanälen u. Buchten längs des Bengalischen Meerbusens, von schnell entstehenden u. plötzlich wieder verschwindenden Schlamm- u. Sandinseln, von ungeheueren Waldungen, welche von der Fluth theilweis überschwemmt werden, mit Haufen von Schlamm u. faulenden Thier- u. Pflanzenresten bedeckt sind, die Luft mit Miasmen verpesten u. hier zuerst die Cholera erzeugt haben. Die weiter landeinwärts gelegenen Gegenden des Deltas trocknen nach den jährlichen Überschwemmungen durch den Einfluß[911] der Sonne u. künstlichen Anlagen sehr bald u. bilden die fruchtbarste Landschaft Bengalens; in den bewohnten Gegenden ist dieselbe außerordentlich gut angebaut, in den unbewohnten eine üppige, fast undurchdringliche Vegetation. Am 8. April 1854 wurde eine gegen 112 Meilen lange Strecke des Gangeskanals, welcher die Verbindung mit dem Dschumma bei Rucki in Hindostan herstellt, eröffnet. Der G. gilt den Hindus als heilig; er ist nach dem Ramayana die Nymphe Ganga (s.d.), die älteste u. Lieblingstochter des Himawan (Himalaya), welche sich nach einem Gebete des frommen Bhagirathas auf die Erde stürzte. Die Bewohner seiner Ufer sind gebunden, sich an gewissen Tagen in ihm zu baden. Daher geschehen auch häufige Wallfahrten zu demselben, namentlich zu seinen Quellen. Sein Wasser reinigt von Sünden u. schützt vor der Seelenwanderung u. der Rückkehr auf diese Welt. Man bringt deshalb Kranke u. Sterbende zu ihm, flößt ihnen von seinem Wasser ein od. badet sie darin u. wirst die Asche der Todten in seine Wellen. Vom G. entfernt, trägt Jeder ein kleines Gefäß, mit dessen Wasser gefüllt, bei sich, um es sterbend zu trinken. Dasselbe wird in kupfernen Flaschen versandt u. bildet einen bedeutenden Handelsartikel. Viele stürzen sich auch, ohne dem Tode nahe zu sein, in den G., um so der Seligkeit um so sicherer zu sein. Auch anderes Wasser nimmt die Kraft des G. an, wenn es durch die Formel: Ganga sjanan, d.i. Ganges, wasche mich! geweiht wird. Vgl. H. Coolebrookes Karte vom Laufe des G., Weim. 1805. 3) so v.w. Mahawelle-Gange; 4) so v.w. Godavery.
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