[951] Labyrinth (ein Wort von Ungewissem Ursprung, auch Einigen aus dem Ägyptischen, nach Andern vom griechischen λαύρα, Gang zwischen Häusern od. Weg durch Felsen) bedeutet 1) ein großes, aus vielen Hosen u. sich vielfach kreuzenden u. verschlingenden Gängen u, Zimmern bestehendes Gebäude mit nur einem od. wenigen Ein- u. Ausgängen, daß man sich leicht darin verirren u. schwer wieder herauskommen kann. Bekannt sind: a) das Ägyptische L., in Mittelägypten, bei dem See Möris, Krokodilopolis gegenüber, beschrieben von Herodot, Diodoros Sik., Strabo u. Plinius. Es war ein großes Bauwert von drei Flügeln, welche von einer Mauer umschlossen wurden, die vierte Seite wurde durch eine Pyramide geschlossen; der innere Raum war 500 Fuß breit u. 600 Fuß lang u. war in zwölf Säulenhöfe (Auloi), sechs auf der Nord- u. sechs auf der Südseite, getheilt. Die drei Gebäude waren 300 Fuß breit u. enthielten 3000 Zimmer u. Gänge, von denen 1500 über u. 1500 unter der Erde waren, in erstern standen die Bildsäulen der Erbauer u. von Krokodilen, u. Wände u. Decken waren mit Hieroglyphen überdeckt; durch die ganze Mauer führte nur ein Eingang. Kein Fremdling war ohne Wegweiser im Stande, den Eingang u. Ausgang in jeden Hof zu treffen. In dem Gebäude selbst kam man immer aus den Gemächern des einen Flügels in die des andern, aus diesen in Seitenzimmer u. sofort. Nach Herodot war das L. erbaut von den Dodekarchen (s. d), nach Andern von Psammetichos allein, nach Andern begann es König Amenemes III. (Möris) 2100 v. Chr. Über die Bestimmung des L-s sind die Meinungen verschieden; Herodot u. viele Andere halten es für den Begräbnißort der Könige u. der heiligen Thiere; Andere für eine Art von Pantheon für alle ägyptischen Gottheiten; Andere meinen, daß hier die ägyptischen Mysterien gefeiert u. gelehrt, od. astronomische Beobachtungen angestellt worden wären, namentlich war es nach Gatterer eine architektonisch-symbolische Darstellung des Thierkreises u. des Sonnenlaufes. Seit Paul Lucas suchte man die Stätte des L-s in dem Birket el Kerum in Fayoum (s.d.), weil man den dortigen See für den Mörissee hielt, wo allerdings bedeutende Trümmer (Kasr-Karum, d.i. Charons Schloß) sich finden, die aber Wohl Ruinen eines Tempels sind. 1842 wies jedoch Linant nach, daß der See Möris im vordem (östl.) Theile von Fayoum gelegen habe, u. seitdem war kein Zweifel mehr, daß das L. am Eingänge des Fayoum in der Nähe des Dorfes Howara zu suchen sei, wo denn auch die oben erwähnte große Pyramide gefunden wurde; vor dieser liegt ein quadratisches, ungefähr 1000 Fuß langes u. eben so breites Ruinenfeld, welches gegenwärtig von einem zur Zeit der Araber angelegten Kanal durchschnitten wird. Drei Seiten dieses Quadrates waren von Gebäuden eingeschlossen, die vierte Seite war offen; im Innern befand sich ein 600 Fuß langer u. 500 Fuß breiter Raum, in dessen Innern die schon von den Alten beschriebenen Säulenhöfe (Aulen) lagen; die an 800 Fuß lange Gebäudemasse enthielt das eigentliche labyrinthische Gewirr von Kammern, Gängen etc., doch scheint die von den Alten angegebene Zahl zu hoch zu sein. Die unterirdischen Räume sind nicht, wie früher geglaubt wurde, in den Fels gehauen, sondern bilden nur ein unteres Stock des Gebäudes, Vgl. Lepsius, Denkmäler aus Ägypten u. Äthiopien (Abtheilung 1, Berlin 1849) welches die Plane. Durchschnitte u. Ansichten der heutigen Ruinen nach der Aufnahme der preußischen Expedition von 1843 (vom Architekten Erbkam) enthält. b) Das L. auf Kreta, eine große Felsenhöhle bei Knossos, mit einer großen Anzahl von Irrgängen, welche eingehauen sind, in großen Windungen u. Verschlingungen umherlaufen u. sich zu Zimmern u. Sälen erweitern; die Decken werden durch rohe Pfeiler gestützt, welche beim Aushauen stehen gelassen sind. Erbauer soll Dädalos u. darin der Minotauros eingeschlossen gewesen sein, dem die je, sieben Knaben u. Mädchen vorgeworfen wurden, welche Athen jährlich als Tribut nach Kreta lieferte, Theseus, einer jener Knaben, rettete sich daraus, indem er einen, von Ariadne empfangenen Faden am Eingang anband u. dann demselben wieder nachging. Diese Höhlen u. Irrgänge sind noch jetzt bei Makro Trikho zu sehen u. ihr Besuch wegen Verirrens darin gefährlich: beschrieben von Pashley, Savarry Douglas, Hock u.a. Manche halten es für Steinbrüche, Andere für Gräberkatakomben, od. glauben, daß es zu religiösen Zwecken gedient habe, überhaupt gilt dies L. nur in der Sage als ein Gebäude. c) Das Italische L. wird das Grabmal des Porsena bei Clusium genannt, s.u. Clusium. d) Das L. auf Lemnos od. vielmehr auf Samos, ein großes Bauwerk, welches samische Architekten unter Polykrates gebaut hatten; es lag schon zur Zeit des Plinius in Trümmern; 2) architektonische Verzierungen; 3) ein durch hohe, dichtverwachsene Hecken in so verschieden durcheinander laufende Gänge abgetheilter Garten, daß es mühsam ist, sich wieder herauszufinden. Holland, Italien u. Frankreich zeichneten sich durch Anlegung von L-n aus, worunter das zu Versailles in einem Walde angelegte das schönste war. 4) (Anat.), Theil des innern Ohrs (s. Ohr) u. des Riechbeins, s. Schädelknochen.