Hatzfeld [2]

[88] Hatzfeld, altes hessisches Dynastengeschlecht, von Hatzfeld 1), welches es besaß, benannt; gehörte zu der rheinischen Reichsritterschaft u. theilte sich durch Gotthards (st. um 1420) zwei Söhne, Johann u. Gotthard, in zwei Linien, von denen nur noch die Jüngere blüht. I. Die Ältere H.-Wildenberger Linie, gestiftet von Johann u. 1629 in den Freiherrenstand erhoben, welche sich wieder spaltete in: A) die ältere Wildenbergische in Hessen, erlosch mit dem Freiherrn Kasimir Friedrich Karl; B) die jüngere Wildenberg-Crottorssche od. später Trachenberg-Rosenbergsche, 1641 in den Grafenstand als Grafenz zu Gleichen u. Herren zu Wildenberg erhoben, erlosch 1794; dazu gehören: 1) Melchior von H., Graf von Gleichen, geb. 1593, kaiserlicher General; drängte 1636 Bauer aus Sachsen zurück nach Pommern, wurde aber mit dem Kurfürsten von Sachsen bei Wittstock geschlagen, vereinigte sich mit Götz u. entsetzte dann im Winter auf 1637 Leipzig; schlug, in Westfalen befehligend, den schwedischen General King u. den Kurfürsten von der Pfalz 1638 bei Flothe; überschwemmte 1640 u. 1641 Hessen, stand dann gegen Guébriant am Rhein u. zog sich Ende 1642 auf des Kaisers Befehl über Franken nach Böhmen zurück, siegte 1643 bei Möhringen über die Franzosen, focht dann in Sachsen gegen Königsmark, erhielt 1644 nach der Entsetzung von Gallas den Oberbefehl über das kaiserliche Heer als Feldmarschall u. sammelte bei Prag eine neue Armee, mit der er, gegen seinen Willen, auf des Kaisers Befehl 1645 Torstenson angriff, aber geschlagen u. gefangen wurde. Ausgewechselt befehligte er die Truppen, die Kaiser Leopold Johann Kasimir von Polen gegen die Schweden zu Hülfe schickte, u. st. 1658. Er erhielt von Kurmainz die heimgefallenen Lehn des Grafen von Gleichen (s.d.), von Brandenburg-Ansbach die Herrschaft Rosenberg u. vom Kaiser 1641 die Standschaft Trachenberg in Schlesien, zugleich mit der Erhebung in den Grafenstand. 2) Fürst Franz Philipp Adrian, wurde 1741 von dem König Friedrich II. von Preußen in den Fürsten- u. 1748 von Kaiser Franz I. in den Reichsfürstenstand erhoben, jedoch so, daß nur der regierende Fürst u. seine Gemahlin den Fürstentitel, die übrigen den Grafentitel führen. Dieser Stamm erlosch 1794, der Antheil an der Grafschaft Gleichen wurde als erledigte Lehen von Mainz eingezogen, die Allodialgüter fielen an die Grafen von Schönborn, die anderen Lehen, so wie die Herrschaft Trachenberg, kamen durch rechtlichen Ausspruch an die H.-Wildenbergische Linie.

II. Die jüngere Linie H.-Wildenberg, gestiftet von Gotthard, zerfiel in drei Speciallinen, von denen nach Aussterben der mittleren od. Mertenschen, 1681, noch zwei blühen: A) die ältere gräflich H.-Wildenberg-Weislersche Linie zu Trachenberg, gestiftet von Johann III., ist seit 1635 reichsgräflich u. der Chef durch den Besitz der Standesschaft Schönstein seit 1854 erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses; jetziger Chef: 3) Graf Edmund, Sohn des 1799 verstorbenen Grafen Karl Eugen Innocenz Ludwig, geb. 28. December 1798; er war seit 1822 vermählt mit Sophie, Tochter von H. 4) (geb. 1805), lebte aber mit dieser schon seit längerer Zeit in Disharmonie u. wurde, nachdem der Baronin von Meyendorf im August 1846 von Bekannten der Gräfin in Köln ein wichtiges [88] Document entwendet worden war (der bekannte Cassettendiebstahl), von ihr geschieden. Der ältere Sohn des Grafen, Alfred, ist 1825 geboren. B) Die jüngere fürstliche H.-Wildenberg-Werthersche Linie, gegründet von Hermann (st. 1539), erhielt nach dem Erlöschen des Mertenschen Astes den Mitbesitz von Schönstein, u. nach dem Abgang des Trachenberg-Rosenbergschen Astes 1802 das Fürstenthum Trachenberg als Majorat u. wurde 1803 in den Fürstenstand erhoben: 4) Fürst Franz Ludwig, geb. 23. Nov. 1756 in Wien; trat in preußische Dienste u. wurde 10. Juli 1803 von dem König von Preußen in den Fürstenstand erhoben; er war, als 1806 die Franzosen Berlin besetzten, daselbst Generalgouverneur. Napoleon, welcher durch einen Brief von seiner fortdauernden Verbindung mit dem Fürsten Hohenlohe unterrichtet war, wollte ihn vor ein Kriegsgericht stellen lassen. Vor Eröffnung desselben erlangte die Fürstin eine Unterredung mit Napoleon, warf sich ihm zu Füßen u. bat um Gnade. Der Kaiser gab ihr zum Beweis, daß er nicht begnadigen könne, den Brief, welcher die Schuld ihres Mannes erwies, sie aber, schnell entschlossen, hielt den Brief über ein nebenstehendes Licht u. vernichtete so den einzigen Zeugen des stattgefundenen Verhältnisses. H. wurde später zu mehreren diplomatischen Sendungen gebraucht u. brachte im Mai 1813 das Entschuldigungsschreiben des Königs von Preußen wegen Yorks. Übertritt zu den Alliirten nach Paris, war später preußischer Gesandter in den Niederlanden u. 1822 in Wien; er st. daselbst 3. Febr. 1827. 5) Fürst Friedrich Hermann Anton, Sohn des Vor., geb. den 2. Octbr. 1808, er war seit 1831 vermählt mit Mathilde, geb. Gräfin von Reichenbach-Goschütz, welche Ehe 1846 getrennt wurde, worauf der Fürst sich 1847 wieder mit Marie, geb. von Nimptsch, vermählte. Sein Sohn aus erster Ehe ist Prinz Stanislaus, geb. 1831. 6) Graf Maximilian, Bruder des Vor., geb. 7. Juni 1813, war seit 1838 preußischer Legationssecretär zu Paris, seit 1849 außerordentlicher Gesandter u. bevollmächtigter Minister daselbst, wohnte in dieser Stellung als zweiter Bevollmächtigter Preußens dem Pariser Friedenscongresse von 1856 bei, reiste Ende 1858 in Urlaub nach Berlin u. st. das. den 19. Jan. 1859. Er war seit 1814 vermählt mit Pauline, Tochter des französischen Generals Grafen de Castellane.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 88-89.
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