[114] Übersetzung, die Übertragung eines literarischen Geistesproductes aus der Sprache, in welcher dasselbe zunächst erschienen ist, in eine andere. Das Übersetzen ist eine Kunst (Übersetzungskunst, Metaphrastik); sie setzt von Seiten des Übersetzers voraus, daß er ebenso mit den Sprachen, aus welcher u. in welche übersetzt wird, als mit dem Gegenstände, welchen die zu übersetzende Schrift enthält, vollkommen vertraut ist u. die Fähigkeit besitzt sich in die Denkart eines fremden Volkes u. einzelner Individuen aus demselben zu versetzen. Denn von einer guten Ü. verlangt man richtige Wiedergabe des Geistes, sowie genaue u. vollständige Wiedergabe der Gedanken des Originals; der Übersetzer darf auch weder etwas weglassen, noch zusetzen, aber auch nicht volksthümlich verschiedene Begriffe an die Stelle derer des Originals setzen. Auch soll die Form der Ü. die des Originals sein, u. also poetische Werke in gebundener Rede u. womöglich in dem Metrum des Originals gegeben sein; da indessen in letzter Beziehung die Ü-en aus klassischen in neue Sprachen in metrischer Beziehung vielen Schwierigkeiten begegnen, so haben es Manche, um der Sprache keine Gewalt anzuthun u. lesbare u. verständliche Ü-en zu liefern, vorgezogen, klassische Metra mit entsprechenden einheimischen zu vertauschen, z.B. im Epos den Hexameter mit der Nibelungenstrophe. Außer diesen wörtlichen u. treuen Ü-en gibt es auch noch freie, welche mehr den Sinn, als die Worte des Originals wiedergeben, doch ohne nur epitomatorisch (auszugsweise) od. paraphrasirend (umschreibend) zu sein. Denn die Paraphrase (Umschreibung) gibt blos den kurzgefaßten, vielleicht dunkeln Sinn des Originals breiter u. wird schon erklärend; indeß ist auch eine solche Paraphrase zu liefern eine Kunst (Paraphrastik), indem die Paraphrase gewöhnlich philosophischen Werken durch Verständlichmachung erst Eingang verschafft, wie dies oft z.B. mit Aristotelischen Schriften geschehen ist. Metaphrase nennt man in speciellem Sinne die Übertragung eines poetischen Werkes in Prosa. Bon den Ü-en der einzelnen Schriftsteller u. in den einzelnen Literaturen s.d. Vgl. K. A. Wilhelmi, Philologisches Taschenbuch od. Anleitung zur Übersetzungskunst, Nürnb. 1824; Willmann, Bon der Übersetzungskunst, Köln 1827; Fr. Chr. Petersen, De arte poetas veteres in nostras linguas convertendi, Kopenh. 1827; Urban, Über das Übersetzungsprincip in der Übertragung der alten, Klassiker, Klausth. 1849. Von der Theilnahme des Übersetzers an einem Pasquill s.d. Da eine Ü. unzweifelhaft auch selbst als ein literarisches Erzeugniß zu gelten hat, so läßt sich auch ein literarisches Eigenthum an einer solchen ebensogut, wie an dem Original denken. Allein immer kann doch das bezügliche Recht sich nur auf dasjenige erstrecken, was der Ü. eigenthümlich u. eine individuelle. Hervorbringung des Übersetzers selbst ist. Eine Ü. gibt daher für den Verleger noch kein Recht anderweite Ü-en auszuschließen. Zweifelhafter ist die Frage, in wie weit die buchhändlerische Verbreitung einer Ü. an sich dem Verfasser u. dem Verleger des Originals gegenüber als eine erlaubte Handlung in sich begreift od. als Nachdruck (s.d.) zu gelten hat. Viele Rechtslehrer schließen die Ausdehnung des Nachdrucksverbotes auf Ü-en aus dem Grunde aus, weil dieselben immer selbständige Arbeiten seien; faßt man indessen den Begriff u. Zweck des Nachdruckes so auf, daß dadurch die Vervielfältigung des literarischen Erzeugnisses in seinem geistigen Bestände geschützt werden soll, so muß man auch mindestens die sich ganz an die Worte des Originals anschließenden Ü-en um so mehr unter das Verbot des Nachdruckes stellen, als der Autor ein wesentliches Interesse daran hat, daß nicht etwa schlechte Ü-en seines Werkes verbreitet werden. Nur wenn die Ü. wesentlich Neues hinzuthut od. sich durch die Form der Übertragung zu einem Product eigenen geistigen Thuns gestaltet, wie dies namentlich in der Regel bei den metrischen Ü-en der Fall sein wird, ist der Gesichtspunkt eines Nachdruckes auszuschließen. Nichtsdestoweniger sind die Grundsätze erst in neuester Zeit, namentlich bei der Entwickelung des internationalen Rechtslebens, zu einer entschiedeneren Geltung gelangt; sowohl die Gesetze des Deutschen Bundes, als die deutschen Landesgesetze lassen im Gegentheil der Regel nach eine Ü. nicht unter den Thatbestand des Nachdruckes fallen, u. nur ausnahmsweise gewähren einzelne Gesetze dem Autor ein ausschließliches Recht auch bezüglich der Ü. desselben in fremde Sprachen. Z.B. das Österreichische Gesetz von 1846 gewährt dies Recht dann, wenn der Autor selbst das Werk gleichzeitig in mehren Sprachen erscheinen ließ od. doch auf dem Titelblatt od. in der Vorrede des Originalwerkes sich die Veranstaltung einer Ü. ausdrücklich vorbehielt, welchenfalls dann der Schutz innerhalb eines Jahres vom Erscheinen des Original-Werkes an gewährt wird. In gleicher Weise bestimmt das Preußische Gesetz von 1837, daß die Ü. dann dem Nachdruck gleichgeachtet werden soll, wenn entweder von einem Werke, welches der Verfasser in einer Todten Sprache machte, ohne seine Genehmigung eine deutsche Ü. herausgegeben wird, od. wenn der Verfasser das Werk gleichzeitig in verschiedenen Lebenden Sprachen erscheinen ließ u. in einer dieser Sprachen nun eine Ü. veranstaltet, od. wenn der Verfasser auf dem Titelblatt der ersten Ausgabe bekannt machte, daß u. in welcher Sprache er eine Ü. herausgeben wolle, u. wenn er dieselbe dann innerhalb zwei Jahren nach Publication des Originals auch wirklich erscheinen läßt. Darauf, daß in solchem Falle der Autor die Ü. selbst abfaßt, kommt es übrigens nicht an; auch eine Ü., welche der Autor durch einen Dritten veranstalten läßt, genießt den Rechtsschutz. Die Gesetze von Braunschweig u. Weimar haben die preußischen Bestimmungen adoptirt; das großherzoglich Hessische Gesetz vom 23. Sept. 1830 gewährt nur für deutsche Ü. eines in gelehrter Sprache geschriebenen Werkes so viel, daß der Dritte, welcher die Ü. beabsichtigt, zuvor dem Verfasser u. Verleger Anzeige davon machen u. abwarten muß, ob sie selbst binnen zwei Jahren eine Ü. herausgeben wollen. Alle übrigen deutschen Gesetzgebungen enthalten keine ein Recht der Ü. anerkennenden Bestimmungen, lassen sie vielmehr zum Theil (Altenburg, Gesetz von 1827, Gotha, Gesetz von 1828, Meiningen, Gesetz von 1829) ausdrücklich frei. Dagegen finden sich fast in[114] allen neueren internationalen Verträgen Über schriftstellerisches Eigenthum u. dessen Schutz Bestimmungen, welche dem Autor eines Werkes auch das ausschließliche Recht bezüglich der Ü. seines Werkes bei einem Vorbehalte derselben schützen. Der königlich sächsische Vertrag mit Frankreich vom 19. Mai 1856 setzt die Ü-en, welche in einem der beiden Staaten von inländischen od. fremden Werken gefertigt worden, den Originalwerken ausdrücklich gleich. Der Autor eines jeden in einem der beiden Länder veröffentlichten Wertes, welcher sich sein Recht auf die U. desselben vorbehalten hat, wird von dem Tage des ersten Erscheinens der von ihm autorisirten Ü. seines Werkes an gerechnet, fünf Jahre lang gegen die Veröffentlichung irgend einer von ihm nicht genehmigten Ü. in dem anderen Lande geschützt, unter der Bedingung, daß das Originalwerk in einem der beiden Länder binnen einer, von dem Tage seiner Veröffentlichung in dem anderen Lande anhebenden Frist von drei Monaten eingetragen worden ist, der Autor auch an der Spitze seines Werkes die Absicht angezeigt hat sich das Recht der Ü. vorzubehalten, u. die Ü. wenigstens zu einem Theile innerhalb Jahresfrist, vom Tage der Eintragung des Originalwerkes an gerechnet, erschienen u. binnen drei Jahren vollendet, auch die Ü. in gleicher Weise zum Eintrag gebracht worden ist. Bei den in Lieferungen erscheinenden Werken genügt es, wenn die den Vorbehalt des Übersetzungsrechts betreffende Erklärung des Autors auf der ersten Lieferung ausgedrückt ist. Artikel, welche aus den in einem der beiden Länder erscheinenden Journalen od. Sammelwerken gezogen sind, können in den Journalen od. periodischen Sammelwerken des anderen Landes vervielfältigt od. übersetzt werden, wenn nur die Quelle angegeben ist u. nicht bei dem Originalartikel förmlich erklärt worden ist, daß sie deren Vervielfältigung u. Ü. untersagen. Doch wirkt selbst diese letztere Erklärung nichts, wenn die Artikel politischen Inhalts sind. Auch erstreckt sich der durch den Vertrag gewährte Schutz gegen Ü-en aus dem Französischen nur auf die in Sachsen herausgegebenen Ü-n namentlich den Commissionshandel nicht. Ähnlich sind die Bestimmungen der Verträge zwischen Frankreich u. Belgien vom 22. Aug. 1852, Frankreich u. den Niederlanden vom 29. März 1855, Frankreich u. Baden vom 2. Juli 1857, Frankreich u. Hamburg vom 2. Mai 1856. Auch England hat solche Verträge neuerdings mit Preußen (24. Juni 1855), welchem sich dann Sachsen, die Sächsischen, Anhaltischen u. Schwarzburgischen Lande u. Braunschweig angeschlossen haben, Hamburg, Belgien u. Frankreich abgeschlossen. Die Bedingungen, unter welchen das Recht auf ausschließliche Ü. u. der Übersetzer selbst geschützt wird, sind im Ganzen die nämlichen, wie zwischen Frankreich u. Sachsen, Der Autor muß zunächst auf dem Titelblatt des Originals einen ausdrücklichen Vorbehalt gemacht haben; das Originalwerk muß in der Frist von drei Monaten, nachdem es in dem einen Staate erschienen ist, in dem anderen einregistrirt u. deponirt, auch die Ü. selbst innerhalb eines Jahres nach dieser Einregistrirung u. Deposition wenigstens zum Theil u. sodann im Ganzen binnen acht Jahren veröffentlicht, endlich auch die Ü. selbst in einem der contrahirenden Staaten erschienen u. ebenso vorschriftsmäßig einregistrirt u. deponirt sein. Unter diesen Bedingungen erstreckt sich der Schutz gegen unbefugte Ü-en ebenfalls, wie nach dem Vertrag Sachsens mit Frankreich, auf fünf Jahre von der ersten Veröffentlichung der autorisirten Ü., der Autor kann auch mehre Ü-en mit gleicher Wirkung autorisiren. Der erste Übersetzer erlangt nicht durch seine Ü. ein Ausschließungsrecht gegen anderweite Ü., er müßte denn vom Autor des Originals mit ausdrücklichem Recht ermächtigt sein.
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