[1356] 1. Bei einer offenen Kiste sündigt auch wol ein Gescheiter. – Adelung.
2. Bey einer offenen Kist kan auch offt ein frommer zum Schalck werden. – Lehmann, 258, 24; Eiselein, 379; Simrock, 5699.
Dän.: En aaben kiste giør en dristig tyv. (Prov. dan., 343.) – Evne giør tyve, tyve giør ikke evne. – Onde gemme giør snare tyve. (Prov. dan., 223.)
Frz.: En coffre ouvert le juste pêche. (Kritzinger, 153a.)
3. Ein Kisten vnd ein Schrein, ein Saw (Bache) vnd Schwein, ein Ochs vnd Rind sind all Geschwister Kind. – Lehmann, 329, 32; Gaal, 1017; Eiselein, 230; Reinsberg IV, 44.
Engl.: Goose and gander and gosling are three sounds but one thing. (Gaal, 1017.)
Frz.: C'est jus vert ou verjus. (Gaal, 1017.)
Ung.: Eb vagy kutya mind egy tatár. (Gaal, 1017.)
4. Eine offene Kiste macht leichte Finger.
5. Hat man erst Kisten und Kasten voll, so finden sich auch Vettern wol.
It.: Chi ha roba, ha de' parenti. (Gaal, 524.)
6. Ist die Kiste zu, hat die Seele Ruh'.
Holl.: Als de koffer toe is, heeft het hart zijne rust. (Harrebomée, I, 428a.)
7. Leere Kisten braucht man nicht zu verschliessen.
»Fabull verschliesset alle Kisten, damit sich niemand lässt gelüsten, zu sehen, dass sie ledig sind.« (Lessing.)
8. Wenn Kist' und Kasten leer, wird das Haushalten schwer.
Holl.: Eene ejdele kas maakt eene dolle vrouw. (Harrebomée, I, 383b.)
*9. Alles in eine Kiste packen. – Altmann VI, 519.
*10. Dat fallt vun (kumt ût) de Kiste in de bylade. – Eichwald, 1028; Schütze, I, 102.
Wenn unter Eheleuten Gütergemeinschaft herrscht. Wenn etwas Verlorenes wieder zufällt, der Mann von der Frau im Spiel gewinnt. Auch Fr. Hasenow bemerkt zu der Redensart: Die Kiste oder Lade hat ein abgetheiltes Fach, in welchem Kleinigkeiten aufbewahrt werden, die nicht wohl unter die Wäsche und Kleidungsstücke gepackt werden können, welche den Inhalt der grossen Hauptabtheilung bilden. Wollte man sie aber oben auflegen, so hätte man die Unbequemlichkeit, sie jedesmal herausnehmen zu müssen, wenn man ein Stück von jenen hervornehmen will. Zum Inhalte der Kiste gehört aber ja auch der der Beilade, wie der Theil zum Ganzen. Angewandt wird das Wort auf das Eigenthum der Frau im (dadurch abgeleugneten, als unwesentlich bezeichneten) Gegensatz zu dem des Mannes. Häufig wenn z.B. kleine Wirthschaftseinkünfte (Butter- und Eiergeld u.s.w.) an den Mann bezahlt werden und die Frau, dagegen Einspruch erhebend, dies als ihr zukommend bezeichnet. Frischbier (1893) hat aus dem Kasten in die Beilade. Wenn dies nicht, wie ich vermuthe, Druckfehler ist, so verstehe ich nicht, wie etwas aus dem Kasten in die Beilade fallen kann.
*11. Er hat Kisten, Kasten und Keller voll. – Mathesy, 70a; Eiselein, 379; Theatrum Diabolorum, 534b.
Ist sehr reich, hat Ueberfluss an allen Dingen. – »Kisten vnd Kasten, Küchen vnd Keller, Böhnen vnd Boden voll haben.« (Chemnitius, 567.) In Pommern: Dor sind Kisten und Kasten vull. (Dähnert, 229a.)
Frz.: Nager dans l'abondance.
*12. He hett nig Kisten nog Kasten. (Holst.) – Schütze, II, 260.
Es fehlt ihm an Möbeln.
*13. Hei kîk de Kist an, as hedd hei Tähnweihdag. – Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18.
*14. Hei kîk de Kist an, as wull hei mit sine Ogen den Düvel dodslân, wenn do drin set. – Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18.
*15. Oft bi de Kist gahn. – Dähnert, 222a.
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