Cäsar

[387] Cäsar (Cajus Julius), einer der berühmtesten Römer, ausgezeichnet als Feldherr, Staatsmann, Redner und Geschichtschreiber, geb. 100 v. Chr., stammte aus einer angesehenen Familie und war von der Natur mit seltenen Geistesfähigkeiten begabt. Erziehung und eignes Streben brachten diese frühzeitig zur Reise, und sein Gedächtniß war z.B. so geübt, daß er gleichzeitig schreiben, lesen, auf eines Andern Rede hören und noch mehre Briefe dictiren konnte. C.'s Jugend fiel in die Zeit der Bürgerkriege zwischen Marius und Sylla, und schon im 17. Jahre verehelichte er sich mit einer Tochter des Cinna, eines Anhängers des Erstern. Als deshalb später der zur Gewalt gelangte Sylla die Verstoßung seiner Gattin foderte, verweigerte sie C. entschieden, entging. aber nur durch den Beistand seiner Freunde der Rache Sylla's, der von ihm gesagt haben soll, er sehe mehr als einen Marius in diesem Jünglinge. C. begab sich nach Kleinasien, wo er am Hofe des Königs Nikomedes von Bithynien, später beim Prätor Minucius Thermus lebte, von dem er den Befehl über eine gegen Mitylene ausgerüstete röm. Flotte erhielt, und erwarb sich gleich bei dieser ersten Waffenthat großen Ruhm. Als er jetzt nach Rhodus schiffte, wo er sich bei einem berühmten Lehrer in der Beredtsamkeit vervollkommnen wollte, fiel er unterwegs Seeräubern in die Hände, denen er ein großes Lösegeld zahlen mußte; allein kaum befreit, rüstete er sogleich einige Schiffe aus, verfolgte sie, brachte die meisten in seine Gewalt und ließ sie kreuzigen, womit er ihnen schon als Gefangener gedroht hatte. Sylla's Tod erlaubte ihm endlich nach Rom zurückzukehren, wo er in kurzer Zeit, durch sein einnehmendes Wesen, seine Dienstfertigkeit und Beredtsamkeit, mehr noch durch seine verschwenderische Freigebigkeit, der unterdrückten Volkspartei das Übergewicht gab und durch die Gunst derselben mehre hohe Staatsämter erwarb. Gleichwohl scheint C. der dem Volke feindlichen Verschwörung des Catilina (s.d.) nicht fremd gewesen zu sein, und wurde auf Veranlassung des Cato (s.d.) seines Amtes entsetzt, allein vom Volke zum Statthalter des jenseitigen Spaniens ernannt, wohin er auch sogleich abging, nachdem sich der reiche Crassus für seine über eine halbe Million betragenden Schulden verbürgt hatte. Glückliche Unternehmungen verschafften ihm dort die Mittel zur Bezahlung seiner Schulden, und als er nach Rom zurückkam, vereinigte er sich mit Pompejus und Crassus zur Theilung der höchsten Gewalt und bildete mit ihnen 60 v. Chr. das erste Triumvirat in der röm. Geschichte. Zwei Jahre später wurde C. mit dem M. Calpurnius Bibulus zum Consul gewählt, und befestigte sich als solcher in der Gunst des Volks durch ein wider des Senats und seines Mitconsuls Willen erlangtes Gesetz zur Vertheilung der Ländereien Campaniens an 20,000 arme röm. Bürger; um sich aber die Gunst der röm. Ritter zu sichern, erließ er ihnen ein Drittel der Abgaben. Nachdem er nach Jahresfrist das Consulat niedergelegt, verwaltete er 10 Jahr die Statthalterschaft von Gallien, womit der Oberbefehl von vier Legionen verbunden war, unterwarf in dieser Zeit ganz Gallien, zwang die eingedrungenen Helvetier zur Rückkehr in ihr Vaterland, besiegte die von Ariovist nach Gallien geführten deutschen Stämme, überschritt zweimal den Rhein und schiffte zweimal nach Britannien. Während so C. die röm. Waffen im nordwestl. Europa furchtbar machte, verwaltete Pompejus Spanien und Crassus Ägypten, Syrien und Macedonien, allein der Tod des Letztern, sowie das gleichzeitige Ableben der Gattin des Pompejus, einer Tochter C.'s, trennten den Bund dieser drei Männer, und die beiden übriggebliebenen rangen nun um die Alleinherrschaft.

Pompejus bewirkte durch seine Partei einen Senatsbeschluß, nach dem C. sein Heer entlassen und seine Statthalterschaft niederlegen sollte, und als Letzterer dasselbe für Pompejus foderte, wenn er gehorchen solle, dieses Verlangen aber unerfüllt blieb, rief C. sein Heer auf, die Ehre seines Führers zu retten, und rückte über den Rubicon, den Grenzfluß seiner Provinz, gegen Rom vor. Pompejus floh nach Griechenland und in 60 Tagen war C. mehr durch Mäßigung und Milde als durch Waffengewalt Herr von Italien und Rom, wo der gefüllte Schatz ihm die Mittel verschaffte, sich auch Spanien zu unterwerfen. Schnell von da nach Rom zurückgekehrt, folgte C. im Jan. 48 v. Chr., trotz der stürmischen Winterzeit, dem Pompejus mach Griechenland, und als er eines Tages unerkannt und in Sklavenkleider gehüllt, in einem Fischerkahn wieder nach Italien überzusetzen suchte, um die Ankunft seines übrigen Heers zu beschleunigen, und ein plötzlicher Sturm ihn zu verderben drohte, sprach er dem zitternden Steuermann mit den berühmten Worten Muth ein: »Fürchte nichts, du fährst C. und C.'s Glück mit ihm.« Dieses triumphirte auch endlich im Jul. 48 in der Schlacht bei Pharsalus über Pompejus, der nach Ägypten floh, wo er drei Tage vor dem ihn verfolgenden C. anlangte, der nur noch den Leichnam seines durch Mörderhand gefallenen Gegners fand und Thränen über dessen trauriges Ende vergoß, sowie sein Andenken durch ein glänzendes Denkmal ehrte. Nachdem C. in Ägypten die zwischen dem jungen Ptolemäus und seiner Schwester Kleopatra entstandenen Streitigkeiten geschlichtet, bekämpfte er in Asien den König Pharnabaces so schnell, daß er berichteten konnte: »Ich kam, sah und siegte«, und begab [387] sich dann nach Rom, wo er unterdessen zum Dictator auf ein Jahr, zum Consul auf fünf Jahre und zum Tribun auf Lebenszeit ernannt worden war. In Afrika vernichtete er hierauf die unter Scipio Metellus und Cato (s.d.) mit neuer Macht erstandene pompejanische Partei, wurde bei der Rückkehr zum Dictator auf 10 Jahre, sowie seine Person für unverletzlich erklärt, und durch Aufstellung seiner Bildsäule neben der des Jupiter auf dem Capitol wurden ihm fast göttliche Ehren erwiesen. Seine Triumphe, welche er als Besieger der Völker dreier Welttheile feierte, waren die prächtigsten, welche Rom gesehen hatte, und die Milde, mit der er seine Feinde behandelte, seine Freigebigkeit und Herablassung und viele von ihm erlassene weise und zweckmäßige Gesetze machten dem röm. Volk die verlorene republikanische Freiheit vergessen. In Spanien hatte er indessen mit den Söhnen des Pompejus noch einen verzweifelten Kampf zu bestehen, den aber die Schlacht bei Munda 45 v. Chr. ebenfalls zu seinem Vortheil entschied, worauf er zum Dictator auf Lebenszeit ernannt und mit dem Namen Imperator geehrt wurde. Dabei fuhr C. jedoch fort, seine Gegner durch Milde zu versöhnen, belohnte aber seine Freunde mit Ehrenstellen. Es beleidigte indessen den röm. Stolz, als er die Mitglieder des Senats plötzlich von 300 auf 900 vermehrte und dann mit Geringschätzung behandelte, auch schadeten ihm die übertriebenen Huldigungen seiner Schmeichler, von denen ihm eines Tages vor dem versammelten Volke ein Diadem dargeboten ward. Zwar wurde die Abweisung desselben mit lautem Beifall aufgenommen, allein als dennoch seine Bildsäule damit geziert worden war und C. die Volkstribunen absetzte, welche es herabrissen, entstand eine Erbitterung gegen ihn, welche seine Gegner zu seinem Untergange benutzten. Sorglos traf C. Anstalten zu einem Kriege gegen die Parther in Asien, seine Freunde aber wollten ihm den Königstitel außerhalb Italien verschaffen, weil nach einem Orakelspruche nur ein König die Parther überwinden werde. Diese Angelegenheit sollte am 15. März 44 v. Chr. im Senat verhandelt werden, der nämliche Tag war aber auch zur Ausführung einer Verschwörung gegen C.'s Leben bestimmt. Als C. nämlich, allerlei Warnungen verachtend, im Senat erschien, hier von einem der Verschworenen um Gnade für seinen Bruder gebeten wurde, diese aber verweigerte, riß ihm derselbe das Gewand von den Schultern und ein Anderer verwundete ihn im Nacken. C. wollte sich vertheidigen, als er aber auch den M. Brutus (s.d.) unter seinen Feinden sah, verhüllte er sein Haupt mit den Worten: »Auch du, mein Sohn!« und starb mit 23 Wunden neben der Bildsäule des Pompejus. C. selbst hat eine Beschreibung seiner Kriege mit den Galliern und mit Pompejus geliefert, die in einfach edelm Style abgefaßt ist und vielseitige Wichtigkeit besitzt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 387-388.
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