Anilinschwarz [1]

[201] Anilinschwarz, im Jahre 1863 zuerst von Lightfoot in den Broad Oak Printworks in Accrington auf Baumwolle erzeugt, nachdem seit Runge (1834) eine Reihe von Chemikern in derselben Richtung Tastversuche mit dem Anilinöl gemacht und nachdem seit dem Jahre 1860 das Emeraldingrün, sowie das aus ihm auf der Baumwolle erhältliche Azurin der neuen Erfindung in günstiger Weise vorgearbeitet hatten. Lightfoots erstes Schwarz wurde mit der Mischung der Lösungen von Kaliumchlorat, salzsaurem Anilin, kristallisiertem Salmiak, Kupferchlorid und Essigsäure hergestellt [1]. Aber die Druckfarbe mit dem löslichen Kupfersalz zersetzte sich schnell und schied einen schwarzen Niederschlag aus, noch bevor sie auf die Baumwolle kam. Haltbar und druckfähig wurde sie erst im darauffolgenden Jahr, als Charles Lauth das lösliche Kupfersalz durch unlösliches Schwefelkupfer [2] in der Farbe ersetzte.

Ein auf salzsaures Anilin und Schwefelkupfer gestelltes Anilinschwarzrezept [3], das sich in der Praxis der Baumwolldruckerei gut bewährt hat und heute noch empfohlen werden kann, hat folgende Zusammensetzung:

40 l Wasser werden verkocht mit 5,5 kg Weizenstärke, 1,125 kg hell gebrannter Stärke und 5 l Tragantschleim (40 g per Liter). In den heißen Kleister werden der Reihe nach eingerührt: 1,58 kg Kaliumchlorat, 1,25 kg kristallisierter Salmiak, 3,6 kg kristallisiertes salzsaures Anilin (gewöhnlich nur »Anilinsalz« genannt), dann kalt: 1,66 kg Schwefelkupferteig, worauf die Farbe mit 0,45 kg Anilinöl abgestumpft wird. Nach dem Drucken und Trocknen kommen die Stücke 2–3 Tage in die feuchte Wärmhänge (s. Hänge), wo das trockene Thermometer des Psychrometers (s. Feuchtigkeitsmesser) 33° C., das nasse 30° C. zeigen soll. Nach dieser Oxydation werden die jetzt mit einem dunkelgrünen Muster bedruckten Stücke breit durch eine warme Sodalösung genommen, um das Grün in Schwarz zu verwandeln.

Seit Ende der siebziger Jahre liefert die Maschinenfabrik von Mather & Platt in Salford bei Manchester den Baumwolldruckern einen kontinuierlichen Vordämpfer, kurzweg »Mather-Platt« genannt, in dem das Anilinschwarz nicht so viel Minuten zu seiner Entwicklung braucht als Tage in der Oxydationshänge. Da der Apparat zugleich die Bestimmung hat, Dampffarben zu entsäuern, d.h. von den flüchtigen Säuren zu befreien, bevor die Stücke in den eigentlichen Dämpfkasten kommen (vgl. Alizarindampfrot im Art. Alizarin, S. 135), um die Ware vor dem Abstecken zu bewahren, so hat er für die Baumwolldruckerei eine besondere Wichtigkeit erlangt, die eine Besprechung des »Mather-Platt« angezeigt erscheinen läßt.

Der »Vordämpfer« ist ein geschlossener, eiserner, viereckiger Kasten von der ungefähren Länge, Höhe und Breite eines gewöhnlichen Dämpfkastens. Am Boden und an der Decke befinden sich im Innern des Apparats eine Anzahl horizontaler kupferner Leitwälzchen. Durch einen Schlitz im oberen Teil der Stirnwand des Kastens werden die mit Anilinschwarz bedruckten und an ihren Enden zusammengenähten Stücke breit in das Innere des Apparats gezogen, wo sie über die kupfernen Leitwälzchen auf und nieder und wieder zur Schlitzöffnung zurückgehen, um von einem Selbstleger gefaßt, herausgezogen und breit aufgeschichtet zu werden. Der Selbstleger, der eigentliche Motor für den Durchzug der Ware, erhält seine Bewegung von einer kleinen, zum Apparate gehörigen Dampfmaschine, die zugleich den kupfernen Leitwälzchen ihre selbständige Drehung erteilt. Während des mit einer Geschwindigkeit von 60–100 m per Minute vor sich gehenden Durchzugs wird der Kasten mit geschlossenem Dampf geheizt, gleichzeitig tritt aber auch offener Dampf ein, so daß die Ware ganz kurze Zeit bei 80° C. gedämpft wird. Mit Dampf wird auch der hohle eiserne Kastendeckel und das kupferne hohle Leitwälzchen außen vor der Schlitzöffnung geheizt, damit die Ware nicht durch Wasserflecken beschädigt wird. Ein hölzerner Schlot führt den verbrauchten Dampf samt den aus der Farbe sich entwickelnden Dünsten nach oben und außen. Die Ware wird ein-, zwei-, dreimal, je nach Bedarf, durch den Kasten gezogen, bis das Schwarz fertig ist. – Selbstverständlich muß das Anilinschwarzrezept für diese forcierte Behandlung besonders eingerichtet sein. Dies geschieht, indem man die Druckfarbe mehr als nochmal so stark mit Anilinöl abstumpft, als ein gewöhnliches, für die Oxydationshänge bestimmtes Anilinschwarz. Der Apparat hat übrigens das Hängeschwarz keineswegs ganz verdrängt; für schweres Schwarz auf dünnem, gewöhnlichem Baumwollgewebe bedient man sich immer noch gerne der Hänge, die jedenfalls den Entwicklungsprozeß des Anilinschwarz dem Koloristen besser und sicherer in der Hand läßt als das sonst vortreffliche[201] Mather-Platt, dessen Verwendung hinwiederum für schweres Schwarz auf starken Hosenstoffen, Barchenten u. dergl. keinem Anstand unterliegt.

Außer dem Schwefelkupfer sind später verschiedene »Fixiersalze« teils eingeführt, teils vorgeschlagen worden, die bei der Entwicklung des Anilinschwarz diesen oder jenen Vorteil bieten sollten. Unter anderm hat Higgin im Jahre 1866 das unlösliche, grünlich gefärbte, wolframsaure Chromoxyd [4] und im Jahre 1867 das weiße Rhodankupfer [5] unter dem Namen white paste empfohlen.

Das wolframsaure Chromoxyd, von dem genau so viel wie vom Schwefelkupfer genommen wird, leistet gute Dienste, wenn das schwarze Mutter nicht (wie bei der mit Schwefelkupfer hergestellten Farbe) weiche, geschmolzene Formen zeigen, sondern scharf und spitzig zwischen den andern Farben flehen soll. Die in Wirklichkeit nicht sehr ökonomische und wenig rationelle Fixation mit Rhodankupfer hat in der Praxis nicht viel Anhänger gefunden, während die ungemein rasch wirkenden Vanadverbindungen mit förmlichem Enthusiasmus aufgenommen wurden. Lightfoot hatte schon im Jahre 1871 auf die Bedeutung dieser Verbindungen für das Anilinschwarz aufmerksam gemacht. Im Jahre 1874 nahm Pinkney ein französisches Patent auf die Verwendung der Vanadsalze zum Drucken und Färben von Anilinschwarz, und im Jahre 1876 veröffentlichten Antony Guyard (Hugo Tamm) [6] und G. Witz [7] ihre Studien über die Entwicklung des Anilinschwarz mit Hilfe von Vanadsalzen. Trotz ihres hohen Preises kommen sie doch billiger als Schwefelkupfer zu flehen, da 1 kg Schwefelkupfer leicht durch 1/8 g Ammoniumvanadat, das in Vanadiumchlorür übergeführt worden ist, ersetzt werden kann. Man hat sich sogar vor einer stärkeren Dosis zu hüten, damit nicht die Druckfarbe, wie bei Verwendung aller löslichen Fixationsmittel, schon im Farbkübel arbeitet, d.h. fertiges Anilinschwarz als Niederschlag ausscheidet.

Das von C. Köchlin (1865) herstammende Anilinschwarz mit weinsaurem Anilin kommt teurer zu flehen als die mit salzsaurem Anilin hergestellte Farbe, hat aber gleichwohl ausgedehnte Verwendung gefunden, weil es, auf weißer Baumwolle vorgedruckt, entwickelt und dann mit Eisenlila überdruckt, mit diesem keine Konturen bildet. Wegen schwächerer Salzsäureentwicklung bei der Oxydation verunreinigt es die Atmosphäre der Hänge weniger als ein Schwarz mit salzsaurem Anilin, und die während der Schwarzentwicklung aus dem weinsauren Anilin frei werdende Weinsäure verbindet sich mit dem Kalium des Chlorats zu unlöslichem Weinstein auf der Baumwolle. Beide miteinander im Zusammenhang stehenden Gründe ließen das Weinsäureschwarz, um den Stoff zu schonen, auch für größere Schwarzmuster und Schwarzdecker empfehlenswert erscheinen.

Ein Rezept, das obigem »Anilinsalz«-Schwarz, was den Anilingehalt betrifft, möglichst nahekommt, hat folgende Zusammensetzung: 7,5 kg Weizenstärke, 2,25 kg hell gebrannte Stärke, 40 l Wasser, 2,75 kg Kaliumchlorat und 1,35 kg kristallisierter Salmiak werden zusammen verkocht und in die heiße Paste 3 kg Anilinöl, ferner nach dem Erkalten 3,4 kg Weinsäure (zuvor in 5 l Wasser gelöst) und 2 kg Schwefelkupfer eingerührt. Vergleicht man diese Vorschrift mit der für das »Anilinsalz«-Schwarz gegebenen, so findet man, daß das Weinsäureanilinschwarz 74% mehr Chlorat als jenes enthält, woraus hervorgeht, daß die Weinsäure einen Teil der Wirkung des Chlorats absorbiert.

Durch schnelle Entwicklung in der Hänge zeichnet sich das Schwarz mit chlorsaurem Anilin aus.

Um dieses Anilinsalz zu erhalten, werden 4,875 kg Kaliumchlorat und 4,875 kg Weinsäure je in 15 l kochend heißem Wasser aufgelöst, dann die Lösungen miteinander vermischt und bei 50° C. mit 4,875 kg Anilinöl (Echappé-Oel, ein mit o-Toluidin gemengtes Anilinöl) versetzt. Beim Erkalten scheidet sich Weinstein aus, worauf das Klare abgegossen und filtriert wird, um ihm die kalte Lösung von 4,875 kg salzsaurem Anilin in 18 l Wasser zuzufügen und die ganze Flüssigkeit mit Wasser auf 8° Bé zu stellen. Die Vorschrift für ein Handdruckdeckschwarz mit diesem sogenannten »chlorsauren« Anilin lautet auf 21 l von dem mit salzsaurem Anilin versetzten 8grädigen chlorsauren Anilin, dann auf 21,5 l ganz dünnen Tragantschleim, 750 g kristallisierten Salmiak und 8 l Kupfervitriollösung (125 g per Liter), die immer unmittelbar vor dem Gebrauch der Farbe zugefügt wird. Für den Rouleaudruck gelten dieselben Verhältnisse, nur wird eine kräftige Stärkeverdickung statt des Tragants und Schwefelkupfer oder Vanadiumchlorür anstatt des Kupfervitriols genommen. Das Schwarz schont gleich dem Weinsäureschwarz die Atmosphäre der Hänge und ist dem Stoff nicht gefährlicher als ein andres Anilinschwarz. Auch das Schwarz mit Anilinnitrat ist brauchbarer, als es auf den ersten Augenblick scheinen mag. Dieses billige Schwarz eignet sich besonders für den Artikel Schwarz-Bleiorange (s. unten), bei dem ein auf salzsaures Anilin gestelltes Schwarz die Ansammlung von unlöslichem Bleichlorid auf der Schwarzwalze veranlassen und dem Rouleaudrucker große Schwierigkeiten bereiten würde. Im Kaltwasserbad werden 2,48 kg Echappé-Oel (s. oben), 1,95 kg Salpetersäure 36° Bé und 11/2 l Wasser vermischt. Andrerseits kocht man eine Paste mit 61/4 kg weißer Stärke, 11/8 kg hell gebrannter Stärke, 43 l Wasser, 1,8 kg Kaliumchlorat und 1,5 kg kristallisiertem Salmiak. An die kalte Paste wird die ganze Menge des vorbereiteten salpetersauren Anilins gerührt, worauf die Farbe mit 1,8 kg Schwefelkupfer »ausgeschärft« und mit 200 g Bleioxydniederschlag, der zuvor mit 400 cbcm Spiritus abgerieben worden ist. neutralisiert wird. Das Bleioxydhydrat wird[202] erhalten durch Ausfällen einer Lösung von 0,2 kg gelbem Bleizucker in 400 g Wasser mit 90 cbcm Natronlauge 36° Bé. Der erhaltene Niederschlag wird auf einem Filter ausgewaschen, auf das Gewicht von 0,2 kg Salz ausgepreßt und in dieser Form dem Anilinschwarz zugefügt. Das Bleioxyd hat während der Oxydation die sich bildende Salzsäure zu absorbieren, damit sie nicht im Verein mit der gleichzeitig frei werdenden Salpetersäure den Stoff angreift; aus ähnlichen Rücksichten ist das Salpetersäureanilinschwarz auch sehr »basisch« gehalten, denn in der Druckfarbe, deren Anilingehalt überdies um 21,4% schwächer ist als in obigem Schwarz mit salzsaurem Anilin, sind nur 62% dieses Anilingehalts durch Salpetersäure gesättigt und 38% als freies Anilinöl vorhanden.

Mag ein Anilinschwarz nach diesem oder jenem Rezepte oder Verfahren erzeugt werden – immer beruht die Entwicklung der Farbe auf einer Oxydation des Anilins nach dem Schema: C6H5NH2 + O = H2O + C6H5N. Die Oxydation betätigt sich in einer Wasserstoffentziehung, die, von den Zerlegungsprodukten der Chlorsäure ausgeführt, aus dem Phenylamin oder Amidobenzol das Anilinschwarz entstehen läßt.

Die Anwesenheit eines Metall- oder Fixierfalzes ist eigentlich für die Schwarzentwicklung nicht unumgänglich notwendig. Dies haben Antony Guyard [8] und Rosenstiehl [9] durch direkte Versuche nachgewiesen, wie auch das von Coquillion [10] und Goppelsröder [11] auf elektrolytischem Wege hergestellte Anilinschwarzpulver bezeugt, daß dieser schwarze Farbstoff durch die ausschließliche Einwirkung von Sauerstoff auf Anilinsalze entsteht ohne Beihilfe irgend eines Metalles oder Metallsalzes. In scheinbarem Widerspruch hiermit flehen die zwei Tatsachen, daß erstens reines Anilinchlorat, für sich allein gekocht, kein Schwarz liefert, und zweitens, daß die Praxis für die Schwarzentwicklung die Gegenwart eines Eisen-, Kupfer-, Mangan- oder Vanadsalzes doch nicht entbehren kann. Der Widerspruch hebt sich auf, wenn man hinzufügt, daß ein Tropfen Säure, der kochenden Anilinchloratlösung zugesetzt, sofort die Anilinschwarzbildung infolge der Zerlegung des Salzes und der Chlorsäure beginnen läßt und daß dieselbe Zerlegung in gleicher Weise auch durch die Gegenwart der genannten Metallsalze veranlaßt wird, die hierbei die Rolle einer Säure übernehmen. Es sind die Salze solcher Metalle die leicht von einer höheren in eine niedrigere Oxydationsstufe und umgekehrt übergehen Hand in Hand damit ihre eigne Acidität abwechselnd vermehren oder vermindern und dadurch die Zerlegung der Chlorsäure regulieren, so daß sie Schritt für Schritt, nicht zu schnell und nicht zu langsam vor sich geht. – Außer auf elektrolytischem Wege ist Anilinschwarz in Teig- oder Pulverform auch nach andern Methoden dargestellt worden, die sich an die üblichen Druckrezepte anlehnten. Gleichviel, ob man das elektrolytisch gewonnene Produkt, den auf der Baumwolle entwickelten Farbstoff oder den im Laboratorium dargestellten Schwarzteig untersucht – immer ist das Schwarz metallfrei und besteht aus einer Anilinschwarzbase, der man den Namen Nigranilin gegeben hat. Das Nigranilin bildet mit Salzsäure, Schwefelsäure, Chromsäure u.s.w. Salze von grünschwarzer Farbe, die jedoch schon durch Wasser, schneller durch alkalische Flüssigkeiten in Tiefschwarz übergeht. Durch rauchende Schwefelsäure wird die Schwarzhase sulfoniert und das entstandene Sulfoprodukt bildet mit Alkalien lösliche Salze von violettschwarzer Farbe. Als Base wie als Chlorhydrat löst sich das Nigranilin in Anilinöl auf. Durch schweflige Säue wird es teilweise zu grünem Emeraldin reduziert. Mit alkoholischer Kalilösung und Zinkstaub erhitzt, liefert es ein unlösliches, an der Luft rasch wieder in Schwarz sich verwandelndes Leukoprodukt und in kochender Zinnsalzlösung wird es zu einer blaugrünen, auf Zusatz von Alkali schnell wieder sich schwärzenden Substanz. Beide Reaktionen lehren, daß Anilinschwarz auf dem sonst für Anilinfarben eingeschlagenen Wege (s. Aetzfarben) nicht geätzt werden kann. Die Analysen verschiedener Forscher, die sich das Anilinschwarz oder Nigranilin nach der einen oder andern Methode verschafft haben, stimmen darin überein, daß seine prozentische Zusammensetzung der empirischen Formel C6H5N entspricht. Ueber die rationelle Formel des oxydierten Emeraldins oder Nigranilins ist man jedoch noch nicht im reinen; denn Goppelsröder hat für die Nigranilinbase die Formel C24H20N4 Nietzki [12] C18H15N3 und Kayser [13] C12H10N2 aufgestellt, wonach die Salzsäureverbindung des Nigranilins mit C24H20N4∙HCl oder mit C18H15N3∙HCl oder mit C12H10N2HCl zu bezeichnen wäre. Nietzki hat das Anilirschwarz durch Erwärmen mit saurer Zinnchlorürlösung in die Leukoverbindung übergeführt und dabei von dem Reduktionsmittel so viel gebraucht, als dem Molekül C18H15N3 entspricht, wodurch die von ihm aufgehellte Formel an Wahrscheinlichkeit gewinnt.

Gleich nach dem ersten Auftreten des Anilinschwarz im Jahre 1863 dachte Cordillot daran, ein Dampfanilinschwarz zusammenzusetzen, das sich jedoch als wenig haltbar erwies und deshalb wenig Berücksichtigung fand. Man kam aber auf seine Idee wieder zurück, als die Dampfartikel des Krappextrakis und des künstlichen Alizarins ein möglichst echtes Dampfschwarz verlangten, und gab seiner ursprünglichen Vorschrift eine verbesserte Form.

Für das Cordillotsche Dampfanilinschwarz wurde nunmehr in oben angegebener Weise ein 91/2° Bé starkes chlorsaures Anilin hergestellt (14 Teile Weinsäure, 5,2 Teile Kaliumchlorat, 70 Teile kochendes Lösungswasser, 10 Teile Anilinöl). Anderseits wurden 18,5 Teile Ammoniumsulfat in 20 Teilen Wasser, dann 52 Teile Ferrocyankalium in 104 Teilen Wasser gelöst und diese zwei Lösungen heiß zusammengegeben. Beim Erkalten kristallisiert Kaliumsulfat aus, während die überstehende Flüssigkeit in der Hauptsache eine Ferrocyanammoniumlösung vorstellt, von der 22,5 Teile an 100 Teile jenes, in Stärke verdickten, chlorsauren Anilins gerührt werden, um ein druckfertiges Dampfschwarz zu erhalten. Wehrlin hat (1874) in dieser Farbe das[203] Ferrocyanammonium durch Ferrocyananilin ersetzt, das er durch Zusammenbringen von Anilinöl mit wässeriger Ferrocyanwasserstoffsäure sich verschaffte. – Ganz verschieden von diesen zwei Vorschriften ist Schmidlins Dampfanilinschwarz (1879), das auf 11 Wasser 146 g Weizenstärke, 63 g dunkel gebrannte Stärke, 125 g salzsaures Anilin, 42 g Natriumchlorat, 144 g Bleichromat und per Liter Farbe 30 g Schwefelkupfer enthält. Dieses Schwarz, bei dem die Oxydation vorwiegend dem Bleichromat übergeben ist, wird nur im Mather-Platt gedämpft, durch heiße Sodalösung genommen und gewaschen. – Gleichzeitig unternahm man es aber auch, gewöhnliches Anilinschwarz (mit salzsaurem Anilin und Schwefelkupfer hergestellt, wie oben angegeben) nach dem Verhängen in einen eigentlichen Dämpfkasten zu geben, um die mitgedruckten Alizarin- und Albuminfarben in üblicher Weise durch längeres Dämpfen auf der Baumwolle zu befestigen. Bei einiger Vorsicht gelingt dies ohne Gefahr für den Stoff, wenn man die in der Hänge fertig oxydierte Ware vor dem Dämpfen breit durch kalte Ammoniakluft zieht und späterhin einen oder zwei offene Töpfe mit 2–3 l starkem Salmiakgeist auf den Boden des Dämpfkastens stellt.

Das Anilinschwarz, zuerst nur für einfarbige schwarze Muster verwendet, kam bald in die Lage, die Musterkarte der Baumwolldruckereien um mehrere zugkräftige Artikel zu bereichern. Es wurde neben Alizarinrot und Albuminfarben sowie über Reserveweiß, -rot oder -grün gedruckt. Für Reserveweiß gibt es eine große Auswahl von Substanzen, die, entweder alkalisch oder reduzierend oder in beiderlei Richtung zugleich wirkend, imstande sind, das über den Weißpapp gedruckte Anilinschwarz an seiner Entwicklung in der Hänge zu verhindern. Hierher gehören: Aetznatron, arsenigsaures, kohlensaures, kieselsaures, essig- und zitronensaures Natron, Zinkstaub, Kreide, Pyrogallussäure, Rhodankalium u.a.m. Zugleich alkalisch und reduzierend wirkt das arsenigsaure Natron in folgender Vorschrift: Es werden 4,8 kg weißer Arsenik in 4 l Natronlauge 36° Bé und 4 l Wasser aufgelöst und von der 60° Bé starken Lösung 3,2 l mit 9 l Wasser verdünnt und mit 5 kg dunkel gebrannter Stärke verdickt. Dieser billige und in der Verdickung zügige Weißpapp liefert ein ebenso scharfes wie reines Weiß unter Anilinschwarz. – Für Rotpapp hat man vorgeschlagen, die reduzierende Eigenschaft des Natriumhyposulfits oder Rhodankaliums in Anspruch zu nehmen, von welchen zwei Salzen eine gewisse Menge dem gewöhnlichen, aus verdickter essigsaurer Tonerde bestehenden Echtrot zuzufügen ist. Auch ein mit sehr viel Zinnsalz geschärftes Echtrot hat man, freilich mit wenig Erfolg, dem Anilinschwarz unterzulegen versucht. Die sicherste und beste Vorschrift verwendet alkalisch reagierendes Tonerdenatron. Man verdünnt 7 l Tonerdenatron von 24° Bé (s. Aluminiumverbindungen) mit 3,4 l Wasser, verdickt es mit 3,4 kg dunkel gebrannter Stärke und versetzt das Ganze mit 0,4 l Natronlauge 36° Bé. Ueber dieses vorgedruckte Reserverot wird ein beliebiges Gründel- oder Klotzanilinschwarz gedruckt, nur kein solches mit weinsaurem Anilin. Nach dem Ueberdrucken oder Klotzen wird die Ware verhängt (wie oben für Dampfanilinschwarz angegeben), dann unter Zusatz von kristallisiertem Salmiak (auf 2000 l verdünnten Kuhmist 10 kg kristallisierter Salmiak, 5 kg kristallisierte Soda und 15 kg Kreide) bei 65° C. breit in der Rollenkufe gekuhmistet, im Strang auf dem Kessel übermistet, gut gewaschen, in Alizarin ausgefärbt, gewaschen, mit Türkischrotöl geklotzt, gedämpft, geseift und gewaschen. – Die grüne Reserve wird wie die rote zusammengesetzt und behandelt. Nach dem Kuhmisten werden jedoch die Stücke in Sumach, Wauextrakt und Leim kochend gelb gefärbt, dann mit Methylgrün und Leim ausgefärbt. – Während das neben Anilinschwarz mitgedruckte Bleiorange halb aus Bleiacetat, halb aus Bleinitrat sich zusammensetzt (11,76 kg weißer Bleizucker, 11,76 kg Bleisalpeter, 28 l Wasser, 3 kg Weizenstärke), muß das Bleifalz in einem das Schwarz abwerfenden Reserveorange basisch gemacht sein. Man verdickt z.B. die Lösung von 11,2 kg salpetersaurem Blei und 2,2 kg essigsaurem Natron in 7,8 l Wasser mit 4,2 kg dunkel gebrannter Stärke und versetzt diese Farbe lauwarm mit 1,9 kg Natronlauge 30° Bé. Dieses Orange greift das benachbarte Schwarz in der Hänge nicht an, läßt das über ihm liegende Anilinschwarz (das jedoch wiederum kein Weinsäureschwarz sein darf) nicht zur Entwicklung kommen und zeichnet sich vor der mit Bleiessig hergestellten Farbe durch besondere Sattheit und Wärme der Nuance aus. In allen Fällen, wo Anilinschwarz und irgend ein Bleiorange zusammen zu behandeln sind, werden die Stücke nach dem Oxydieren am bellen und billigten breit in einer zweiteiligen Rollenkufe durch 1000 l kaltes Ammoniakwasser vom spez. Gew. 0,9883 (für schwereres Orange 0,9825) gezogen und direkt in die Sodaabteilung hinübergeleitet, die mit 1600 l Wasser von 45° C. und mit 25 kg kristallisierter Soda angesetzt ist. Nach dem Waschen im Fluß wird das auf der Baumwolle fixierte Bleioxyd bei 55° C. im Kessel mit Kaliumbichromat ausgefärbt, worauf die Ware leicht gewaschen und auf einer Rollenkufe durch ein kochendes Kalkbad (2000 l Wasser und je nach dem Müller 8–12 kg gebrannter Kalk) genommen, um das Chromgelb in Chromorange überzuführen (s. Orangieren).

Prud'hommes Aetzverfahren (1885) verdient diese Bezeichnung nur insofern, als die Aetzfarbe nachträglich auf ein vorgeklotztes, getrocknetes, aber nicht fertiges Dampfanilinschwarz gedruckt wird. Im übrigen verhalten sich die wirksamen Bestandteile von Prud'hommes Enlevage wie die einer Reservage mehr defensiv als aggressiv (s. Aetzfarben), indem sie der Anilinschwarzentwicklung einen passiven Widerstand leisten.

Es gibt für Prud'hommes Aetzweiß verschiedene Rezepte, z.B.: es werden 3 kg Natriumacetat und 2 kg Solvaysoda in 4 kg Stärkeverdickung gelöst und mit 250 cbcm Natriumbisulfitlösung 38° Bé versetzt. Die Farbe verhindert durch ihre alkalische Reaktion und zugleich durch Reduktion die Entwicklung des vorgeklotzten Dampfanilinschwarz, wofür Prud'hommes eine Vorschrift mit Ferrocyankalium, Kertész [14] (1890) eine verbesserte mit Ferrocyanammonium[204] gegeben hat. Die Lösungen von 18 kg Ferrocyankalium in 32 l Wasser und von 9 kg Ammoniumsulfat in 13 l Wasser werden miteinander vermischt, wobei Kaliumsulfat auskristallisiert und Ferrocyanammonium in Lösung bleibt. Von der klaren Flüssigkeit werden 12 l mit einer Anilinflüssigkeit vermischt, die aus 3,5 kg Natriumchlorat, 5,5 kg Anilinöl, 6,25 kg Salzsäure 191/2° Bé und 40 l Wasser zusammengesetzt ist. Die hiermit grundierten Stücke gehen von der Klotzmaschine (s.d.) zum Trocknen in die auf höchstens 30° C. erwärmte Hotflue, aus der sie mit gelblichgrauer Farbe hervorkommen. Haben sie eine grüne Färbung, so reicht die Kraft der Enlevage für ein reines Weiß nicht mehr aus. Deshalb muß jedes Stück von der Hotflue weg, bevor die Entwicklung des Schwarz beginnt, sofort mit der Aetzfarbe bedruckt werden. Ein Vorzug dieses, von Kertész empfohlenen Dampfanilinschwarz gegenüber dem Prud'hommeschen Originalrezept ist es, daß man die damit geklotzten Stücke auch 3 Stunden lang liegen lassen kann, bevor sie grün zu werden anfangen. Nach dem Aetzdruck werden die Stücke zweimal durch den Mather-Platt, dann durch ein kochend heißes Bichromatbad (1 : 100) genommen, gewaschen, geseift, wieder gewaschen und getrocknet.

Das Verfahren Prud'hommes erstreckt sich weiter auf bunte Albuminfarben, denen er die zum Aetzen erforderliche Menge Natriumacetat zufügt. Die Farben können Ultramarinblau, Zinnober, Chromgrün, Chromgelb oder Chromorange sein.

So besteht ein Aetzgelb für vorgeklotztes Dampfanilinschwarz aus 6 kg trockenem Bleichromat, 0,275 kg Zinnober, 5 l Wasser, 1,8 kg Natriumacetat und 5 kg Blutalbuminlösung (1 kg per Liter). Das Natriumacetat wirkt hierbei neutralisierend, d.h. ätzend auf das Schwarz, und das im Dampf koagulierende Albumin beteiligt die Körperfarben auf den geätzten Stellen. Die sonstige Behandlung ist gleich wie beim Aetzweiß.

Als eine Erweiterung oder Fortsetzung des Prud'hommeschen Verfahrens ist das von Grafton & Browning anzusehen, welches in den Broad Oak Printworks, in derselben Accringtoner Druckerei ausgeübt wird, in der 30 Jahre früher Lightfoot das Anilinschwarz entdeckt hatte.

Nach dem D.R.P. Nr. 70793 werden die gebleichten Calicots zuerst durch ein Tanninbad (6,24 g per Liter), dann durch ein Brechweinsteinbad (ebenfalls 6,24 g per Liter) genommen, hierauf getrocknet, dann wie oben mit einem Dampfanilinschwarz geklotzt, auf der Hotflue getrocknet und nun mit der in Gummi verdickten Lösung eines basischen Anilinfarbstoffs, z.B. des Methylenblaus, bedruckt, welcher Farbe als Aetzmittel wieder Natriumacetat einverleibt ist. Das Schwarz entwickelt sich auf dem Tanninantimongrund wie auf weißer Ware; das Natriumacetat in der Aetzfarbe läßt wieder örtlich die Schwarzentwicklung nicht zu und der basische Farbstoff bildet gleichzeitig im Dampf mit dem auf der Baumwolle niedergeschlagenen gerbsauren Antimonoxyd einen soliden Farblack. Charles Dreyfuß [15] bestätigt, daß derartig fabrizierte Ware einen sehr guten Eindruck macht, sowohl was die Schärfe des Drucks des aufgeätzten Musters als auch was die Reinheit der Nuance des auf der Baumwolle befestigten, basischen Farbstoffs betrifft.

Das öfter erwähnte Anilinschwarz mit Ferro- oder Ferricyankalium, mit Ferrocyanammonium oder Ferrocyananilin ist selbstverständlich auch für die Glattschwarzfärberei der Baumwolle empfohlen und eingeführt worden, sei es, daß man das Rezept für die Entwicklung der Farbe in der Oxydationshänge oder im Mather-Platt eingerichtet hat. Ein Schwarz dieser Kategorie zeichnet sich vor anderm Anilinschwarz immer durch eine mehr oder weniger ausgesprochene Unvergrünlichkeit aus. Alles, auch das gedruckte Anilinschwarz, leidet nämlich bis zu einem gewissen Grad an dem Uebelstand, daß es, der Atmosphäre ausgesetzt, sowie unter dem Einfluß von Säuren, insbesondere von schwefliger Säure, eine grüne Nuancierung annimmt, die allerdings beim Behandeln mit alkalischer Flüssigkeit wieder in Schwarz zurückgeht.

Die Ansicht, daß ein mit toluidin- und xylidinhaltigem Anilinöl hergestelltes Schwarz nicht vergrüne, hat sich als ebensowenig stichhaltig erwiesen, wie die Annahme, daß nicht vergrünendes Anilinschwarz ein überoxydiertes Nigranilin vorstelle, das durch nachträgliches Behandeln des gewöhnlichen Nigranilinschwarz mit Chromaten, Eisenoxydsalzen, Aluminiumchlorat, verdünnter Chlorkalklösung u. dergl. erreicht werde. In Wirklichkeit hat alles, auch das gedämpfte Anilinschwarz, um so mehr Neigung zum Vergrünen, je weniger intensiv die Farbe ist. Nach der Ansicht von Kertész [16] hängt das Nichtvergrünen eines Anilinschwarz von der Abwesenheit freier Mineralsäuren während der Schwarzentwicklung ab, und diese Abwesenheit wird in allen Fällen durch Zusatz von mindestens 70 cbcm obiger Ferrocyanammoniumlösung zu 11 Druck- oder Klotzfarbe erzielt. Es bildet sich alsdann Ferrocyananilin in der Farbe, alle Salzsäure geht an das Alkali des Chlorates sowie des Zusatzes, und das Schwarz entwickelt sich nicht aus salzsaurem, sondern aus ferrocyanwasserstoffsaurem Anilin heraus. – Kielmeyer hat (1885) für Klotz- oder Färbeanilinschwarz ebenfalls von einer Ferrocyanverbindung Gebrauch gemacht, von dem Ferrocyankupfer,. aber weniger mit Rücksicht auf die Unvergrünlichkeit des Schwarz, als in der Absicht, die Baumwolle mit einem unlöslichen Kupfersalz für die nachherige Entwicklung der Farbe zu grundieren, für welchen Zweck Paraf im Jahre 1866 das chromsaure Chromoxyd, Higgin im gleichen Jahre das chromsaure Kupfer und Lauth im Jahre 1869 das Mangansuperoxyd in Frankreich sich patentieren ließen (Nr. 71692, Nr. 73074, Nr. 85554), freilich[205] mit dem Unterschied, daß sie zugleich auf die oxydierende Kraft ihrer Salze für die Anilinschwarzentwicklung spekulierten. Um auf der Baumwollfaser Ferrocyankupfer niederzuschlagen, werden die Stücke zuerst durch eine kalte Kupfervitriollösung (5,5 g per Liter), dann bei 60° C. durch eine Ferrocyankaliumlösung (4,4 g per Liter) genommen. Das Klotzschwarz, das kalt auf einem Farbkessel, auf dem Jigger (s.d.) oder auf der Foulardiermaschine gegeben wird, ist ein nicht verdicktes, schwach angefeuertes Anilinchloratschwarz (s. oben), das man nach dem Trocknen (bei mäßiger Wärme) 2–3 Tage lang in einer auf 32° C. gehaltenen Lattenhänge oxydieren läßt. Die dunkelgrünen Stücke werden schließlich auf dem Jigger zuerst bei 30°, dann bei 60°, dann bei 80° C. durch Sodalösung (30 g per Liter) genommen und bei 70° geseift (5 g Schmierseife per Liter). – Vor einigen Jahren hat die Firma Karl Steiner in Rappoltsweiler i. E. ein Patent auf ein Färbeanilinschwarz angemeldet, für das die Baumwolle ebenfalls mit Ferrocyankupfer grundiert wird und außerdem die Flotte eine Ferrocyanverbindung zugesetzt erhält. Die kalte Anilinflotte besteht in diesem Fall aus 11 Wasser, 86 g salzsaurem Anilin, 24 g Natriumchlorat und 108 g Ferrocyankalium. Nach dem Durchnehmen durch diese Flüssigkeit wird die Ware bei höchstens 40° C. getrocknet und bei 1 Atmosphäre Druck gedämpft oder aber in der Warmrösche zum Oxydieren aufgehängt, in welchem Falle der Farbe weniger Ferrocyankalium zugefügt wird. Dieser Zusatz hat übrigens auch für die Dampffarbe seine Grenze, denn bei zu. viel Ferrocyankalium steht zu befürchten, daß das resultierende Schwarz abrußt, d.h. beim Reiben vom Faden herunterfällt.

Oxydations- und Dampfanilinschwarz haben sich lehr langsam in die Stück- und Garnfärberei, sowie in die Färberei der losen Baumwolle, gar nicht in die Cops- und Kettenfärberei Eingang verschafft. Der chemische Gedanke des Schwarzfärbens ist in allen Fällen identisch mit dem des Schwarzdrucks und unabhängig von der gegebenen Form der Baumwollfaser; nur die Handgriffe und Apparate ändern sich mit den verschiedenen Formen der Baumwolle. Immer sind der Trocknungs- und Entwicklungsprozeß zeitlich, eventuell auch räumlich voneinander zu trennen, wenn die Baumwollfaser nicht gefährdet werden soll. Ebenso muß man für die Färberei als Grundsatz austeilen, daß Metallsalz und Anilinflotte räumlich voneinander getrennt zu halten sind, da jede fertige Schwarzbrühe, sobald ihr das zur Entwicklung des Schwarz erforderliche Metallsalz zugefügt wird, Neigung bekommt, sich zu zerlegen, unlösliches Schwarz in der Flüssigkeit auszuscheiden, also ihre Zusammensetzung zu ändern, so daß es nicht möglich ist, nach dem sogenannten Einbadverfahren eine Reihenfolge von Stücken aus derselben Flotte gleichmäßig zu färben. Jedes Einbadverfahren ist für das Anilinschwarz zu verwerfen, insbesondere das anfänglich für Stücke und Garne fast ausschließlich befolgte Verfahren mit Bichromat und Anilinsalz in einem Bad.

In Nordfrankreich haben die Garnfärber das Patent Boboeufs (Franz. Patent Nr. 68079 vom Jahre 1865) sich zunutze und in folgender Weise zurecht gemacht: Es werden zwei Lösungen im Vorrat gehalten, eine Anilinlösung (11/2 kg Anilinöl, 21/4 kg Salzsäure, 3 kg Schwefelsäure, 50 l Wasser) und eine Chromatflüssigkeit (3 kg Natriumbichromat, 50 l Wasser). Von jeder Flüssigkeit werden je 2 l genommen und zu einem Bad für je 1 kg Baumwolle angesetzt. Das Garn bleibt 1–2 Minuten in der kalten Mischung, wird dann ausgewunden und 20 Minuten lang bei 1/4 Atmosphäre gedämpft. Das Bobeufsche Verfahren erlebte viele Variationen nach der »kalten« sowohl als auch nach der »warmen« Methode, aber das Oxydationsschwarz hat ihm, namentlich bei den deutschen Färbern, als das rationellere und zuverlässigere Verfahren für ein nicht abrußendes Schwarz den Rang abgelaufen. Das »Diamantschwarz« von L. Hermsdorf in Chemnitz i. S., das eine Berühmtheit auf dem Baumwollgarn-, Strumpf- und Wirkwarenmarkt der Alten und Neuen Welt erlangt hat, ist zwar ein Fabrikgeheimnis, aber sicher weiß man, daß es ein Oxydationsanilinschwarz ist. (Vgl. Lehnes Färberzeitung 1903, 11 u. 31.)

Wenn man nach dem Vorgang Coquillions und Goppelsröders durch die Lösung von salzsaurem oder schwefelsaurem Anilin einen elektrischen Strom leitet, oder wenn man Anilinöl, Salzsäure und Bichromat, mit oder ohne Kupfersalz, erwärmt, oder wenn man, wie Gebr. Heyl & Co. in Charlottenburg [17], Armand Müller [18] und Rheineck [19], die Bestandteile irgend eines für den Druck bestimmten Anilinrezeptes, aber ohne Verdickung, in der Wärme aufeinander einwirken läßt, so scheidet sich Anilinschwarz in Form eines schwarzen Niederschlages aus, der trocken oder teigförmig für Albuminschwarz an die Druckereien geliefert wird.

Die Farbe findet nur für kleine Objets bei Weißbodenmustern Verwendung, z.B. nach folgender Vorschrift: 10 kg Anilinschwarzteig werden mit 1 kg Salmiakgeist, 1/2 kg Terpentinöl und 1 kg Glyzerin angerührt, dann mit 4 kg Kienruß, sowie mit 121/2 kg Ultramarin vermischt und mit 30 kg Blutalbuminlösung (700 g IIa per 1 l Wasser) verdickt. Anilinschwarz als Körperfarbe reicht nämlich für sich allein in dem Albumindampfschwarz (s. Albuminfarben) für ein Tiefschwarz nicht aus, weshalb man ihm zu seiner Verstärkung und Nuancierung andre Körperfarben beimengt.[206]

Dem Anilinschwarz fiel es sehr schwer, sich der Wollfaser zu bemeistern, die sich zum Anilinschwarz wie ein Reduktionsmittel verhält, das die Entwicklung der Farbe zu verhindern bestrebt ist. Lightfoots Versuche (1865) berücksichtigten schon dieses Verhalten der Wollfaser, und zwar durch Vorbehandeln mit Chlorkalklösung und Salzsäure; aber er chlorte das Gewebe so stark, daß die Faser darunter zu leiden hatte und das Chloren oder vielmehr Oxydieren der Wolle überhaupt in Mißkredit kam. Erst in den letzten 10 Jahren griff man, einer Initiative der Firma L. Cassella in Frankfurt a.M. folgend, auf das Chloren der Wolle zurück, um es in verbesserter Auflage einer Reihe von neueren, künstlichen Farbstoffen auf der Wolle zugute kommen zu lassen. Unterdessen fand auch das Dampfanilinschwarz mit Ferrocyankalium immer mehr Beachtung und Verbreitung in der Baumwolldruckerei und -färberei (s. oben) und bahnte dem Prud'hommeschen Aetzverfahren den Weg in die Praxis (s. oben). Nun erst kam die Zeit für das Anilinschwarz auf Wolle, da alles in allem drei Errungenschaften gegeben sein mußten, um überhaupt zu neuen Anilinschwarzversuchen auf Wolle zu ermuntern. Es ist F.V. Kaliabs (in Firma K. Oehler in Offenbach a.M.) Verdienst, zuerst erkannt zu haben, daß für Wolle nur ein Dampfanilinschwarz Aussicht auf Erfolg hat, worauf er mit Glück die Verfahren des Chlorens der Wolle, des Dampfanilinschwarz und der Anilinschwarzenlevage kombinierte und ihre Leitmotive für den Gebrauch in der Wollfärberei und -druckerei transponierte (D.R.P. Nr. 68887 und 71729 vom Jahre 1891).

Er chloriert oder, richtiger gesagt, er »oxydiert« das Wollgewebe in einem kalten Bade, das aus 6% Chlorkalk und 101/2% Salzsäure 21° Bé besteht. Nach 3/4stündigem Aufenthalt in dieser Flüssigkeit wird die Ware mit Natriumsuperoxyd überoxydiert, gut gewaschen und getrocknet. Das nun folgende Klotzschwarz setzt sich aus 400 g salzsaurem Anilin, 260 g Ferrocyankalium, 150 g Natriumchlorat, 2,7 l Wasser, 200 g Glyzerin (eventuell nebst einer Kleinigkeit Weinsäure) zusammen. Getrocknet wird in der Hotflue, um nachher eine weiße oder bunte Enlevage aufzudrucken. Die Vorschrift für Aetzweiß lautet auf 500 g Leiogommeverdickung (1 : 1), 200 g Natriumacetat, 200 g Rhodankalium und 16 cbcm Säureviolettlösung 1 : 100 (als Blendung für den Drucker). Das Aetzgrün, das nicht wie beim entsprechenden Baumwollartikel eine Albuminverdickung verlangt, wird erhalten durch Auflösen von 50 g Malachitgrün in 250 cbcm Wasser und 50 g Glyzerin, Verdicken mit 250 g Leiogomme und Versetzen mit 400 g Natriumacetat. Aetzrot wird mit 50 g Brillantponceau 6 R (Cassella) gegeben und sonst wie das Grün zusammengesetzt. Mit Ausnahme der beizenfärbenden Alizarin- und Holzfarbstoffe lassen sich für den Aetzdruck auf »oxydierter« Schafwolle die meisten substantiven natürlichen und künstlichen Farbstoffe verwenden. – Die mit Schwarz foulardierten und mit Enlevage bedruckten Wollstücke werden schließlich 5–30 Minuten lang feucht, aber mit trockenem Dampf und ohne Ueberdruck gedämpft, gewaschen, nicht chromiert, eventuell geseift und gesäuert. Selbstverständlich wird derselbe Weg auch für Unischwarz auf Wolle ohne Aetzdruck gleichwie für Halbwollwaren mit und ohne Enlevage (unter geeigneter Auswahl der Farbstoffe für Aetzblau, Aetzgelb u.s.w.) auf Halbwolle eingeschlagen. – Das Rezept für ein Druckschwarz mit ausgespartem Weiß auf oxydierter Wolle oder Halbwolle verlangt 800 g Leiogommelösung, 200 g salzsaures Anilin, 75 g Natriumchlorat, 130 g Ferrocyankalium, 260 g Wasser und 40 g Weinsäure. – Endlich dürfte das ganze Verfahren als besondere Errungenschaft für Glatt- und Bodenschwarz und Gloriastoff (halb Seide, halb Wolle) zu betrachten sein, da ein solches bisher nicht in zufriedenstellender Weise hergestellt werden konnte. Aber auch Aetzweiß und bunte Aetzfarben in anilinschwarzem Grund auf Gloria geben dankbare Druckartikel ab. Verfasser hat Gelegenheit gehabt, Muster von Gloria-, Halbwoll- und Ganzwollwaren zu sehen, die in ausländischen Fabriken nach dem Kallabschen Verfahren hergestellt worden sind und durch den scharfen Druck der Aetzfarben, durch reines Weiß, lebhaftes Kolorit und tiefes Deckschwarz den besten Eindruck machten.


Literatur: [1] Franz. Patent Nr. 57192 vom 28. Januar 1863. – [2] Bull. soc. chim., Paris 1864, t. 2, p. 416. – [3] Kielmeyer, Die Entwicklung des Anilinschwarz, Leipzig 1893. – [4] E. Nölting, Histoire du noir d'aniline, Mulhouse 1889. – [5] A. Lehne und E. Nölting, Anilinschwarz, Berlin 1892. – [6] Bull. soc. chim., Paris 1876, t. 25, p. 58. – [7] Bull. soc. indust., Mulhouse 1876, p. 310. – [8] Bull. soc. chim., Paris, t. 25, p. 58. – [9] Bull. soc. indust., Mulhouse 1876, p. 179. – [10] Compt. rend., t. 81, p. 408. – [11] F. Goppelsröder, Etudes électrochimiques des dérivés du benzol, Mulhouse 1876; ders., Elektrolytische Darstellung der Farbstoffe, Reichenberg i. B. 1885; ders., Farbelektrische Mitteilungen, Mülhausen 1889; ders., Studien über Anwendung der Elektrolyse zur Darstellung u.s.w. von Farbstoffen, Mülhausen 1891. – [12] Nietzki, Organische Farbstoffe, Berlin 1901. – [13] Kayser, Verh. d. Vereins z. Beförderung d. Gewerbfl., 1879, S. 217. – [14] Lehnes Färberzeitung 1890/91, Nr. 6. – [15] Journ. soc. of chemical Industry 1894, Nr. 5. – [16] Lehnes Färberzeitung 1891/92, Heft 1. – [17] Wagners Jahresbericht, 1871, S. 775. – [18] Chem. Zentralblatt 1871, S. 228. – [18] Dingl. Polyt. Journ., Bd. 203, S. 485.

(Kielmeyer) R. Möhlau

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 201-207.
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