[661] Arabische Sprache, eine der reichsten, gebildetsten, durch Verbreitung und Literatur merkwürdigsten Sprachen, bildet mit dem Sabäisch-Minäischen und dem nahe mit letzterm verwandten Äthiopischen zusammen den südlichen Zweig des semitischen Sprachstammes (s. Semiten). Zunächst war das Arabische nur die Sprache der Nordaraber; als indes die südarabische Kultur nach der Veränderung der alten Handelswege unterging, verdrängte es rasch die südarabischen Dialekte, und zur Zeit Mohammeds wurde bereits im größten Teil von Arabien arabisch gesprochen (über Reste des Südarabischen s. Minäer). Man muß unterscheiden das Schriftarabisch, das sich bereits vor dem Auftreten des Propheten als eine Art Kunst- oder Literatursprache in Arabien gebildet hatte, und das Vulgärarabisch, das dem Schriftarabischen vorauf- und später stets neben ihm hergegangen ist. Das Schriftarabisch, das jetzt schon anderthalb Jahrtausende umspannt, zeigt natürlich allerlei Spuren einer innern Entwickelung, bildet aber gleichwohl im ganzen eine feste Einheit. Vom Vulgärarabischen der ältern Zeiten ist uns nicht allzuviel überliefert worden. Im heutigen Vulgärarabischen unterscheidet man zahlreiche Dialekte, deren Gruppierung noch nicht feststeht. Genauer bekannt geworden sind bis jetzt das Maghrebinische (Nordwestafrikanische), Ägyptische oder richtiger Kairinische, Syrische, Mesopotamische, Omân-Arabische oder Sansibaritische und in neuester Zeit auch einige nördliche und südliche Dialekte der arabischen Halbinsel selbst. Höchst merkwürdig ist das aus Arabisch und Italienisch gemischte Maltesische, die Sprache der Insel Malta. Ausgestorben ist das Mozarabische, d.h. die Sprache der nach dem Fall der[661] arabischen Herrschaft in Spanien dort zurückgebliebenen Mauren. In Afrika ist dagegen das Arabische noch mit dem Islam im Vordringen begriffen. Einen redenden Beweis für die gebietende Stellung, welche die arabische Schriftsprache früher im Orient einnahm, liefert der Wortschatz der persischen Sprache, der ungefähr zu einem Drittel aus arabischen Wörtern besteht, die dann großenteils auch in das Türkische und Hindostanische übergegangen sind. Bis auf das Malaiische in Hinterindien erstreckte sich der Einfluß der arabischen Sprache in Asien, und selbst in die europäischen Sprachen sind manche arabische Wörter übergegangen, wie Admiral, Algebra, Alkalde, Alkali, Alkoven, Kattun, Zenit, Ziffern u.a. In grammatischer Beziehung, besonders hinsichtlich der Verbalflexion und Nominalbildung, ist die a. S. ungemein reich. Auch in betreff des Konsonantismus und Vokalismus überragt sie in vielen Stücken die übrigen semitischen Dialekte an Reichtum und Altertümlichkeit und ist daher für die vergleichende Grammatik und Etymologie der semitischen Sprachen von größter Wichtigkeit. Der Wortschatz ist geradezu erstaunlich, und besonders die Sprache der alten Dichtung hat eine Menge anderswo nicht gekannter Unterscheidungen aufzuweisen, so daß z. B. arabische Synonymiker 1000 Namen für »Schwert«, 500 für »Löwe« sammeln konnten u. dgl. Metrik und Reim erscheinen schon in den ältesten Denkmälern der Poesie vollständig ausgebildet. Die arabische Schrift ist aus der syrischen entstanden (die national-arabische, der äthiopischen ähnliche findet sich nur in den sabäisch-minäischen und verwandten Inschriften); die ältern Formen, die dem syrischen Estrangelo noch sehr ähnlich sehen, zeigen zwei Typen, einen rundern (auf den Omaijadenmünzen und auf in Ägypten gefundenen Papyrus) und einen eckigen (in den ältesten Koranhandschriften und auf den Abbasidenmünzen). Der letztere wird der kufische (von der Stadt Kufa) genannt; aus dem erstern ist die später und bis heute herrschende Schrift entstanden, das Neschi (d.h. Bücherschrift; s. unsre »Schrifttafeln der wichtigsten Sprachen«). Die arabische Schrift läuft wie fast alle semitischen Schriften von rechts nach links und besteht aus 29 Zeichen, die je nach ihrem Auftreten im Wort eine verschiedene Gestalt erhalten und auch Ligaturen bilden. Für die kurzen Vokale gibt es nur drei Zeichen (für a, i und u mit ihren Nuancen), und auch diese werden nur in gelehrten Werken geschrieben. Die arabische Grammatik und Lexikographie ist von den Arabern selbst im Zusammenhang mit dem Studium ihrer Literatur, besonders des Korans, sehr eifrig erforscht worden. Schon im 15. Jahrh. konnte der arabische Schriftsteller Sojuti (s. d.) über 2500 Grammatiker und Philologen namhaft machen. Vgl. Flügel, Die grammatischen Schulen der Araber (Leipz. 1862). An die vortrefflichen Vorarbeiten der einheimischen Grammatiker schloß sich die europäische Forschung eng an. Grammatiken lieferten in neuerer Zeit unter andern de Sacy (2. Aufl., Par. 1831, 2 Bde.), Ewald (Leipz. 183133, 2 Bde.), Caspari (5. Aufl., Halle 1887; englische Bearbeitung von Wright, 3. Aufl., Cambridge 189698, 2 Bde., gegenwärtig das Hauptwerk), Howell (Allahabad 1880 ff., 4 Bde.). Einzelne grammatische Fragen sind besonders von Fleischer, dem ersten Kenner der arabischen Grammatik, eingehend erörtert worden. Grammatiken der vulgärarabischen Sprache lieferten: für das Ägyptische Spitta (Leipz. 1880), Vollers (Cambridge 1895), Nallino (Mail. 1900); für den Omân-Dialekt Reinhardt (Stuttg. 1894); für das Tunisische und Tripolitanische Stumme (Leipz. 1896 u. 1898); für das Marokkanische Lerchundi (2. Aufl., Tanger 1889). Die Metrik stellten, freilich ungenügend, dar Ewald (Braunschw. 1825), Freytag (Bonn 1830). Die wichtigsten Wörterbücher sind die von Freytag (arabisch-lateinisch, Halle 183037, 4 Bde.) und das meisterhafte von Lane (arabisch-englisch, Lond. 18631893,9 Teile, leider unvollendet); sehr wertvoll ist auch Dozys »Supplément aux dictionnaires arabes« (Leiden 1881, 2 Bde.); bequem Belots »Vocabulaire« (Beirut 1883 u. ö.) und Havas »Dictionary« (das. 1899). Ein Konversationswörterbuch für die Reise gab M. Hartmann heraus (in »Meyers Sprachführern«, 2. Aufl., Leipz. 1895).
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