Basilĭka

[424] Basilĭka (griech., lat. vollständig basilica domus), ursprünglich Name großer, zu Gerichtssitzungen und Handelsgeschäften bestimmter Prachtgebäude. In Athen hieß so besonders der Amtssitz des Archon Basileus; doch erhielt Griechenland erst durch die Römer Basilikenbauten. Die erste B. wurde in Rom von Cato Censorinus am Forum zur Seite der Kurie 184 v. Chr. errichtet und Basilica Porcia genannt. Südlich hinter dem Forum lag die Basilica Sempronia, von Tiberius Sempronius Gracchus erbaut, an der Ostseite des Forums die Basilica Opimii, ein Werk des Konsuls Quintus Opimius von 151 v. Chr. Besonders prachtvoll war die Basilica Aemilia, von Ämilius Paullus auf der Nordseite des Forums ausgeführt. Dieser gegenüber stand die Basilica Julia an der Südwestecke des Palatin, von Julius Cäsar angefangen, von Augustus vollendet und zu den Sitzungen des Zentumviralgerichts bestimmt. In Pompeji stehen drei Basiliken von mäßiger Größe nebeneinander auf einer der schmälern Seiten des Forums (Fig. 1). Vitruv beschreibt die in Fano von ihm selbst erbaute B. Jene B. des Cato war ein oblonger Raum mit zwei Schmalseiten, deren eine, gegen das Forum gekehrt, die Front bildete, deren andre eine Exedra oder Apsisnische hatte. Der mittlere Raum war an allen vier Seiten mit zweigeschossigen Säulenstellungen umsäumt, jedoch nicht höher als die Umgänge. Vor der Fassade des Gebäudes lag ein flach gedeckter Portikus. Spätere Basilikabauten behielten[424] den Saalbau im Innern, schlossen daran aber mannigfache Zutaten, so einen doppelten Umgang mit Pfeilerarkaden (B. Julia), die Front kam oft an die Langseite, und die Apsis fiel weg. Die B. Ulpia hatte dagegen große Exedren an beiden Schmalseiten; noch mehr variiert ist die des Maxentius (von Konstantin vollendei), sie ist ganz gewölbt, mit zwei Apsiden, einer an der Schmal- und einer an der Langseite. Aus derselben Zeit stammt die seit 1846 hergestellte, für den evangelischen Gottesdienst eingerichtete B. zu Trier, deren 69 m langer, 31 m breiter und 30,5 m hoher Innenraum nördlich durch eine Apsis geschlossen und durch eine Doppelreihe von Fenstern erleuchtet ist. Die älteste Gestaltung der B., nämlich die Form aus den Zeiten der Republik, gewann dann eine weitere Fortbildung in der Architektur des Privathauses. Weil die große Anzahl der Schutzbefohlenen u. die Parteibesprechungen in den Häusern der Großen umfangreiche Räume erforderten, bestanden Pfeilerbasiliken in den Häusern, die den Plan der alten Porcia in der Hauptsache festhielten, während die öffentliche B. in der angegebenen Weise sich erweiterte und umgestaltete.

Fig. 1. Grundriß der Basilika zu Pompeji.
Fig. 1. Grundriß der Basilika zu Pompeji.

Da die ersten Christen ihren Gottesdienst in den Häusern und zwar in deren Basiliken abhielten, so kam es, daß nach dem Vorbilde der Basiliken die ersten christlichen Kirchen erbaut wurden; doch zeigt sich schon gegen Ende des 4. Jahrh., seit dessen. Beginn der Name B. für christliche Kirchen aufkommt, an den christlichen Basiliken eine eigentümliche und bedeutsame Umbildung der ursprünglichen Anlage, die ducch die Katakomben- und Cömeterial-(Begräbnis-) Kirchen veranlaßt worden ist, deren charakteristischer Bauteil die halbrunde Apsis war. Der Grundplan der alten B. ist beibehalten: ein oblonger Raum, der Länge nach durch zwei Säulenstellungen in drei Schiffe geteilt, von denen das mittlere, das Hauptschiff, die größere Breite hat und durch das neu hinzutretende Element, die Nische des Altars (jetzt Tribuna, Apsis, Absida, Concha genannt), abgeschlossen wird. Das Mittelschiff ist zugleich nicht nur breiter, sondern auch zu einer bedeutendern Höhe als die Seitenschiffe emporgeführt. Noch eigentümlicher gestaltet sich die Anlage der christlichen B., wenn vor der Altartribüne, nach der Breite des Gebäudes und aus dessen Seitenwänden hervortretend, ein Querschiff von der Höhe und Breite des mittlern Langschiffes angebracht ist, wodurch im Grundriß die Gestalt eines Kreuzes entsteht. Wo das mittlere Langschiff in das Querschiff mündet, ist eine große Bogenwölbung von der einen Wand zur andern geführt, die auf vortretenden kolossalen Säulen ruht und an den Pfeilern, mit denen die Säulenreihen der Schiffe hier abschließen, sowie an den Seitenwänden des Querschiffs ihr Widerlager finden. Dieser Bogen heißt, indem man einen heidnischen Namen auf die christliche Vorstellung vom Sieg Christi über den Tod, den das Sakrament des Altars feiert, übertrug, der Triumphbogen. Mehrfach haben die großen Basiliken, die mit einem Querschiff versehen sind, statt jener drei Langschiffe deren fünf, so daß sich dem höhern Mittelschiff auf jeder Seite zwei niedrigere Seitenschiffe anreihen. Das Äußere dieser im Innern mit prachtvollen Mosaiken geschmückten Basiliken war sehr einfach, und nur die in großen Dimensionen ausgeführten Fenster gaben ihm einige Abwechselung. Wirkungsreich ausgebildet erscheint die Anlage der Fenster, wenn sie von einer vorspringenden Bogenarchitektur umfaßt werden, wodurch die ganze Wand durch eine Stellung von Arkaden auf Pfeilern, in die die Fenster eingesetzt zu sein scheinen, aufgelöst wird. Auch die Fassade hat ähnliche Fensteröffnungen (s. Tafel »Baustile II«, Fig. 17 u. 18). In der Regel war vor den Kirchen, wenigstens vor den größern, ein Vorhof (Atrium oder Paradisus) mit einem Brunnen in der Mitte, der zum Reinigen der Hände, als Sinnbild der Reinigung der Seele, ehe man die Kirche betrat, bestimmt war (Fig. 2). Von da gelangte man in einen Vorraum, Narthex genannt, der zum Aufenthalt von Fremden, Büßern, Katechumenen u. dgl. m. diente. Unter dem Hauptaltar, der vor der Tribüne stand, befand sich in der Regel eine kleine unterirdische Kapelle, in der die Gebeine des Heiligen ruhten, von dem die Kirche den Namen führte. Die Form dieser Kapelle (Krypte, Confessio, Memoria) war ein einfaches Gruftgewölbe oder ein architektonisch ausgebildeter Raum. Kirchen dieser oder ähnlicher Art waren und sind zu Rom: San Giovanni im Lateran u. San Paolo außer den Mauern (s. Tafel »Architektur VI«, Fig. 1–3), Santa Maria Maggiore, San Clemente, San Pietro in Vincoli, Santa Sabina auf dem Aventin, Santa Maria u. San Crisogono jenseit des Tiber; zu Ravenna: Sant' Apollinare, von Justinian I. erbaut und sehr gut erhalten.

Fig. 2. Grundriß einer altchristlichen Basilika.
Fig. 2. Grundriß einer altchristlichen Basilika.

In neuerer Zeit hat König Ludwig von Bayern durch Ziebland eine B. (des heil. Bonifacius) im alten Stil zu München ausführen lassen. Auch die Jakobikirche in Berlin von Stüler und die Friedenskirche in Potsdam von Persius sind in diesem Stil erbaut. Vgl. »Die christlichen Basiliken Roms« (50 Tafeln von Gutensohn u. Knapp, mit Text von Bunsen; neue Ausg., Münch. 1864); Ouast, Die B. der Alten (Berl. 1845); Ze stermann, Sie antiken u. christlichen Basiliken (Leipz. 1847); Meßmer, Ursprung der B. (das. 1854); Weingärtner, Ursprung des christlichen Kirchengebäudes (das. 1857); Stockbauer, Der christliche Kirchenbau (Regensb. 1874); Kraus, Realenzyklopädie der christlichen Altertümer, Bd. 1 (Freiburg 1882); Dehio, Die Genesis der christlichen B. (Münch. 1883); Lange, Haus und Halle (Leipz. 1885); Holtzinger, Die altchristliche und byzantinische Baukunst (2. Aufl., Stuttg. 1899).[425]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 424-426.
Lizenz:
Faksimiles:
424 | 425 | 426
Kategorien:

Buchempfehlung

Mickiewicz, Adam

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz erzählt die Geschichte des Dorfes Soplicowo im 1811 zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloß verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz verliebt sich in Zosia. Das Nationalepos von Pan Tadeusz ist Pflichtlektüre in Polens Schulen und gilt nach der Bibel noch heute als meistgelesenes Buch.

266 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon