Euler [2]

[163] Euler, 1) Leonhard, Mathematiker und Physiker, geb. 15. April 1707 in Basel, gest. 18. Sept. 1783 in Petersburg, studierte in Basel Mathematik und erwarb schon 1723 den Magistergrad, studierte dann noch Theologie, orientalische Sprachen und Medizin. Für eine Abhandlung über die beste Art des Bemastens der Schiffe verlieh ihm 1727 die Pariser Akademie das Akzessit des Preises. Bald darauf wurde er nach Petersburg berufen, wo er als Adjunkt für die mathematischen Wissenschaften in die Akademie eintrat und 1730 die Professur der Physik, 1733 die der höhern Mathematik erhielt. 1741 wurde er von Friedrich d. Gr. nach Berlin berufen, wo er 1744 Direktor der mathematischen Klasse der Akademie wurde, aber 1766 kehrte er nach Petersburg zurück, wo er bald darauf erblindete. Seine schriftstellerische Tätigkeit erlitt jedoch hierdurch keine Unterbrechung, und bei seinem Tode hinterließ er die Manuskripte von 200 Abhandlungen, die nach und nach in den Schriften der Petersburger Akademie erschienen sind, ja 40 Jahre nach seinem Tod entdeckte man noch eine große Anzahl ungedruckter Arbeiten, die man in zwei starken Quartbänden als »Opera postuma« herausgegeben hat (Petersb. 1862). E. ist unter allen Mathematikern nicht nur einer der fruchtbarsten (der »Index operum L. Euleri« von Hagen, Berl. 1896, enthält 28 selbständige Werke und 768 Abhandlungen), sondern auch zweifellos der vielseitigste, der nicht nur alle damals bekannten Gebiete der Mathematik bearbeitet und durch zahlreiche Entdeckungen gefördert, sondern auch ganz neue geschaffen hat, wie z. B. die Variationsrechnung; außerdem hat er aber, wie niemand vor, geschweige denn nach ihm, alle nur denkbaren Anwendungen der Mathematik behandelt, auf die Mechanik (seine »Mechanica sive motus scientia«, Petersb. 1736, und seine »Theoria motus corporum solidorum«, Greifsw. 1765; deutsch von Wolfers, das. 1848–53, 3 Bde., sind noch heute höchst lesenswert), auf die Musik, auf die Optik (er wies zuerst theoretisch die Möglichkeit nach, die Farbenzerstreuung bei den Fernröhren wesentlich zu verringern, was den Engländer Dollond zur Konstruktion der ersten achromatischen Fernrohre führte), auf die Hydrodynamik, den Bau von Windmühlen und Schiffen, auf Ebbe und Flut, die Bewegung der Himmelskörper etc. Durch seine zahlreichen, vortrefflichen Lehrbücher (wir nennen noch: »Introductio in analysin infinitorum«, Lausanne 1748, 2 Bde.; deutsch von Michelsen, Berl. 1788–90, 2 Bde., und von Maser, das. 1885; »Institutiones calculi differentialis«, Berl. 1755, 2 Bde.; deutsch von Michelsen, Berl. 1790–98; »Institutiones calculi integralis«, Petersb. 1768–70, 3 Bde.; 3. Aufl. 1824–47, 4 Bde.; deutsch von Salomon, Wien 1828–30) hat er zur Erleichterung und Verbreitung des Studiums der höhern Mathematik ungeheuer viel beigetragen. Seine »Anleitung zur Algebra« (Petersb. 1770, 2 Bde.) zeichnet sich durch Einfachheit und Klarheit der Darstellung so aus, daß sie sogar in Reclams Universal-Bibliothek aufgenommen worden ist (Nr. 1801–1805). Noch populärer sind seine »Lettres à une princesse d'Allemagne sur quelques sujets de physique et de philosophie« (Petersb. 1768–72, 3 Bde.; deutsch von Joh. Müller, neue Aufl., Stuttg. 1853). Die Petersburger Akademie hat noch seine »Commentationes arithmeticae collectae« herausgegeben (1849, 2 Bde.). Vgl. N. Fuß, Éloge de Mr. Léon. E. (Petersb. 1783, Basel 1786); Rudio, Leonhard E. (Bas. 1884); »Die Baseler Mathematiker Daniel Bernoulli und Leonhard E.« (das. 1884).

2) Karl, Turnlehrer und Turnschriftsteller, geb. 8. Febr. 1828 zu Kirchenbollenbach im Regbez. Trier, gest. 15. Sept. 1901 in Berlin, studierte in Bonn und Berlin Geschichte und Philologie, wirkte 1854–60 als Lehrer in Schulpforta, widmete sich dann ganz dem Turnfach als Zivillehrer an der königlichen Zentralturnanstalt zu Berlin und war seit 1877 bis zu seinem Tod Unterrichtsdirigent der von dieser abgezweigten Turnlehrerbildungsanstalt. Er vermittelte die Überleitung des Turnbetriebs dieser Anstalt von dem schwedischen System Rothsteins zu einem die Richtung von Spieß möglichst mit der Jahnschen Auffassung vereinenden. Seit 1880 leitete er auch die vom Staat eingerichteten Kurse zur Ausbildung von Turnlehrerinnen. Von seinen Schriften nennen wir: »Verordnungen und amtliche Bekanntmachungen, das Turnwesen in Preußen betreffend« (mit Eckler, 3. Aufl., Berl. 1902); »Lehrbuch der Schwimmkunst« (mit Kluge, das. 1870), daneben: »Kleines Lehrbuch der Schwimmkunst« (das. 1891); »Turngeräte und Turneinrichtungen« (mit Kluge, das. 1872); »Das Jahndenkmal« (Leipz. 1874); »Der Unterricht im Turnen« (in der Neubearbeitung von Diesterwegs »Wegweiser«, Essen 1878); »Die Geschichte des Turnunterrichts« (in Kehrs »Geschichte der Methodik«, 2. Aufl., Gotha 1891); die Biographie Friedr. Ludw. Jahns (Stuttg. 1880), dessen Schriften er neu herausgab (Hof 1883 bis 1887, 3 Bde.); »Friedr. Friesen« (Berl. 1885); »Hans Ferd. Maßmann« (mit Hartstein, das. 1897); »Enzyklopädisches Handbuch des gesamten Turnwesens und der verwandten Gebiete« (Wien u. Leipz. 1894–96, 3 Bde.). Seit 1882 gab er mit G. Eckler die »Monatsschrift für das Turnwesen« heraus. Er veröffentlichte eingehende eigne »Lebenserinnerungen« in der »Deutschen Turnzeitung« (1899–1901). – Ein älterer Turnlehrer Karl E., geb. 16. Nov. 1809 in Trier, war Schüler Eiselens, wirkte seit 1837 als Turnlehrer in Breslau, Danzig, Königsberg, Köln, in Baden, Luxemburg, seit 1848 in Holland, seit 1860 in Brüssel, wo er 25. Aug. 1882 starb. Er schrieb unter anderm: »Deutsche Turnkunst« (Danz. 1840);[163] »Über die Notwendigkeit und die Art der Organisation des Militärturnwesens« (Köln 1845); »Die Aufnahme des Turnens durch den Staat« (Karlsruhe 1847).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 163-164.
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