[478] Bürgschaft (Fidejussio, nach älterem Römischen Recht mit drei Unterarten, der Sponsio, Fidepromissio u. Fidejussio im engeren Sinne), der Vertrag, durch welchen Jemand accessorisch zur Sicherheit des Gläubigers der Verbindlichkeit eines Anderen beitritt u. für solche mitzuhaften verspricht (Verbürgung). Die B. ist eine Art der Intercession u. erfordert zu ihrem Bestehen das Dasein einer für den Bürgen fremden, nicht ungültigen Hauptschuld, sowie die Übereinstimmung des Bürgen u. des Gläubigers wegen eventueller Übernahme derselben. Ihr Zweck ist größere Sicherheit des Gläubigers, u. ihre Wirkungen bestehen darin, daß der Bürge od. dessen Erbe zahlen muß, wenn der Hauptschuldner nicht zahlt, od. der Gläubiger wenigstens es für sicherer u. gerathener hält, sich an den Bürgen zu halten. Diese Verpflichtung dauert, so lange die Hauptschuld besteht; der Gläubiger macht dieselbe mit der Bürgschaftsklage (Actio fidejussoria ex stipulatu) geltend, u. zwar hat dabei der Bürge, wenn er die B. schlechthin übernahm, dem Hauptschuldner auch alle Nebenleistungen, wie Zinsen, Proceßkosten etc. zu gewähren. Dagegen kommt jede Befreiung des Hauptschuldners auch dem Bürgen zu Statten, u. es kann daher der Bürge dem Hauptgläubiger alle Ausflüchte, die dem Hauptschuldner zustehen, wie die Einrede der bereits geschehenen Zahlung, der Verjährung, einer eingetretenen Resolutivbedingung etc., mit gleicher Rechtswirkung entgegenstellen. Nur die rein persönlichen Einreden des Hauptschuldners, wie z.B. ein privilegirter Gerichtsstand, kommen dem Bürgen nicht zu Statten. Dagegen sind ihm aus eigenem Rechte noch drei besondere Rechtswohlthaten (Tria beneficia fidejussorum) gegeben: a) Beneficium excussionis s. ordinis, d.h. das Rechtzuverlangen, daß zunächst der Hauptschuldner ausgeklagt u. der Bürge erst dann angegriffen werde, wenn von dem Ersteren Nichts zu erlangen ist; b) Beneficium divisionis, der Theilung, wonach, wenn mehrere solvente Mitbürgen vorhanden sind, der Hauptgläubiger Jeden zunächst nur pro rata belangen darf; u. c) Beneficium cedendarum actionum, der Klagabtretung, auf Cession der Klagen des Gläubigers wider den Hauptschuldner u. die Mitbürgen. Hat der Bürge durch Zögerung des Gläubigers den Verlust der Ausübung dieser Rechtswohlthaten zu befürchten, so hat ihm die Praxis noch das Recht eingeräumt, denselben zur Anstellung seiner Klage zu provociren (s. Provocation). Ob übrigens der Bürge, abgesehen von dem Gebrauche des Benef. ced. actionum, wegen der Bezahlung der Hauptschuld einen Regreßanspruch gegen den Hauptschuldner habe, richtet sich ganz nach dem Vertrage, welcher wegen der Übernahme der B. zwischen ihm u. dem Hauptschuldner abgeschlossen ist. Dem Bürgen kann zu seiner Sicherheit in dieser Beziehung wieder ein Bürge gestellt sein, welcher dann Rückbürge heißt. Einer besonderen Beschränkung unterliegen nach Römischem Recht noch die B-en u. überhaupt alle Intercessionen der Frauenspersonen. Durch ein Senatusconsultum Vellejanum wurde allen Frauenzimmern gegen Klagen, welche aus einem Intercessionsgeschäft wider sie angestellt werden, eine Exceptio scti. Vellejani gegeben, welche jede Forderung mit wenig Ausnahmen aus dem Geschäft unwirksam macht. Justinian bestimmte, daß überdies jede Intercession einer Frau nur dann Gültigkeit haben sollte, wenn dieselbe durch eine öffentlich abgefaßte Urkunde bekräftigt sei; Intercessionen von Ehefrauen aber werden durch die Authentica si qua mulier (s.d.) unbedingt verboten. Die Praxis hat indessen diese an sich in ihrem gegenseitigen Verhältniß nicht unbestrittenen Bestimmungen vielfach gemildert u. insbesondere Intercessionen solcher Frauen, bei denen die Intercession in die Sphäre eines von ihnen betriebenen öffentlichen Gewerbes fällt, sowie bei gerichtlich erklärtem Verzicht auf die Exceptio scti. Vellejani u. die Auth. immer zugelassen. Neuere Gesetze haben dies noch mehr ausgedehnt u. verlangen entweder nur einige Förmlichkeiten, wie z.B. eine vorausgegangene gerichtliche Belehrung, od. haben die ganze Beschränkung aufgehoben. Im öffentlichen Recht kommt die B. bes. in der Stellung[478] von Leibbürgen (Obsides, Geißeln) für die Sicherung von Staatsverträgen, Waffenstillständen etc. vor. Im Proceß dient die B. dazu, um das Erscheinen einer Partei vor Gericht zu sichern u. die sonst dabei vorkommenden Cautionsverbindlichkeiten (s.d.) zu erfüllen. Vgl. Girtanner, Die B. nach gemeinem Civilrecht, Jena 1850 f.; W. Platner, Die B., Lpz. 1857.