Guatemāla

[750] Guatemāla (Guatimala), 1) ehemals (bis 1821) spanisches Generalcapitanat, so ziemlich das gesammte Centralamerika (s.d. Geogr. u. Gesch.) umfassend; 2) bis 1839 der Gesammtname der centralamerikanischen Föderativ-Republik (Estados Federados de Centro America), welche die Staaten G., Honduras, Nicaragua, San Salvador u. Costa Rica bildeten; 3) jetzt unabhängige Republik, u. zwar der größte u. bevölkertste Staat Centralamerikas; 5000 QM., grenzt an Mexico, den britischen Hondurasdistrict, die Hondurasbai, die Republik Honduras, an San Salvador u. an den Stillen Ocean, liegt größtentheils auf dem Cordillerenplateau von G. (s. Cordilleren 2) f, von tiefen fruchtbaren Thälern durchschnitten, im Westen viele Vulcane; Flüsse: Rio Grande (Rio Montegua) u. Rio Cohaben; Klima auf der Hochebene ziemlich gemäßigt, in der Tiefebene heiß u. feucht; Boden überall sehr fruchtbar, auf der Hochebene große Savannen u. Urwälder, in der Tiefebene höchst üppige Vegetation. Producte: Mais, Weizen, Tabak, Kaffee, Cacao, Zucker, Gummata, Edel- u. Farbehölzer, Damhirsche, Affen, Pumas (amerikanische Tiger), Papageien, Cochenille (einer der Hauptausfuhrartikel), Austern; Bevölkerung 1852: 970,450 Ew., worunter kaum der vierte Theil spanischer Abkunft (Creolen), die Übrigen sind Indianer u. Mischlinge (Ladiños genannt, d.i. sich zur Lateinischen [Römisch-Katholischen] Kirche bekennend, überhaupt so v.w. kluger Mann), welche zum größten Theil civilisirt u. getauft sind, Neger (ehemalige Sklaven) gegen 1000; Verfassung (vom Jahre 1851). die Executivgewalt ruht in den Händen eines Präsidenten, welcher von einer Generalversammlung (der Gesetzgebenden Versammlung, dem Metropolitan-Erzbischof, den Mitgliedern des Obersten Gerichtshofes u. des Staatsraths) auf vier Jahre gewählt wird u. wieder wählbar ist; die Gesetzgebende Gewalt hat eine vom Volk gewählte, aus 59 Abgeordneten bestehende Kammer; die Religion ist frei, doch nur der Römisch-katholischen Kirche der öffentliche Gottesdienst gestattet; dieselbe steht unter einem Erzbischof u. drei Bischöfen; der Schulunterricht ist gänzlich in den Händen der Geistlichkeit; stehendes Heer: 3200 Mann, Bürgermiliz: 13,000 Mann; Finanzen von 1856–57: Einnahmen: 1,040,144 Pesos, Ausgaben: 1,024,358 Pesos; innere Schuld 700,000 Pesos, äußere Schuld: 500,000 Pesos; Handel im J. 1857: Einfuhr: 1,136,517 Pesos, Ausfuhr: 1,615,388 Pesos; Eintheilung in 17 Departements; Hauptstadt: G. la Nueva (Neu-Guatemala); Münzfuß: man rechnet nach Pesos zu 8 Reales à 4 Cuartillos à 2 Clacos à 11/2 Granos; geprägt sind in Silber: Pesos (Dollars), Pesados (zu 2 Reales), 1, 1/2, u. 1/4 Reales, 1 Peso zu 416 Troygrains bei 870 Tausendtheil Feingehalt u. daher 971/2 Cents der Vereinigten Staaten ungefähr 1 Thlr. 9 Sgr. bis 1 Thlr. 10 Sgr. Wechselcurse auf London: 5 Pesos zu 1 Pfund Sterling, der Curs in Procenten; Münzen, Maße u. Gewichte die spanisch-castilischen. – Die frühere Geschichte s.u. Centralamerika Nachdem 1845 der Unionsvertrag der centralamerikanischen Staaten aufgehoben worden war, erklärte sich G. durch das Decret vom 21. März 1847 als unabhängige Republik; General Rafael Carrera (ein Mestize) wurde Präsident, verbesserte die Verwaltung, steigerte die Einnahmen u. hob den Handel u. Verkehr. Bei einer im October 1847 ausgebrochenen Revolution proclamirte Pater Lobos die Monarchie, u. die auf 1000 Mann angewachsenen Bewaffneten der Insurgenten schlugen im Februar 1848 die Regierungstruppen bei Santa-Cruz; die Insurrection wurde zwar noch 1848 unterdrückt, doch kamen einzelne Aufstände noch bis 1850 vor. 1850 kam es wegen Grenzstreitigkeiten zwischen G. einer- u. Salvador u. Honduras andererseits zum Krieg, der durch die Niederlage der Letzteren den 21. Januar 1851 bei San José beendigt wurde. Am 19. October 1851 gab sich G. eine neue noch jetzt giltige Verfassung; Carrera wurde wieder u. zwar auf Lebenszeit Präsident. 4) Departement darin 500 QM., 89,500 Ew. 5) (Antigua-Guatemala, Alt-Guatemala, Ciudad-Vieja), Hauptort der Provinz Saealtepeque, einst Hauptstadt des Generalcapitanats G., mit 40,006 Menschen, in dem reichen Thale von G., die jedoch bis auf 8000 Ew. nach G. la nueva auswanderten; in der Nähe die furchtbarsten Vulkane. – G. wurde 1527 von Pedro de Alvarado, dem Eroberer des Landes, unter dem Namen San Jago de los Caballeros de G. gegründet u. schon 1541 von dem nahen Vulkan Agua zerstört; darauf zwei Stunden weiter wieder aufgebaut, hatte es 1558 u. 1601 von Epidemien u. 1565–1773 zehn Mal von starken Erdbeben u. sehr oft von den nahen Vulkanen zu leiden, bis es endlich vom 3. bis 7. Juni 1773 durch Lavaströme u. Ausbrüche siedenden Wassers[750] aus den nahen Vulkanen verheert u. zuletzt durch ein Erdbeben gänzlich zerstört wurde. Blos 8000 Indianer blieben zurück, die anderen Einwohner verließen es u. gründeten 1774 Neu-Guatemala; seit 1821 Hauptstadt von Centralamerika. 13. April 1829 im Kriege gegen St. Salvador wurde es von Morazan eingenommen, s. Centralamerika (Gesch.) u. Südamerikanischer Freiheitskrieg. 6) (La Nueva G. de la Asuncion de nuestra Señora, Neu-Guatemala), Hauptstadt des gleichnamigen Staates, Sitz der Centralbehörde u. eines Erzbischofs, am Flusse u. im Thale Vacas; 4 Kirchen, 12 Klöster, 4 Hospitäler, Universität (1676 gestiftet), Ökonomische Societät, Akademie der schönen Künste, 2 Lateinische Schulen; Gewerbthätigkeit in Baumwolle, Töpferei, Indigo etc.; Stapelplatz des Handels von ganz Mittelamerika; der Hafen Puerto Libertad, in der Mündung des Vacas, Münze, Zollhaus, 11/2 Meile langen Aquäduct; 50,000 Ew. Auch Neu-Guatemala wurde schon mehrmals von Erdbeben heimgesucht, namentlich im Februar 1830.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 750-751.
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