Hydraulik

[656] Hydraulik (v. gr., eigentlich die Lehre von den Wasserorgeln), umfaßte nach dem früheren Sprachgebrauch[656] alle Lehren über die Bewegung tropfbar flüssiger Körper. Gegenwärtig unterscheidet man jedoch Hydrodynamik, zu welcher man den theoretischen Theil der Lehren rechnet, so weit derselbe sich aus den bisher bekannten Gesetzen der Cohäsion flüssiger Körper, der Adhäsion derselben an den festen Gefäßwänden u. den allgemeinen Gesetzen der Bewegung ableiten läßt; u. Hydraulik, in welcher die technische Anwendung, welche man von der Bewegung des Wassers macht, gelehrt wird. Zur H. gehört unter andern die Wasserbaukunst, d.h. die Kunst, Länder durch Wasserbauten gegen Überschwemmung zu sichern, Strom- od. Seeufer gegen die Gewalt des Wassers zu erhalten, zweckmäßige Kanäle für die Schifffahrt anzulegen, versumpfte Gegenden zu entwässern; ferner die Kunst, Wasser durch Schöpfräder od. Pumpwerke zu heben, Wassermühlen zu construiren u. die Wirkung der Wasserräder zu beurtheilen, den Reichthum von Quellen zu untersuchen u. dgl. Bei vielen dieser Untersuchungen ist es die größte Wichtigkeit, die Geschwindigkeit des Fließwassers zu erkennen, welche in der Mitte u. an den Ufern, an der Oberfläche u. in der Tiefe eine verschiedene ist. Dazu dienen eigene Instrumente (Strommesser). Um die Geschwindigkeit eines Stroms auf der Oberfläche zu messen, bedient man sich schwimmender Körper, die durch angehängte Gewichte eintauchen u. oben mit einer über das Wasser emporstehenden Fahne versehen sind. Um die Geschwindigkeit des Stroms an einer bestimmten Stelle zu messen, kann ein leichtes Rad dienen, dessen Achse, wenn es sich dreht, einen Faden aufwickelt, so daß man die Umdrehungen zählen kann; denn ist die Achsenreibung sehr gering, so wird die Mittellinie der kleinen Schaufeln fast genau mit der Geschwindigkeit des Wassers sich bewegen. Das einfachste Instrument, die Geschwindigkeit in der Tiefe zu messen, ist die Pictotsche Röhre, eine unten rechtwinkelig gebogne Röhre, die mit ihrem horizontalen Schenkel der Richtung des Stroms entgegen gestellt wird; der obere über das Wasser hervorragende Theil der Röhre muß von Glas sein. Aus der Höhe, bis zu welcher das Wasser in der Röhre gestiegen ist, schließt man auf die Geschwindigkeit des Wassers. Ein anderes Instrument für den angegebenen Zweck ist der Stromquadrant; ein in den Fluß gehendes Pendel wird um einen desto größern Winkel von der senkrechten Linie abweichen, je größer die Geschwindigkeit des Wassers ist, jedoch ist die Geschwindigkeit nicht den Winkeln selbst, sondern deren Tangenten proportional. Bes. bestimmt man die Geschwindigkeit des strömenden Wassers durch Wellmanns Hydrometrischen Flügel- od. Windmesser, beschrieben in Wellmanns Theorie u. Gebrauch des Hydrometrischen Flügels. Der Stoß des Wassers auf einen Gegenstand ist am stärksten, wenn er senkrecht darauf gerichtet ist, u. gleich dem Product der anstoßenden Wassermasse u. der Geschwindigkeit des Wassers. Bei einem nicht senkrechten, sondern geneigten Stoße verhält sich die Kraft des Stoßes wie das Quadrat des Sinus des Neigungswinkels. Daher leidet ein Ufer desto weniger vom Stoße des Wassers, je mehr es Böschung hat. Bei einem Stoße auf das Wasser ist der Widerstand desselben desto größer, je heftiger der Stoß u. je geneigter die Linie ist, in welcher der Stoß erfolgt; daher kann man auf dem Wasser Holz spalten, u. eine sehr schräg auf die Wasserfläche geschossene Kugel springt wieder in die Höhe. Vgl. Ubaldi, Über die Archimedische Wasserschraube; Belidor, Architectura hydraulica, Par. 1737–1753, 4 Bde. (deutsch Augsb. 1764, Fol); Bernhard, Neue Grundlehren der H., aus dem Französischen von Langsdorf, Gießen 1790; Bossut, Lehrbegriff der Hydrodynamik, aus der Französischen von Langsdorf, Frkf. 1791, 2 Bde.; Langsdorf, Lehrbegriff der H., nebst Fortsetzung derselben, Altenb. 1794 u. 1796; Buat, Grundlehren der H, übersetzt von Kosmann, mit Zusätzen von Eytelwein, Berl. 1796, 2 Thle.; Prony, Neue Architectura hydraulica, aus dem Französischen übersetzt von Langsdorf, Frkf. 1794; Venturi, Recherches expérimentales sur le principe de la communication latérale du mouvement dans les fluides, Par. 1797, u. III.; Eytelwein, Lehrbuch der Mechanik u. der H., Berl. 1801: Weisbach, Experimentalhydraulik, Freib. 1855.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 656-657.
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