Kaschmirshawls

[356] Kaschmirshawls, wollene Tücher, bes. Umschlagtücher, aus Tibet u. Kaschmir, aus Kaschmirwolle u., um das Haar zart zu erhalten, unter der Erde gewebt. Die Stühle dazu bestehn aus einem Rahmen, vor welchem drei Arbeiter auf einer Bank sitzen. Diese arbeiten mit langen, schmalen, schweren Schiffchen, bei bunten Mustern mit so viel hölzernen Nadeln, als Farben vorhanden sind. Je mehr Figuren hineingewebt werden sollen, desto langsamer geht die Arbeit, so daß bei den schönsten K. drei Arbeiter in einem Tage oft nicht mehr als 1/4 Zoll fertigen, daher in einem Jahre oft nur einen K. vollenden, während bei geringern Shawls zwei Arbeiter 6–8 in einem Jahre liefern. Die feinern werden in einzelnen Stücken auf mehrern Stühlen gefertigt, daher die Figuren selten gleich groß ausfallen. Meist läßt ein Kaufmann mehrere Weberstühle arbeiten u. setzt einen Werkmeister (Ustad) über jeden, der die Muster u. Farben nach Modellen angibt. Die Weber arbeiten in ihren Wohnungen. Die gefertigten Shawls werden auf dem Zollhause gestempelt u. nach ihrem Werth verzollt. Ausfuhr jährlich 80,000 Stück. Meist werden sie über Constantinopel, doch auch über Rußland, Bengalen u. England ungewaschen bezogen. Ihr Werth besteht in der Zartheit des Stoffes (einen echten K. ersten Ranges kann man durch einen Fingerring ziehen), in ihrer langen Dauer, in der Schönheit u. Feinheit ihrer Farben u. in der Eleganz ihrer Muster. K. mit aufgenähten Kanten sind nicht so theuer wie die aus dem Ganzen gewebten, bei denen noch das Vorhandensein od. die Größe u. die Breite der palmblätterförmigen Verzierungen (Palmetten) sehr viel zu der Bestimmung des Preises beitragen. Ein echter K. von geringerer Güte kostet 50–300 Thlr., von erster Qualität 800–1000 Thlr., auch noch mehr. Man fertigt auch in Hindostan u. in der Türkei den K. nachgebildete Shawls von sehr seiner Schafwolle vom Kaukasus u. nennt solche geringere türkische Shawls (das Stück 7–15 Thlr.) Bagdadshawls. In Europa hat man auch dgl. Shawls aus eingeführter Kaschmirwolle od. aus seiner Schafwolle nachgeahmt. Das Grundgewebe ist vierschäftiger Köper, die vielfarbigen Muster erzeugt man durch Broschiren od. Lanciren (s. b.) mit mehrfarbigem Schuß (Figurenschuß). 1819 führte Ternaux in Paris Kaschmirziegen von Hochasien in Frankreich ein, die jedoch nicht das erwartete Resultat gaben, obgleich er Anfangs mit anderer seiner Wolle gemischt die sogenannten Ternaux-Shawls webte.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 356.
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