Palmen [1]

[581] Palmen (Palmae), Pflanzenfamilie aus der Klasse der Principes u. der Section der Umsprosser (Amphibrya). Der Stamm der P. ist, ausgenommen wenige Arten, z.B. die Ägyptische od. Dumpalme (Cucifera thebaica s. Hyphaene crinita), unverästelt u. zeigt in seinem Innern keine Jahresringe, sondern zerstreute Gefäßbündel, ist gewöhnlich stielrund u. durch Blattnarben od. die stehenbleibende scheiden- od. schuppenartige Blattbasis in Glieder getheilt. Die Blätter, sich aus einer Endknospe des Stammes jährlich erneuernd u. mit halb umfassenden, oft bedornten Stielen spiralig um die Knospen geordnet, haben eine ganzrandige flache, od. seitlich zerschlitzte, gefiederte od. fächerförmige Platte, u. durch ihr Abfallen während der Entwickelung der neuen Krone aus der Endknospe wird eben der Stamm narbig, schuppig od. dornig, indem sie da, wo sie hervorkommen, entweder eine Narbe od. die Basis des Stieles zurücklassen. Die Blüthenträger kommen immer aus einer großen Blattscheide als Kolben[581] od. verzweigt. Die Blüthen sind oft von Deckblättchen gestützt u. oft sehr zahlreich, so daß eine Scheide, z.B. der Dattelpalme, an 12,000 enthält, u. auf einem einzigen Exemplare der Mandelpalme (Alfonsia amygdalina) können an 600,000 Blüthen hervorkommen. Das Pistill ist frei, mit drei- od. einfächerigen Fruchtknoten, in ersterem Falle mit 1, in letzterem Falle mit vielen Eierchen. Griffel einfach od. fehlend, Narben hat das Pistill 1 od. 3. Außerdem finden sich in der Blüthe meistens 6 zweifächerige Staubbeutel auf freien od. in eine Röhre verwachsenen Staubfäden. Übrigens sind die Blüthen meist ein- od. zweihäusig getrennten Geschlechtes, doch kommen auch Zwitterblüthen vor. Die Frucht ist meist eine fleischige od. fächerige Steinfrucht, mit knochenhartem, dickem od. auch dünnem ein- od. dreifächerigem Kernhause, seltener eine Beere. Die Samen stehen aufrecht, mit einem sehr großen knorpeligen od. hornartigen Eiweißkörper. Die Form des Stammes ist verschieden, bald kurz u. dick, bald lang u. dünn, bald walzenrund, bald in der Mitte dicker als oben u. unten; bes. ist aber gewöhnlich bei den P. ihre bedeutende Größe auffallend, so wird z.B. die Wachspalme (Ceroxylon s. Iriartea andicola) 160–180 Fuß lang, ist in der Mitte stärker u. hat 9–20 Fuß lange zusammengesetzte Blätter. Bei denen, welche auf der Erde hinkriechen od. sich an Bäumen hinaufschlingen, wie das Spanische Rohr (Calamus), erreicht die Länge sogar bis 300 Fuß. Auch die Blätter der P. erreicheneine bedeutende Größe, werden oft 14–16 F. lang u. die der Fächerpalme (Borassus flabelliformis) sind mehr als 8 F. breit. Innerhalb der Grenzen des heißen Erdgürtels sind die P. die für den Menschen wichtigste Pflanzenfamilie, indem sie demselben fast alle Bedürfnisse des Lebens befriedigen, s. bes. Dattelpalmen. Der aufsteigende Saft gibt abgezapft ein erquickendes weinartiges Getränk (Palmenwein), welcher sich jedoch nur ganz kurze Zeit hält, u. in Höhlungen des Stammes verdickt einen guten Honig. P. wuchsen im Alterthum in allen südlichen Ländern, u. bes. war Judäa durch seine P. berühmt, vorzüglich die Umgegend von Jericho, welche daher auch Palmenstadt hieß. Sie dienten den Alten zu mehren Symbolen; in Ägypten war sie Symbol des Jahrescyclus, weil sie alle Monate neue Zweige ansetzt; dem Sieger wurden P. als Symbol des Sieges gereicht u. vorausgetragen, u. noch jetzt gilt ein Zweig der Cocospalme u. bes. der Nipa fruticans als Bild des Friedens u. der Freundschaft, weshalb man in Ostindien Geschenke der Freundschaft mit Palmenzweigen schmückt. Auch der Tod galt in den späteren christlichen Zeiten als Sieg über das Erdenleben, u. die P. galten daher auch als Symbol des ewigen Friedens. Die Neger von Rio Grande betrachten das Palmenreis, welches ihr Oberhaupt trägt, als Zeichen der Herrschaft. Überhaupt gilt es auch als Symbol des Lebens u. der Kraft, der Weisheit u. der Freigebigkeit, der Fruchtbarkeit u. des Jahres u. seines Umlaufes, daher sich die alten Römer am 1. Januar gegenseitig mit P. beschenkten. Endlicher theilt die Palmengattungen in folgende 5 Tribus: A) Arecinae: die Gattungen Chamaedorea, Hyospathe, Morenia, Kunthia, Hyophorbe, Leopoldinia, Euterpe, Areca, Iriartea, Arenga, Caryota u.a.; B) Lepidocaryinae: a) pinnatifrondes: Calamus, Sagus, Metroxylon u.a.; b) flabellifrondes: Mauritia u. Lepidocaryum; C) Borassinae: a) flabellifrondes: Borassus, Latania, Hyphaene u.a.; b) pinnatifrondes: Bentinckia, Geonoma, Manicaria u.a.; D) Coryphinae, Subtribus a) Sabalinae: Corypha, Livistona, Licuala, Brahea, Copernicia, Sabal, Chamaerops, Rhaphis, Thrinax u.a.; b) Phoenicinae: Phoenix; E) Cocoinae: a) aculeatae: Desmoncus, Bactris, Guilielma, Martinetia, Acrocomia, Astrocaryum; b) inermes: Attalea, Elaeis, Cocos, Syagrus, Diplothemium, Maximiliana, Jubaea u. Orbignya. Die Gattungen der vorweltlichen, s. Palmaciten. Vgl. Martius, Genera et species palmarum, München 1823–45, 3 Bde.; Berthold Seemann, Populäre Naturgeschichte der P., deutsch bearbeitet voll Bolle, Lpz. 1857.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 581-582.
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