Schnellpresse

[352] Schnellpresse (Druckmaschine), eine in Buchdruckereien gebrauchte Maschine, welche durch Menschen- od. Dampfkraft, od. auch durch Calorische Maschinen getrieben wird u. auf welcher Bücher od. sonstige Drucksachen mit geringerem Aufwand von Zeit u. Geld, als auf den gewöhnlichen Buchdruckerpressen, gedruckt werden. Schon früh bemühte man sich, bes. in England, Maschinen zu erfinden, welche die an den[352] gewöhnlichen Pressen nöthige Menschenkraft entbehrlich machten, indessen brachte man es lange nicht weiter, als zu einer Verbesserung der gewöhnlichen Pressen, zu eisernen (vgl. Buchdruckerpresse). Den ersten Entwurf einer selbstwirkenden S. veröffentlichte der Brite William Nicholson; er nahm 1790 auch ein Patent darauf, doch führte er seine Idee nie aus. Nicholson wollte die Typen nicht in einer Ebene, wie bei den gewöhnlichen Druckformen, sondern auf einer Cylinderfläche zusammensetzen; eine zweite Walze sollte die Druckschwärze auftragen u. eine dritte mit Tuch überzogene Walze sollte den Bogen gegen die Typenwalze drücken u. so den Abdruck bewirken. Im Jahre 1803 faßte der deutsche Buchdrucker Fr. König (s.d. 9) aus Eisleben, ohne mit Nicholsons Projecten bekannt zu sein, den ersten Plan zu seiner Erfindung; nach vergeblichen Versuchen in Suhl, Wien u. Petersburg wandte er sich nach England u. fand 1806 an dem Buchdrucker Bensley in London einen Theilnehmer zu seiner Erfindung. Die erste Presse wurde 1810 fertig, König nahm ein Patent darauf u. im April 1811 wurde der Bogen H des Annual Register for 1810 in 3000 Exemplaren darauf gedruckt. Diese Maschine war der gewöhnlichen Presse noch sehr ähnlich, wurde aber von Dampf getrieben. Jetzt erst faßte König den Plan mittelst eines Cylinders zu drucken; er vereinigte sich mit dem Mechanikus Bauer aus Stuttgart u. aus ihrer Werkstätte ging im December 1812 die erste solche Maschine hervor; sie druckte 1250 Bogen in der Stunde u. druckte zuerst die Bogen G u. X von Clarksons Life of Penn. Sofort wurden für die Times zwei S-n bestellt u. auf diesen zuerst am 28. Novbr. 1814 diese Zeitung gedruckt. Seit 1817 werden diese S-n unter der Firma König u. Bauer in Oberzell bei Würzburg verfertigt. Etwa gleichzeitig mit König, im Jahre 1813, machten die Engländer Donkin u. Bacon den Versuch eine S. zu bauen, bei welcher sie die Formen auf einem sich drehenden Prisma anbrachten; Cowper dagegen construirte 1815 S-n, bei denen die flachen Druckformen durch gebogene, auf einem Cylinder befestigte Stereotypplatten ersetzt waren. Die innere Einrichtung der S-n ist sehr verschieden, namentlich kann der Karren mit der Schriftform auf sehr verschiedene Weise hin u. her bewegt werden. Die einfache S. ist von Eisen u. wird durch einen Arbeiter, welcher an einem Schwungrad dreht, od. auch durch eine Dampfmaschine in Bewegung gesetzt. Die Schrift wird in gewöhnlichen Lettern gesetzt, in einer Schriftform befestigt u. diese von der Maschine horizontal hin u. zurück bewegt. Über der Form sind Walzen angebracht, welche die Schwärze aus einem Behälter entnehmen, durch Umdrehung auf ihrer Oberfläche verbreiten u. sie auf die darunter liegende Form auftragen. Der zu druckende Bogen wird von einem Knaben auf eine früher mit Schnüren u. Bändern bespannte, jetzt aus durchbrochenem Eisenblech bestehende Fläche gelegt; die Maschine steht so lange still, bis der Bogen darauf gelegt ist. Mehre endlose Bänder schlingen den Bogen hierauf um eine große u. schwere eiserne Walze, welche den Druck bewirkt, wenn die Form darunter hinweggeht. Der auf einer Seite bedruckte Bogen löst sich hierauf von der Walze ab u. wird von einem andern Knaben in Empfang genommen, die zurückkehrende Form aber von den Farbewalzen von Neuem geschwärzt. Eine gewöhnliche Presse liefert binnen einer Stunde mit zwei Arbeitern 250 Abdrücke, die einfache S. liefert dagegen in der Stunde 12–1400 Abzüge u. bedarf dazu nur zwei Burschen zum Auflegen u. Abnehmen der Bogen, einen Arbeiter zum Drehen des Rads u. einen Aufseher (Maschinenmeister), welcher zugleich die, nur wenig gefeuchteten Bogen auswirft. Die ebenfalls von König erfundene doppelte S. dagegen druckt zwar den Bogen auch nur auf einer Seite auf einmal, jedoch mit zwei Druckcylindern abwechselnd, u. daher mit doppelter Schnelligkeit, u. braucht zwei Burschen zum Auflegen u. zwei zum Abnehmen der Bogen; diese fertigt 2400 Abdrücke in der Stunde. Die 1814 von König entworfene u. 1816 vollendete vollständigere Maschine (Schön- u. Wiederdruckmaschine) endlich hat zwei Druckcylinder u. zwei Formen u. druckt den Bogen auf beiden Seiten u. liefert 900–1000 Bogen, also 1800–2000 Abzüge in einer Stunde. Letztere braucht vier Burschen zum Auflegen u. Abnehmen der Bogen. Eine vierfache S. construirte Sigl in Berlin; eine andere für die Times 1831 Applegath u. Cooper; seit 1848 aber wird die Times auf einer ebenfalls von August Applegath aus Dartford construirten S. gedruckt, bei welcher der Satz auf einem von 8 Druckcylindern umgebenen u. somit 8 Bogen zugleich druckenden, aufrecht stehenden u. sich stetig umdrehenden Cylinder (daher Circular-S.) befindlich ist u. welche stündlich 10,000 bis 12,000 Abzüge liefert. Auch Maschinen zum zweifarbigen Druck auf einmal, bes. zum Kalenderdruck, gibt es. Bei allen S-n, welche den Bogen in unmittelbarer Folge auf beiden Seiten bedrucken, ist es schwer, daß die Maschine streng Register hält, d.h. daß die Columnen des Schön- u. Wiederdrucks vollständig auf einander passen; diese Aufgabe wurde zuerst von Applegath, dem Theilnehmer Cowpers, praktisch gelöst, indem er den Bogen zwischen schmalen leinenen Bändern von einer Druckwalze zur anderen führte. Die König u. Bauersche S. (Bensleys S., nach dem Buchdrucker, in dessen Offizin sie zuerst wirkte u. welcher die Erfinder mit Geld unterstützte, genannt) wurde in England von Parkin, Bold, Middleton, Sharp, Main, Brigthley, Rutt, Winch, Tooper u. Miller, Congreve, Wood u. bes. von Napier u. Hansard nachgeahmt u. verbessert; in Deutschland Helbig u. Müller in Wien, Schuhmacher in Hamburg, Reichenbach in Augsburg, ebenso Sigl in Berlin; in Frankreich Sellègue, Thonnelier, Dutalre, Normand; in Amerika Hoe u. Comp. in New York. Die S-n haben sich rasch über ganz Deutschland verbreitet, so daß gegenwärtig fast alle bedeutende Buchdruckereien daselbst dergl. besitzen; doch sind die Handpressen für gewisse Zwecke nicht zu entbehren. Für starke Auflagen u. bes. wenn dieselben, wie bei Zeitungen, in kürzester Frist zu drucken sind, haben die S-n die höchste Wichtigkeit. Eine einfache S. fordert zu ihrer Bewegung zwei Mann am Schwungrad, auf jede Schön- u. Wiederdruckmaschine ist eine halbe Pferdekraft der Dampfmaschine zu rechnen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 352-353.
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