[448] Schuhmacher, Handwerker, welche allerlei Schuhwerk, als Stiefeln, Schuhe u. Pantoffel, verfertigen. In größeren Städten gibt es besondere Manns- u. Frauen-S.u. Pantoffelmacher; Letztere bildeten sonst an vielen Orten ein besonderes Handwerk u. durften keine Schuhe, S. aber keine Pantoffeln machen. Die Schuhflicker (Schied-S., Altflicker, Altreißer) dürfen nur Schuhe u. Stiefeln befohlen u. beflecken, ohne eigentlich Meister zu sein. Die S. lernen vier od. drei Jahre, wandern dann drei Jahre u. machen zum Meisterstück ein Paar Reiterstiefeln od. ein Paar gewöhnliche Stiefel von Kalbleder, ein Paar Manns- od. Frauenschuhe u. ein Paar Pantoffeln. Der Gesell, welcher bei einer Schuhmacherswittwe am Zuschneidebrei zuschneidet, heißt Bretmeister. Die Schuhmacherei wird jetzt in größeren Städten fabrikmäßig betrieben, doch stehen in solchen Städten, wo Zunftzwang herrscht, gelernte Meister an der Spitze solcher Schuhmachereien u. geben auch den Namen dazu her. Die Gesellen der S. hießen sonst Schuhknechte, jetzt Schuhmachergesellen. Sie arbeiten in eigenen Werkstätten, mit bloßen Armen, mit einem Schurzfell od. einer weißen Schürze versehen, meist sitzend, Der Meister nimmt zuerst das Maß, u. zwar mit der Maßlade od. Maßlehre die Fußlänge, dagegen die Dicke des Fußes über die Spannung mittelst eines Papier- od. Lederstreifen. Bei Stiefeln mißt er noch die Entfernung der Spannung von der Hacke, die Höhe, welche der Stiefel bekommen soll u. die Weite der Wade, alles auch mittelst eines Streifens. Haben die beiden Füße verschiedene Form, so muß für jeden ein besonderes Maß genommen werden. Das Leder wird nun auf dem länglich viereckigen, auf dem Zuschneidetische liegenden Zuschneidebrete mittelst eines kurzen starken Messers (Kneif) mit starkem Griff zugeschnitten. Das Leder, bes. das Sohlenleder, wird mit dem Hammer geklopft; in Frankreich klopft man gleich die ganzen Häute unter Dampfhämmern u. ertheilt ihnen so eine angemessene, gleiche Dichte. Das zugeschnittene Leder wirst der S. nun in einen Zober mit Wasser, um es geschmeidiger zu machen. Dann werden die Leisten (s.d.) nach dem genommenen Maße mit gewalktem Leder (Weitungen) belegt u. diese festgezweckt; darauf wird auf die Leisten erst die Brandsohle u. auf diese das Oberleder mit Schusterzwecken befestigt (aufgezweckt). Nachdem die Oberstemmen, zwei kleine Kalbleder, welche die beiden Seiten des Vorderfußes, u. die Afterleder, welche gleichermaßen den die Ferse umschließenden Theil verstärken sollen, eingesetzt sind, werden die Brandsohle u. das Oberleder zusammengenäht. Beim Nähen wird der zu fertigende Gegenstand mittelst des Knieriemens (s.d.) festgehalten. Die Stiche, wo man mit Nähnadeln nicht durchkommen würde, werden mit der Ahle vorgestochen, einige Nähte, so die, welche das Oberleder mit der Oberstemme u. mit dem Futter od. der Widerlage verbindet, werden mit der Schneid-(englischen) Nadel, die feineren Arbeiten mit gewöhnlichen od. feineren Nähnadeln gemacht. Das Nähen geschieht meist mit dem Pechdraht (s.d.), bei feinerer Arbeit, bei Damen- u. Ballschuhen, sowie das Annähen des Futters, das Säumen etc., mit gewöhnlichen Flachs- u. Hanffäden od. auch mit Seide. Jedes Ende des Drahtes wird mit einer Borste versehen, um mit Hülfe derselben den Draht durch das vorgestochene Loch zu ziehen. Man hat verschiedene Nähte: bei der Kreuznaht kreuzen sich die Fäden so, daß sie nicht durch dasselbe Loch laufen, sondern über die einzelnen zusammenzuheftenden Theile überspringen; mit der Saumnaht säumt u. befestigt man die Stulpen an Stiefeln. Um die linke Hand nicht zu sehr durch den Pechdraht zu beschädigen, schützt man sie durch das Handleder, einen breiten Lederstreifen, durch welchen der Daumen gesteckt wird. Nachdem alle Theile an einander befestigt sind, wird der Rahmen (s.d. 13) fest eingenäht, darauf wird altes Leder od. Span am Gelenke mit Pech auf die Brandsohle befestigt, hierauf die eigentliche Sohle aufgezweckt u. dann aufgenäht od. mit Holzstiften aufgenagelt (s. unten). Bei durchnähten Schuhen wird in die Sohle am Rand herum mittelst des Aufstreichmessers (Aufstreicheisens), eines kurzen Messers mit runder Klinge, ein Einschnitt gemacht, in welchen die Naht zu liegen kommt, mit welcher die Sohle an das Oberleder geheftet (abgedoppelt) wird; ist die Naht fertig, so wird das halb abgeschnittene Leder wieder zugestrichen u. zugepocht. Ist die Sohle angenähet, so wird sie noch beschnitten, u. um dabei nicht in das Oberleder zu schneiden, wird ein Holzspan od. eine Hornplatte (Ablaßhorn od. Beschneidspan) dazwischen gehalten. So fertigt man aber nur starke Schuhe u. Stiefeln; bei feineren Schuhen[448] bleiben mehre dieser Theile weg, u. es kommt bes. bei Damenschuhen darauf an die Theile, bes. die Sohlen, so dünn u. leicht als möglich zu machen. Auf den soweit fertigen Stiefel wird endlich der Absatz aufgenagelt od. aufgenäht, welcher aus, auf einander gepappten u. durch Holznägel befestigten Lederstücken gemacht, od. auch aus Absatzkuchen, aus Lederabfall geformten Kuchen, geschnitten wird; die Absätze werden oft mit Stiefeleisen od. mit kleinen Absatzzwecken beschlagen. Um dem Absatze bessern Halt zu geben, schlägt man Absatzstifte ohne Köpfe ein, wobei die nöthigen Löcher mittelst des Absatzbohrers od. des Absatzohrts eingebohrt werden Auch die Vordersoblen von Arbeitsschuben od. Arbeitsstiefeln beschlägt man wohl mit Zwecken. Während aller dieser Arbeit ist das Oberleder, die Quartiere, die Soblen etc. mit der Kneipzange gestreckt u. alle Lederstücken u. auch das Futter mittelst eines Kleisters aus Noggenmehl an einander gepappt worden, u. die Nägel sind aus den Leisten mittelst des Schuhmacherhammers, eines gewöhnlichen Hammers mit kurzem Griff u. an der schmalen Seite der Pinne gespalten, od. mittelst der Kneipzange wieder ausgezogen worden. Nun folgt das Glätten, sowohl das Ausreiben der Nähte mittelst des Ansreibebolzes (Ausreibeknochens, Glättstäbchens). eines Werkzeugs von Buchsbaumholz od. Knochen, welches auf der einen Seite eine, auf der andern mehre Kerben hat, od. mittelst des Glättzabns, eines Knochens in Gestalt eines Wolfszahns, womit man die feineren Nähte ausreibt; als auch das Glätten der zuvor beraspelten Sohlen mittelst des Glättknochens od. des Glätteisens (Astics) Mittelst des Hölleneisens (Hölleupfiems) werden noch zuweilen bei ganz seinem Schuhwerk zwischen Schub u. Sohle kleine Pünktchen gemacht, um dem Schuh den Schein zu geben, als ob eine seine Naht dort liefe. Vorher od. nachher erfolgt bei den Schuhen das Säumen; an Stiefeln wird dagegen der Schaft angenäht u. der Stiefel über ein Stiefelbret od. Stiefelholz geschlagen, vgl. Stiefel. Befestigt man die Sohlen nicht durch eine Naht, sondern durch eine Reihe rings um dicht neben einander eingeschlagener Nieten (Corioclaven, 1810 von dem Amerikaner Barnast verbreitet) an den Stiefel, so werden sie zwar sehr fest, können aber, einmal zerrissen, nicht wieder besohlt werden. Diese Nieten hat der S. Anderson in Berlin durch Holznägel ersetzt, welche nicht wie die Nieten einrosten, aber durch die Feuchtigkeit anschwellen u. so die Löcher wasserdicht schließen. Solches holzgenageltes Schuhwerk ist jetzt sehr gebräuchlich, denn es ist leichter, zierlicher u. haltbarer, besser u. wohlfeiler zu repariren u. schützt mehr gegen Nässe u. Staub. Die auf diese Weise gefertigten Stiftstiefeln erhalten keinen Rahmen u. das Oberleder mit Brand- od. Hauptsohle, zwischen welche eine Einlage von Abfallleder zu liegen kommt, wird statt durch Pechdraht durch zwei, im Gelenk durch drei Reihen vierkantiger, kleiner, auf einer Maschine aus Buche, Ahorn, Rüster w. geschnittener Stifte verbunden, welche ein Hammerschlag in runde Pfriemenstiche tiefer eintreibt. Ist der Stiftstiefel fertig u. der Leisten herausgenommen, so werden mittelst einer löffelförmigen Raspel die Stiftspitzen abgebrochen u. die innere Sohlenfläche für die Fußsohle vollkommen geebnet. Sollen Stiftstiefeln neu besohlt werden, so muß die zerrissene Sohle statt mit der Zange abgerissen, vielmehr abgeschnitten werden, damit die Stifte nicht aus der Brandsohle gerissen werden. Auch muß hierbei u. bei Anfertigung neuer Stiefeln, die Sohle, bevor sie aufgelegt wird, in der Gestalt u. Größe, welche sie beim fertigen Stiefel haben soll, zugeschnitten werden, weil sie nach dem Aufnageln so innig mit dem Oberleder verbunden ist, daß sie nicht ohne Verletzung des Oberleders beschnitten werden kann. Die Anfertigungskosten der Stift- u. genähten Stiefeln sind sich gleich. Neuerdings hat man Maschinen zum Besohlen der Stiefel erfunden; die von einem Mann bediente kleine Maschine bekommt Messingdraht zugeführt, verwandelt diesen in Schräubchen, schraubt dieselben durch die Sohlen ein u. glättet endlich die beiden Schraubenenden; die Maschine besohlt in 12 Stunden etwa 30 Paar. Um die Sohlen wasserdicht zu machen, schabt man Korkholz mit einer Feile zu Mehl, bestreicht die Brandsohle des Stiefels od. Schuhes mit starkem Leim u. streut das Korkpulver darauf u. wiederholt dies, wenn der Leim trocken ist, sechs- bis achtmal; gleiches thut man mit der zweiten Sohle. Einfacher ist es eine Korksohle, wie sie von Frankreich in den Handel kommen, zwischen die Sohle u. Brandsohle einzulegen, od. auch lederne Doppelsohlen aufzunähen: Um wasserdichtes Leder überhaupt zu gewinnen, verwendet man verschiedene Schmieren, deren wirksame Bestandtheile bes. Fischthran, Wachs, Pech od. Kautschuk sind Uber die Schuhmacherei bei den Alten, bes. bei den Griechen, s.u. Schuh S. 447. Vgl. Garsault, Die Kunst des S-s, aus dem Französischen, Königsb. 1768 Holden, Neue Erfindung für S., Schuhe u. Stiefeln mittelst einer Maschine stehend zu verfertigen, Lpz. 1805; G. Urban, Die Kunst den Stiefeln u. Schuhen eine Dauerhaftigkeit zu verschaffen, Wien 1822; Der Schuh- u. Stiefelmacher, Ilmenau 1824; Rapp, Der praktische Schuh- u. Stiefelmacher, Tuttlingen 1857.
Pierer-1857: Schuhmacher [2]
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