Sieilische Sprache

[17] Sicilische Sprache. Die S. S. ist ein Dialekt der Italienischen Sprache, welcher sich bes. durch die leichte Verwandlung des a, e, o in i u. u u. durch die Verdoppelung der Consonanten auszeichnet; von fremden Elementen finden sich im Süden bes. arabische, im Norden griechische u. provençalische, doch ist die Verschiedenheit der Sprache durch die ganze Insel nicht sehr bedeutend. Am besten wird in Palermo gesprochen, wo der Kaiser Friedrich II. im 13. Jahrh. eine Akademie der Sprache anlegte. Als Mittelpunkt geistiger Wirksamkeit auf Sicilien entstanden nach italienischer Weise im 18. Jahrh. Akademien; die berühmteste war die 1718 gegründete Akademie des guten Geschmacks, aber ihr Wirken war erfolglos, weil sie ohne Hilfsmittel isolirt auf einzelne Punkte der Insel hingestellt waren. In Catania gibt es noch eine Akademie für alle Zweige der Naturwissenschaften u. ein Museum der Alterthümer, 1744 gestiftet; dies, so wie das 1720 in Palermo gegründete, verbreitete das Interesse für Nachgrabungen auf der Insel. Auch Zeitschriften begannen geliefert zu werden, aber nur auf kurze Zeit. 1758 wurde eine Sammlung der Schriften sicilischer Schriftsteller begonnen, aber bereits seit 1778 unterbrochen u. ging 1796 ganz ein. Von den Dichtungsarten ist das Idyll, welches im Alterthum hier lieblich gesungen ward, auch für alle Zeiten geblieben, auch Erotische Lieder werden noch mit großer Anmuth gesungen. Die Lieblingsform der sicilianischen Dichter ist die Stanze. Sammlungen sicilianischer Dichter gibt es von der Akademie in Palermo 1571, dann Neapel 1582 u. Vened. 1854; von I. P. Berzeni, Flor. 1728; von V. de Blasi (mit lateinischer Übersetzung, Palermo 1753); Geistliche Lieder, ebd. 1635; Die sicilianische Muse, Ebd. 1645–62, 5 Bde.; Epopöen, z.B. von T. Balli, Das befreite Palermo, ebd. 1612; von I. B. Basili scherzhafte Gedichte, z.B. Das Schlaraffenland (la Cuccagna, s. Cocagna), ebd. 1674 u.a. Aus dem 18. Jahrh. verdienen die Gedichte von I. Meli erwähnt zu werden, von denen die 2. Ausg. Palermo 1787, 5 Bde., erschien. Für Geschichte interessirte sich Xiurami; I. Longo setzte Maurolico's Compendio delle cose Sicane über die Jahre 1559–1714 fort; G. Settimo sammelte Urkunden u. Handschriften u. lieferte mit Caruso den Stoff zu den Staatsschriften, welche Dupin auf Befehl des Königs Victor Amadeus herausgab; Caruso selbst schrieb eine Biblioteca istorica, welche nach dessen Tode M. del Giudi fortsetzte. In der Philosophie galt der Scholasticismus noch lange, erst in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. wagten Longo; Caruso, Pizzolanti, Tommaso Campailla u.a. Cartesianische Sätze zu empfehlen. In theologischen Untersuchungen brachte Caruso nach Tommasi's Beispiel eine bessere Lehrart in Aufnahme u. ein würdiger Geist beseelte die sicilischen Theologen, wie I. Longo, Panto, Mineo, Schiavo, Riscioli u.a. Mathematik ist in Sicilien vor allen begünstigt worden, schon im Alterthum durch Archimedes u. auch in neuerer Zeit haben sich selbst Kinder gefunden, welche im Stande waren die schwierigsten mathematischen Aufgaben zu lösen. M. Spedalinoi, ein Jesuit, brachte das Studium der Mathematik in Aufnahme, u. seit 1750 wurden Geometrie u. verwandte Wissenschaften Hauptzweige des öffentlichen Unterrichtes. Astronomie u. Physik konnten wegen Mangels an Hilfsmitteln u. Instrumenten nicht gedeihen. Für Botanik hatte man im 16. Jahrh. viel gethan u. selbst mehre Botanische Gärten waren angelegt worden; allein seit dem 18. Jahrh. nahm die Liebe zu dieser Wissenschaft sehr ab, mit Boccone, welcher Cupani's Pamphytum siculum zu berichtigen u. zu erweitern übernommen hatte, starb der letzte große Bearbeiter derselben ab. Mit mehr Glück wurde die Arzneikunde betrieben; seit dem 18. Jahrh. machte bes. die, Kaltwasserheilmethode von A. Roncajoli, G. Catanese u.a. Epoche, u. die Schriften darüber verbreiteten sich bis nach Deutschland, Frankreich u. England. Einen Versuch in der Physiologie gab Campailla (Sul moto interni degli animali, 1710), G. Gregorio e Ruffo erhob einen kühnen Zweifel an dem Einfluß des Mondes auf die Erdbewohner (1742); chemische Untersuchungen der Mineralquellen ihres Vaterlandes gaben auch Letzter u. V. Chiari. Für die Geschichte der Medicin von Bedeutung sind noch Gervasi's Antidotario palermitano-farmochimico, 1700; Codice di publica salute, 1749; Congiamilas Embrologia sacra, 1745. Von den humanistischen Studien, deren Hauptstütze die Jesuiten u. Theatiner waren, wurde die Lateinische Literatur mit Liebe gepflegt; das Italienische vernachlässigen man, machte aber Versuche den Sicilianischen Dialekt als zur Schriftsprache sich eignend einzuführen. In neuer u. neuester Zeit ist die Sicilianische Literatur mit der Italienischen (s.d.) verschmolzen. Vgl. M. del Bono, Dizionario Siciliano-Italiano-Latino, ebd. 1751–54, 3 Bde.; I. Vinci, Etymologicum Siculum, Messina 1759; M. Pasqualini, Vocabulario Siciliano etimologico italiano-latino, Palermo 1785–95; Scina, Prospetto della storia litteraria di Sicila nel secolo XVIII., ebd. 1824.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 17.
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