1. Besser Eine Kerze vor mir, als zwei nach. – Simrock, 5562; Eiselein, 371.
Lat.: Praevia lucidior multo candela sequente. (Seybold, 455.)
Ruth.: Luczsza odna ćwiczka przed sobou jak dwi za sobou.
2. Dem helpet nich Kassen (Kerzen) noch Brill, de dar nich seen will. – Strodtman, 32.
Dem ist nicht zu helfen, der sich nicht rathen lassen will.
3. Die Kerze, die vorgeht, leuchtet schön. – Simrock, 5561; Körte, 3344.
4. Die Kerze leuchtet nach oben.
Die Osmanen sagen: Der Raum unterhalb der Kerze ist dunkel. (Schlechta, 429.)
5. Die Kerze verbrennt sich selbst, um andern zu leuchten. (S. ⇒ Licht.) – Parömiakon, 1459.
Edle Selbstaufopferung.
Mhd.: Sun, merke wie das kerzen licht die wile ez brinnet, swindet gar; geloube daz dir sam geschiht von tage ze tage; ich sage dir wâr. (Winsbeck.) – Des muge wir an der kerzen sehen ein wârez bilde geschehen, daz si zeiner eschen wirt en mitten dô si lieht birt. (Armer Heinrich.) – Diu kerze lieht den liuten birt unz daz si selbe zaschen wirt. (Freidank.) – Ein kerze ir selber ze nihte wirt, sô sie den liuten lieht gebirt. (Renner.) (Zingerle, 103.)
6. Ein kertz anderen leuchtet dar vnd drüber sich verzehret gar. – Henisch, 756, 42.
7. Eine Kerze, die nicht gerade steht, muss man oft putzen.
8. Eine Kerze vorn ist besser als zwei hinten.
»Besser eine Kerze vor dir her, als deren zwei hinter dir drein. Sich selber leuchten, ist freilich schwer, sich heimleuchten lassen, weder klug noch fein.«
9. Einer brennenden Kerze schadet es nicht, wenn ein anderer davon sieht.
Holl.: Het schaadt der kaarsen niet, dat een ander van haar licht ziet. (Harrebomée, I, 370b.)
10. Kerzen beim Klee, die Palme beim Schnee.
Wenn man zu Lichtmess die Kerzen beim Grünen weiht, so weiht man die Palmen beim Weissen.
Lat.: Timotheum autumnus, Clementem dat tibi brumas. (Sutor, 972.) – Ver Petrum profert, Urbanum nuntiat aestas.
11. Man muss die Kerze nicht an beiden Enden zugleich anzünden.
Nicht muthwillig verschwenden.
12. Sähnd mer de Kêrzen öm Schnî, sänd mer de Pällem öm Klî; sänd mer de Kêrzen öm Klî, sänd mer de Pällem im Schnî. (Trier.) – Firmenich, III, 547, 57; Laven, 191, 100.
Wenn es an Mariä Lichtmess (2. Febr.), wo man Kerzen segnet (weiht), wintert, so ist Frühlingswetter an dem Sonntag, wo man Palmen segnet (weiht), d.i. am Palmsonntag; wenn es aber an Lichtmess Frühlingswetter ist, so wintert es auf Palmsonntag.
13. Verborgen Kertzen, gelt vnd Kunst, die frommen nichts vnd sind vmsunst. – Petri, II, 566; Henisch, 1469, 7.
14. Von einer heiligen Kerze bewahrt man auch die Lichtschnuppe auf.
15. Von einer krummen Kerze kann kein gerader Schatten fallen. – Winckler, III, 12.
16. Was hilft Kerze, was hilft Brill', wenn man doch nicht sehen will.
17. Wenn eine Kerze auslischt, so stinkt's. – Parömiakon, 731.
Wirkung des übeln Beispiels hochgestellter oder geistlicher Personen.
18. Wenn man die Kerzen segnet im Schnee (2. Febr.), weiht man die Palmen im Klee. (S. ⇒ Lichtmess.) – Reinsberg VIII, 88.
[1254] 19. Wo die Kerze auslischt, da muss ein Schwefelhölzlein nicht pochen. – Parömiakon, 369.
Wo der Starke, Kräftige, Geübte erliegt, da muss der Ohnmächtige und Unerfahrene sich nicht vermessen.
*20. Aest oan (es an) de Kärz schreiwen. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 175, 168.
Auf die Zahlung einer Schuld verzichten. (S. ⇒ Käp und ⇒ Rauchfang.)
*21. Die kertz ist auff den nagel gebrant. – Franck, II, 21b; Tappius, 31a; Eyering, I, 349; Sailer, 296; Sutor, 265; Simrock, 5563; Körte, 3344a.
Die Sache, die Wirthschaft, das Leben geht zu Ende. Es ist zum Aeussersten gekommen. Von der Sitte, in Kirchen kleine Wachskerzchen auf den Nagel des Daumens zu kleben und sich beim Lesen zu leuchten. Franck führt dabei für die unten angeführte lateinische noch folgende Redensarten an: Es ist verspielt. Die kuw ist am galgen. Es ist verloren als eins juden seel; und er bemerkt schliesslich: »Das Sprichwort tregt den verstand auff dem ruck, wann man wil sagen, es sei gethon, auss vnd verspilt.« (S. ⇒ Bundriemen.) In Bedburg: De Käz ess an der Näl gebrannt.
Lat.: Res ad triarios rediit. (Tappius, 30b; Philippi, II, 155; Sutor, 653.)
*22. Es ist eine Kerze, die einen bösen Gestank zurücklässt.
Eine Angelegenheit, die unangenehme Folgen haben wird.
*23. Es ist mit ihm bis zur Kerze gekommen.
In der katholischen Kirche herrscht der Glaube, dass Lichte (Kerzen), die an Lichtmess geweiht worden sind, nicht nur gute Dienste bei Gewittern leisten, sondern daas sie sogar den Teufel, den Geist der Finsterniss vertreiben. Man gab solche Kerzen selbst Sterbenden in die Hände, wo der Teufel ganz los zu sein pflegt, und konnten sie dieselben selber nicht mehr halten, so stellte sie der Priester um das Sterbelager auf. Daher das obige Sprichwort, das von solchen, die in äusserster Noth sind, gebraucht wird.
*24. Kertzen am Mittag brennen. – Theatrum Diabolorum, 150b.
*25. Kerzen tunken. (Oberösterreich.)
Vom Schläfrigen, der einnickt und dessen Kopf unwillkürlich von Zeit zu Zeit herabnickt.
26. Die Kerze gibt sich selbst kein Licht. – Merx, 37.
27. Die Kerze, welche vergeht, leuchtet am besten.
Holl.: De Keersse die voor gaet licht best. (Cats, 275.)
28. Wenn man eine kertz an eine mauer lent, so mag sie die mauer wol nit verbrennen, aber sie berämpt sie doch (macht sie schwarz). – Der drei Marien Salbung, VI, 2b.
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