Lichtmess

1. An Lichtmess (2. Febr.) lässt man (Arbeit und) das Spinnrad in Ruh', damit der Wolf keinen Schaden thu'. (Masuren.) – Boebel, 6.


2. An Lichtmess muss die Lerche singen und sollt' der Kopf ihr auf dem Stein zerspringen. (Oels.) – Boebel, 10.


3. An Lichtmess Schnee, zu Ostern Wasser zu Thee (Regen).


4. Auf Lichtmess, du, flick' die Handschuh.

Poln.: Gromnice łataj sobie rękawice. (Boebel, 5.)


5. Auf Lichtmess hat (sieht) der Bauer (Schäfer) lieber den Wolf im Stall als die Sonne. Blum, 281; Riehl, Geschichten, I, 225.

Die Schäfer fürchten grossen und späten Schnee, wenn die Sonne an diesem Tage (d.h. um diese Zeit) schon zu warm scheint. Ein alter Vers lautet: »Wenn an dem Lichtmesstag die Sonn' sich thut einfinden, so ist noch grössrer Schnee, als vormals fiel, dahinden.«

Frz.: A la chandeleur la grande douleur. – A la chandeleur où toutes bêtes sont en horreur. (Leroux, I, 64.)


6. Auf Mariä Liechtmess haben wir den Winter gewess.Oec. rur.

»Sprechen die alten Bawren.« (Petri, II, 26.)


7. Es Lechtmisse hell un klar, dann giet't en guet Flassjâr; es Lechtmisse dunkel, dann wärt de Bur en Junker. (Iserlohn.) – Woeste, 60, 36; Firmenich, III, 185, 7; hochdeutsch bei Orakel, 265.


8. Fällt auf Lichtmess Sonnenschein, wird der Flachs sehr lang und fein.Boebel, 7 u. 10.


9. Gibt's an Lichtmess Sonnenschein, wird's ein spätes Frühjahr sein.Boebel, 19.


10. Haben zu Lichtmess die Gänse nass, so haben die Schafe zu Marien Gras.Boebel, 8.


11. Ist Lichtmess ein Dunkler, wird der Bauer ein Junker. (Eifel.) – Schmitz, 169, 17; Reinsberg VIII, 86.


12. Ist Lichtmess hell und klar, verspricht's ein gutes Jahr. (Sachsen.) – Boebel, 9; Reinsberg VIII, 86.


13. Ist Lichtmess sehr kalt, so kommt grössere Kälte nicht bald.Boebel, 9.

14. Ist Lichtmess stürmisch und kalt, so kommt der Frühling bald.

Die Basken sagen: Lichtmess kalt, guter Winter; Lichtmess warm, Winter nach Ostern. In Italien [120] Lichtmess mit Schnee, sind wir aus dem Winter; Lichtmess mit Sonne, sind wir immer noch darin (Ceriola nevegarola, de l'inverno somo fora; Ceriola solarola, ne l'inverno somo ancora). (Orakel, 294.)


15. Ist's zu Lichtmess hell und rein, wird ein langer Winter sein; wenn es stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit. Reinsberg VIII, 85.


16. Je stürmischer es an Lichtmess ist, desto sicherer ein gut Frühjahr ist.Boebel, 8; Orakel, 287; Reinsberg VIII, 86.


17. Kommt Lichtmess heran, ist's Ende der Schlittenbahn.Reinsberg VIII, 88.


18. Kriecht um Lichtmess der Dachs aus seiner Höhle in die Sonne, so geht er noch vier Wochen ins Loch.Orakel, 280.

Wie man dies vom Dachs in Polen und Deutschland sagt, so vom Fuchs und Bären in Deutschland und vom Wolf in der Gegend von Köln.

19. Lechmessen hell, schindt dem Bûr et Fell. (Köln.) – Weyden, I, 1.


20. Lechtmess hell un kloar dat bedüt en gut Joar. (Tecklenburg.) – Boebel, 10.


21. Lechtmess is en Höhner Mêdag1. (Tecklenburg.) – Boebel, 10.

1) Der Hühner Montag.


22. Lechtmiss lecht (licht, hell), is de Bûer en Knecht; Lechtmiss dunkel, is de Bûer en Junker. (Münster.) – Firmenich, I, 298, 30; für Soest: Firmenich, I, 349, 11; Frommann, VI, 425, 27; Kern, 1188; Bueren, 810; Eichwald, 245; hochdeutsch bei Boebel, 10; Reinsberg VIII, 88.

Der Bauer ein Knecht. Es kann heissen, der Bauer hat viel zu thun, kann bald seine Aussaat bestellen und darf auf eine gute Ernte rechnen; es kann aber auch heissen: er wird zu Grunde gerichtet und einem Knechte gleich. »Der Bauer ein Junker« kann den Sinn haben: er kann wegen schlechter Witterung auf dem Felde noch lange nicht arbeiten, vielmehr wie ein Junker müssig gehen, oder den: er hat Aussicht auf eine gute Aussaat und Ernte und kann infolge dessen angenehm wie ein Junker leben.


23. Lechtmisse dunkel, dann gitt de Bûre en Junker. (Waldeck.) – Curtze, 313, 10; für Bremen: Köster, 253; für Iserlohn: Woeste, 60, 36; für Eifel: Schmitz, 169, 17.


24. Lechtmissen hebbe' we Winter wissen. Schambach, I, 352.

In der Regel tritt um diese Zeit der Winter mit seiner ganzen Strenge auf.

Frz.: La veille de la Chandeleur, l'hiver se passe ou prend vigueur. (Leroux, I, 65.)


25. Lechtmissen hell und klar gift en gôt Frîefâr.Schambach, I, 376.

D.i. ein gutes Heirathsjahr.


26. Lechtmissen kalwet de Kau un legt 't Haun. Schambach, I, 366.


27. Lichtmess ändert das Wetter. (Luzern.)

War's vorher kalt, so wird's milder, und umgekehrt.


28. Lichtmess, die Herren bei Tag ess', die Armen, wenn sie's haben.


29. Lichtmess, doa man bi Dag ett un bi de Nacht dat Spinnen vergett. (Mecklenburg.)

Man isst bei Tage und das Lichtbrennen nimmt ab.

30. Lichtmess dunger, macht den Bauer zum Junker.Riehl, Geschichten, I, 224.

Holl.: Lichtmiss donker, de boer een jonker; Lichtmiss helder, de boer in den kelder. (Harrebomée, II, 66a.)


31. Lichtmess dunkel, ist der Winter versunken.Boebel, 8.


32. Lichtmess halb Futter, halb Brot.Boebel, 7; Orakel, 259.

Der 2. Februar wird als Mitte des Winters angenommen, und es soll, wie das Sprichwort verlangt, noch die Hälfte des Futters für das Vieh und die Hälfte des Brotgetreides vorhanden sein. Auch die Engländer wie die Czechen nehmen den 2. Februar als Wintermitte an. Jene sagen: An Lichtmess müsst ihr noch die Hälfte euers Strohs und Heus haben, und diese ertheilen den Rath: An Lichtmess miss deinen Topf und hebe dein Korn auf. Die Italiener gehen sogar in der Vorsicht noch weiter, indem sie die andere Hälfte des Winters erst mit dem 14. Februar beginnen lassen. Zwar heisst es in Venetien bisweilen: An Sanct-Agnes [121] (21. Jan.) die Hälfte Heu und die Hälfte Ausgabe; allein in ganz Oberitalien gilt als Regel: An Sanct-Valentin (14. Febr.) die Hälfte Brot, die Hälfte Wein, und die Hälfte Heu fürs Vieh. In Toscana heisst es: An Weihnacht die Hälfte Brot, die Hälfte Wein. (Reinsberg VIII, 71.) In Estland sagt man: Am Antoniustage steht auf des Daches Giebel: Das Brot zur Hälfte, das Viehfutter zur Hälfte. D.h. die Wintervorräthe dürfen nur zur Hälfte verzehrt und müssen noch zur Hälfte übrig sein. Der Antoniustag (17. Jan.) wird also von den Esten für die Mitte des Winters gehalten. Die Russen nennen daher auch den heiligen Timotheus (22. Jan. a. St.) Halbwinterer und die heilige Xenia (24. Jan. a. St.) Halbbrotbewahrerin. In Bergamo sagt man: Um Mitte Januar halb Brot und halb Stroh. (Orakel, 205 u. 206.) Auch: An Sanct-Agnes (21. Jan.) die Hälfte Heu und die Hälfte Arbeitslohn. (Orakel, 213.) In Venedig: An Sanct-Valentin (14. Febr.) die Hälfte Brot, die Hälfte Wein und die Hälfte Heu fürs Vieh. (De San Valentin mita pan e mita vin, e mita fen per el bascin.) (Orakel, 204.) In Mailand: An Sanct-Valentin, die Hälfte Brot, die Hälfte Heu und den ganzen Wein. (De San Valentin mita pan fen e tüt el vin.) (Orakel, 205.) Die Ruthenen sagen: An Lichtmess begegnet sich der Sommer mit dem Winter. (Orakel, 264.)

Dän.: Man skal have halve foer, og brødkurven igien ved kyndelmisse. (Prov. dan., 270.)

Engl.: On candlemas-day you must have half your straw and half your hay. (Bohn II, 38.)


33. Lichtmess hell und klar bringt ein gutes Bienenjahr. (Rhein.) – Boebel, 10.


34. Lichtmess hell und klar gibt ein gutes Flachsjahr.Boebel, 6; Kehrein, VIII, 230; Reinsberg VIII, 84; Pröhle, Kirchliche Sitten, 1858, S. 305; für Oettinghausen bei Husten: Firmenich, I, 351, 2; für Iserlohn: Woeste, 60, 36.

In Waldeck: Lechtmisse hell un klar, gitt en gut Flassjahr. (Curtze, 313, 10.)


35. Lichtmess hell und klar gibt ein gutes Roggenjahr. (Westf.) – Boebel, 10; Simrock, 6392; Reinsberg VIII, 86.

In Ostfriesland: Lichtmess hell un klar gift'n gôd Kôrnjahr. (Bueren, 309; Hauskalender, II.)


36. Lichtmess hell und klar gibt ein schlechtes Jahr. (Arnsberg.) – Boebel, 10.


37. Lichtmess hell und klar, macht die Bienen schwar.Boebel, 10.

Holl.: Lichtmis helder en klaar, en goed bijen-jaar. (Harrebomée, II, 66a.)


38. Lichtmess hell und klar, werd de Garwe (Garbe) swar; Lichtmess dunkel, werd de Bur en Junker.Lohrengel, I, 471.


39. Lichtmess hell und klar zeigt noch viel Schnee fürwahr.Schmitz, 169, 15.


40. Lichtmess helle, krigt de Schlaxer de Felle. (Oschersleben.) – Boebel, 9.

Kommt Sterben unter die Schafe.


41. Lichtmess im Klee, Ostern im Schnee.Simrock, 6393; Boebel, 6; Orakel, 285; Reinsberg VIII, 85.


42. Lichtmess im Schnee; Palmtag im Klee. Schmitz, 170, 18; Reinsberg VIII, 88.


43. Lichtmess kalbt die Kuh und legt das Huhn, dann hat die Frau genug zu thun.


44. Lichtmess mösse di Herrn be Tö (bei Tage) ess di rêche, bann (reichen wann) se wonn (wollen), di arme, bann se eppes honn (etwas haben). (Henneberg.) – Frommann, II, 407, 2.


45. Lichtmess muss me die grûss Wuscht ees. (Meiningen.) – Frommann, II, 407, 3.


46. Lichtmess muss me Kraut on Flösch ess. (Henneberg.)


47. Lichtmess Sonnenschein bringt viel Schnee herein.Reinsberg VIII, 86; Boebel, 7; Orakel, 269.


48. Lichtmess spinne vergess; 's Rädel hinter d' Dîr, 's Rebmesser (Hackmesser) evîr. (Strasburg.) – Firmenich, II, 527; Simrock, 12367a.

Im Elsass, um auszudrücken, dass die letzte Spinnstube unwiderruflich am Abend vor Lichtmess gehalten wird, worauf die Feldarbeiten wieder ihren Anfang nehmen. (Vgl. Stöber, Mundartliches aus dem Elsass; Frommann, IV, 11.)


49. Lichtmess verlängert den Tag um eine Stunde für Menschen wie für Hunde.

Frz.: A la fête de la Chandeleur, les jours croissent de plus d'un heure et le froid pique avec douleur. (Leroux, I, 64.)


[122] 50. Lichtmesse – Schneefresse.Boebel, 9.

Engl.: When candlemas-day is come and gone, the snow lies on a hot stone. (Bohn II, 32.)


51. Lichtmessen bei Tag essen; Spinner den Rocken vergess.Boebel, 7; Oec. rur., 235; Frischbier2, 2415.

Engl.: On candlemas-day throw candle and candlestick away. (Bohn II, 32.)


52. Lichtmessen hell, gerbt (schindet) dem Bauer das Fell, Lichtmessen dunkel, macht den Bauer zum Junker.Blum, 244; Boebel, 6 u. 11; Orakel, 270-271; Simrock, 6390; Reinsberg VIII, 86; Riehl, Geschichten, I, 224.

Trüber Himmel an diesem Tage soll einen zeitigen Frühling und ein fruchtbares Jahr bedeuten, was aber nicht von diesem Tage allein abhängen kann, sondern wol nur sagen will, dass ein feuchter Februar Fruchtbarkeit befördere.


53. Lichtmessen, kleine Herren bei Tag essen. Frischbier, 462; Frischbier2, 2415a.


54. Lichtmessen können die Herren bei Tage essen.Simrock, 6391; Orakel, 262.


55. Lichtmessen seggt: Holl still, Bûer, morgen wârd 't bäter. Marten (10. Nov.) spreckt: Führ tô, Bûer, morgen wârd länger1.

1) D.h. die Wege werden jetzt täglich schlechter.


56. Lichtmessen Stôt (Stoss) deit de ôlen Pagen den Dod. (Holst.) – Schütze, III, 31.

Ungestüm Wetter um Lichtmess ist den alten Pferden tödlich. »Es ist eine schlimme Zeit für altes ViehPage ist eine von den ältern Benennungen für Pferd; bei Stürenburg (171) steht es für altes, abgelebtes Pferd, Schindmähre. In der niederdeutschen Redensart: 'N Page van 'n Jungen, bezeichnet es einen Feigling, Schwächling. Das Wort kommt noch in Zusammensetzungen vor: in Pagenstecher für Abdecker, Schinder. Stellenweise ist Page in Pogge verderbt: so hört man in Bremen neben Pagenmunte und Pagenmühle auch Poggenmunte und Poggenmühle; in Warnemünde neben Pagenwerder auch Poggenwerder. (Vgl. Schiller, II, 1b.)


57. Lichtmiss, Winter gewiss.Blum, 280; Boebel, 7; Orakel, 269; Simrock, 6389.

In der ersten Hälfte des Februar fallen gewöhnlich die kältesten Wintertage.

Frz.: A la chandeleur grande douleur.


58. Mariä Lichtmess hell und klar, zeigt noch viel Schnee fürwahr.Reinsberg VIII, 85.


59. Marie Lechtmiss dunkel, wät't de hauge (hochwohnende) Bûr en Junker. (Warburg.) – Boebel, 10.


60. Marie Lechtmiss hell und kloar giew en gut Flassjoar. (Warendorf.) – Boebel, 10.


61. Na Lechtmess kakeln de Höner ön blarren de Kafer (Kälber).Kern, 1187.

Nach Lichtmess kann der Bauer Eier und Milch haben.


62. Na Lechtmess sünd de Hunde un de Wefers burgen. (Ostfries.) – Bueren, 895; Kern, 1185; Hauskalender, I.

Die Hunde können draussen wieder manches finden, weil der Schnee fort ist; und die Weber stehen sich besser, weil sie viel Beleuchtung und Heizung ersparen.


63. Na Lechtmess trauet de Voss 't Is nich mehr. (Ostfries.) – Bueren, 896; Kern, 1186; Hauskalender, I; hochdeutsch bei Petri, II, 487.


64. Nach Lichtmess ist es Aushalt, es sei warm oder kalt; die Tage werden lang und der Fuss bekommt seinen Gang.Schmitz, 170, 22.

Nicht blos bei den Deutschen, auch bei andern Völkern erscheint Lichtmess als der Tag, der in den Winter einen gewissen Abschnitt macht. Die Sprichwörter räumen ein, dass er noch nicht überwunden ist, dass er noch mit einem widerwärtigen und oft sehr langweiligen Ende nachkommt; allein sie nehmen doch auch Act von den ersten Strahlen, die der kommende Frühling als Vorläufer sendet. Dass Lichtmess den Sommer an- und dem Winter die Wohnung aufkündigt, sagt auch ein italienisches Sprichwort: Caunelor, estate dentro, inverno fuor, sono quaranta giorni ancor, quello che fa il sole, fa la neve ancor. (Vgl. den Artikel Der Winter in Neapel, im Ausland, 1864, Nr. 11.)


65. Nach Liechtmess dass nächste Neu, am Ostermontag darauf die Fastnacht sey.Chaos, 1017.


66. Scheint an Lichtmess die Sonne dem Pfaffen aufs Altar, so muss der Fuchs wieder sechs Wochen ins Loch.Eiselein, 423; Simrock, 6395; Orakel, 282; Reinsberg VIII, 87.


[123] 67. Scheint an Lichtmess die Sonne heiss, so kommt noch sehr viel Schnee und Eis. Bair. Hauskalender; Reinsberg VIII, 85.

In Italien: Lichtmess mit Schnee, sind wir aus dem Winter; Lichtmess mit Sonne, sind wir noch im Winter; oder, da in Italien statt des Schnees oft Regen fällt: Ist's an Lichtmess regnerisch, sind wir aus dem Winter; ist Sonne oder Wind, sind wir mitten drin (oder: so haben wir noch vierzig Tage Winter). In Mailand: Wenn es an Lichtmess regnet, sind wir aus dem Winter 'raus; wenn es aber heiter ist, sind wir so schön als möglich drin. In Toscana: Wenn es am Lichtmesstag regnet, sind wir aus dem Winter heraus; ist es wolkig, gibt's noch ein Runzelchen voll; ist es aber heiter, gibt's noch ein Zweiglein. Die Bergamasken: Gibt Lichtmess Schnee uns oder Schnein, so wird's bald nicht mehr Winter sein; gibt sie statt dessen Sonn' oder Regen, noch vierzig Tage Winter deswegen. (Reinsberg VIII, 89.)


68. Scheint auf Lichtmess die Sonne auf den Mist, schliesse der Bauer das Futter in die Kist'. (Koblenz.) – Boebel, 8.


69. Scheint auf Lichtmess die Sonne froh, bewahr' der Wirth nur all sein Stroh.Boebel, 6.


70. Sind um Lichtmess die Vögel feist, so rechne auf Schnee und Kälte dreist. (Sachsen.) – Boebel, 9.


71. So lange vor Lichtmess die Lerche singt, so lange schweigt sie nachher.

Dän.: Saa længe lerkenhun siunger for kyndelmisse, saa længe tier hun efter. (Prov. dan., 382.)


72. To Lichtmösse geiht de Schnei pösse1. (Ostpreuss.) – Frischbier, 463; Frischbier2, 2415.

1) D.h. er schmilzt.


73. Um Lichtmess kalbt die Kuh, dann legt das Huhn, dann zickelt die Geiss, dann macht der Bauer am allermeist. (Köln.) – Boebel, 11.


74. Uemme Lechtmisse is de Winter wisse. (Marsberg.) – Firmenich, I, 321, 17; Reinsberg VIII, 87.


75. Vor Lichtmess gibt es Garn, nach Lichtmess Gärnchen. (Eifel.)

Weil die Tage dann kürzer werden und nur wenig gesponnen werden kann.


76. Vor und nach Lichtmess liegt der Schnee auf einem heissen Stein.Boebel, 9.


77. Wann et up Lechtmissen is helle, sau is de Buer en Geselle; wenn et is dunkel, sau is der Buer en Junker. (Grubenhagen.) – Schambach, I, 360.

Man meint, dass helles Wetter um Lichtmess eine wenig ergiebige Ernte in Aussicht stelle und den Bauer zu einem armen Gesellen mache, während trübes Wetter ihm eine reiche Ernte andeute. In Oberösterreich sagt man in dieser Beziehung: Wenn am Lichtmesstag die Sonne den Geistlichen auf der Kanzel anscheint, soll die grosse Dirne geschwind heimlaufen und alles zusammenputzen, sogar »'s G'sod undarn Barn« (s. Lichtmesstag 1), denn es wird ein schlechtes Jahr. Nur der Flachs geräth, wenn an diesem Tage die Sonne scheint. (Baumgarten, 43.)


78. Wann man zu Liechtmess die Kertzen beim Grünen weyhet, so weyht man die Palmen beym Weissen.Sutor, 972.

Lat.: Ver Petrum profert: Urbanum nuntiat aestas; Thimoteum autumnus, Clementem dat tibi bruma. (Sutor, 972.)


79. Wann 't up Lechtmiss hell is, wät't nachier köller, as 't west is. (Warendorf.) – Boebel, 10.


80. Wenn an Lichtmess der Wind ein Bund Stroh vom Berge weht, so darf der Schäfer nicht für Futter sorgen.Boebel, 8.


81. Wenn an Lichtmess die Sonne sich findet ein, so ist noch viel Schnee in Winters Schrein.Boebel, 9.


82. Wenn an Lichtmess Schneegestöber die Wege zuweht, weht es Futter darunter.Orakel, 296.


83. Wenn Lichtmess die Dächer flenzen (weinen), wird im Jahr der Flachs bass glänzen. (Masuren.) – Boebel, 6.

Poln.: Gdy w Gromnice z deku leci, w tym roku lenec się swieci. (Boebel, 6.)


84. Wenn bis zu Lichtmess der Kornpreis nicht steigt, er grosse Höhe nicht erreicht.Boebel, 8.


[124] 85. Wenn d' Liechtmess hell ist, gids fitz (zu) gern läär Ställ.Tobler, 192.


86. Wenn Lichtmess die Sonne so lange scheint, dass ein Reiter sein Pferd satteln kann, dann dauert der Winter noch so lange, als er schon gedauert hat.Boebel, 8.


87. Wenn Lechtmess is lecht; is de Bûr 'n Knecht.Hauskalender, II.


88. Wenn Lichtmess im Klee, ist Ostern im Schnee.

Frz.: Noël au perron. Paques an tison.


89. Wenn Lichtmess kommt heran, ist's Ende mit der Schlittenbahn.Orakel, 297.


90. Wenn Lichtmess trüb' und windstill war, so gibt's ein gutes Weinjahr. (Euskirchen.) – Boebel, 11.


91. Wenn Lichtmess viel Schnee, so viel Heu, doch wenig Stroh und Faser.Boebel, 9.


92. Wenn Lichtmessen hell und schön, will Winter noch nicht weiter gehn; steigt aber Regen zu Lichtmess nieder, dann kommt der Winter gewiss nicht wieder.


93. Wenn um Lichtmess der Dachs noch im Loche bleibt, kommt späterhin noch Kälte.


94. Wenn um Lichtmess die Sonne scheint, kommt arges Wetter und Heunoth.Reinsberg VIII, 85.


95. Wenn z' Liechtmäss d' Sunne-n-'em Pfarrer uff'em Altar i d' Cherze schynt, so muess der Wolf no sechs Wuche-n i d' Hühli. (Solothurn.) – Schild, 112, 114.


96. Wenn z' Liechtmäss der Bär über e Berg us g'seht, so muess er no sechs Wuche-n-i d' Hühli. (Solothurn.) – Schild, 112, 113.


97. Wenn zu Lichtmess die Sonne dem Pfaffen auf den Altar scheint, ist es noch sechs Wochen Winter. (Schweiz.)


98. Wenn zu Lichtmessen der Bär seinen Schatten sieht, so kriecht er wieder sechs Wochen ins Loch.Simrock, 6396; Orakel, 276; Reinsberg VIII, 87.

Die Czechen: Wenn's um Lichtmess warm ist, baut sich der Bär seine Höhle; friert's um Lichtmess, so beginnt er, sie zu zerstören. (Orakel, 277.) Diese Beobachtung ist, je nach den Ländern am Dachs, am Fuchs und am Wolf gemacht worden; nur ist man uneins darüber, auf wie lange das betreffende Thier sich in seine Behausung zurückzieht. Die Polen sagen: Kriecht um Lichtmess der Dachs in die Sonne geht er auf eine Woche wieder ins Loch. (Reinsberg VIII, 88.) (S. Bär 55 und Dachs 4 u. 5.)


99. Wenn's an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit; ist es aber klar und hell, kommt der Lenz wol nicht so schnell. (Oels.) – Boebel, 9; Orakel, 288; Reinsberg VIII, 85.

In Venedig heisst es: Wenn's an Lichtmess schneit, so schneit's noch siebenmal. (Orakel, 293.) Die Russen: Wenn am Lichtmess Schneegestöber die Wege zuweht, weht es Futter herunter. (Reinsberg VIII, 88.)

Engl.: If candlemas-day be fair and bright, Winter will have another flight; if on candlemas-day it be shower and rain, winter is gone, and will not come again. (Bohn II, 37.)

Lat.: Si sol splendescat Maria purificante; major erit glacies post festum quam fuit ante.


100. Wenn's an Lichtmess stürmt und tobt, der Bauer sich das Wetter lobt.Boebel, 8; Orakel, 289; Riehl, Gesch., I, 224.


101. Wenn's Lichtmess schneit, ist der Frühling nicht weit.Reinsberg VIII, 85.

Die Esten sagen: Wenn der Ochs zu Lichtmess unter der Traufe trinken kann, so findet des Hahns Schnabel am Mariä Verkündigungstage (25. März) kein Nass. Oder: Wenn der Hahn zu Lichtmess unter der Traufe trinken kann, so findet der Mann zu Michaelis keinen Tropfen unter dem Fasse. Bei den Esten gilt ausserdem Lichtmess (Mariä Reinigung) als Anfangstermin der Berechnung ihrer landwirthschaftlichen Verrichtungen, die sie in den Worten zusammenfassen: In sieben das Schwein, in acht das Vieh auf die Weide, in zehn das Pflügen. D.h. von Lichtmess sind es sieben Wochen, bis man die Schweine austreibt, acht Wochen bis das Vieh auf die Weide geht, zehn Wochen bis zur Pflugzeit. (Reinsberg VIII, 89.)


[125] 102. Wer vor Liechmess ön de Stobb'ln fährd, öss seines Viehs nöd währd. (Trier.) – Laven, 196, 135; Firmenich, III, 548, 76.

Wer vor Lichtmess (mit den Schafen) in die Haferstoppel fährt, ist seines Viehs nicht werth. (Schmitz, 177, 25.)


103. Wer zu Lichtmessen nicht einen Wolf fürchtet, zu Fastnacht einen Bauern und in der Fasten einen Pfaffen, bei dem er beichten soll, der ist ein beherzter Mann.Simrock, 6398.


104. Wie lange vor Lichtmess die Lerche singen will, so lange muss sie hernachmals schweigen still.Simrock, 6397.


105. Wyssi Lichtmess, grüeni Ostern. (Solothurn.) – Schweiz, II, 72, 8.


106. Zu Lichtmess sieht der Bauer lieber sein Weib auf der Bahr als den Himmel schön und klar.Orakel, 272.

Der Engländer ist derselben Ansicht. (Reinsberg VIII, 85.)


107. Zu Lichtmessen hat der Schäfer (Bauer) lieber den Wolf als die Sonne im Stall.Simrock, 6394; Orakel, 274; Reinsberg VIII, 84.


*108. Da is Lechtmisse (terheime). (Büren.)

Es ist nichts mehr da.


*109. Wir wollen Lichtmess machen. (Oberlausitz.)

Das Dienstverhältniss von der einen oder andern Seite aufheben. Die Redensart ist auch in der Schweiz gebräuchlich.


[Zusätze und Ergänzungen]

110. Avff Liechtmess schöner Schein der Sonnen, thun vns mit Schnee, Flachs, Hanff belohnen, gar wohl gerathet die frühe Saat, so sich schön wittert die Fassnacht.Lins.


111. Grünt um Lichtmess schon der Klee, gibt's um Ostern oft noch Schnee.Payne, 17.


112. Lichtmess Sonnenschein, wird's noch sechs Wochen Winter sein.


113. Lichtmess zu spinnen vergess, bei Tag zu Nacht ess. (Rheinpfalz.)


114. Lichtmess, Spinnenvergess und Beitagess.


115. Scheint Lichtmess di Sonn offen Stä, so wörd der Flöes (Flachs) klä.Haupt, III, 365.


116. Scheint Lichtmess die Sonn' wie ein Hut, dann wird der Wein gut; scheint sie wie eine Wann, o wie wird er dann? (Eifel.)


117. Vor Lichtmess Lerchengesang macht um den Lenz mich bang.Payne, 17.


118. Wenn es um Lichtmess kalt, kommt der Frühling bald.Weckstimmen, I.


119. Zu Lichtmessen soll man die Wurst bei Tag essen.Wunderlich, 22.


*120. Es ist Lichtmess im Geldbeutel. (Oderbruch.) – Engelien, 222, 149.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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