1. Alte Sitten vnd jetzt gebrauchte Wort sind die besten. – Petri, II, 12.
Böhm.: Ne tak let jako obyčejův šedivost ctihodna. (Čelakovsky, 308.)
Poln.: Nie lat, ale obyczajów sędziwość powažna. (Čelakovsky, 308.)
2. Am schönsten kleiden gute Sitten. – Sailer, 342.
3. Aus den Sitten erkennt man das Gemüth. – Wirth, II, 71, 412.
4. Auss bösen Sitten entspringen gute Gesetze. – Petri, II, 27.
Dän.: Af onde seder kommer gode lover. ( Prov. dan., 492.)
5. Böse Sitten beflecken allen guten schmuck. – Petri, II, 50; Henisch, 462, 8.
Engl.: A Gentleman without Living, is like a Pudding.
6. Böse Sitten lernt man schnell.
Engl.: That which is evil is soon learnd. (Bohn II, 7.)
7. Böse sitten machen gut gesatz. – Gruter, I, 9; Schottel, 1124b; Sutor, 683; Winckler, I, 65; Körte, 5560.
Wie man der Arznei nicht vonnöthen hat, so man nicht krank, also bedarf man der wehrenden Gesetze nicht, wo kein Uebertreten ist.
Böhm.: Zlé mravy, dobrá práva. (Čelakovsky, 340.)
Frz.: Des mauvaises coutumes naissent les bonnes lois. (Cahier, 465.)
It.: Dai cattivi costumi nascon le buone leggi. (Cahier, 2961; Gaal, 693.)
Lat.: Bonae leges ex malis moribus procreantur. (Erasm., 710; Philippi, I, 61; Tappius, 64b; Seybold, 55.) – Ex malis moribus fiunt bonae leges. (Gaal, 693; Seybold, 163.)
Schwed.: Onda seder gjöra god lag. (Grubb, 618.)
Ung.: A' latrok szerzették a' jó törvényt. – A' leg jobb törvény leg roszszabb erköltsökbül származik. (Gaal, 693.)
8. Böse Sitten, schwerlich vermitten. – Wendvnmut, VII, 195; Petri, II, 50.
9. Böse Sitten sind wie Koth, dadurch die Schönheit wird zu Spott.
Lat.: Pulchrum ornatum turpes mores pejus coeno collinunt. – Turpes mores hominem coeno pejus collinunt. (Seybold, 465 u. 615.)
10. Böse Sitten und gute Torten muss man brechen.
Holl.: Kwade zeden en goede taarten moeten gebroken worden. (Harrebomée, II, 493a.)
11. Böse Sitten verlassen, ist sehr nütze. – Lehmann, 559, 25.
Bei Tunnicius (465): Quade sede vorlaten is gans nutte. (Est operae pretium turbatos vertere mores.)
12. Das ist die alte Sitt, Süss kompt ohn Bittres nit. – Petri, II, 833.
13. Das sein vnser Sitten, wo zweien seindt, da zausen sie den dritten. – Lehmann, 791, 3; Chaos, 155.
14. Das sind böse Sitten, wo zwei sind, tragen sie den dritten; aber es ist nicht wohlgethan, dass man den trägt, der selbst gehen kann.
15. Die Sitten des Gerechten lassen allezeit einen guten Geruch zurück. – Sailer, 238.
16. Die Sitten des Volks hängen von denen ab, die es regieren, sowie der Thon auf der Scheibe vom Töpfer abhängt, der ihm seine Gestalt gibt.
Die Finnen: Die Sitten sind in unserer Hand, die Gesundheit in Gottes. (Bertram, 68.)
17. Die sitten hond den ritten, gelt fehret auff hohen schlitten, armut aber muss zu fuss gehn. – Gruter, I, 21; Eyering, II, 708; Chaos, 740; Petri, II, 143; Henisch, 1041, 46; Zinkgref, IV, 357.
18. Die Sitten seiner Freunde soll man kennen, aber nicht hassen.
Holl.: De zeden uws vriends zult gij kennen, maar niet haten. (Harrebomée, II, 493a.)
19. Die Sitten vor die Lande sind mancher hande. – Petri, II, 143.
20. Edle Sitten sind der beste Adel.
Lat.: Nobilitas morum magis ornat quam genitorum. (Egeria, 118.) – Non opibus bona fama datur, sed moribus ipsis. (Cato.) (Philippi, II, 41.)
[577] 21. Es ist ein gämelicher Sit, dass ein Zers und ein Smit zu allen Ziten müessen stan, do sie ihr Antwerk wöllen han. – Eiselein, 658.
22. Es ist jetzt so ein Sitt, der nit schmeichelt, den liebt man nit. – Sutor, 724.
23. Es ist keine Sitte in der Tasche, keine Ehre im Beutel, er mag leer oder voll sein.
24. Es ist so 'ne Sitte, wer da kackt, der pisst auch mitte. (Breslau.)
25. Fremde Sitten bringen fremde Völker und neue Gäste.
26. Gute Sitte macht reich auch in der Hütte.
Lat.: Sat dotata venit, quae bene casta venit. (Philippi, II, 167.)
27. Gute Sitten sind die beste Aussteuer (oder: das beste Heirathsgut).
Die Finnen: Gute Sitten machen das Mädchen hübsch. (Bertram, 68.)
28. Gute sitten sind ein edel kleinot vnnd ein besser schatz, denn gelt vnd edelsteine, die kan kein dieb stelen. – Henisch, 694, 54.
29. Gute Sitten und Geld sind überall willkommen in der Welt.
Port.: Bons costumes e muito dinheiro, farão a men filho cavalleiro. (Bohn I, 270.)
30. Kindische Sitten stehen einem Kinde wohl. – Petri, II, 364.
31. Liebliche Sitten sind allzeit ein Saitenspiel.
Frz.: Les moeurs sont un collier de perles; ôtez le noeud, tout défile.
32. Liebliche Sitten (Geberden) sind über alles Saitenspiel und des Menschen zierlichstes Kleid.
33. Man kan nicht so bald andere Sitten vnnd gewonheit annehmen, als ein new Kleid anziehen. – Lehmann, 317, 42.
34. Ohne gute Sitten ist man nirgends gelitten.
35. Richte dich nach den Sitten des Landes, in dem du lebst.
Engl.: Do at Rome, as they do at Rome.
36. Schlechte Sitten machen gut Gesetz. – Eiselein, 228; Simrock, 9549; Graf, 18, 214.
37. Schlechte Sitten verwüsten mehr als die Pest.
Dän.: Bedre er vaade-ild i bye, end ond vane. (Prov. dan., 56.)
38. Sette geit vör Sibbe; Sibbe geit vör Swette. – Hauskalender, II.
39. Sitte geht vor Recht.
40. Sitte ist stärker als Recht.
In der Herzegowina heisst es: Besser ist's, dass das Dorf untergeht, als im Dorfe der Brauch. (Hausfreund, XVI, 519, 86.)
Böhm.: Starobylé obyčeje a chvalitebné zvyklosti za právo se pokládají. – Starobylost, jéžto není pamĕti, za právo jmína býti má. – Starobylost za právo se drží. (Rybicka, 982, 906 u. 1001.)
41. Sitte und Brauch hebt gemeines Recht auf. – Graf, 12, 152.
Altfries.: Syd ende pliga dio nympt dat sericum riucht op. (Hettema, XXVIII, 2, 222.)
Jüd.-deutsch: A Minheg (Gebrauch, Sitte) bricht a Din (Gesetz). In diesem, dem Talmud entlehnten Sprichwort, findet die Lebensfähigkeit des jüdischen Stammes ihren Ausdruck, welche eine durch den Zeitgeist gebotene und sanctionirte Sitte über das geschriebene Gesetz stellt.
42. Sitte wirkt mehr als alle Lehr'.
Holl.: 'T Volk dient zich met 't gebruik vel meer, dan van natuur en goede leer. (Harrebomée, II, 403.)
43. Sitten und Ceremonien, so an einem ort breuchlich, soll man halten, nicht tadeln. – Lehmann, 111, 2.
Lat.: Cum moribus simul fortuna vertitur. (Lehmann, 111, 2.)
44. Ueble Sitten schaffen strenge Gesetze. – Simrock, 9549.
45. Von schlimmen Sitten kommen gute Gesetze. – Graf, 17, 213.
Die Osmanen sagen: Sitte lernt man von der Unsitte. (Schlechta, 2.)
Isl.: Af vondum sidhum koma ghod log. (Jonssyni, 25.)
46. Wer an Sitten verliert, was er an Wissen gewonnen, der hat mehr verloren als gewonnen.
Der in diesem Sprichwort enthaltene Gedanke ist aus dem Lateinischen entlehnt und findet sich bei verschiedenen [578] Schriftstellern, doch meist in keiner dem deutschen Sprichwort entsprechenden Form.
Lat.: Qui proficit in literis, et deficit in moribus, plus deficit, quam proficit. (Seybold, 295; Zinkgref, III, 111; Binder II, 2796; Schonheim, Q, 14; Philippi, II, 136; Schulblatt, 481.)
47. Wer guter Sitten voll, thut alles recht und wohl.
Lat.: Homo frugi omnia recte facit. (Seybold, 221.)
*48. Nach karischer Sitte. (Altgriech.)
Wenn etwas Schmuziges, Schändliches, Unzüchtiges gethan wird.
49. Alte Sitte, gute Sitte.
50. Böse Sitten verderben eine Stadt mehr als Feuersbrunst.
51. Frantzösische Sitten, frantzösische Straffen. – Dietrich, I, 186.
52. Mit guten Sitten ist man überall gelitten. – Devisenbuch, 36.
53. Nach alter Sitt', in durst'ger Mitt', kommt, trinkt euch aller Sorgen quitt. – Frieske, 14.
54. Nichts verendert die sitten mehr, dan zeitlich gut vnd neuwe ehr. – Loci comm., 45.
Lat.: Mutantur mores, cum comitantur opes.
55. Schlechte Sitten im Land sind schlimmer als Krieg, Seuchen und Brand.
[1732] 56. Vier sitten haben die tirannen: gäh in greulichen thaten; vngeduldiger verheer der dürfftigen; wellen, es soll alles nach jhrem sinn fortgehn, nit nach dem Recht; wellen von niemds gestrafft oder gewisen werden. – Rasch, 116.
57. Wer noch gut' Sitt', Ehre, Tugend kann, den halt' ich für ein' Edelmann. Aber wer hat keine Tugend nit, kein Zucht, Scham, Ehre, noch gute Sitt', den acht' ich alles Adels leer, ob auch ein Fürst sein Vater wär'.
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