1. Auch die besten Saiten dürfen nicht immer gespannt sein.
2. Auf einer fetten Saite ist nicht gut geigen. – Parömiakon, 933.
Wohlleben ist nicht der Boden, auf dem ernste Arbeiten gedeihen.
3. Die dicksten Saiten brummen am längsten.
4. Die Saiten einer silbernen Harfe sind nie verstimmt.
5. Dünne Saiten schneiden mehr in die Finger als dicke.
6. Eine Saite klingt um so heller, je mehr man sie spannt.
7. Eine unreine Saite verdirbt den ganzen Accord.
8. Es ist um die Saiten geschehen, wenn der Esel die Geige (Harfe) stimmt (streicht).
Mhd.: Die snüere müezen brechen wol, swâ der esel klenket gîgen doene. (Zingerle, 193.)
9. Fette Saite gibt keinen Ton. – Parömiakon, 2981.
10. Gute Saiten verderben gute Sitten. – Parömiakon, 164.
11. Immer auf einer Saite spielen, ist hässliche Musik.
12. Je dicker die Saite, je tiefer der Ton.
13. Je mehr man die Saite spannt, je schöner klingt sie. – Parömiakon, 639.
Leiden und Widerwärtigkeiten bilden, veredeln den Charakter.
14. Man muss die Saiten also stimmen, dass sie zusammenlauten. – Lehmann, 166, 25.
15. Man muss die Saiten nicht zu hoch spannen.
16. Man muss stets zwei Saiten (Sehnen) auf dem Bogen haben.
17. Offt ist ein Sait im instrument, die falsch ist (oder: die nicht recht gestimmt), die soll man nit rühren. – Lehmann, 616, 41.
18. Saiten, die heut' noch klungen, sind morgen zersprungen. – Parömiakon, 2498.
Von der Hinfälligkeit des Menschen und aller Verhältnisse.
19. Verstimmte Saiten muss man nicht berühren.
20. Wenn die Saite am höchsten dohnet, so zuspringt sie. – Herberger, II, 563.
»Wenn die Seyte am hertesten wird dohne, so wird sie zuspringen; wenn's am ergsten wird seyn, wirds brechen.« (Herberger, Ib, 853.)
21. Wenn die Saite weich wird, platzt sie.
Durch sanfte Einwirkung wird auch das Feste weich und man kommt zum Ziel.
22. Wenn die Saiten gerichtet sind, ist bald viel gegeigt. (Rottenburg.)
23. Wenn die Saiten nicht gespannt sind, so haben sie keine Stimme. – Parömiakon, 2038.
24. Wenn ein oder Zwo Saiten nicht stimmen, so wird der Concent verderbt. – Lehmann, 813, 6.
[1841] 25. Wenn falsche Saiten in einem instrument sein, so laut es nicht. – Lehmann, 813, 6.
26. Wenn man die seyten zu hoch ziehet (spannt), so zerspringet sie. – Tappius, 205a; Lehmann, 934, 18; Lehmann, II, 831, 82; Simrock, 8681; Eiselein, 537; Sailer, 274; Felner, 83; Körte, 5165; Braun, I, 3695; Dove, 997.
Frz.: Par trop tirer, la corde rompt. (Masson, 294.)
Lat.: Funem abrumpere nimium tenendo. (Erasm., 636; Hauer, L2; Philippi, I, 165; Tappius, 205a.)
Poln.: I koń nad siłę nieskoczy. – Tak trzeba rzemień cią gnąć jako by się niezer wał. (Masson, 294.)
27. Wenn man Eine Saite aufzieht, muss man mehr aufziehen.
28. Wer die Saiten zu hoch will zwingen, dem können sie leicht zerspringen. – Chaos, 574.
Wer übertriebene Anforderungen macht, erhält oder erreicht gar nichts.
It.: Chi troppo tira la corda, la stroppa. – Chi troppo tira l'arco, lo spezza.
29. Wer goldene Saiten streicht, findet überall Tänzer.
Die Bulgaren sagen: Wer auf einer goldener. Gadulka geigt, der findet willige Tänzer. In Moskau: Wer auf einer goldenen Harfe klimpert, wird tausend Zuhörer haben, die sein Spiel preisen. (Altmann V.) Die Sicilier: Geld macht die Blinden singen. Die Basken: Für den Pfennig tanzt der Hund. (Reinsberg II, 108.)
30. Zu hoch gespannte Saiten reissen gern. – Blum, 723; Dove, 251 u. 552.
»Du spannest allzuhoch, die Saiten müssen springen.« (Gryphius, Räzelweisheit.)
Holl.: Die de snaar te sterk aandreivt, breekt haar. (Harrebomée, II, 278a.)
*31. A wielss gor uf linde Saiten geschmeert hon. – Robinson, 223.
*32. Alle Saiten anspannen.
Alle Mittel anwenden, um seinen Zweck zu erreichen.
Frz.: Employer le vert et le sec. – Il y va à rames et à voiles. (Lendroy, 1557.)
Holl.: Al de snaren van de viool spannen. (Harrebomée, II, 278a.)
*33. Andere Saiten aufziehen. – Chaos, 561; Eiselein, 537; Parömiakon, 859.
Andere, mildere oder ernstere Mittel anwenden, Massregeln ergreifen. Unter der Ueberschrift Zeitsprichwörter findet sich in der Abendzeitung (Dresden 1830, Nr. 260-262) eine dramatische Behandlung dieser Redensart »Die drei Farben, oder andere Saiten aufzuziehen.«
Frz.: Changer de batterie. – Changer de ton. (Kritzinger, 121a.) – Changer de gamme. (Lendroy, 306.) – Mettre de l'eau dans son vin. (Starschedel, 156.)
Holl.: Hij strijkt eene andere snaar aan. (Harrebomée, II, 278a.)
*34. Auf der letzten Saite spielen.
Es geht zu Ende mit Vermögen oder Leben.
Frz.: Il joue de son reste. (Lendroy, 1311.)
*35. Der hat gute Saten aufzogen. (Niederösterreich.)
Hat nachgegeben, seine Ansprüche, Forderungen, Sprache gemässigt.
*36. Die letzte Saite zerreissen.
*37. Die Saite darf man nicht anschlagen.
Diese Angelegenheit darf man nicht berühren.
*38. Die Saiten sind zersprungen. – Parömiakon, 1366.
*39. Die Saiten zu hoch spannen. – Parömiakon, 2753.
Mit seinen Forderungen zu weit gehen. Mit zu grosser Schärfe auf sein Recht dringen.
Dän.: At forspende buen. – Begynde sangen alt for høgt. – Forstemme strængene. (Prov. dan., 185.)
*40. Die unrechte Saite berühren. – Eiselein, 537.
*41. Eine Saite berühren. – Eiselein, 537.
*42. Einem die Saite spannen. – Körte, 5156a.
*43. Er kann blos auf Einer Saite geigen. – Gotthelf, Käthi, II, 72.
*44. Er spannt die Saiten (hoch). – Braun, I, 3696.
Holl.: Hij spant de snaren. (Harrebomée, II, 278a.)
*45. Etwas auf gelinde Saiten schmieren.
Mit ist diese Redensart nur in folgender Verbindung begegnet: Einer breslauer Kräuterin, welcher die Magd den Dienst in übermüthiger Form gekündigt hat, sagt: »Mei latige (mein Lebtage)! su a blutarm Mensch darf a sou reden, se wil's goar uf linde Seten geschmîrt hoan.« (Keller, 166b.)
*46. Gelindere Saiten aufziehen. – Lohrengel, II, 300.
Frz.: Filer doux. (Lendroy, 628.) – Il baisse la lance. (Kritzinger, 409b.) – Parler d'un ton plus bas. (Kritzinger, 59a.)
[1842] *47. Gute Seyten auffziehen. – Mathesy, 75a u. 178b.
»Gute saiten auffziehen vnd den leuten die ohren krawen.« (Mathesius, Postilla, CCVIIIIb.)
*48. Immer auf derselben Saite spielen (fiedeln).
Holl.: Hij strijkt altijd op de zelfde snaar. (Harrebomée, II, 278a.)
*49. Immer zwei Saiten auf dem Bogen haben.
Erasmus gab dem Ammonius folgenden guten Rath, um in der Welt fortzukommen: »Schäme dich keines Mittels, mische dich in alle Geschäfte, stosse jeden zurück, gib kein Quartier, wirf alle aus dem Vortheil, die du herauswerfen kannst, richte deine Freund- und Feindschaft blos nach dem Nutzen ein, den du daraus ziehest; gib nur denjenigen, welche dir weit mehr wiedergeben; sei äusserlich gefällig gegen jedermann in allen Dingen und habe immer zwei Saiten auf deinem Bogen.« (Welt und Zeit, IV, 150.) Molière empfahl diese Grundsätze in seiner komischen Laune ebenfalls: »Mettez vous dans la foule et tranchez du notable, coudoyez un chacun, point du tout de quartier, pressez, poussez, faites le diable, pour vous mettre le premier.«
*50. Man hat jhme die Saiten hart gespant. (S. ⇒ Garn 44.) – Lehmann, 935, 13.
*51. Seine Saiten spannen.
*52. Spann die saiten nicht zu vast. – Hauer, 110.
*53. Vpr olden Saiden trumpêden. – Kantzow, 117.
Soviel wie: das alte Lied singen.
*54. Ymmerzu auff einer seiten raspen. (S. ⇒ Liedlein 33.) – Franck, I, 49b; Körte, 5166.
Frz.: C'est la chanson de Ricochet. (Moscherosch, 429.)
Lat.: Eadem oberrare chorda. (Horaz.) (Binder I, 391; II, 921.)
Buchempfehlung
»Zwar der Weise wählt nicht sein Geschicke; Doch er wendet Elend selbst zum Glücke. Fällt der Himmel, er kann Weise decken, Aber nicht schrecken.« Aus »Die Tugend« von Albrecht von Haller
130 Seiten, 7.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro