Gebirgsflußregulierung

[321] Gebirgsflußregulierung (oder mit Rücklicht auf den vor der Regulierung meistens mit »Verwilderung« bezeichneten Zustand neuerdings [3] sehr zutreffend auch »Bändigung der Gebirgsflüsse« genannt), umfaßt die sämtlichen Korrektions- bezw. Regulierungsarbeiten, welche an einem Gebirgsflüsse vorkommen; vgl. a. Gebirgsfluß, Flußkorrektion, Flußregulierung, Uferdeckwerke u.s.w. sowie [1]–[19].

Eine Verwilderung und damit das Bedürfnis einer Regulierung entsteht bei übermäßigem Geschiebetransport, namentlich durch schädliche Geschiebeablagerung (oft durch geringfügige Ursachen, wie u.a. Stranden eines Baumes, hervorgerufen) und infolge davon Sohlenerhöhung, periodische Ueberschwemmungen und eintretende Versumpfung anstoßenden Geländes, sodann durch Sohlenangriffe, Uferabbrüche, Wandern bezw. Verschiebungen des Flußlaufes innerhalb des Flußtales, Bildung von Flußspaltungen, der diesen gewöhnlich vorausgehenden Serpentinen und deren Verschärfung bis zum Durchbruch, unter entsprechender Gefährdung von Kulturland und Auflandung natürlichen Flußgebietes.

Für die erstgenannten Erscheinungen in Form von schädlichen Sohlenerhöhungen und deren Folgen sind die in Seen einmündenden Gebirgsflüsse in ihrem natürlichen Zustande besonders charakteristisch. Infolge der Geschiebeablagerung an der Mündungsstelle (Delta- bezw. Geschiebekegelbildung) wird diese beständig weiter vorgeschoben. Der Flußlauf wird so am unteren Ende verlängert, das relative Gefälle entsprechend vermindert und die Flußsohle dem für den Geschiebetransport benötigten Gefälle entsprechend beständig erhöht. Eine durch Korrektion erreichte Verkürzung (mittels Durchstich, s.d., bezw. Verlegung der Mündung) bildet alsdann ein radikales Hilfs- bezw. Korrektionsmittel.

Eines der bedeutendsten Beispiele dieser Art von Regulierungen aus der Neuzeit bilden der bereits ausgeführte und der noch projektierte Fußgeher bezw. Diepoldsauer Durchstich des Rheins (internationale, d.h. schweizerisch-österreichische Rheinregulierung), von welchen in [3], [9] und [10] Uebersichten gegeben sind, auf die wir verweisen. Aus Fig. 1 ist das für den ersteren Durchstich gewählte Normalprofil (Doppelprofil) ersichtlich. Die mit a bezeichneten Partien des Querschnittes waren der Abschwemmung durch das in sein neues Bett strömende Wasser überlassen worden.

Da namentlich bei Gebirgsflüssen ein starker Wechsel in den Wasserabflußmengen auftritt, so ist die Anwendung eines normalen Doppelprofils für die Regulierung, namentlich bei verhältnismäßig flachem Talboden und größerer Talbreite, häufig. Der Flußschlauch bezw. dessen, Leitlinien werden dann durch submersible Leitwerke oder submersible Traversen bezw. Buhnen festgelegt. Der zwischen dem Flußschlauch und dem Hochwasserdamm bezw. -ufer gelegene Teil des Doppelprofils ist das Vorland. Falls zu dessen Bildung nur eine geringe Auflandungshöhe notwendig ist, können sogenannte besondere Verlandungstraversen bezw. Weidenpflanzungen (Fig. 2 und 3) zur Anwendung gelangen. Muß das Vorland durch Abgrabung bezw. auch Abschwemmung hergestellt werden, so kann dasselbe mittels sogenannter versenkter Traversen (als Grundschwellen), z.B. nach Fig. 4 (Querschnitt), gegen zu tiefe Abschwemmung geschützt werden. Gegen allfällige[321] unerwünschte Erweiterung des Profils durch Abschwemmung der Ufer können jene vorläufig einfach durch Spreutlagen (Fig. 5) geschützt werden.

Falls die Hochwasserabflußmenge verhältnismäßig klein ist oder aber falls zwar groß, doch nur einem mäßigen Vielfachen der Niederwassermenge entspricht, so kommen meistens einfache Profile zur Anwendung. In engeren und tiefer eingeschnittenen Tälern mit höheren Ufern und wo höhere Parallelwerke bezw. Hochwasserdämme leichter zu erstellen sind, werden diese dann als insubmersible Leitwerke mit entsprechenden Hochtraversen unter Aussparung von Verlandungsbreschen (Lücken) ausgeführt. Es werden aber auch zuweilen die Leitwerke bei einfachen Profilen zunächst submersibel und erst in einer späteren Periode zu eigentlichen Hochwasserdämmen, nach entsprechender Verlandung hinter denselben, ausgebaut.

Ein Beispiel dieser Art bildet das in Fig. 6 dargestellte einfache Normalprofil der Aarekorrektion von Böttstein bis zum Rhein, während im Gegensatz hierzu in Fig. 7 ein Stück des einfachen Normalprofils des Rheins im Kanton Graubünden (Domleschg) dargestellt ist, das aus überströmten submersibeln Parallelwuhren als Leitwerken und aus nicht überströmbaren Querdämmen (insubmersibeln oder Hochtraversen) gebildet ist.

Speziell bei Gebirgsflüssen werden die absichtlich hinter den Parallelwerken und zwischen den Traversen bewirkte Auflandung auch mit Kolmation (Kolmatierung), die so erfolgte Auflandung als Kolmations- oder kolmatiertes Gebiet und die regulierbaren Abschlüsse der Kolmationsöffnungen (Lücken) durch Schützen mit Kolmationsschleusen bezeichnet.

Im großen und ganzen wird bei Gebirgsflüssen überhaupt das Parallel- bezw. Leitwerksystem vorwiegend zur Anwendung gebracht. Eine Ausnahme mit reinem Buhnensystem bilden die Regulierungsbauten an der Rhone im Kanton Wallis. Dagegen wird sehr häufig mit dem Bau nur anfänglich als Buhnen wirkender Traversen begonnen und werden dann nach teilweiser Auflandung zwischen denselben die Leitwerke erst später erstellt (u.a. an der Thur).

Die die Wahl des einfachen bezw. doppelten Profils bestimmenden Verhältnisse zwischen Niederwasser- und Hochwasserabflußmengen sind z.B. sekundlich beim Rhein (zwischen Oesterreich und der Schweiz, an der unteren Strecke Doppelprofil, oberhalb einfaches Profil) 20 cbm und 3000 cbm, also 1 : 150, beim Tessin (Doppelprofil mit submersibeln Leitwerken längs des Schlauches), 15 cbm und 2500 cbm, also 1 : 170, bei der Rhone im Kanton Wallis oberhalb des Genfersees (Doppelprofil mit Buhnen) 12 cbm und 900 cbm, also 1 : 75, bei der Aare bei Böttstein dagegen (einfaches Profil mit Parallelwerken) 150 und 2300, also 1 : 16 (ausgleichender Einfluß der von der Aare selbst sowie von ihren Zuflüssen Limmat und Reuß durchflossenen Seen).

Bezüglich der Mündungen der Zuflüsse zu Gebirgsflüssen sind zu unterscheiden stumpf- bis rechtwinklige und spitzwinklige bis (in der Kurve) tangierende. Die letzteren weisen meistens einen zu großen Mündungsquerschnitt auf. Infolge hiervon sind Geschiebeablagerungen am zuflußseitigen Ufer des Hauptflusses im Mündungsquerschnitt selbst oder direkt unterhalb desselben eine gewöhnliche Erscheinung. Die bei jeder Mündung entstehende Störung der Abflußverhältnisse ist in vielen Fällen selbst durch Korrektion nicht gänzlich zu beseitigen. Die Korrektion fehlerhafter Mündungen ist vielfach von nicht geringer Bedeutung. Tangierende Mündungen sind stets zu vermeiden. Je kleiner der Zufluß im Verhältnis zum Hauptfluß, um so mehr sollte sich der Mündungswinkel einem rechten nähern.

Mit der Abwärtsverlegung der Mündung eines Zuflusses kann eine Vertiefung des Bettes des Hauptflusses an der Mündungsstelle und oberhalb derselben in dem Falle erzielt werden, wenn sein Gefälle unterhalb der ursprünglichen Mündung beträchtlich größer ist als oberhalb, und eine Erhöhung, falls dasselbe kleiner ist. Für den Zufluß, sofern dessen Gefälle wie gewöhnlich größer ist als das des Hauptflusses, wird in beiden Fällen eine Erhöhung des Bettes die Folge sein. Eine Vertiefung des Zuflusses kann aber zu erreichen sein, falls durch eine Aufwärtsverlegung der Mündung in dessen unterster Strecke sein relatives Gefälle daselbst vergrößert werden kann, wegen des geringeren Gefälles des Hauptflusses oder auch infolge einer Verkürzung jener Strecke.[322]

Außer den mittels Durchstichen bezw. Verlegung der Mündungen bewirkten Folgen erzielen auch die übrigen bei Flüssen überhaupt zur Anwendung gelangenden Korrektionsmittel eine Normalisierung und Erhaltung des Flußbettes und seiner Ufer durch Parallelwerke und Querbauten, die bei Gebirgsflüssen wohl in den mannigfachsten Konstruktionstypen zur Verwendung kommen. Bei den Uferschutzbauten ist namentlich infolge der viel größeren Beweglichkeit bezw. Veränderlichkeit der Sohle am Fuß der Uferböschung eine bewegliche, d.h. den Veränderungen selbsttätig anpassungsfähige Anordnung der diesen selbst schützenden Teile der Bauten von großer Wichtigkeit. Hierzu eignen sich besondere geschichtete oder geworfene Steinvorlagen und unter den künstlich hergestellten Sinkkörpern die nach ihrem Urheber benannten Gumppenbergschen kontinuierlichen Senkwalzen sowie die in dieser Absicht auf durch die Böschung des Ufers gebildete Gleitflächen gelagerten Steinschichtungen bezw. Steinschüttungen oder Stein- und Betonplattenabdeckungen. Sie haben alle den Zweck, sofort nach entstandenen, den eigentlichen Fuß des Ufers bedrohenden Sohlenvertiefungen in diese nachzurutschen und denselben zu schützen. In Fig. 1 (Fußgeher Rheindurchstich, Steinvorlage) sowie Fig. 8 (Dornbirner Aach, Vorarlberg), Fig. 8a [13] (Aarekorrektion unterhalb Thun) und Fig. 8b (Illerkorrektion, Oberkirchberg) sind solche Uferschutz- bezw. Böschungsfußsicherungsanlagen dargestellt. Bei den beiden ersteren sind geschichtete Steinvorlagen bezw. auf und ohne Bettung aus Faschinenbau verwendet. Die beiden letzteren kennzeichnen sich besonders durch die Verwendung von kontinuierlichen (Gumppenbergschen) Senkwalzen. Fig. 9 Hellt eine besondere, den genannten Zweck erfüllende Anordnung dar, bei der die aus einem doppelten Belag loser Betonplatten bestehende Abdeckung der Böschung aufeinander gleitend unbeschadet in die am Böschungsfuß entstandene Vertiefung nachrutschen kann [18] (Varfluß bei Nizza).

In Längs- und Querbauten werden je nach lokalen Verhältnissen, je nach Absicht auf eine größere oder geringere Permanenz der Werke oder je nach den finanziellen Hilfsmitteln Stein- wie Holz- bezw. Strauchwerksbauten verwendet. Als für Gebirgsflüsse charakteristische Steinbauten sind in Fig. 10 bezw. in Fig. 11a und 11b ein submersibles Leitwerk im Doppelprofil des Tessins (oberhalb Langensee, Schweiz) [16] und eine Steinbuhne mit Pfahlkranzkopf im Doppelprofil der Rhone (Kanton Wallis) dargestellt [1].

Im Gegensatz hierzu sind in Fig. 12a und 12b ein aus z.B. vier Doppel-, Längs- und Querlagen (sogenannten Böden) aufgebautes Leitwerk (daher vierbödiges Längswuhr für Thurkorrektion), in Fig. 13 ein in offener Flußstrecke (Wertach, Bayern [15]) aus Faschinat und Senkwalzen bestehendes Leitwerk und in Fig. 14a, 14b und 14c ein aus Wippenböden (Faschinat) zwischen Pfahlkranz aufgebautes Querwuhr (inklinante Buhne, Thurkorrektion) dargestellt.

Wie wohl auf keinem zweiten Gebiete des Bauwesens ist es bei Gebirgsflußregulierungen sowie bei Korrektionen bezw. Regulierungen von größeren Gewässern (namentlich Flüssen und Strömen) überhaupt notwendig, daß der von diesen durchflossene und daher vom allgemein wirtschaftlichen Standpunkte am Flusse direkt interessierte Staat oder die an denselben grenzenden oder von ihm durchschnittenen Staaten auf Grund gegenseitiger Verständigung nach einem einheitlichen[323] und womöglich das ganze Fluß- und Einzugsgebiet berücksichtigenden Plane über die vorzunehmenden Arbeiten und Bauten und die darauf bezüglichen Ausgaben entscheiden. Es ist hierbei ziemlich gleichgültig, ob die Interessen der Landeskultur, Fischerei, Flößerei, Schiffahrt und Ausnutzung der Wasserkräfte nur einzeln oder alle gleichzeitig in Betracht fallen. Der Zweck ist, bei der Möglichkeit rechtzeitiger Beschaffung der notwendigen Geldmittel, die Innehaltung einer systematischen Reihenfolge und die jenem einheitlichen Plane entsprechende und in technischer Hinsicht Gewähr bietende Ausführung der Arbeiten unter staatlicher Oberaufsicht, wenn nicht auch Bauleitung, zu sichern. Diese hat dafür Sorge zu tragen, daß die im vorausgehenden beschriebenen, durch das gewählte Korrektionssystem bedingten Einbauten und Schutzbauten rechtzeitig und ausreichend in beabsichtigter Weise auf das ganze Flußbett, die Ufer, das anstoßende Gelände einschließlich allfällig verlassener Flußarme (Altwasser und Gießen, s.d.), besonders aber auf die Sohle einwirken und zugleich unter Berücksichtigung aller im Flußgebiet bestehenden und von der Korrektion beeinflußten baulichen Anlagen (Stauanlagen, Brücken, Mündungen von Flüssen und Kanälen sowie Einrichtungen für Schiffahrt, Flößerei, Fischerei u. dergl. m.) den allgemein dringendsten Bedürfnissen zunächst Genüge geleistet werde. Die eigentlichen Schwierigkeiten bei Flußregulierungen liegen meist viel weniger auf dem technischen als auf dem wirtschaftlichen und besonders finanziellen bezw. auch rechtlichen Gebiete, indem bei der Aufstellung eines einheitlichen Planes die Besitzrechte einzelner Personen an dem Wasser sowohl wie die ganzer Gemeinden und andrer Korporationen zu berücksichtigen sind. Von besonderer Tragweite werden diese Verhältnisse, falls der Wasserlauf die Grenze zweier Staaten bildet und etwa infolge eines Durchstiches eine Verlegung erfahren soll. Beispiel: internationale Rheinregulierung zwischen Oesterreich und der Schweiz [9], [10].

In gleicher Weise sind aber auch über den künftigen Unterhalt der Korrektionswerke und die Oberaufsicht über das Gewässer einschließlich allfälliger Inseln (Werder) und alter Rinnen (Altwassergießen) in einheitlichen Wasserrechts- und Wasserbaugesetzen die nötigen Verfügungen zu treffen und ist deren Vollzug beständig zu überwachen.

Hand in Hand mit der Aufstellung eines Projektes zur Regulierung muß auch die Ermittlung des voraussichtlichen Kostenaufwandes während der einzelnen Bauperioden sowohl wie für die gesamte Regulierung gehen und für die Beschaffung der Bausummen bezw. der[324] alljährlich benötigten Kredite Ausweis geleistet und Vorsorge getroffen werden.

Auch diese Aufgabe wird meistens dadurch erschwert, daß während der einzelnen Bau- sowie teilweisen und daher unvollkommenen Wirksamkeitsperioden der Flußkorrektionen der Fluß selbst vielfachen, oft gar nicht zu kontrollierenden Aenderungen unterworfen ist (außerordentliche Hoch- bezw. Niederwasserstände). Infolge der oft nicht zu vermeidenden, das Endziel nachteilig beeinflussenden Einwirkungen der noch nicht korrigierten Strecken auf korrigierte oder der in der Regulierung begriffenen bezw. schon korrigierten Strecken auf die noch nicht korrigierten muß das anfänglich zugrunde gelegte Projekt seinerseits während des Fortschrittes der Bauten oftmals trotz aller Gründlichkeit der Vorarbeiten mehr oder weniger weitgehenden Aenderungen unterworfen werden, die nie ohne Einfluß auf den Kostenvoranschlag sind.

Aus diesen Umständen erhellt das weit über das Privatinteresse der anstoßenden Grundeigentümer hinausgehende allgemeine wirtschaftliche Interesse des Staates an einer solchen Regulierung. Schon die oft den direkten Nutzen einer Korrektion oder die Schätzung der durch Verbesserung der Vorflut zu verhütenden Schädigungen weit übersteigenden Kosten einer Regulierung bedingen deren Anhandnahme, Durchführung, Ueberwachung und Unterhalt in der Zukunft durch den Staat, da die einzelnen Anstößer, Private wie Gemeinden und andre Verbände, die dazu nötigen Mittel in den wenigsten Fällen aufbringen würden.

Die seitens des Staates auch an untergeordnete Korrektionen kleinerer Gewässer zu leistenden Subventionen sind nach dem prozentuellen Verhältnis der Totalkosten oft ganz bedeutende.

Die »Vorarbeiten« umfassen die genaue Aufnahme von Lageplan, eventuell auch die Herstellung von topographischen Karten, von Längenprofilen, Querprofilen (s. Längenprofil bezw. Querprofil der Flüsse), Messung und Beobachtung der Menge und Beschaffenheit von Wasser, Geschiebe und Treibzeug (Schwemmsel) sowie der Größe und Periodizität von Wasserständen im Fluß (an den Pegelstationen) und Niederschlagsmengen, ferner eine eingehende Untersuchung der geologischen, hydrographischen und meteorologischen Verhältnisse des gesamten Einzugsgebietes. Außerdem sind alle Veränderungen im Flußgebiete und die Richtigkeit bezw. Zuverlässigkeit allfällig vorhandener Resultate solcher bereits genannter Beobachtungen innerhalb einer beträchtlich in die Vergangenheit zurückgreifenden Zeitperiode festzustellen und darauf fußend unter Berücksichtigung aller in Frage kommenden Einflüsse für Schlüsse auf die Zukunft zu verwerten.

Auf Grund der Vorarbeiten wird dann der allgemeine Regulierungsentwurf (Projekt) bearbeitet, für welchen die Festlegung der Richtungslinie und damit des relativen Gefälles für die verschiedenen Strecken sowie die Festsetzung des Normalprofiles als Balis dienen muß.

Bei Gebirgsflüssen mit ihren stark wechselnden Wasser- und Geschiebemengen tritt dann auch schon eine richtige Bestimmung des Koeffizienten k in der für die Bestimmung des Normalprofiles maßgebenden Formel v = kr α (s. Hydraulik) als wesentliche Unsicherheit in den Vordergrund.

Bildet auch die Verbesserung der Flußläufe einschließlich der namentlich in ihren oberen Gebieten in Betracht zu ziehenden Anlagen und Vorkehrungen – bei Gebirgsflüssen zur Hemmung bezw. Abschwächung der Geschiebebildung bezw. Zufuhr sowie Unschädlichmachung der Geschiebebewegung (s. Wildbäche und Runsen), aber auch mehr vereinzelt im Flachlande zur Verminderung der Anschwellungen durch Verzögerung des Abflusses der Hochwasser (Stauseen, s.a. Retentionsvermögen der natürlichen Seen) – ein sehr wirksames Mittel zur Abschwächung, wenn nicht gänzlichen Behebung der durch mangelhafte Vorflut entstehenden Wasserschäden, so kann dieselbe auch anderseits nachteilige Folgen haben. Diese können sein: übermäßige Vertiefung der Sohle, die besondere unvorhergesehene Befestigungen erfordert, übermäßige Senkung oder Hebung des Grundwasserspiegels in angrenzenden Gebieten, ungünstige Beeinflussung der Ergiebigkeit von. Quellen sowie der Ausbeutung von Naturprodukten, aber auch die Veranlassung zur Verschlechterung der Verhältnisse an vor der Korrektion in befriedigendem Zustand befindlichen Flußstrecken und der infolge davon nachträglich benötigten Ausdehnung der Korrektion auch auf diese.[325]

So soll denn auch ein der Korrektion als Grundlage dienendes Projekt stets begleitet sein von einem ausführlichen Erläuterungsbericht (Denkschrift), der außer den erwähnten Kostenvoranschlägen Zweck, Aufgabe und Mittel für voraussichtliche Vor- und Nachteile bezw. Folgen der Korrektion für alle Privaten, Gemeinden, Wasser-, Fischerei-, Schiffahrts- eventuell Flößereiinteressen bezw. -rechte klarlegt und darauf gestützt die Regulierung motiviert.

Sollen die Gebirgsflußregulierungen von ganzem Erfolg sein, so müssen mit denselben Hand in Hand bezw. denselben vorausgehen die Verbauung aller zufließenden Wildbäche, eine Verbauung der Runsen und Lawinenzüge, Entwässerung und Konsolidierung aller tributären Rutschgebiete, Aufforstung und Bepflanzung kahler Hänge und Ufer zum Zweck möglichster Verminderung der Geschiebeführung schon im Ursprungsgebiete sowie eine eventuelle Entwässerung des Hinterlandes durch eine sogenannte Binnengewässerkorrektion, Verbesserung der Vorflut aller Zuflüsse durch Korrektion oder Verlegung der Mündungen bezw. Anlage eines besonderen Binnengewässer-(Sammel-) kanals mit zweckentsprechenden Vorflutverhältnissen. Aus der Verbindung aller dieser Korrektionsarbeiten entstehen die sogenannten zusammengesetzten Korrektionswerke. Vgl. a. Wildbäche.


Literatur: [1] Salis, A. v., Das schweizerische Wasserbauwesen, Organisation, Leistungen und Bausysteme, Bern 1883. – [2] v. Gumppenberg-Pöttmes, Der Wasserbau an Gebirgsflüssen, Augsburg 1860. – [3] Kreuter, F., Bändigung der Gebirgsflüsse, Handbuch der Ingenieurwissenschaften, 11. Kap., Leipzig 1900. – [4] Franzius, L., Der Wasserbau, 2. Kap., und Frauenholz, W., Regulierung der Gebirgsflüsse, Handbuch der Baukunde, Berlin 1890. – [5] Doell, A., Die Regulierung geschiebeführender Wasserläufe und des Oberrheins, Fortschritte der Ingenieurwissenschaften, Leipzig 1896. – [6] Hilgard, K.E., Wasserbau, Kap. E, Die Regulierung der Gebirgsflüsse, Schweiz. Ingenieurkalender, Zürich 1906. – [7] Wolf, A., Beschreibung der Korrektion geschiebereicher Flüsse durch schwebende Bauanlagen, München 1893. – [8] Faber, Reisebericht: Wolfsche Bauweise zur Regulierung geschiebeführender Flüsse, Deutsche Bauzeitung 1895. – [9] Krapf, P., Die Rheinregulierung zwischen Oesterreich und der Schweiz, Oesterr. Monatsschr. s. öffentl. Baudienst, Heft 10, Wien 1898; Ders., Die Geschichte des Rheins zwischen dem Bodensee und Ragaz, Schriften d. Ver. f. Gesch. d. Bodensees, 1901, Heft 30, S. 119 ff. – [10] Wey, J., Die Rheinregulierung zwischen Oesterreich und der Schweiz, Bregenz und Buchs 1893; Ders., Die Korrektionsarbeiten im Rheintal, Rorschach 1898. – [11] La Nicca, R., Juragewässerkorrektion, Bern 1881. – [12] Morlott, A. v., Juragewässerkorrektion, Schweiz. Bauztg., Okt./Nov. 1895. – [13] Zürcher Aarekorrektion zwischen Thun und Uttigen, Allg. Bauztg. 1876. – [14] Wetli, K., Tößkorrektion, Zürich 1877. – [15] Nosek, Th., Regulierung der Gebirgsflüsse, Brünn 1881. – [16] Martinoli, G., Correzzione del Fiume Ticino, Einsiedeln 1896. – [17] Siedeck, R., Studie über Normalprofile geschiebeführender Gewässer, Wien 1905. – [18] Lernet, A., Bewegliche Uferschutzbauten und Sohlenversicherungen, Wien 1901. – [19] Pestalozzi, C., Die Geschiebebewegung und das natürliche Gefälle der Gebirgsflüsse, Zürich 1878. – Vgl. a. die Literatur unter Flußregulierung und Wildbäche.

Hilgard.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8., Fig. 8b.
Fig. 8., Fig. 8b.
Fig. 8a.
Fig. 8a.
Fig. 9.
Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 10.
Fig. 11a.
Fig. 11a.
Fig. 11b.
Fig. 11b.
Fig. 12a., Fig. 12b.
Fig. 12a., Fig. 12b.
Fig. 13.
Fig. 13.
Fig. 14a., Fig. 14b., Fig. 14c.
Fig. 14a., Fig. 14b., Fig. 14c.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 321-326.
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