Historische Zeitschriften

[383] Historische Zeitschriften allgemeinen Inhalts sind in der letzten Zeit in allen Ländern in großer Zahl entstanden (über die provinzialen und lokalen s. Historische Vereine). In Deutschland haben die ältern Unternehmungen der Art, das »Archiv für Geschichte und Literatur« von Schlosser und Bercht (Frankf. 1830–35, 6 Bde.), die »Historisch-politische Zeitschrift« von L. Ranke (Hamb. u. Berl. 1832–1836, 2 Bde.) und die »Zeitschrift für Geschichtswissenschaft« von A. Schmidt (Berl. 1844–48, 9 Bde.), nur eine kurze Lebensdauer gehabt; erst die von H. v. Sybel 1859 begründete, seit Band 62 von ihm und M. Lehmann, seit Band 73 von Sybel und F. Meinecke, seit Band 76 von H. v. Treitschke und Meinecke, seit Band 77 von letzterm allein herausgegebene[383] »Historische Zeitschrift« hat sich dauernden Bestandes zu erfreuen gehabt (Münch. 1859–1904, 93 Bde.). Ihr zur Seite stand das »Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde«, dessen erste 12 Bände in zwangloser Folge erschienen (Bd. 1–3 von Büchler und Dümge, Bd. 4 ff. von G. H. Pertz, Hannov. 1824–74) und das dann in dem als Organ der Zentraldirektion der »Monumenta Germaniae historica« regelmäßig fortgeführten »Neuen Archiv der Gesellschaft« etc. eine Fortsetzung erhielt (Bd. 1–13 von W. Wattenbach, Bd. 14–28 von H. Breßlau, Bd. 29 u. 30 von E. Steinmeyer, Hannov. 1874–1904), deren Inhalt aber auf das Mittelalter beschränkt blieb. Für die Geschichte des Altertums sind erst neuerdings die »Beiträge zur alten Geschichte« von C. F. Lehmann (Leipz. 1901–04, 4 Bde.) geschaffen. Als Organ der Historischen Kommission bei der Münchener Akademie der Wissenschaften wurden die »Forschungen zur deutschen Geschichte« begründet, die nach dem Tode ihres Herausgebers G. Waitz eingingen (Götting. 1862–86, 26 Bde.). Auf katholischem Standpunkte steht das »Historische Jahrbuch« der Görres-Gesellschaft (Bd. 1–3 von G. Hüffer, Bd. 4–5 von Gramich, Bd. 6–11 von H. Grauert, Bd. 12 ff. von Grauert, L. Pastor und G. Schnürer, jetzt von Weiß, Münster 1880–82, Münch. 1883–1904, 25 Bde.). Neben die Historische Zeitschrift trat die »Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft« von L. Quidde, seit Band 13 fortgesetzt von G. Seeliger (Freiburg 1889–98, 14 Bde.), deren Neue Folge die »Historische Vierteljahrschrift« von Seeliger (Leipz. 1898–1904, 7 Bde.) bildet. Eine besondere, durch ihren Titel angezeigte Richtung verfolgten die »Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Literatur- und Kunstgeschichte« von H. v. Zwiedineck-Südenhorst (Stuttg. 1884–88, 5 Bde.) und die »Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte« von J. H. Müller und J. Falke (Nürnb. 1856–59, 4 Bde.; neue Folge von Müller allein, Hannov. 1872–75, 4 Bde.), die unter gleichem Titel 1890 von Chr. Meyer wieder aufgenommen wurde (Berl. 1890–93, 3 Bde.) und seit 1893 unter Leitung von G. Steinhaufen erschien, der statt ihrer seit 1903 ein »Archiv für Kulturgeschichte« herausgibt. Lediglich Anzeigen neu erschienener Schriften enthalten die seit 1873 von der Historischen Gesellschaft in Berlin herausgegebenen »Mitteilungen aus der historischen Literatur«, redigiert von F. Hirsch.

Österreich hat nur wenige h. Z. von allgemeiner und zugleich größerer Bedeutung, die »Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung«, die E. Mühlbacher redigierte und seit seinem Tode O. Redlich herausgibt (Innsbr. 1880–1904, 25 Bde. und 6 Ergänzungsbände) und das von der Wiener Akademie herausgegebene »Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen«, jetzt »Archiv für österreichische Geschichte« (Wien 1848–1904, 92 Bde.). Für Ungarn sind »Századok« (»Jahrhunderte«) und »Történelmi Tár« (»Historisches Magazin«), die Organe der Historischen Gesellschaft in Budapest, zu erwähnen.

Für die Schweiz nennen wir nur die von der Allgemeinen geschichtsforschenden Gesellschaft dieses Landes herausgegebenen historischen Zeitschriften: den »Anzeiger für schweizerische Geschichte« (Bern 1870–1904, 14 Bde.; jetzt hrsg. von W. v. Mülinen, das »Archiv für schweizerische Geschichte«, Zürich 1843–1876, 20 Bde.) und dessen Fortsetzung, das von G. Meyer von Knonau herausgegebene »Jahrbuch für schweizerische Geschichte« (das. 1876–1904, 29 Bde.). In den Niederlanden sind die »Bijdragen veer vaderlandsche geschiedenisen oudheidkunde«, hrsg. zuerst von J. A. Nijhoff, jetzt von P. J. Blok und P. L. Muller (Arnhem 1836–68; 's Graven haage 1869–4904, 34 Bde.), die wichtigste Zeitschrift. Für Belgien erwähnen wir den seit 1839 in Gent erscheinenden »Messager des sciences historiques«, die 1834 begonnene »Comptes rendus des séances de la commission royales d'histoire« und die von H. Kurth redigierten, nur Rezensionen enthaltenden »Archives belges« (Namur 1899, Lüttich 1900–04, 6 Bde.). Reicher ist die Zeitschriftenliteratur Frankreichs. Zu dem »Cabinet historique« (Par. 1855 ff., Bd. 1–22 von L. Paris, Bd. 23 ff. von U. Robert) und dem »Investigateur« (das. 1834–1904, 70 Bde.), dessen Fortsetzung seit 1865 »Revue de la Société des études historiques« und jetzt »Revue des études historiques« heißt, kamen die auf katholischem Standpunkte stehende »Revue des questions historiques« (das. 1866–1904, 76 Bde.), die bis 1902 von G. du Fresne de Beaucourt und seit dessen Tode von P. Allard herausgegeben wird, und die von G. Monod herausgegebene liberale »Revue historique« (das. 1876–1904, 85 Bde.), ferner neuerdings die »Revue d'histoire diplomatique« (das. 1887 ff.), die »Revue d'histoire moderne et contemporaine« (das. 1899 ff.) und die »Revue de synthèse historique« (das. 1900 ff., von H. Berr). Spezieller der Geschichte des Mittelalters zugewendet sind die »Bibliothèque de l'école des chartes« (Par. 1839–1904, 64 Bde.) und »Le moyen-âge« (das. 1888–1904, jetzt hrsg. von Marignan, Prou, Wilmotte und Vidier). Eine sehr große Zahl von historischen Zeitschriften wird in Italien herausgegeben, aber die meisten mit provinzialer Beschränkung; einen allgemeinen Charakter haben nur das hauptsächlich von G. Capponi begründete »Archivio storico italiano«, das seit dem Tode C. Paolis (s. d.) von A. del Vecchio redigiert wird (Flor. 1842) und 1904 beim 34. Bande der 5. Serie steht, ferner die seit 1892 in Pisa erscheinenden »Studi storici« von A. Crivellucci und E. Pais, das »Bullettino dell' Istituto storico italiano« (Rom 1886 bis 1904, 24 Hefte) und die »Rivista storica italiana« (Turin 1881 ff., Rom 1884 ff., von C. Rinaudo), die aber jetzt nur Rezensionen bringt. Hierzu kommt noch die von Tropea begründete, dann von ihm, Beloch und Pais herausgegebene »Rivista di storia antica« (Messina 1895–1900, 5 Bde.). Schließlich sei für Südeuropa noch das »Memorial historico español«, herausgegeben von der Academia de la historia (Madr 1851–1904, 43 Bde.) und das seit 1877 erscheinende »Boletin« dieser Akademie genannt.

Unter den englischen historischen Zeitschriften hat nur die »English historical review«, begründet von M. Creighton, seit 1891 herausgegeben von S. R. Gardiner und R. Poole, seit Gardiners Tode von dem letztern allein (Lond. 1886–1904, 19 Bde.) eine größere allgemeine Bedeutung; an sie schließen wir gleich die »American historical review« von R. F. Jameson (New York 1895–1904, 9 Bde.) an. Für Dänemark sind zu erwähnen die »Annaler (seit 1866 »Aarboger«) for nordisk oldkyndighet og historie« (Kopenh. 1851–1904, 52 Bde.), die seit 1836 in französischer Sprache erscheinenden »Mémoires de la société des antiquaires du Nord« (bis 1902, 10 Bde.) und die »Historisk Tidsskrift«, herausgegeben von dem jeweiligen Schriftführer der Danske historisk forening (Kopenh. 1840–1904, 41 Bde.); für [384] Schweden die »Antiqvarisk Tidsskrift for Sverige«. bis 1880 herausgegeben von Bror Emil Hildebrand, seitdem von dessen Sohn Hans Hildebrand (Stockh. 1864 ff., 16 Bde.), sowie die seit 1875 erscheinenden »Meddelanden frå Svenska riksarchivet«; für Norwegen die von der Norske historiske forening herausgegebene »Historisk Tidsskrift« (Christiania 1871 ff.); für Rußland endlich das »Magazin der kaiserlich russischen historischen Gesellschaft« (»Sbornik imperatorskawo Russkawo istoritscheskawo obschtschestwa«, St. Petersb. 1867 bis 1904, 117 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 383-385.
Lizenz:
Faksimiles:
383 | 384 | 385
Kategorien:

Buchempfehlung

Reuter, Christian

L'Honnête Femme oder Die Ehrliche Frau zu Plißine

L'Honnête Femme oder Die Ehrliche Frau zu Plißine

Nachdem Christian Reuter 1694 von seiner Vermieterin auf die Straße gesetzt wird weil er die Miete nicht bezahlt hat, schreibt er eine Karikatur über den kleinbürgerlichen Lebensstil der Wirtin vom »Göldenen Maulaffen«, die einen Studenten vor die Tür setzt, der seine Miete nicht bezahlt.

40 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon