Molĭtor

[38] Molĭtor, 1) Gabriel Jean Joseph, Graf, Marschall von Frankreich, geb. 7. März 1770 zu Hayingen (Hayange) in Deutsch-Lothringen, gest. 28. Juli 1849, trat nach dem Ausbruch der Revolution als Hauptmann in ein Freiwilligenbataillon, kommandierte im Feldzug von 1793 unter General Hoche eine Infanteriebrigade und war dann abwechselnd bei der Rhein-, Mosel- und Donauarmee unter Pichegru, Kléber, Moreau und Jourdan tätig. 1799 unter Masséna, bemächtigte er sich der schweizerischen Urkantone, die er unter schwierigen Kämpfen gegen Suworow behauptete. Im Feldzug von 1800 unter Moreau bei der Rheinarmee, trug er wesentlich zum Siege bei Möskirch (4. Mai) bei. 1801 zum Divisionsgeneral ernannt, folgte er 1805 Masséna nach Italien. In Dalmatien, wohin er nach dem Frieden von Preßburg als Generalgouverneur gesandt wurde, erwarb er sich um die neue Organisation des Landes Verdienste, entsetzte 1806 Ragusa und erfocht mehrere Vorteile über die Russen und Montenegriner. 1807 befehligte er in Pommern, focht bei Damgarten und Löbnitz mit Glück gegen die Schweden und eroberte Stralsund. Napoleon I. verlieh ihm darauf den Grafentitel und große Dotationen. Auch an den Feldzügen 1809 und 1814 nahm er ruhmvollen Anteil. Nach der Abdankung Napoleons unterwarf er sich den Bourbonen und ward als Generalinspektor der Infanterie angestellt. 1823 befehligte er das 2. Korps der spanischen Interventionsarmee, worauf er den Marschallstab und die Pairswürde erhielt; 1827 ward er Sekretär der Pairskammer, in der er öfters als Redner auftrat. Später wurde er von Ludwig Philipp zum Kommandanten der Invaliden, 1849 von Ludwig Napoleon zum Großkanzler der Ehrenlegion ernannt. In Nancy ward ihm eine Statue errichtet.

2) Franz Joseph, philosoph. Schriftsteller, geb. 8. Juni 1779 in Oberursel bei Frankfurt, gest. 23. März 1860 als Privatgelehrter in Frankfurt, hat sich, durch Görres und Friedrich Schlegel angeregt, in seinen »Ideen zu einer künftigen Dynamik der Geschichte« (Frankf. 1805) der philosophischen Betrachtung der Weltgeschichte, in seinem unvollendet gebliebenen Werk »Philosophie der Geschichte, oder über Tradition« (Frankf u. Münst. 1827–53, 4 Bde.) unter dem Einfluß der Schriften Franz Baaders (s. d. 2) dem Studium der Kabbala zugewendet, deren Bedeutung darin liegen soll, daß sie Mystik erwecke und so die eigentlich christliche Philosophie erst ermögliche.

3) Wilhelm, ultramontaner Dichter und Schriftsteller, geb. 24. Aug. 1819 in Zweibrücken, gest. 11. Jan. 1880 in Speyer, stand erst als Jurist im Staatsdienst, studierte dann seit 1849 in Bonn noch Theologie, erhielt 1851 die Priesterweihe und wurde 1857 zum Domkapitular in Speyer ernannt. Nebenbei wirkte er noch bis 1865 als Professor der Kunstgeschichte und Homiletik am Priesterseminar daselbst und wurde 1868 vom Papst Pius IX. zur Teilnahme an den Vorarbeiten für das vatikanische Konzil nach Rom berufen. M. veröffentlichte: »Über kanonisches Gerichtsverfahren gegen Kleriker« (Mainz 1856); »Das Theater in seiner Bedeutung und in seiner gegenwärtigen Stellung« (Frankf. 1866); »Über Goethes Faust« (Mainz 1869); »Brennende Fragen« (das. 1874); die kanonistische Studie »Die Dekretale Per venerabilem vor Innozenz III. etc.« (Münst. 1876); sodann eine Reihe poetischer Erzeugnisse (zum Teil unter den Pseudonymen N. Ulrich Riesler und Bruno Bronner), darunter: »Domlieder« (2. Ausg., Speyer 1864); mehrere Romane, dramatische Dichtungen[38] und Legenden etc. Nach seinem Tode erschien ein Band »Gedichte« (Mainz 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 38-39.
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