Sand [1]

[535] Sand, loses klastisches Gestein, dessen Einzelbestandteile die Größe einer Erbse in der Regel nicht übersteigen. Je nach der Größe des Kornes unterscheidet man Grand oder Grus, Perlsand, groben, seinen S. (Triebsand, Quellsand), Mehl-, Staub-o der Flugsand (s. d.). Die Körner sind bald abgerundet, bald eckig, selten mehr oder weniger vollkommene Kristalle. Die verschiedensten Mineralien und Gesteine, selbst Korallen und Muschelschalen, können durch Zerkleinerung S. liefern. Je nach der Natur dieser Substanzen widerstehen die Sande den Angriffen der Atmosphärilien oder ändern unter deren Einfluß allmählich ihre Beschaffenheit. Die unveränderlichen Sande (z. B. reiner Quarzsand) ebensowohl wie die veränderlichen, die nur aus auslaugbaren Bestandteilen bestehen (z. B. Kalksand), sind unfähig, eine Erdkrume zu bilden, während Sandsorten, die zersetzbare und stabile Mineralsubstanzen zugleich enthalten, die für die Erhaltung des pflanzlichen Lebens notwendigen Bedingungen erfüllen können. Man unterscheidet: 1) Quarzsand, selten aus Quarz allein bestehend, gewöhnlich mit 2 bis 20 Proz. sonstiger Mineraltrümmer (Feldspat, Glimmer, Kalk) gemengt. Ost wird der Quarzsand eisenschüssig, indem sich die Körner mit einer Rinde von Brauneisenstein umziehen. Durch diese hermetische Einhüllung auch der dem Quarzsand beigemengten zersetzbaren Bestandteile wird der S. höchst unfruchtbar, besonders wenn sich das Material zu Sandsteinen verfestigt. Gelegentliche Beimengungen von Edelsteinen (Diamant, Spinell, Granat, Hyazinth) oder von Metallen (Gold, Platin, Zinnerz) führen an vielen Orten zu einer Gewinnung dieser Bestandteile (vgl. Seifengebirge). 2) Kalksand, ein aus losen Kalksteinkörnchen bestehender S., tritt häufig als Flugsand auf und ist nicht selten aus Korallenkalk durch die Brandung gebildet (Korallensand, vgl. Koralleninseln). Ost ist er reich an Einschlüssen zertrümmerter Tierreste (Muschelsand, Knochensand) und enthält neben den Kalksteinkörnchen auch noch Quarz (Quarzkalksand). 3) Dolomitsand, fast nur aus dolomitischen Körnern gebildet, entsteht häufig durch Zerfallen dolomitischer Gesteine, soz. B. in dem Zechstein Thüringens und Hessens sowie an einzelnen Stellen der Schwäbischen Alb. 4) Glaukonitsand (Grünsand) ist ein Gemenge von Quarz und Glaukonit (s. Grünerde). 5) Magneteisensand, aus vorwaltendem Magneteisen mit Augit, [535] Granat, Zirkon, Spinell, Quarz, wohl auch Platin und Gold führend, ist meist ein Ausschlämmungsprodukt zerfallener magneteisenreicher Gesteine, das in Bach- und Flußbetten kristallinischer und zumal vulkanischer Gebiete (Neapel, Kaiserstuhlgebirge, Eifel) dünne Absätze bildet. 6) Vulkanischer S. (Lavasand) findet sich oft in mächtigen Ablagerungen in der Nähe von Vulkanen (s. d.) und besteht aus Lavabröckchen, oft auch überwiegend aus Kristallen und Kristallfragmenten der in den Laven auskristallisierten Mineralien (Augit, Leucit, Sanidin, Granat etc.). Gröbern vulkanischen S., dem Grus entsprechend, bilden die Lapilli (Rapilli), während das feinste staubähnliche Zertrümmerungsmaterial die vulkanische Asche ist. – Die Sande sind wesentlich Produkte der mechanischen Zertrümmerung von Gesteinen; besonders häufig entstehen Sande durch Zerfallen von Sandsteinen. Beim Transport durch natürliche Wasserläufe werden die Bestandteile der Sande dem spezifischen Gewicht entsprechend sortiert, und die Atmosphärilien verändern durch Wegführen der löslichen Bestandteile allmählich die Natur der Sande. So bildet sich besonders da, wo nicht durch sorgfältige Erhaltung des Waldbestandes und der fallenden Streu oder durch Düngen landwirtschaftlich benutzter Flächen wenigstens einigermaßen der Auswaschung entgegengewirkt wird, ein von fast allen Mineralstoffen (mit Ausnahme der Kieselsäure) befreiter, schwach humoser, unfruchtbarer, weißer oder grauer S., der sogen. Bleisand, der in den Heidegebieten, zumal Norddeutschlands, in der Regel 10 bis 30 cm mächtig, direkt unter der Vegetationsschicht oder unterhalb der aus dieser hervorgegangenen humosen Sandschicht lagert. Die Sande sind meist an die jüngern Formationen (Alluvium, Diluvium und Tertiär) gebunden. Aber auch in ältern treten sie mitunter in mächtigen Ablagerungen auf, so in der Kreideformation, ja selbst im Silur (Rußland). Über die für die heutige Konfiguration der Erde so wichtigen Dünen- und Wüstensande s. Dünen und Wüste. Manche Sande, wie der Strandsand bei Kolberg in Pommern und an der ostpreußischen Küste, die jurassischen Quarzsande auf Bornholm etc., geben unter dem Tritt des Wanderers eigentümliche, schrille Töne von sich (klingender S.), besonders dann, wenn bei nachlassendem Wind oder zurücktretender See der Strand frisch entblößt und im Sonnenschein und Wind rasch getrocknet ist. Klingende Sande finden sich auch häufig in der Wüste, z. B. am sogen. Tönenden Berge (Dschebel Negus) am Roten Meer, am Sinai etc.; es sind reine, nicht mit Staub oder tonigen Bestandteilen gemischte, kieselige oder kalkige Sande, die im trockenen Zustande, sobald sie durch den Wind oder künstlich, mit Hand oder Fuß bewegt werden, bei dem Abgleiten an den Böschungen einen tiefen Ton, ein oft mehrere Minuten anhaltendes Brummen, dem einer Dynamomaschine vergleichbar, von sich geben, meist ganz verschieden von dem des Küsten sandes. – Über die Bedeutung des Sandes als Bodengemengteil s. Boden, S. 118, und Flugsand. Reine, namentlich eisenfreie Quarzsande dienen zur Glasfabrikation, glaukonitische Sande (und Sandsteine) wegen ihres Gehalts an dem kalireichen Glaukonit und gelegentlich auch an Phosphat als mineralische Dünger (New Jersey), sonstige Varietäten als Schleifmaterial (vgl. Sandstrahlapparat), als Zusatz bei der Bereitung des Mörtels, als Formsand, als Scheuer- (Stuben-, Reib-) und Streusand. Über Triebsand s. d., auch Flugsand und Schwimmendes Gebirge. Vgl. E. Birnbaum, Der Sandboden, seine Kultur und Bewirtschaftung (Bresl. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 535-536.
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