[404] Dünkirchen (fr. Dunkerque), 1) Arrondissement im französischen Departement Nord; 14 QM., 90,000 Ew. in 6 Cantonen; 2) Hauptstadt darin an der Nordsee, in einer sandigen Ebene in der Nähe der flandrischen Dünen, eine der bedeutendsten Fabrik- u. Handelsstädte Frankreichs, Festung zweiten Ranges u. Kriegshafen; hat schöne öffentliche Plätze (Champ-de-Mars u. Place de Jean Baert mit einem 1806 errichteten Denkmal dieses Seehelden), St. Eloykirche, 1440 erbaut, nach dem Muster des römischen Pantheons, Rathhaus, 16.42 erbaut, große Kasernen (bis zu 6000 Mann fassend), Börse, Marinepalais; Hafen für 200 Schiffe, gute, durch Sandbänke gesicherte Rhede mit mehreren Leuchtfeuern; Unterpräfectur, Civil- u. Handelstribunal, Douanedirection, Navigationsschule mit Sternwarte, Zeichen-, Mathematische u. Bauschule, öffentliche Bibliothek, Ackerbaugesellschaft, 2 Hospitäler, Kranken- u. Arbeitshaus, Theater, Seebäder; Gewerbthätigkeit in Eisen, Kupfer, Porzellan, Glas (bes. Spiegeln), Thonwaaren, Tabak (Dünkirchner Schuupftabak od. St. Omer, s.d.), Stärke, Seife; Bierbrauereien u. Branntweinbrennereien, Seilerei, Schiffswerfte, Zucker- u. Salzraffinerie; starke Fischerei (jährlich gehen eine große Anzahl von Schiffen nach Island, Neufundland etc. auf den Wallfisch-, Stockfisch- u. Häringsfang; über 50 Schiffe betreiben den Küstenfischfang); lebhafter Handel mit Colonialwaaren, Wein, Branntwein (Genèvre), Getreide, Steinkohlen u. den oben genannten Fabrikaten. Kanalverbindung mit Bergues, Bourbourg, Nieuport u. Furnes (der letztere Kanal führt den Namen Dünkirchner Kanal); regelmäßige Dampfpacketbootfahrt nach Havre, Rotterdam, Hamburg, Lübeck, Kopenhagen u. Petersburg; Eisenbahn über Hazebrouck nach Lille, zum Anschluß an die Pariser Nordbahn; 24,560 Ew. D. ist der Geburtsort Jean Baert's u. des Generals Guilleminot. D. war Anfangs ein Dorf, um 960 ließ es Graf Balduin von Flandern mit Mauern umgeben, den Namen verdanktes der auf den Dünen stehenden Kirche St. Eloy, die weit im Meer gesehen wurde. Robert von Flandern, welcher D. seinem Sohne Rob. von Cassel als Apanage gab, ließ 1322 ein Schloß erbauen, das aber wieder zerstört wurde. Nach dessen Tode kam es durch seine Schwester Jolante an ihren Gemahl, Heinrich II. von Bar. Beider Enkel, Robert von Bar u. Marle, befestigten D. von Neuem. Mit der Hand Johannas von Bar kam D. an das Haus Luxemburg, dann durch Heirath an den Grafen von Vendôme, u. nach dem Tode Franzens von Bourbon 1495 betrachtete es Frankreich als sein Eigenthum u. entriß es 1540 den Engländern, die es 1540 den Spaniern, die bis dahin in dessen Besitz gewesen waren u. 1538 ein Fort errichtet hatten, welches aber auch zerstört wurde, genommen hatten. Im Frieden von Cateau Cambresis 1558 wurde es wieder an Spanien abgetreten; 1646, nach siebentägiger Belagerung, für die Franzosen vom Herzog von Enghien (Condé) erobert, s. Frankreich (Gesch.). Nachdem es die Franzosen wieder an die Spanier verloren hatten, eroberte es Turenne 1658 nach dem Siege in den Dünen, wo die D. belagernden Franzosen, unter Ludwig XIV., u. Engländer, unter Lord Lockhart, das spanische, zum Entsatz anrückende Heer unter Don Juan d'Austria am 14. Juli schlugen, s. Frankreich (Gesch.). Auch später schlugen den 23. Juni 1666 auf der Höhe von D. die Holländer unter Ruyter die Briten unter Work zur See u. übergaben es den Engländern. 1662 kaufte es Ludwig XIV. den Engländern um 1,250,000 Thlr. wieder ab u. ließ es 166571 ganz neu befestigen. Ein Theil dieser Werke waren die Citadelle, Fort Louis, der neue Hafen, mit 2 Batterien an der Spitze der neuen Dämme etc. So eingerichtet schadete D. England u. Holland beträchtlich, u. eine Hauptbedingung des Utrechter Friedens 1712 war daher die Schleifung von D. 174043 wurde es wieder befestigt, 1763 zwar die Bedingung der Schleifung wieder festgesetzt, aber nicht ausgeführt, 1793 aber der Vertrag, welcher England ein Recht[404] der Befestigung von D. zugestand, förmlich aufgehoben; 1793 wurde D. von den Engländern u. Hannoveranern unter dem Herzog von York belagert, aber von Houchard entsetzt, s. Französischer Revolutionskrieg. Von je gaben die Dünkirchner im Kriege tüchtige u. verwegene Seeleute ab.