Hippokrătes

[397] Hippokrătes (gr. Name, d.i. Rossebändiger), 1) H., Bruder des Tyrannen Kleander, von Gela, folgte diesem 498 v. Chr. in der Regierung, war glücklich gegen Zankle u. Syrakus u. gewann Camarina; er st. 491; s.u. Gela. 2) H., athenischer Feldherr, fiel 424 v. Chr. in der Schlacht bei Delion. 3) H. I., Sohn des Gnosidikos, 500 v. Chr.; von ihm rühren wahrscheinlich einige der dem Folgenden beigelegten Schriften ihrem ersten Ursprunge nach her. 4) H. II. (bei den Arabern Bokrath) aus Kos, Enkel des Vorigen, Sohn des Heraklides u. der Phänarete, geb. 470 od. 460 v. Thr. Seinen Unterricht erhielt er in der Schule der Asklepiaden zu Kos, wo außer seinem Vater noch Herodikos, Demokritos u. die Sophisten Prodikos u. Gorgias seine Lehrer waren. Er übte die Arzneikunst eine Zeit lang auf Thasos, in mehreren Städten Thessaliens u. Thraciens, machte Reisen in Kleinasien, Skythien, Libyen, soll auch während der Pest im Peloponnesischen Kriege in Athen gewesen sein u. kehrte endlich nach Kos zurück, wo er die Arzneikunst ebenfalls ausübte u. zugleich lehrte. Er st. um 364 v. Chr. zu Larissa. Sein großer Ruf bildete sich erst in späterer Zeit. Seine Kenntnisse in der Medicin u. seine Lehre schöpfte er theils aus eigener vielseitiger Erfahrung, größtentheils aber auch aus der bisher meist geheim gehaltenen Lehre der Asklepiaden, wobei er die naturphilosophischen u. medicinischen Theorien der älteren griechischen Philosophen u. die Erfahrungen der Gymnasten benutzte. Er führte so die Kenntnisse der Asklepiaden ins Leben ein u. machte sie zu einem Gemeingute. Seine echten, im Ionischen Dialekt geschriebenen u. sich wenig auf Theorien einlassenden [397] Schriften tragen den Stempel treuer Naturbeobachtung u. in seiner Heilmethode folgt er besonders der der heilenden Lebenskraft; dies stnd die hauptsächlichsten Grundlagen der nach ihm benannten Hippokratischen Medicin. Von den Schriften unter seinem Namen sind wenig echt. Mehrere gingen erst aus der Hand seiner Söhne Thessalos u. Drakon u. seines Schwiegersohns Polybos hervor. Als echt werden allgemein das Buch von den Kopfwunden, das von der Diät in acuten Krankheiten, das von der Luft, den Wässern u. Gegenden, die Aphorismen, das Prognostikon u. das 1. u. 3 Buch von den Volkskrankheiten angenommen. Einige ihm zugeschriebene Schriften sind sogar erst im Mittelalter entstanden. Ausgaben seiner Werke erschienen griechisch, Vened. 1526, Basel 1538; mit lateinischer Übersetzung von Mercurialis, Vened. 1588, Fol.; von Foes, Frankf. 1595, 1621, 1645, Genf 1657; von F. Antonides van der Linden, Leyd. 1665, 2 Thle.; von Chartier, Par. 1679, 14 Thle.; von St. Mack, Wien 1743–49 (unvollendet); von de Mercy, Par. 1813; von Kühn, Lpz. 1825–27, 3 Bde.; von A. M. Dornier, Par. 1826; von F. Littré, ebd. 1839 ff.; lateinische Übersetzungen: Rom 1525 u.ö.; vermehrt von Cullmann, Bas. 1558, von Foes, Frankf. 1596; von Haller, Lausanne 1769–71; von I. F. Pierer, Altenb. 1806 f., 3 Bde.; deutsch von Grimm, ebd. 1781–92, 4 Bde. (unvollendet); n. A. von Lilienhain, Glogau 1837, 2 Bde.; Commentare besonders von Foes, Oeconomia Hippocratis, Basel 1561 u.ö. 5) H. III, Enkel des Vorigen, Sohn von Thessalos; nahm Platons Lehre an u. hinterließ auch medicinische Schriften (verloren) 6) H. IV., Enkel von H. 3), Sohn von Drakon; Arzt am macedonischen Hofe, lebte noch 317 v. Chr. Ihm wird das 5. Buch von den Volkskrankhei ten in der Sammlung der Hippokratischen Werke zugeschrieben. 7) H. V. u. 8) H. VI., beide Söhne von Thymbräos. 9) H. VII., Sohn des Praxianax; das Zeitalter der drei Letztern ist unbestimmt 10) H. aus Chios, Mathematiker, im 5. Jahrh. v. Chr., Erfinder der Lunula (s. Lunu la Hippocratis); seine Anfangsgründe der Mathematik sind verloren. 11) H. Hippiater, Thierarzt, wahrscheinlich im 4. Jahrh. v Chr. in Constantinopel; er schr.: Hippiatrica, griechisch, lateinisch u. italienisch von Valentini, Rom 1814; auch lateinisch in Collectio veterinaria, Bas. 1537.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 397-398.
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