Wismuth [1]

[291] Wismuth (Bismuthum, Marcasita, chemisches Zeichen Bi), Äquivalent 212,8 (H = 1) od. 2660 (O = 100), röthlich-weißes, stark glänzendes, auf dem Bruche blätterig-krystallinisches Metall von 9,9 specifischem Gewicht; das käufliche W. ist sehr spröde, vollkommen rein ist es jedoch ein wenig hämmerbar. Es schmilzt bei 246° C., ist also leichter schmelzbar als Blei. Es krystallisirt in Rhomboëdern, welche man früher für Würfel hielt; man erhält sehr schöne Krystalle, wenn man mit etwas Salpeter mehre Stunden geschmolzenes W. nicht zu langsam erkalten läßt, die Kruste, welche[291] sich beim Erkalten auf der Oberfläche bildet, durchstößt u. das noch flüssige Metall auslaufen läßt. Beim Zerschlagen des Tiegels u. Zersägen der Metallmasse findet man Drusen von schön ausgebildeten, häufig in Regenbogenfarben spielenden Krystallen. In sehr hoher Temperatur bei Weißglühhitze verdampft u. bei Glühhitze verbrennt es mit bläulicher Flamme zu Oxyd. An der Luft bei gewöhnlicher Temperatur oxydirt es sich nicht. Beim Erstarren dehnt es sich, wie das gefrierende Wasser, beträchtlich aus u. zersprengt bisweilen die Gefäße. Salpetersäure u. Königswasser lösen das W. leicht auf, Salzsäure greift es nur wenig an; Schwefelsäure verwandelt es beim Erhitzen damit in schwefelsaures Wismuthoxyd. Das W. war schon den Alten bekannt, wurde aber oft mit anderen Metallen verwechselt, u. zuerst von Agricola 1529 als eigenes Metall erkannt u. später von Stahl, Pott, Geoffroy etc. im 18. Jahrh. genauer untersucht. Es findet sich meist gediegen auf Gängen im Granit u. Thonschiefer, mit Kobalt-, Nickel- u. Silbererzen, bes. im Sächsischen Erzgebirge (Joachimsthal) u. in England, u. wird durch Schmelzen in gußeisernen, zu vier in einem Ofen geneigt liegenden Röhren von der Gangart befreit. Außerdem findet es sich mit Schwefel verbunden im Wismuthglanz, als Oxyd im Wismuthocker, mit Blei, Kupfer u. Schwefel verbunden im Nadelerz; im Wismuthnickelkies, mit Kieselerde im Kieselwismuth u. einigen anderen seltenen Mineralien. Chemisch rein erhält man das W. aus dem käuflichen Metall, durch anhaltendes Schmelzen mit Salpeter od. kohlensaurem Natron u. Schwefel; am besten durch Reduction des basisch salpetersauren Wismuthoxyds mittelst Kohle. Verbindungen: A) Mit Sauerstoff: a) Wismuthoxydul, BiO2, ein schwarzes krystallinisches Pulver, wird erhalten, wenn man ein Gemisch der Lösungen von Wismuthchlorid u. Zinnchlorür in Ätzkalilösung gießt; es oxydirt sich im feuchten Zustande leicht an der Luft, Säuren zerlegen es in Oxyd u. Metall. b) Wismuthoxyd, BiO3, durch Verbrennen von W. in der Glühhitze, als Wismuthblumen (Flores bismuthi), od. durch Zersetzen von basisch salpetersaurem Wismuthoxyd in der Hitze erhalten, ist ein gelbes Pulver, welches sich am Lichte leicht schwärzt u. in höherer Temperatur zu einer braunen, nach dem Erkalten gelben Masse (Wismuthglätte) schmilzt. Tropft man in eine Auflösung von W. in Salpetersäure mäßig starke Kali- od. Natronlauge, so scheidet sich Wismuthoxydhydrat aus, welches bei 100° getrocknet, nach der Formel Bi O3 + HO zusammengesetzt ist. Mit Säuren verbindet sich das Wismuthoxyd zu Salzen, welche, wenn die Säure farblos ist, auch farblos sind. Sie sind zum Theil löslich, manche, wie das salpetersaure u. schwefelsaure Wismuthoxyd werden durch viel Wasser unter Bildung eines basischen Salzes zersetzt. Das basische salpetersaure Wismuthoxyd war sonst als Magisterium marcasitae (Magisterium bismuthi) officinell u. unter dem Namen Perlweiß (Wismuthweiß, Blanc de perle, Blanc d'Espagne, Schminkweiß, Blanc de fard), als Schminke in Gebrauch. Die Lösungen der Wismuthsalze geben mit ätzenden u. kohlensauren Alkalien weiße Niederschläge, welche in Kali unlöslich sind, mit gelbem Blutlaugensalz einen weißen, mit Schwefelwasserstoff einen braunen Niederschlag. Kohlensaurer Baryt scheidet alles Wismuthoxyd ab. c) Wismuthsäure (Wismuthsuperoxyd), BiO5, entsteht als Wismuthsäurehydrat, BiO3, HO, wenn man basisch salpetersaures Wismuthoxyd mit Chlorkalklösung kocht. Bringt man zu Wismuthoxyd, welches durch Kochen des Oxydhydrats mit Kali dargestellt worden ist, eine sehr concentrirte Lösung von Ätzkali in großem Überschuß u. leitet, während die Mischung kocht, Chlorgas durch, so verwandelt sich das Oxyd in ein rothes schweres Pulver, eine Verbindung von Wismuthsäurehydrat mit wismuthsaurem Kali, welches nach vorsichtiger Behandlung mit verdünnter Salpetersäure u. Auswaschen mit kochendem Wasser rothes Wismuthoxydhydrat zurückläßt. Ist bei dieser Darstellung Kali nicht im Überschuß vorhanden, so erhält man die Säure wasserfrei als braunes Pulver. Kocht man das Hydrat mit Salpetersäure, so geht es in wismuthsaures Wismuthoxyd über, ein gelbes Pulver von der Zusammensetzung: BiO3, 3BiO5 + 4HO, wasserfreie Säure gibt mit Salpetersäure gekocht grünes wasserfreies wismuthsaures Wismuthoxyd. B) Mit Schwefel: a) Wismuthbisulfuret (Zweifach-Schwefelwismuth), BiS2, wird als Hydrat erhalten, wenn man die Lösung eines Wismuthoxydulsalzes bei Abschluß der Luft mit Schwefelwasserstoff fällt; bildet ein schwarzes glanzloses Pulver, welches die Zusammensetzung BiS2 + 2HO hat. b) Wismuthtersulfuret (Dreifach-Schwefelwismuth), BiS3, diese, dem Wismuthoxyd entsprechende Verbindung findet sich krystallisirt in der Natur als Wismuthglanz, kann auch durch Zusammenschmelzen von Schwefel u. W. künstlich dargestellt werden. Die geschmolzene Verbindung erstarrt beim Erkalten unter beträchtlicher Volumenvergrößerung zu einer blaugrauen strahlig-krystallinischen Masse, läßt sich mit W. in jedem Verhältniß zusammenschmelzen, doch wird beim Erkalten das später erstarrende Metall durch die stattfindende Ausdehnung herausgepreßt. Der braunschwarze, durch Schwefelwasserstoff in den Wismuthoxydsalzlösungen bewirkte Niederschlag ist ebenfalls Wismuthtersulfuret. C) Mit Selen: Dreifach-Selenwismuth, BiSe3, in gleicher Weise wie die entsprechende Schwefelverbindung erhalten; ist metallglänzend; das auf nassem Wege bereitete, ein schwarzes Pulver, ist unlöslich in Alkalien u. Schwefelalkalien. D) Mit Chlor: a) Wismuthchlorür, BiCl2; beim Erhitzen von Ammonium-Wismuthchlorid in einem Strom Wasserstoff auf etwa 300° färbt sich dasselbe purpurroth u. schmilzt zu einer öligen Masse, welche nach dem Erkalten erstarrt u. Wismuthchlorür neben Salmiak enthält. Pulverförmiges W. verwandelt sich beim Erhitzen mit Quecksilberchlorür unter Luftabschluß ebenfalls in Wismuthchlorür, indem sich metallisches Quecksilber ausscheidet (2 Hg2Cl + B = BiCl2 + 2Hg); auch beim Erhitzen von metallischem W. mit Wismuthchlorid erhält man die Verbindung. Das Wismuthchlorür ist eine schwarze geflossene Masse von erdigem Bruch, zieht an der Luft begierig Wasser an u. wird durch Wasser in Säuren zersetzt. b) Wismuthchlorid (Wismuthbutter), BiCl3, W. in trockenem Chlorgas erhitzt liefert wasserfreies Wismuthchlorid; wasserhaltig gewinnt man es beim Abdampfen einer Lösung Wismuthoxyd in Salzsäure; erhitzt man die Masse in einer Retorte, so entweicht Wasser u. etwas Salzsäure, zuletzt destillirt wasserfreies[292] Chlorid über; letzteres ist bei gewöhnlicher Temperatur eine grauweiße, schon bei mäßiger Wärme schmelzende, bei höherer Temperatur flüssige Masse, von krystallinischem Gefüge. Ein basisches Chlorid schlägt sich als weißes krystallinisches Pulver od. als Krystallschuppen aus einer Auflösung von salpetersaurem Wismuthoxyd, welche zu einer sehr verdünnten Kochsalzlösung od. zu verdünnter Salzsäure gemischt wird, nieder. Mit den Chloriden der Alkalimetalle bildet das Wismuthchlorid Doppelsalze. E) Mit Brom: Wismuthbromid, BiBr3, durch Erhitzen von gepulvertem W. mit flüssigem Brom od. in Bromdampf erhalten, ist stahlgrau, nach And. in reinem Zustande gelb, zieht an der Luft Feuchtigkeit an. F) Mit Jod: Wismuthjodid, BiI3, durch Erhitzen eines Gemenges von W. u. Jod in einem Strom Kohlensäure; die Verbindung setzt sich in grünen, metallglänzenden Flittern an, welche vom beigemengten Jod durch gelindes Erhitzen getrennt werden können. Das Wismuthjodid ist luftbeständig, gibt mit Wasser gekocht basisches Jodid. Auf nassem Wege erhält man das Wismuthjodid durch Fällen von salpetersaurem Wismuthoxyd mit Jodkalium. Löst man diesen Niederschlag in Jodwasserstoffsäure auf, so erhält man nach dem Verdunsten der Lösung über Schwefelsäure Krystalle von saurem Wismuthjodid, BiJ3, HJ + 8HO. Mit den Jodiden der Alkalimetalle gibt das Wismuthjodid Doppelverbindungen. G) Mit Fluor: Wismuthfluorid, BiFl3, amorphes weißes, in Wasser lösliches Pulver. H) Mit Cyan: Ferrocyanwismuth. In salpetersaurem Wismuthoxyd entsteht durch Ferrocyankalium ein gelblich weißer Niederschlag, welcher später gelbgrün wird; er soll in Salpetersäure löslich sein, u. diese Lösung durch Wasser gefällt werden. Ferridcyanwismuth ist ein gelbbrauner Niederschlag. I) Mit Rhodan, durch Auflösen von Wismuthoxydhydrat in Rhodanwasserstoffsäure erhalten; die orangegelbe, von dem sich ausscheidenden basischen Salze: Bi (C2NS2)3, 4BiO3 + 6HO, abfiltrirte Lösung gibt beim Abdampfen das wasserfreie Rhodanid, Bi (C2CS2)3, als orangegelbes Pulver. Beide Verbindungen werden durch Wasser zerlegt, indem sich Oxydhydrat ausscheidet u. Rhodanwasserstoffsäure in Lösung bleibt. K) Mit anderen Metallen vereinigt sich das W. zu Legirungen, deren einige durch ihre Leichtschmelzbarkeit ausgezeichnet sind, bes. die mit Zinn u. Blei. 8 Thle. W., 5 Thle. Blei, 3 Thle. Zinn geben Newtons Metall, welches bei 941/2° C. schmilzt; 2 W, 1 Blei, 1 Zinn das Rose'sche Metall, welches bei 933/4° C. schmilzt; ein Zusatz von Quecksilber erniedrigt den Schmelzpunkt dieser Legirungen bedeutend. 15 W., 18 Blei, 4 Zinn u. 3 Cadmium geben Woods Metall, welches schon etwas über 68° schmilzt. Nach Bibra eignet sich eine Legirung von 6 W., 3 Zinn u. 13 Blei, wegen ihrer Leichtschmelzbarkeit u. bedeutender Härte, zum Abgießen von Münzen u.a. Gegenständen; 5 W., 3 Blei u. 2 Zinn geben eine bei 912/3° schmelzende Legirung, welche zum Abklatschen von Holzschnitten gebraucht wird; auch dem Metall zur Darstellung von Stereotypplatten setzt man W. zu. Eine ähnliche Legirung benutzt man zu Metallbädern, um Stahlarbeiten darin anlaufen zu lassen, ferner zu Stiften statt der Bleistifte. Endlich wendet man eine Legirung aus W., Blei u. Zinn an, um der Dampfkesselexplosion vorzubeugen; zu dem Zweck wird ein kurzes Rohr an den Kessel geschraubt, welches mit einer Platte von dieser Legirung geschlossen ist, dieselbe schmilzt, sobald der Dampf. eine die Sicherheit gefährdende Temperatur erreicht hat, u. läßt den Dampf entweichen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 291-293.
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