Deutscher Orden

[559] Deutscher Orden. Ein unbekannter Deutscher hatte bald nach der Eroberung von Jerusalem durch die Kreuzfahrer daselbst 1128 für arme und kranke deutsche Pilger ein Hospital errichtet. Fromme Männer, welche sich der Pflege der Kranken unterzogen, traten hier in einen Mönchsorden zusammen, erhielten die Regel des h. Augustinus und nannten sich die Brüderschaft des deutschen Hauses unserer lieben Frauen zu Jerusalem. Nach dem Beispiele der noch früher gestifteten Johanniter und Templer erweiterten sie bald ihre ursprüngliche Bestimmung und dehnten sie auf die Vertheidigung der zum h. Grabe wallenden Pilgrime gegen die Ungläubigen aus. Als nämlich 1190 während der Belagerung von Acre in Palästina eine verheerende Seuche im Lager der Kreuzfahrer entstanden war, verband sich hier ebenfalls eine Anzahl deutscher Ritter und Pilger zur Krankenpflege und mit ihnen vereinigte sich nun jene Brüderschaft des deutschen Hauses zum Kampfe gegen die Ungläubigen und zur Pflege und Heilung der Kranken. Sie fanden an Herzog Friedrich von Schwaben, Sohn Kaiser Friedrich des Rothbart, einen Beschützer und da dieser einen geistlichen deutschen Orden daraus zu bilden wünschte, so gab der Papst seine Bestätigung gern. Die Tracht der Ritter, die sich nach ihrer Patronin, der Jungfrau Maria, auch Marianer nannten, war ein schwarzes Kleid und ein weißer Mantel mit einem schwarzen Kreuze und silbernem Rande und der erste Meister des Ordens war Heinrich Walpot von Bassenheim. Es währte mehre Jahrzehente, ehe sich der Orden heben konnte, weil er an den Tempelherren eifersüchtige Gegner fand, und erst unter dem vierten Großmeister, Hermann von Salza, kam er zu größerm Ansehen und seine Macht und sein Reichthum nahmen durch große Schenkungen an Gütern meist in Deutschland, namentlich der Stadt Mergentheim, schnell zu. In. dessen wurde dem Wirken der Ritter durch den Verfall der Macht der Kreuzfahrer bald ein Ziel gesetzt, und als Palästina fast ganz verloren war, zogen sie sich nach Deutschland zurück, während der Großmeister in Venedig seinen Sitz nahm. Sie sehnten sich jedoch nach einem neuen, der Kriegslust jener Zeit angemessenen Wirkungskreise, und obgleich der König von Ungarn die Ritter aufrief, ihm gegen die Tataren eine Vormauer zu bilden und ihnen dazu den östl. Theil von Siebenbürgen einräumte, wo sie die Stadt Klausenburg erbauten, so widerrief er bald diese Schenkung, weil er fürchtete, die Ritter möchten ihm gefährlich werden. Während sie noch schwankten, ob sie ihre Ansprüche mit dem Schwerte geltend machen sollten, sprach der Herzog Konrad von Masovien in Polen gegen die heidnischen Preußen ihre Hülfe an, schenkte ihnen vorläufig das Gebiet von Kulm und versprach ihnen den Besitz aller Eroberungen. Der Kaiser und der Papst bestätigten den Vertrag und nun erschien der Heermeister Hermann Balk mit 100 Rittern, denen bald mehr folgten und auch Kreuzfahrer sich anschlossen, 1230 an der Weichsel, und begann einen Krieg gegen die Preußen, der 53 Jahre währte und, weil die Preußen sich in ihre morastigen Wälder zurückzogen, die nur beim Froste überall zugänglich waren, meist nur im Winter geführt werden konnte. Nachdem sich aber der Orden der Schwertbrüder, der seit 1201 in Liefland zusammengetreten war, mit den deutschen Rittern verbunden hatte (1237), drangen sie an der Ostseeküste vor und bauten hier und an der Weichsel Thorn, Elbing und mehre andere feste Schlösser. Nachdem der Krieg 19 Jahre gewährt hatte, unterwarf sich der größte Theil der Einwohner auf gute Bedingungen und gegen das Versprechen, das Christenthum anzunehmen, ließ man den Preußen ihre Besitzungen, ja die Edlen des Landes durften sogar Ritter werden. Dennoch währte der Krieg bis 1283 in einzelnen Gegenden fort, ehe die letzten Widerspenstigen in der Gegend des Spirdingsees zum Gehorsam gebracht waren. Bald darauf verlegte der Großmeister seinen Sitz von Venedig nach Marburg und seit 1309 wurde Marienburg in Preußen durch den Großmeister Siegfried von Feuchtwangen der Mittelpunkt des Ordens. Im 14. Jahrh. stand die Macht desselben in der höchsten Blüte und seine Besitzungen breiteten sich immer weiter aus, allein zu Anfang des 15. Jahrh ließ sich der Orden in einen Krieg mit Polen ein und erlitt 1410 bei Tanneberg eine große Niederlage, von welcher er sich nicht wieder erholen konnte. Die Polen entrissen ihm mehre Gebiete, dazu kamen innere Streitigkeiten, übertriebener [559] Luxus und Übermuth; Land und Städte klagten über Gewaltthätigkeiten und fanden Schutz bei dem Könige von Polen, der den Krieg erneuerte und im Frieden von Thorn, 1467, mußte der Orden Westpreußen an Polen abtreten und über Ostpreußen die Lehnsherrschaft dieses Reiches anerkennen. Dennoch währten die Streitigkeiten fort, bis unter dem Hochmeister Albrecht von Brandenburg Preußens Lage ganz verändert wurde. Albrecht hatte nämlich Luther's Lehre kennen gelernt und da er als Ordensmitglied sie nicht annehmen durfte, so schloß er mit dem Könige von Polen einen Vergleich, nach welchem (1525) der Orden in Preußen aufgehoben und Ostpreußen als ein von Polen abhängiges Herzogthum anerkannt wurde, dessen erster Herzog Albrecht war. Dagegen dauerte der Orden in Deutschland noch fort und der Deutschmeister hatte seinen Sitz in Mergentheim; 1805 wurden dem östr. Kaiser die Rechte eines Großmeisters übertragen, obgleich aber Napoleon 1809 den Orden für aufgehoben und die Güter desselben den Fürsten, in deren Ländern sie lagen, für anheimgefallen erklärte, hat dennoch das östr. Haus das nicht benutzt und fortwährend einen Großmeister anerkannt, welcher seit 1835 der Erzherzog Maximilian von Ostreich ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 559-560.
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