[94] Mediceer oder dei Medici, eine berühmte florentin. Familie, welche sich aus dem Bürgerstande bis zur großherzogl. Würde emporgeschwungen, Rom mehre Päpste gegeben und um Wissenschaft und Kunst die ausgezeichnetsten Verdienste erworben hat. Die Mediceer treten zuerst im 13. Jahrh. als durch den Handel zu großen Reichthum gekommene Bürger von Florenz auf und erlangten durch kluges Benehmen bald wichtigen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten des Freistaats. Dieser wurde ihnen jedoch von mächtigen Parteien streitig gemacht und zu Anfang des 15. Jahrh. war die Familie der Mediceer bis auf Wenige aus Florenz verbannt, welche jedoch durch ihre Handelsunternehmungen und Umsicht zu den Mitteln gelangten, ihr Haus zu größerm und dauerndem Ansehen zu erheben, als bisher. Giovanni dei M., gest. 1429, erwarb sich seit 1402 in den vornehmsten Staatsämtern durch seine Weisheit und Gerechtigkeit die allgemeine Achtung und Liebe, und da viele auswärtige Fürsten die Schuldner des reichen Kaufmanns waren, übte er auch im Auslande einen für Florenz sehr günstigen Einfluß aus. Sein Ansehen ging auf seinen Sohn Cosimo oder Cosmus dei M., geb. 1389, über, um den sich bei seinem ungeheuren Reichthume eine große Partei bildete, welche aber ihren Namen Pucci von einem gewissen Puccio erhielt und ohne von Cosimo dazu veranlaßt zu sein, die herrschende des Hauses Albizzi überall zu beeinträchtigen suchte. Diese setzte 1433 die Verhaftung von Cosimo durch, in dem sie das eigentliche Haupt ihrer Gegner sah und der nur durch Bestechung den ihm zugedachten Tod in Verbannung verwandeln konnte, aus der er jedoch nach Jahresfrist durch seine zahlreichen Freunde 1434 zurückgerufen wurde, während seine Widersacher nun aus Florenz weichen mußten, wo die Partei der Mediceer die herrschende geworden war. Gleichwol erlaubte sich Cosimo keine Gewaltthätigkeiten wider seine Gegner, suchte sie vielmehr durch Gunstbezeigungen für sich zu gewinnen, vermied für seine Person und in seinem Hause durch Pracht und Aufwand dem Neide Nahrung zu geben, verwendete seinen Überfluß zur Beförderung der Kunst und Wissenschaft und zierte Florenz mit öffentlichen Gebäuden. Er selbst war ein gebildeter Freund der Wissenschaften, der umsichtigste Staatsmann damaliger Zeit in Italien und zugleich ein thätiger Kaufmann; er erhielt die innere Ruhe der Republik und ihren Frieden mit den Nachbarstaaten, und als er allgemein geliebt im Nov. 1464 starb, ward der ihm schon bei Lebzeiten ertheilte Titel »Vater des Vaterlandes« auf sein Grabmal gesetzt. Pietro dei M., sein ihn überlebender einziger Sohn, da der ältere, Giovanni dei M., schon vor Cosimo gestorben, besaß nicht dessen Umsicht und Seelengröße und ließ sich von falschen Freunden zu Maßregeln verleiten, durch welche er den Unmuth des Volks erregte, was seine Gegner zu einer Verschwörung gegen ihn benutzten, die er jedoch unterdrückte, da das Volk nichts gegen die Mediceer unternehmen wollte, deren Feinde abermals aus Florenz fliehen mußten. Der kränkliche Pietro starb indeß bald, im Dec. 1469, und hinterließ zwei Söhne, Lorenzo, geb. 1448, und Giuliano dei M., geb. 1453, von denen der Erstere sein Nachfolger wurde.
Lorenzo verbündete sich mit Mailand und Venedig gegen den die Unabhängigkeit der Staaten von Mittelitalien bedrohenden Papst Sixtus IV., der seinerseits die Jugend der beiden Brüder zu einem Versuche geeignet hielt, die Macht der Mediceer zu stürzen. In Übereinstimmung mit ihm stiftete die mächtige Familie Pazzi eine Verschwörung gegen Lorenzo's und Giuliano's Leben und der Letztere ward auch 1478 in der Kirche Sta.-Reparata ermordet, dadurch aber das Volk so entrüstet, daß es alle Verschworene umbrachte. Hierauf vom Papste im Bunde mit dem Könige von Neapel angegriffen, gelang es ihm durch einen Besuch, den er in Neapel machte, einen Frieden zu stiften, dem Sixtus IV., wiewol ungern, später beitrat. Der ihm 1484 auf dem päpstl. Stuhle folgende Innocenz VIII. war mit Lorenzo in besserm Einverständnisse, ernannte dessen Sohn Giovanni schon im 14. Jahre zum Cardinal, und Florenz hatte jetzt von dieser Seite nichts zu fürchten. Da nun die Klugheit des Vorstehers der Republik dieser auch sonst den Frieden bewahrte, so wurde seine nachherige Regierung ein Zeitraum seltener Wohlfahrt für die Bürger. Um seine Person vereinigte er die ausgezeichnetsten Gelehrten seiner Zeit, gewährte den vor den Türken fliehenden griech. Gelehrten eine Freistätte und beförderte überhaupt Wissenschaften und Künste auf eine Weise, daß Florenz zu seiner Zeit für den Hauptsitz derselben galt und er den Beinamen »des Prächtigen« erhielt. Die bisher von den Mediceern fortbetriebenen Handelsgeschäfte gab er auf, behielt aber ungeachtet großer Verluste noch Vermögen genug, um große Ländereien kaufen und daselbst, wie in Florenz, prächtige Bauten aufführen zu können und starb im Apr. 1492 mit dem Ruhme eines vollendeten Regenten und des klügsten Staatsmanns jener Tage. Lorenzo hinterließ drei Söhne, Pietro, den Cardinal Giovanni und Giuliano, von denen der Erstere und zugleich Unfähigste sein Nachfolger wurde. Sein unkluges Benehmen nach Außen wie im Innern hatte schon 1494 zur Folge, daß er sammt seinen Brüdern aus Florenz verbannt wurde und nach mehren misglückten Versuchen zur Rückkehr 1504 im Garigliano ertrank. Seinen Brüdern gelang es erst 1513, mit päpstl. Hülfe, wieder nach Florenz und an die Spitze der Republik zu kommen; nachdem aber der Cardinal Giovanni als Leo X. den päpstl. Stuhl bestiegen hatte, gab er seinem Hause den frühern Glanz wieder. Die Regierung trat er an seinen Bruder Giuliano ab, der sie bald an Lorenzo, Sohn von Pietro dei M., überließ, sich nach Rom wendete und wegen seiner Vermählung mit einer Prinzessin von Savoyen vom König von Frankreich den Titel eines Herzogs von Nemours erhielt. Die einzige Tochter Lorenzo's war die berühmte Katharina dei M., Gemahlin Königs Heinrich II. von Frankreich, und sein Neffe Julius, Cardinal und Erzbischof von Florenz, ein unehelicher Sohn des 1478 ermordeten Giuliano, wurde 1519 sein Nachfolger, überließ aber, da er 1523 als Clemens VII. auf dem päpstl. Stuhl gelangte, die Regierung seinen beiden noch jungen Neffen Hippolyt und Alessandro unter der Leitung eines Cardinallegaten. Dessen [94] Verwaltung machte oder die Florentiner so unzufrieden, daß sie 1627, als der Papst gerade vom Kaiser Karl V. bedrängt wurde, die Mediceer verjagten. Bald aber versöhnten sich jene; Kork V. vermählte seine natürliche Tochter Margarethe von Parma mit Alessandro und machte diesen, nachdem Florenz elf Monate einet Belagerung vergeblich widerstanden, 1530 zum erblichen Herzog und damit dem Freistaat ein Ende. Alessandro misbrauchte seine Gewalt zu tyrranischen Handlungen und Befriedigung seiner Lüste und wurde 1537 von einem nahen Verwandten deshalb ermordet, worauf mit des Kaisers Unterstützung Cosimo I., geb. 4619 aus einem andern Zweige derselben Hauptlinie, zur Regierung kam, der Verschlagenheit und viel politische Klugheit, allein ohne die Tugenden seiner großen Vorfahren besaß. Den von seiner Linie nie aufgegebenen Handel erweiterte er außerordentlich, wendete aber vom Gewinn auch viel auf Bauten und Sammlungen von Gemälden und Alterthümern und stiftete die Florentin.- und die Zeichnenakademie. Er sorgte angelegentlichst für die Befestigung seiner Macht, brachte. Siena und einen Theil der Insel Elba unter seine Herrschaft und wurde 1570 vom Papst Pius V. zum Großherzog von Toscana gekrönt, in welcher Würde aber erst sein Sohn und seit 1574 Nachfolger, Franz, allgemein anerkannt wurde. Er war zuerst mit einer Schwester Kaiser Maximilian II. vermählt, die ihm eine Tochter, Maria dei M. (s.d.), nachherige Gemahlin Heinrich IV. von Frankreich, gebar, verband sich in zweiter Ehe mit der berühmten Bianca Capello (s.d.) aus Venedig und starb mit ihr am 19. Oct. 1587 plötzlich an Gift, nachdem sie mit Franzens Bruder, dem Cardinal Ferdinand, gespeist hatten. Dieser verließ nun den geistlichen Stand und ward Nachfolger seines Bruders, trieb auch die Handelsgeschäfte fort und gab nur den von Franz neubegonnenen Kleinhandel auf. Unter ihm und seinem Sohne Cosimo II., der von 1609–21 regierte, glänzte das Haus der Mediceer noch immer durch Beförderung von Wissenschaft und Kunst; Cosimo II. Sohn und Nachfolger aber, Ferdinand II., 1621–70, war ein großer Gönner der Mönche und überließ sich gegen die bisherige Politik seines Hauses ganz dem Einflusse Spaniens und Östreichs, welche so große Summen aus seinem Schatze bezogen, daß seine eignen Finanzen in Verwirrung geriethen. Im Allgemeinen war seine lange Regierung eine unglückliche und die glanzvolle Zeit seines Hauses ging zu Ende. Unter Cosimo III., 1670–1723, seinem für Regierung ganz unfähigen, bigotten Sohne, gingen Wohlstand und Ansehen des Staats vollends verloren, dem noch eine große Schuldenlast aufgebürdet wurde. In den traurigsten Verhältnissen kam das Land an den einzigen Erben, den durch ausschweifendes Leben entnervten Johann Gasto, von dem es schon vorher bekannt war, daß er keine Nachkommenschaft hinterlassen könne. Er machte indessen einige schwache Versuche, die eingerissenen Übel zu heilen, wozu es ihm aber an Kraft gebrach; nach seinem 1737 erfolgten Tode erhielt, zufolge der von Östreich, Frankreich und Spanien im wiener Frieden von 1735 getroffenen Anordnung, der Herzog Franz Stephan von Lothringen, Gemahl von Maria Theresia von Östreich und später deutscher Kaiser (s. Franz I., Stephan), das Großherzogthum Toscana (s.d.), brachte auch durch einen Vergleich mit Joh. Gasto's Schwester, der verwitweten Kurfürstin Anna von der Pfalz, mit welcher 1748 der Stamm der Mediceer erlosch, das ganze Privatvermögen, die Kunstschätze und Sammlungen derselben an sich. – Ein jüngerer Zweig der Mediceer, welcher schon im 13. Jahrh. sich nach Neapel gewendet hatte, blüht dort noch in dem fürstl. Hause Ottajano.
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