Abend Die grauen Geierfittiche der Nacht Rauschen über den See. In seinen erzenen Fängen hält der Riesenvogel Die Leiche des Tages. Ein Blutspur hinter ihm her Wellt nach Westen. Die schwarzen Augen des Waldes Heben die Nadelwimpern Und starren stumm ...
Abend Laß, Kind, laß meinen Weg mich ziehen, Es wird schon spät, es wird schon kalt, Es neiget sich der Tag zu Ende, Und erst dort unten mach ich Halt. Wozu mir deine Lieder singen? Sie treffen mich mit fremdem ...
Abend Schwarze Moose. Erdgeruch in lauen Flocken. Schmale dünne Silberblüten Und Gesang von bleichen Glocken. Welke Feuer löschen leise. Nur ein Atmen warmer Flut. Blühend schmelzen rote Meere, Dunkle Sonnen saugen Blut.
Abend Ist das nicht das Dritte Reich? ach, mein grauer Pilger, säume! Bannt dich nicht der dunkle Teich, über den die Lilienbäume ihren süßen Atem breiten? Und schon naht der Elefant, drauf der Buddha Ewigkeiten über unsre Seelen spannt ...
Abend Gestürzt sind die goldnen Brücken Und unten und oben so still! Es will mir nichts mehr glücken, Ich weiß nicht mehr, was ich will. Von üppig blühenden Schmerzen Rauscht eine Wildnis im Grund, Da spielt wie in wahnsinnigen Scherzen ...
Abend Die Häuser stehen steif an ihren Gattern. Laß deine Augen, letzte Spatzen, flattern. Schmeißfliegen setzen sich auf Dein Gesicht. Spürst, Kuno, Du die ewgen Mühlen nicht – Der Stumpfe bohrt Dir Löcher in den Kopf. Sieh noch den Mond, der ...
Abend Der Abend wechselt langsam die Gewänder, die ihm ein Rand von alten Bäumen hält; du schaust: und von dir scheiden sich die Länder, ein himmelfahrendes und eins, das fällt; und lassen dich, zu keinem ganz gehörend, nicht ganz so ...
Abend Und wieder ein Abend; ein Tag in das Nichts, das grenzenlose Nichts gerollt – in den bleiernen Wolken ein Sterben des Lichts und über den Wäldern der Mond, gelb wie altfränkisches Gold. Nun dunkelt es schnell; ein Wind macht ...
Abend Wie ist es denn, daß trüb und schwer So alles kömmt, vorüberzieht, Und wechselnd, quälend, immer leer, Das arme Herz in sich verglüht? Kaum gekommen Soll ich scheiden, Kaum entglommen Löschen wieder Alle Freuden, Und der Leiden Dunkle Wolke ...
Abend am See Auf die düstern Kiefernhügel legt sich kupfern letzte Sonne ... Sanft wie über weichen Sammet schmeicheln Winde drüber hin ... Eine kurze Spanne weilt sie goldbraun auf den stillen Wäldern, bis ihr milder süßer Schimmer plötzlich, wie ein Lächeln ...
Abend an der Elbe Leise ebbt der Strom. Im Schlick Ragen plumpe Fischerkähne, Draußen gleiten, stille Schwäne, Mit den weißen Segeln andre. Und die Strecke überwandre Breiter Bahn ich mit dem Blick Bis ans niedere Gelände Drüben, wo sich Wiesen ...
Abend auf den Bergen Fern hinunter in die Flut Taucht das Licht, sich nochmals wendend Zu den Bergen, eine Glut Ihren Alpenblumen sendend. Da schon Dunkel liegt im Tal, Flattern hier noch Schmetterlinge, Und der Sonne letzter Strahl Leuchtet hell ...
Abend auf der Heide Überm Moorgrund still und schaurig Wie der Tag so rot verglüht! Fern ein Vogel pfeift noch traurig, Heimwehbange, wandermüd. Nun die bleichen Nebel geisten Wie Gespenster heimatlos, Eilen nestwärts all die dreisten Waldestiere klein und groß ...
Abend auf Golgatha Eben die dornige Krone geneiget, verschied der Erlöser, Weißlich in dämmernder Luft glänzte die Schulter des Herrn? Siehe, da schwebte, vom tauigen Schimmer gelockt, die Phaläne Flatternd hernieder zu ruhn dort, wo gelastet das Kreuz. Langsam schlug ...
ABEND DES FESTES Nimm auch von deinem haupt den kranz · Menechtenus! Entfernen wir uns eh der flöten ton entschläft · Zwar reicht man ehrend uns noch frohe becher dar · Doch seh ich mitleid schon durch manchen trunknen blick. Wir beide wurden ...
Abend im Frühherbst Weit ausgegossen liegt das breite Land. Der Himmel taucht den Scheitel noch ins Licht, Doch seitlich hebt gelassen eine Hand Die dunkle Maske Nacht ihm ins Gesicht. Viel fette Lämmer weiden auf der Flur, In Gärten steht ...
Abend im Frühling Er ging. Die Häuser waren alle groß. Am lichten Himmel standen schon die Sterne. Die Erde war den Winter wieder los. Er fühlte seine Stimme in der Kehle Und hatte seine Hände wieder gerne. Er war sehr ...
Abend im Gebirge Über dumpfen Wäldermassen baden steile erdenferne Höhen sich im rosenblassen Firmament der ersten Sterne. Tageshelle will nicht scheiden, ehe nicht der letzte flimmert; und so leuchten sie, von beiden zwiefach feurig angeschimmert. Bis des ehernen Geschickes strenger ...
Abend im Prater Des Sommerabends feurig Glühn Lag auf der Praterauen Grün. Ein frischer Wind von der Alpen Saum Wob in dem dämmerrothen Baum, Warf bald der Wipfel rauschende Flammen Mit seinem muntern Weh'n zusammen, Oder vergaß das Rascheln ...
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