[348] Grisebach, 1) August Heinrich Rudolf, Botaniker, geb. 17. April 1814 in Hannover, gest. 9. Mai 1879 in Göttingen, studierte 183235 in Göttingen und bis 1837 in Berlin Medizin und Botanik und habilitierte sich 1837 in Göttingen als Privatdozent. 1339 bereiste er die Türkei, 1842 Norwegen, 1850 die Phyrenäen, 1852 Siebenbürgen. 1841 wurde er außerordentlicher, 1847 ordentlicher Professor und 1875 Direktor des botanischen Gartens. Er schrieb. »Genera et species Gentianearum« (Stuttg. u. Tübing. 1339); »Erläuterungen ausgewählter Pflanzen des tropischen Amerika« (Götting. 1860); auch bearbeitete er die Smilazeen, Dioskoreen und Malpighiazeen für Martius' »Flora Brasiliensis« und die Gentianeen in De Candolles »Prodromus«. Hauptsächlich aber beschäftigte sich G. mit Pflanzengeographie, die durch ihn die wesentlichste Förderung erfuhr. Er gab Jahresberichte über die Fortschritte der geographischen Botanik im »Archiv für Naturgeschichte«, 184053, und fest 1866 in Behms »Geographischem Jahrbuch«, eine zusammenfassende Darstellung aber in dem Werk »Die Vegetation der Erde noch ihrer klimatischen Anordnung« (Leipz. 1872, 2 Bde.; 2. Aufl. 1884). Außerdem schrieb er. »Reise durch Rumelien und nach Brussa im Jahr 1839« (Götting. 1841, 2 Bde.); »Spicilegium florae rumelicae« (Braunschw. 184346, 2 Bde.); »Über die Bildung des Torfs in den Emsmooren« (Götting. 1846); »Über die Vegetationslinien des nordwestlichen Deutschland« (das. 1846); »Die geographische Verbreitung der Hieracien« (das. 1852); »Systematische Untersuchungen über die Vegetation der Karaiben« (das. 1857); »Systematische Bemerkungen über die Pflanzensammlungen Philippis und Lechlers im südlichen Chile und an der Magellansstraße« (das. 1854); »Flora of the British Westindian islands« (Lond. 185964, 2 Bde.); »Die geographische Verbreitung der Pflanzen Westindiens« (Götting. 1865); »Catalogus plantarum cubensium« (Leipz. 1866); »Plantae Lorentzianae«, Bearbeitung argentinischer Pflanzen (Götting. 1874); »Symbolae ad floram argentinam« (das. 1879). Auch bearbeitete er die Pflanzengeographie für Bruhns' Biographie Humboldts. Nach seinem Tod erschienen: »Gesammelte Abhandlungen und kleinere Schriften zur Pflanzengeographie« (Leipz. 1880).
2) Eduard, Schriftsteller, Sohn des vorigen, geb. 9. Okt. 1845 in Göttingen, studierte die Rechte in seiner Vaterstadt und widmete sich dann der diplomatischen Laufbahn, auf der er zuerst bei den deutschen Botschaften in Rom und Konstantinopel, dann als Kanzler des deutschen Konsulats in Smyrna und 1876 als Vizekonsul in Jassy angestellt ward. 1880 wurde er als Konsul nach Bukarest, 1881 als solcher nach Petersburg, Ende 1883 nach Mailand und Ende 1886 nach Port-an-Prinre auf Haiti versetzt. Seit 1889 im Ruhestand, lebt G. in Charlottenburg wissenschaftlicher Tätigkeit. G. erregte zuerst durch seine 1869 anonym erschienenen sinnlichen und farbenreichen Dichtungen: »Der neue Tannhäuser« (Berl. o. J., 20. Aufl. 1901), Aufsehen, in denen sich zugleich eine entschiedene Verehrung Schopenhauers kundgibt; ihnen folgten: »Tannhäuser in Rom« (Wien 1875; 9. Aufl., Berl. 1904). Die Studien: »Die deutsche Literatur seit 1770« (Wien 1876; 4. Aufl., Berl. 1886) und »Das Goethische Zeitalter der deutschen Dichtung« (Leipz. 1891) mischen geistvolle und scharfe mit paradoxen Urteilen. »Die treulose Witwe«, ein Beitrag zur vergleichenden Literaturforschung (Stuttg. 1873; 5. Aufl., Berl. 1886), verfolgt ein chinesisches Märchen auf seinem Zuge durch die Weltliteratur. Als kenntnisreicher Bibliophile bewährte er sich in dem »Katalog der Bücher eines Bibliophilen« (Leipz. 1894; Suppl. u. Namenregister, das. 1895) und dem »Weltliteratur-Katalog eines Bibliophilen« (Berl. 1890, Ergänzungsband 1900). Außerdem gab G. die interessante Sammlung »Kin-Ku-Ki-Kuan. Neue und alte Novellen der chinesischen Tausendundeine Nacht« (Stuttg. 1880) und »Chinesische Novellen« (das. 1884) heraus. Auch veröffentlichte er »G. C. Lichtenbergs Gedanken und Maximen. Lichtstrahlen aus seinen Werken« (Leipz. 1871) und dessen »Briefe an Dieterich« (das. 1898) sowie neue Ausgaben von Waiblingers »Bildern aus Neapel« (das. 1879) und »Liedern des römischen Karnevals« (das. 1881, 2. Aufl. 1895), von H. v. Kleists Werken (das. 1884), von G. A. Bürgers Werken (Berl. 1889, 5. Aufl. 1894), »Münchhausens wunderbaren Reisen« (Stuttg. 1890), E. T. A. Hoffmanns »Sämtlichen Werken« (Leipz. 1900, 15 Bde.) und Grabbes »Sämtlichen Werken« (Berl. 1902, 4 Bde.). Große Verdienste erwarb sich G. durch seine Textrevision der Werke Schopenhauers nach den in Berlin liegenden Handschriften. Früchte davon sind: »Edita und Inedita Schopenhaueriana« (Leipz. 1888), die im Reclamschen Verlag 1891 erschienene Ausgabe Schopenhauers in 6 Bänden, der »Handschriftliche Nachlaß Schopenhauers« in 4 Bänden (das. 1892) und die »Briefe« (das. 1895); außerdem schrieb er »Schopenhauers Leben« (Berl. 1897) für Bettelheims[348] »Geisteshelden« und gab des Philosophen »Gespräche« (das. 1898) heraus.