Maryland

[376] Maryland (spr. mǟrilǟnd oder mérrĭ-, abgekürzt Md.), 1) einer von den Südstaaten der nordamerikan. Union (s. Karte »Vereinigte Staaten«), zwischen 37°53'–39°44' nördl. Br. und 75°4'–79°33' westl. L., der um die Chesapeakebai (s. d.) gelagerten Gruppe zuzählend, umgrenzt von Virginien (im S. und SW.), Westvirginien (im W.), Pennsylvanien (im N.) und Delaware (im O.), im O. auch auf 56 km langer Linie vom offenen Atlantischen Ozean bespült, enthält 31,620 qkm (ohne die Wasserfläche nur 25,540 qkm). Die größere östliche Hälfte ist aus tertiären und quartären, am Westrand auch aus cretazeïschen Sand-, Kies-, Lehm- und Mergelschichten zusammengesetztes Niederland, das nirgends 30 m Höhe erreicht und in dem die Ströme zu beiden Seiten der Chesapeakebai breite und tiefe Ästuarien mit deutlicher Gezeitenwirkung bilden (daher der Name tide water belt, d. h. Gezeitengürtel). Die kleinere Westhälfte ist teils starkwelliges Hügelland, dessen von mächtigen Verwitterungsmassen bedecktes Grundgestein Gneis, Granit und Diorit bilden, teils aus triassischen, karbonischen und silurischen Felsarten bestehendes wirkliches Bergland, das im Backbone Mountain 1036 m hoch ist. Im letztern, namentlich im Cumberland-Tal, hat M. erheblichen Anteil an den Flözen des appalachischen Kohlenfeldes (an der 4 m mächtigen »big vein« u. a.) und ebenso Eisen- und Kupfererze, Schiefer-, Marmor- und Porzellanerdelager (nordöstlich von Baltimore). Der Boden ist, abgesehen von den Zedernsümpfen, Salzmarschen und Sandgegenden der Küstenzone, fruchtbar. Die offene Ozeanküste ist von niedern Dünenwällen und seichten Lagunen (Chincoteaguebai) begleitet und der Schiffahrt unnahbar, die Küste der Chesapeakebai dagegen durch die Ästuarien des Susquehanna, Patapsco (s. Baltimore), Severn, Potomac, Chester, Choptank u. a. reich an guten Naturhäfen. Auf beträchtlicher Strecke landein schiffbar ist nur der Potomac, der die Grenze gegen Virginien bildet. Die Chesapeakebai birgt vorzügliche Austern, Fische, Krabben und die geschätzten Terrapins (Wasserschildkröten), ihre Ufer sind von zahlreichen Wasservögeln bevölkert (darunter die als Leckerbissen beliebten Canvasback Ducks). Das Klima ist im Sommer heiß, im Winter empfindlich kalt, so daß die Chesapeakebai und der Hafen von Baltimore zeitweilig mit Eis bedeckt sind. Baltimore hat 12,9° mittlere Jahrestemperatur, 25,1° mittlere Julitemperatur und 1,1° mittlere Januartemperatur. Regen fällt reichlich (bei Baltimore 1100 mm). Als einer der ursprünglichen 13 Unionsstaaten zählte M. 1820 bereits 407,350,1900 aber 1,188,044 Einw., worunter 589,275 männliche, 598,769 weibliche, 93,934 im Auslande (44,990 in Deutschland) Geborne, 235,064 Neger und Mulatten (19,8 Proz.), 544 Chinesen und nur 3 Indianer. Die öffentlichen Schulen zählten 1903: 5036 Lehrer und 224,004 Schüler, die 11 Universitäten und Colleges 333 Dozenten und 2066 männliche und 363 weibliche Studierende. Am berühmtesten sind die John-Hopkins-Universität von Baltimore (1904: 158 Dozenten, 715 Studierende und 120,000 Bibliothekbände) und die Marineakademie von Annapolis (1904: 100 Dozenten, 824 Studierende, 46,000 Bibliothekbände). Von der über 10 Jahre alten Bevölkerung waren 1900: 11,1 Proz., von der Negerbevölkerung 35,1 Proz. Analphabeten. Es erscheinen 206 Zeitungen. Ein katholischer Erzbischof residiert in Baltimore, zwei anglikanische Bischöfe in Baltimore und Easton, zwei methodistische in Baltimore. Der Staat unterhält Anstalten für Blinde, Taubstumme und Irrsinnige, eine Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher, ein Gefängnis und ein Zuchthaus. Unter den Erwerbszweigen steht die Landwirtschaft obenan. Kulturland waren 1899: 1,407,000 Hektar, mit Feld- und Gartenfrüchten oder Futtergräsern angebaut 812,000 Hektar, mit Getreide angebaut 547,000 Hektar. Die Maisernte ergab 1899 auf 263,000 Hektar 19,766,510 Bushel, die Weizenernte auf 254,000 Hektar 9,671,800 Bushel, die Haferernte auf 18,000 Hektar 1,109,560 Bushel, die Heuernte auf 150,000 Hektar 415,197 Ton. Kartoffeln wurden auf 10,600 Hektar 1,991,357 Bushel erbaut, Bataten auf 2600 Hektar 677,848 Bushel, Tabak auf 17,000 Hektar 24,589,480 Pfd. Sehr namhaft ist auch der Obstbau, 1899 mit 4,017,854 Pfirsichbäumen, die nach dem vorausgegangenen harten Winter freilich nur 172,303 Bushel trugen, während 1,266,047 Äpfelbäume 3,150,673 Bushel lieferten. Wald bedeckt noch 32 Proz. der Fläche, und die Holzschlägerei bewertete sich 1900 auf 2,650,082 Doll. Der Viehstand bezifferte sich 1900 auf 188,728 Pferde, 19,885 Maulesel und Esel, 354,470 Rinder, 194,076 Schafe, 359,812 Schweine. Die Fischerei, die 1894 von 25,015 Personen betrieben wurde, ergab einen Ertrag von 3,813,199 Doll., davon 2,889,060 Doll. für Austern. Der Bergbau liefert vornehmlich bituminöse Kohle (1902: 5,271,609 Ton.), meist aus dem Georges Creek-Tal, außerdem etwas Eisenerz. Die bedeutende Industrie förderte 1900 in 9879 Betrieben mit 108,325 Arbeitern für 242,552,990 Doll. Waren, besonders Männerkleider (139 Fabriken, 9725 Arbeiter, 17,327,825 Doll.), Frucht- und Gemüsekonserven (271 Fabriken, 7505 Arbeiter, 11,996,245 Doll.), Tabak und Zigarren (9,896,928 Doll.), Eisen und Stahl (8,739,405 Doll.), Maschinen und Gußwaren (8,443,547 Doll.), Schlächtereiprodukte (8,046,359 Doll.), Müllereiprodukte (8,035,343 [376] Doll.), Baumwollzeug (5,423,251 Doll.), Dungmittel (5,481,905 Doll.), Schiffe (4,161,525 Doll.). Dem meist über Baltimore gehenden Handel dienen (1902) 2155 km Eisenbahnen, 310 km Kanäle und (1900) eine Handelsflotte von 1995 Fahrzeugen mit 175,598 Ton. Nach der mehrfach, zuletzt 1867 abgeänderten Verfassung wird der Gouverneur vom Volk auf vier Jahre gewählt. Der Gesetzgebende Körper besteht aus 27 Senatoren (auf vier Jahre gewählt) und 101 Abgeordneten (auf zwei Jahre gewählt). In den Kongreß entsendet M. 2 Senatoren und 6 Repräsentanten. Bei der Präsidentenwahl hat es 8 Stimmen. Alle Richter (mit Ausnahme der Friedensrichter, die der Gouverneur ernennt) sowie die meisten Verwaltungsbeamten werden vom Volk erwählt, so das Appellationsgericht (Court of appeals) auf 15 Jahre. Der gesamte Steuerwert beträgt (1902) 643,812,408, die Staatsschuld (1904) 14,782,641 Doll. Eingeteilt wird der Staat in 24 Grafschaften. Hauptstadt ist Annapolis, die bedeutendste Stadt aber Baltimore.

M. wurde, nachdem daselbst schon früher von einem Kapitän Clayborne mit Kolonisten aus Virginia eine Ansiedelung gegründet worden, 1631 von König Karl I. an Lord Baltimore (s. d.) verliehen, der jedoch vor Ausfertigung des Patents starb, worauf es seinem ältesten Sohn, Cecil Calvert, gegeben ward, der 1634 mit etwa 200 Personen, die, wie er selbst, Katholiken waren, die Kolonisation mit Gründung der Town St. Mary's an der Nordseite des Potomacflusses begann und die Kolonie zu Ehren der Königin M. nannte. Später ward nach längern, durch einen Einfall von Virginiern unter Clayborne veranlaßten Kämpfen allgemeine Freiheit des Kultus erklärt, wodurch die Bevölkerung schnell wuchs. Schon 1650 erhielt die Kolonie eine Verfassung, welche die Gesetzgebung in die Hände zweier Häuser legte. Unter Cromwell wurde die katholische Familie der Calvert der Regierung beraubt, durch Karl II. aber wieder eingesetzt, dann nochmals vertrieben, aber 1716, nachdem das damalige Haupt derselben zum Protestantismus übergetreten war, abermals restituiert. Erst durch die Erhebung gegen England, an der M. lebhaften Anteil nahm, wurde die Familie Calvert für immer beseitigt und durch Konvention vom 28. April 1788 die Verfassung der Vereinigten Staaten angenommen. 1790 trat M. den Bundesdistrikt Columbia an die Union ab. Im Sezessionskrieg stand M. auf der Seite der Nordstaaten. Vgl. Scharf, History of M. (Baltimore 1879, 3 Bde.); Browne, Maryland (Boston 1884); Mc Sherry, History of M. (neue Ausg., fortgesetzt von James, Baltimore 1904); Riley, A history of the general assembly of M. (das. 1905).

2) Teil der Republik Liberia (s. d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 376-377.
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