Panamá [1]

[351] Panamá (República del Istmo), mittelamerikan. Republik. 3. Nov. 1903 proklamiert, zwischen Costarica im NW. und dem kolumbischen Depart. Cauca im SO. (s. Karte »Westindien«), umfaßt als östlichster und schmalster Staat Mittelamerikas die Süd- und Nordamerika verbindende Landenge von Darien (s. d.) und die von P., welch letztere zwischen dem Golf von San Blas und der Mündung des Rio Bayano 46 km breit und 750 m hoch, zwischen der Stadt P. und der Limonbai aber 55 km breit, dagegen an ihrer niedrigsten Einsattelung nur 82 m hoch ist, und hat 87,480 qkm Fläche. Die Küste hat nur wenige gute Häfen, trotz ihrer mannigfaltigen Gliederung, die auf der pazifischen Seite mit dem Golf von P. und der Halbinsel Azuero viel reicher als auf der atlantischen Seite mit der Chiriqui-Lagune und dem Golf von Darien ist. Haupthäfen sind Panama, zugleich auch Hauptstadt, und Colon, die mehrere Dampfer- und Kabellinien mit Europa und dem übrigen Amerika verbinden. Die Kordillere, die unter verschiedenen Namen (Kordillere von Veragua, von Chepo) und mit von W. nach O. abnehmender Höhe den Staat durchzieht, erreicht im Pico Blanco 2940 m, im Chiriqui-Vulkan 3430 (3650), im Cerro Santiago 2827 und im Castillo Chico 1933 m Meereshöhe. Sie besteht aus Urgesteinen, Graniten, tertiären Schichtgesteinen, alt- und jungvulkanischen Durchbruchs gesteinen. Von, den zahlreichen kurzen, aber wasserreichen Küstenflüssen sind die bedeutendsten der Panugo, Rio Bayano (Chepo) und Rio Tuira auf der pazifischen, der Chagres auf der atlantischen Abdachung. Das Klima ist echt tropisch (Jahreswärme in Colon 26,2°) mit sehr geringen jährlichen Temperaturschwankungen. Niederschläge sind besonders reichlich auf der atlantischen Seite (Colon jährlich 3108 mm), wo sie fast doppelt so hoch wie auf der pazifischen sind. Darum sind die feuchten Regenwälder mit ihren wertvollen Nutz- und Farbhölzern vorwiegend an erstere gebunden, während die pazifische Seite Trockenwälder, Busch- und Grassavannen trägt und das Hauptgebiet der Viehzucht ist. 1898 wurden gezählt 165,000 Schafe, 12,000 Ziegen, 85 Schweine und 35,000 Pferde. Im übrigen entsprechen Pflanzen- und Tierwelt denjenigen Mittelamerikas und des benachbarten Südamerikas. Die Bevölker ung beträgt 340–400,000, nach andern Angaben nur 228–285,000 Köpfe und besteht weitaus überwiegend aus Mestizen, dann aus Mulatten, Indianern (15–25,000), Negern (40,000), Chinesen (2000) und Europäern (20,000). Der Handel wertete 1903: 14,5 Mill. Mk., wobei der größte Teil auf den von der 1855 vollendeten, 75 km langen Isthmusbahn vermittelten Durchgangshandel entfiel. Sonst ist das Verkehrswesen noch wenig entwickelt, der Hauptverkehr erfolgt zu Wasser. Auch Ackerbau (mit Ausnahme des rasch aufblühenden Bananen-, Kaffee- und Kakaobaues), Industrie und Bergbau (das Land ist nicht arm an Mineralschätzen) bedürfen noch sehr der Entwickelung. Im Golf von P. wird lebhafte Perlfischerei getrieben. Hauptausfuhrgegenstände sind: Bananen (besonders durch die nordamerikanische United Fruit Co.), Gold (besonders durch die englische Darien Gold Co.), Kautschuk, Kaffee, Gummi, Vieh, Häute, Perlen, Holz, Sarsaparille, Schildpatt. Über Maße und Gewichte vgl. Kolumbien; jedoch ist in den Häfen englisches Gewicht sehr gebräuchlich. Der kolumbischen Papierwirtschaft hat man sich in P. von Anfang an erwehrt, sich vielmehr peruanischer und nordamerikanischer Münzen bedient. Ein Gesetz vom 28. Juni 1904 verlieh den nordamerikanischen Goldmünzen vollen Kurs und machte den Golddollar unter dem Namen Balboa zur Münzeinheit von 1,672 g Gewicht und 9/10 Feinheit = 4,198 Mk. Als vollberechtigtes Kurant dienen der Silber-Peso von 25 g mit 9/10 Feinheit = 4,05 Mk. deutscher Taler währung sowie seine Teilmünzen zu 1/2, 1/5, 1/10 und 1/20 Peso; jedoch gelten erst 2 Pesos = 1 Balboa, d.h. Gold zu Silber = 29,908: 1.

Geschichte. P. ist das erste festländische Gebiet, das du Spanier besiedelten. Schon Kolumbus hatte 1502 Portobelo gesichtet, und 1508 haben Hojeda und Nicuesa daselbst Kolonialprovinzen begründet; 1514 entdeckte Balboa die Südsee. Schon in der Kolonialperiode beruhte die Bedeutung von P. wesentlich darauf, daß der gesamte Handel nach der Westküste Amerikas auf den Weg über den Isthmus von Portobelo nach P. angewiesen war, und die Bedeutung der internationalen Handelsstraße ist auch weiter bestimmend für das Schicksal des Landes geblieben. Die spanische Herrschaft fand in P. erst 28. Nov. 1821[351] durch ein Pronunziamento des Generals Fabrega ein Ende; P. schloß sich damals freiwillig der Republik Kolumbien an. Aber da seine Interessen wesentlich andre waren als diejenigen der andern Landesteile, ist die Verbindung vielfach sehr locker gewesen, und P. ist wiederholt seine eignen Wege gegangen, auf denen es freilich nicht weniger von Revolutionen heimgesucht worden ist als die größere Republik, der es zugehörte. Seit 1846 die erste Gesellschaft zum Bau eines isthmischen Kanals gegründet wurde, ist dieser Plan maßgebend für die Geschichte von P. geworden. Nach dem Zusammenbruch der Lessepsschen Panamagesellschaft bedrohte das rivalisierende Projekt eines Nicaraguakanals die Interessen von P. Aber als die Senatskommission der Vereinigten Staaten sich für den Panamakanal ausgesprochen hatte, glaubte die Regierung von Kolumbien die Lage in ihrem Interesse finanziell ausbeuten zu können und drohte durch ihre übertriebenen Forderungen noch einmal den Kanalbau in Frage zu stellen. In P. herrschte an sich schon eine revolutionäre Stimmung gegen Kolumbien, die, von den Vereinigten Staaten genährt und beschützt, dazu führte, daß sich P. 4. Nov. 1903 zu einer unabhängigen Republik erklärte und ihre Anerkennung durch die Vereinigten Staaten nachsuchte. Diese wurde ihr sofort bereitwilligst zuteil, und dem mächtigen Schutze der Union gegenüber mußte Kolumbien von jedem ernstlichen Versuch. P. wieder zu unterwerfen, absehen. Bald darauf schloß P. mit der Union einen auf den Panamakanal (s. d.) bezüglichen Vertrag, der ihr gegen 10 Mill. Doll. alle Hoheitsrechte über das Kanalgebiet für ewige Zeiten einräumte. Die Konsolidierung der neuen Republik, deren Unabhängigkeit die meisten Staaten anerkannten, nimmt inzwischen einen ruhigen Verlauf. Die Verfassung vom 14. Nov. 1904 lehnt sich eng an die der Union an. An der Spitze der Republik steht ein auf vier Jahre gewählter und nicht wieder wählbarer Präsident, der die 4 Minister und die 7 Provinzgouverneure ernennt. Die gesetzgebende Gewalt übt ein Abgeordnetenhaus von 32 auf vier Jahre gewählten Mitgliedern aus. Landesfarben sind Blau, Weiß und Rot. Vgl. Armand Reclus, P. et Darien, voyages d'exploration (Par. 1881); Dawson, The South American republics, Bd. 2 (New York 1904); G. Wegener, Reisen im westindischen Mittelmeer (Berl. 1904); R. M. Valdés, Geografia del istmo de P. (2. Aufl., New York 1905); Pensa, La République et le Canal de P. (Lyon 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 351-352.
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