Benevent [3]

[561] Benevent (Gesch.), B. soll von Diomedes aus Argos gegründet worden sein. Zur Römerzeit gehörte die Stadt den Samniten, von denen sie die Römer eroberten. 275 v. Chr. schlug hier der Consul M'Curius Dentatus den König Pyrrhos von Epiros. 269 ging eine römische Colonie dahin u. der frühere Name Maleventum (wegen der ungesunden Luft) wurde mit Beneventum vertauscht. Wegen ihrer Lage an den sich hier kreuzenden Hauptstraßen u. wegen der Fruchtbarkeit der Umgegend wurde B. sehr blühend. Die Römer bauten dort prächtige Gebäude, von denen noch der Trajanische Triumphbogen (Porta aurea), die Ruinen eines Theaters u.a. erhalten sind. 214 v. Chr. schlug der Proconsul Sempronius Gracchus den Carthager Hanno bei B. Unter Augustus, welcher neue Colonisten dahin schickte, erhielt B. den Namen Julia Concordia. Als Alboin nach Italien kam, wählte sich ein Theil seiner Longobarden 571 n.Chr. einen Herzog Zodo (Zotto), der in B. seinen Sitz nahm. König Autharit fügte ganz Samnium zu dem Herzogthum u. gab demselben eine feste Einrichtung; das Volk wählte den Herzog, u. der Longobardenkönig bestätigte ihn. Auf Zodo folgte 591 Arechis (Arigis I.), welcher das Herzogthum zum Nachtheil der Griechen sehr erweiterte u. unter anderen 396 Croton einnahm. Die vertriebenen Söhne des Herzogs Gisulf von Friaul, Rodoald u. Grimoald, deren Erzieher er gewesen war, nahm er 635 auf; u. da fein Sohn Ajo, der ihm 641 folgte, 642 bei einem Überfalle der Sklaven bei Siponto umkam,[561] so wurde Rodoald Herzog. Er schlug die Slaven zurück, machte mehrere Eroberungen u. führte in seinem Herzogthum die longobardischen Gesetze Rothari's ein, Ihm folgte 647 sein Bruder Grimoald I., der mit Glück gegen die Byzantiner focht, Bei dem Streite Bertarids u. Godeberts über die longobardische Königswürde, zog Grimoald vor Pavia, nahm 662 den Thron für sich u. setze seinen Sohn Romuald als Statthalter von B. ein. Unter diesem wurde B. 663 von Constans belagert, aber durch Grimoald entsetzt, worauf Romuald die Griechen schlug u. ihnen Bari, Tarent, Brundisium u. Otranto abnahm. 667 erhielt er die Herzogswürde. Von seinen Söhnen folgte ihm 683 Grimoald II. u. diesem 686 sein Bruder Gisulf I. Dieser drang in das römische Campanien ein u. eroberte Sora, Arpino, Horrea u.a. Er. st. 703; sein Nachfolger war sein Sohn Romuald II.; er eroberte um 715 Capua, verlor es aber wieder an die Neapolitaner. Sein Versuch, sich von dem Longobardenkönig Luitprand unabhängig zu machen, gelang ihm auch nicht, sondern er mußte sich 729 wieder unterwerfen. Ihm folgte 729 sein unmündiger Sohn Gisulf II.; den ihm von den Beneventinern gestellten Vormund Andelas ersetzte König Luitprand durch seinen Neffen Gregor, ertheilte diesem auch die Herzogswürde u. nahm Gisulf mit sich nach Pavia. Nach Gregors Tode 740 machte der König Gottschalk zum Herzog, da diesen aber die Beneventiner ermordeten, so wurde 741 Gisulf II. wieder Herzog. Er war bes. freigebig gegen die Mönche, gründete mehrere Kirchen zu B., z.B. die Sophienkirche, u. st. 747 od. 749 (750). Sein Nachfolger war Liutprand; da sich dieser 758 der Abhängigkeit des longobardischen Königs wieder entzog, so machte König Desiderius seinen Eidam Arechis II. (Arigis) zum Herzog. Unter ihm wurde das Longobardische Reich von den Franken gestürzt, u. B. wurde 774 von den Siegern abhängig. Das Fürstenthum (diesen Titel erhielt es von jetzt) B. umfaßte damals das ganze frühere Campanien, Samnium, Lucanien, Bruttium, Apulien u. Calabrien, also einen großen Theil des nachherigen Königreichs Neapel. Mit den Herzögen von Spoleto u. Friaul verbunden, gedachte nun Arechis das Longobardische Reich wieder herzustellen u. begann Feindseligkeit gegen den Papst, der mit den Franken verbündet war. Der Papst rief Karl den Gr. um Hülfe an, u. da dieser 787 nach Italien kam, so machte Arechis zu Capua Frieden mit ihm, worin er versprach, den fränkischen König als Lehnsherrn anzuerkennen, die Kriegskosten zu bezahlen u. jährlich 7000 Goldsolidi als Tribut zu entrichten. Er st. 787, u. ihm folgte sein Sohn Grimoald III.; von dem byzantinischen Kaiser unterstützt, riß dieser sich von der fränkischen Hoheit los; vergebens zogen 793 Pipin u. Ludwig gegen ihn, um ihn wieder zu unterwerfen, u. Grimoald st. 806 als unabhängiger Fürst. Da sein Sohn Gottfried vor ihm gestorben. war, so folgte ihm sein Schatzmeister Grimoald IV. Storezaïs. Dieser schloß mit den Franken Frieden u. zahlte den früheren Tribut. Mit Neapel kam der Fürst in Krieg, da Herzog Theodor einen Flüchtling, welcher Grimoald nach dem Leben gestanden hatte, aufnahmen; Neapel rettete sich nur durch eine Geldzahlung von 8000 Goldsolidi. Bald darauf entstand eine neue Verschwörung gegen Grimoald, u. es gelang den Häuptern derselben, Radelchis, Grafen. von Conza, u. Sico, Guastalden von Acerenza, 827 ihn zu ermorden. Sico wurde Grimoalds Nachfolger; er begann Feindseligkeiten gegen Neapel u. belagerte die Stadt, welche sich zu einer jährlichen Tributzahlung verpflichten mußte. Da aber der Tribut nicht gezahlt wurde, so setzte er die Kriege mit Neapel bis an seinen Tod 832 (833) fort. Sein Sohn Sicard wurde wegen seiner Grausamkeiten u. Ausschweifungen von den Beneventinern gehaßt. Er brachte zwar Amalfi an B., verlor aber an die von den Franken unterstützten Neapolitaner Acerra u. Atella. Auch die Sarazenen wurden von Neapel zu Hülfe gegen B. gerufen u. zogen erst, nachdem durch König Lothar 836 ein Friede zu Stande gekommen war, ab; sie hatten große Verwüstungen im Lande angerichtet. Sicard wurde 840 bei einem Auflauf ermordet. Nach seinem Tode wurde sein Schatzmeister Radelchis I. Fürst; aber die Salernitaner wollten ihn nicht anerkennen, sondern machten Sicards Bruder Siconulf zum Fürsten; ihnen trat Amalfi u. Capua bei, u. nach einem mehrjährigen inneren Kriege wurden endlich Salerno u. Capua mit kaiserlicher Genehmigung als besondere Fürstenthümer von B. getrennt (s. Salerno [Gesch.], u. Capua [Gesch.]); zu B. gehörte noch Samnium, Lucanien u. Apulien. Radelchis regierte noch bis 851 in B., wo ihm sein Sohn Radelgar folgte; dieser, ein frommer u. tapferer Mann, übergab 854 die Herrschaft seinem Bruder Adelchis (Adelgis), von den Griechen Theodor genannt. Da das Land viel von den Sarazenen zu leiden hatte, so rief er 862 die Franken zu Hülfe. Diese trieben es aber so arg. daß er sich von ihrem Einfluß zu befreien suchte. den Kaiser Ludwig II. 40 Tage in B. gefangen hielt u. sich nun mehr auf griechische Seite neigte. Seinen Tod fand er 878 bei einem Aufstande. In B. war nun eine fränkische u. griechische Partei; zu letzterer gehörte Gaideris, der Neffe des Adelchis, der sich des Thrones bemächtigte; 881 von der fränkischen Partei gestürzt floh er nach Griechenland, u. nun kam Radelchis II., Adelchis Sohn, zur Regierung. Schwach u. unfähig, die Unruhen im Inneren zu dämpfen, wurde er 884 abgesetzt u. sein Bruder Ajo II, zum Fürsten gewählt. Diesen nahm Guido von Spoleto zu Capua gefangen u. zog als Fürst in B. ein, mußte aber, von den Sipontinern genöthigt, Ajo freigeben. Der Letztere gerieth 886 in Streitigkeiten mit den Griechen, wurde geschlagen u. in Bari belagert; hier st. er 890, u. sein zehnjähriger Sohn Ursus, den er schon früher zu seinem Mitregenten erklärt hatte, folgte ihm. Allein der griechische Kaiser Leo schickte 891 ein Heer nach Italien, welches B. nach dreimonatlicher Belagerung einnahm u. den Ursus vertrieb. B. stand nun unter griechischer Botmäßigkeit; der erste Statthalter war Symbatikios. Unter Theodoros Turmaka empörte sich das Volk u. übergab die Stadt an Guido III. von Spoleto. In Guidos Abwesenheit 896 bemächtigten sich die Griechen wieder B-s; aber 898 vertrieb sie Agiltrud, Herzogin von Spoleto, u. führte ihren Bruder, den vertriebenen Radelchis II., wieder auf den Thron von B. zurück. Nach dem Tode seiner Schwester stand der schwache Radelchis ganz unter dem Einflusse des eigenmächtigen Biriald: durch die von demselben vertrieben Familien Rofred[562] u. Potellfed, welche eine Zuflucht in Capua fanden, wurde 900 Athenulf I., Graf von Capua, nach B. gebracht u. an Radelchis Stelle zum Fürsten von B. erhoben. Nachdem er die nöthigen Anordnungen in B. gemacht hatte, kehrte er 907 nach Capua zurück, indem er die Regierung dem Bischof Peter übergab, Peter aber, im Verdacht, sich der Abhängigkeit von Capua entziehen zu wollen, wurde bald darauf exilirt. Athenulf st. 910 u. ihm folgten in gemeinschaftlicher Regierung seine Söhne Landulf I. u. Athenulf II. Da sie ihren Sitz in Capua hatten, so kam die Stadt B. mehr u. mehr in Verfall u. auch das Fürstenthum wurde dadurch immer mehr geschwächt, daß sich in einzelnen Theilen neue Herrschaften bildeten. Die Fürsten standen Anfangs unter griechischem Einfluß, u. gegen die immer mächtiger werdenden Sarazenen behaupteten sich jene durch griechische Hülfe; da sie sich aber die Griechen dadurch zu Feinden gemacht hatten, daß sie die von denselben abgefallenen Provinzen Apulien u. Calabrien unter ihren Schutz genommen hatten, so verbanden sich die Griechen mit den Sarazenen u. gewannen 919 die abgefallenen Länder wieder; 929 aber schlug Landulf die Griechen u. eroberte Apulien. Inzwischen war Athenulf aus seinen Staaten vertrieben worden u. hatte sich nach Salerno begeben (wo er 933 st.); Landulf regierte seit 940 bis an seinen Tod 943 mit seinen Söhnen Landulf II. u. Athenulf III.; Landulf führte, wie sein Vater, die Regierung; 943 nahm er seinen Sohn Pandulf I. Eisenkopf u. 959 auch noch seinen anderen Sohn Landulf III. (st. 968) zu Mitregenten an; er st. 961, nachdem er 959 noch einen Krieg mit Papst Johann XII. geführt hatte. Nach Landulfs III. Tode machte Pandulf seinen Sohn Landulf IV. zum Mitregenten u. schickte ihn als Herzog nach B. Pandulf schloß Freundschaft mit Kaiser Otto dem Gr. u. wurde dessen Vasall. 969 wurde er bei Bovino von den Griechen gefangen, aber 970 wieder freigelassen. Damals hatte B. u. Capua viel von den Raubzügen der Griechen zu leiden. 974 wurde Pandulf auch Fürst von Salerno (s.d.) u. vereinigte so das alte Herzogthum B. wieder zu einem Ganzen, u. da er die Mark Spoleto auch noch an sich brachte, so wurde sein Reich eins der mächtigsten in Italien. Nach Pandulfs Tode 981 herrschte Landulf IV. 6 Monate allein, worauf er von Pandulf II. verdrängt wurde u. bald darauf gegen die Sarazenen fiel. Pandulf II., ein Neffe Pandulfs I., war von diesem von der Nachfolge ausgeschlossen worden; jetzt riefen ihn die Beneventiner auf den Thron. Er nahm 987 seinen Sohn Landulf V. u. 1012 seinen Enkel Pandulf III. zu Mitregenten an; Landulf V. herrschte nach seines Vaters Tode 1014 bis 1033, wo er st. Er war ein treuer Vasall des Kaisers Heinrich II. (vgl. Capua [Gesch.]). Pandulfs III. u. seines Sohnes Landulf VI. (Mitregent seit 1038) Regierung war unglücklich; eine Entzweiung (1047) mit dem Kaiser hatte die Folge, daß B. den Normännern ganz Preis gegeben. wurde u. der Papst den Bann über B. aussprach (1050). Als in Folge davon, daß von der päpstlichen Partei eine Versöhnung mit dem Kaiser vermittelt wurde, Pandulf III. u. Landulf VI. die Stadt verlassen u. sich unter normännischen Schutz begeben hatten, so übergab die nun mächtige päpstliche Partei B. dem Papst Leo 1051. Als Fürst wurde von dieser Partei 1053 Rudolf eingesetzt, aber von den Normannen geschlagen, entfloh er, u. Pandulf u. Landulf kehrten nach B. zurück. 1056 ernannte Pandulf III. seinen Enkel Pandulf IV. zum Mitregenten seines Vaters Landulf VI. u. ging selbst 1059 in ein Kloster. 1074 mußte Landulf dem Papste Gregor VII. den Huldigungseid schwören; in diesem Jahre fiel auch Pandulf in einer Schlacht gegen die Normänner; 1077 st. Landulf VI. u. mit ihm st. das longobardische Fürstenhaus von B. aus. Das Herzogthum B., mit Ausnahme der Stadt, rissen nun die Normannen an sich, die Stadt B. war von da an päpstlich. Im 11. u. 12. Jahrh. wurden hier die vier Beneventinischen Concilien gehalten; auf dem ersten 1087 wurde der Gegenpapst Guibert excommunicirt u. die Investitur von Laien verboten; das zweite 1091 war ebenfalls gegen Guibert; das dritte wurde 1108 von Paschalis II. wieder gegen die Investitur von Laien berufen u. auf dem vierten 1117 der Bischof Mauritius Berdinus (später Gregor VIII.) excommunicirt. Den 26. Febr. 1266 siegte bei B. Karl von Anjou über Manfred von Neapel, welcher blieb. 1418 kam B. an Neapel, aber von Ferdinand I. erhielt es Papst Alexander VI. zurück u. übergab es Ferdinands ältesten Sohn Johann als ein Herzogthum; doch wurde derselbe bald ermordet. 1688 wurde B. durch ein Erdbeben gänzlich verwüstet; den Wiederaufbau unterstützte der nachmalige Papst Benedict XIII., der damals Erzbischof von B. war, aus seinem Privatvermögen. 1761 wurde B., wegen der Härte des Papstes Clemens XIII. gegen den Infanten Philipp von Parma, von den Neapolitanern besetzt, aber 1774 an Clemens XIV. zurückgegeben. 1798 entrissen es die Franzosen dem Papste u. verkauften es an Neapel; 1799 zerstreute in einer Schlacht bei B. der Cardinal Ruffo die republikanischen Truppen (s. Französischer Revolutionskrieg). 1806 wurde B. als Fürstenthum von Napoleon dem Minister Talleyrand überlassen, 1815 aber an den Papst zurückgegeben, der König von Neapel behielt nur einige Hoheitsrechte. 1820 fand ein Volksaufstand Statt, welcher bald gedämpft wurde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 561-563.
Lizenz:
Faksimiles:
561 | 562 | 563
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Gellert, Christian Fürchtegott

Die Betschwester. Lustspiel

Die Betschwester. Lustspiel

Simon lernt Lorchen kennen als er um ihre Freundin Christianchen wirbt, deren Mutter - eine heuchlerische Frömmlerin - sie zu einem weltfremden Einfaltspinsel erzogen hat. Simon schwankt zwischen den Freundinnen bis schließlich alles doch ganz anders kommt.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon