[580] Spolēto, 1) bis 1861 Delegation im Kirchenstaat, Theil des alten Umbrien, 55,31 QM. mit 134,939 Ew., zum großen Theil Gebirgsland, aber sehr fruchtbar (Getreide, Wein, Öl) u. mit herrlichen Alpenwiesen; 2) seit 1861 Bezirk der italienischen Provinz Umbrien, 70,011 Ew.; 3) Hauptstadt hier, an der Maroggia gelegen, Sitz eines Bischofs, ansehnliche Paläste, Castell, Kathedrale mit einer Mosaik von 1207, Frescogemälden von Fra Filippo (dessen Grab auch hier ist), von Caracci u.a., 22 andere Kirchen, Klöster; viele Alterthümer (Cyklopische Mauern, Ruinen eines Theaters, Tempel des Jupiters, der Concordia, des Mars, Portadella Fuga od. Porta d'Annibale, Reste eines angeblichen Palastes Theoderichs); 16,000 Ew., welche Hüte u. Wollenzeuge machen. Dabei der große Aquäduct delle Torre, von den ehemaligen Herzögen über eine tiefe Kluft gebaut, zugleich Brücke u. Wasserleitung, u. über die Maroggia eine alte Römerbrücke. Vgl. Progetto di sistemazione dei torrenti e scoli della valle Spoletana, Rom 1828, Fol.
Die Stadt S. (Spoletium, Spoletum), wurde 242 v. Chr. als römische Colonie gegründet, wurde durch seine Lage an der Via Flaminina bald bedeutend u. hielt sich nach Hannibals Siege am Trasimenischen See 217 v. Chr. (daher noch jetzt die Porta d'Annibale in der Stadt), litt aber viel in den Bürgerkriegen des Marius gegen Sulla, doch erhob sie sich in der Folge wieder u. erhielt auch eine ordentliche bürgerliche Einrichtung. Der Ostgothenkönig Theoderich hielt sich gern hier auf. In den Kämpfen mit den Griechen wurde S. von den Gothen unter Totila zerstört, aber von Narses wieder aufgebaut. Zu der Zeit der longobardischen Herrschaft in Italien wurde S. nebst Fano von Feroald (Faroald) erobert, u. daraus erwuchs nachher das Herzogthum S., welches in Lehnsabhängigkeit von dem Könige der Longobarden stand u. am Ende des 9. Jahrh. einen Theil des alten Picenum, das Marser-, Peligner-, Vestiner- u. Sabinerland nebst dem Haupttheile Umbrien umfaßte; es lag also zwischen der Pentapolis, dem Herzogthum Benevent, Rom, Perusium u. dem Adriatischen Meere, begrenzt im Norden von dem Musone, im Süden von Aterno, begriff den nördlichen Theil des jetzigen Abruzzo u. das daran stoßende Südoststück des Kirchenstaates. Wenn noch von einem zweiten Herzogthum S. die Rede ist, so versteht man darunter das Herzogthum od. die Mark Camerino, welche seit den Sächsischen u. Fränkischen Kaisern die östliche Hälfte des Herzogthums S. ausmachten u. später Mark Fermo hieß. Feroald plünderte Classis, kam aber 583 aus einem Zuge gegen Ravenna um, u. ihm folgte Ariulf (Arnulf), ein longobardischer Krieger. 592 unternahm er einen Feldzug nach Rom u. erzwang durch sein Kriegsglück vom Papst [580] Gregor I. das Versprechen nichts gegen die Longobarden u. den Herzog von Benevent zu unternehmen, worauf ein Waffenstillstand geschlossen wurde. Darnach besiegte er die Griechen bei Camerino, welche Stadt nun zu S. geschlagen wurde. Als Ariulf 602 gestorben war, entstand zwischen zwei Söhnen Feroaids od. Ariulfs ein Streit über die herzogliche Würde; in einer Schlacht behielt Theodelap I. die Oberhand u. wurde Herzog; nach langer Regierung folgte ihm Grimoald u. nach 18 Jahren Theodelap II.; nach diesem wurde um 650 Azzo (Atto) Herzog, welcher aber nicht lange regierte; u. nun wählte König Grimoald 663 (665) den Grafen von Capua, Thrasimund, welcher ihm bei seiner Thronbesteigung wichtige Dienste geleistet hatte, um Herzog u. gab ihm seine Tochter zur Gemahlin; Thrasimund st. 701 (703). Sein Sohn Feroald II. eroberte Classis wieder, welches die Griechen unter seinem Vater besetzt hatten, legte 724 die Regierung nieder u. ging in das von ihm gestiftet: Kloster St. Peter von Ferentillo. Sein Sohn Thrasimund II. strebte sich von dem Longobardenkönig unabhängig zu machen, in welcher Absicht er ein Bündniß mit dem Herzog von Benevent u. mit dem Papst gemacht hatte, aber König Luitprand überraschte ihn, u. er gelobte neuen Gehorsam; indeß brach er sein Versprechen bald wieder, u. da der König 738 (740) gegen ihn marschirte, floh er nach Rom. Luitprand eroberte S. u. setzte seinen Neffen Hilderich als Herzog ein. Aber sobald der König nach Pavia zurückgekehrt war, schloß Thrasimund sein Bündniß mit dem Herzog von Benevent inniger u. verdrängte 741 Hilderich. Luitprand zog von Neuem wider ihn, konnte ihm aber nichts anhaben, bis endlich der Papst Zacharias, welchem Thrasimund nach Erreichung seiner Absicht die gemachten Versprechungen nicht hielt, sich mit Luitprand vereinigte. Nun wollte sich Thrasimund dem Könige unterwerfen, der aber entsetzte ihn, schickte ihn in ein Kloster (741) u. setzte, da Hilderich gegen Thrasimund gefallen war, einen andern seiner Neffen, Ansprand (Agiprand) als Herzog von S. ein; dieser st. 746; ihm folgte Guelf (Lupus, Lupon). Nach dessen Tode, 757, wählten die Stände des Herzogthums den Alboin; dieser vereinigte sich wieder mit den Römern u. begab sich unter fränkischen Schutz; König Desiderius fiel deshalb 758 in S. ein, nahm Alboin gefangen u. setzte 759 Gisulf als Herzog ein, welcher bis 763 regierte. Sein Nachfolger Theodich nahm lebhaften Antheil an den damaligen Streitigkeiten der Römer wegen der Papstwahl. Als in dem Kampfe der Franken u. Longobarden um den Einfluß in Mittelitalien die Letztern den Kürzeren zogen, unterwarfen sich die Spoletiner dem Papst Hadrian I., welcher auch die Wahl ihres neuen Herzogs Hildebrand (773) billigte, woher sich die Behauptung der Päpste schrieb, S. gehöre ihnen, wie es ihnen denn auch Karl der Große noch bes. versprochen haben sollte. Eigentlich stand S., wie andere italienische Herzogthümer, unter der Oberhoheit der Könige von Italien. Hildebrand war zwar in die Verschwörung der Beneventiner gegen die Franken verwickelt, doch söhnte er sich mit Karl dem Großen aus, besuchte denselben persönlich in Compiegne u. stritt 788 für ihn gegen die Griechen. 769 folgte ihm Winigis, ein Franke; er nahm 802 an dem Beneventinischen Kriege Theil, wurde zu Lucara, welches er besetzte, von Grimoald von Benevent gefangen, unterdrückte nach Karls des Großen Tode die Verschwörung in Rom gegen die Franken u. ging 822 in ein Kloster. Nach ihm regierte bis 824 Suppo I., vorher Graf von Brescia, dann Adelhard, ein Deutscher, u. Moring, Graf von Brescia, beide nur ganz kurze Zeit. Nach Moring ist bis Berengar (836) eine Lücke in der Geschichte der Herzöge von S.; auf Berengar aber folgte um 838 (843) Guido I., ein Franke, welcher Benevent von der Belagerung seines Schwagers Siconulf von Salerno befreite. 866 regierte sein Sohn Lambert I., welcher Capua eroberte, sich aber durch seine Strenge verhaßt machte; 867 wurde er vom Kaiser nach Rom geschickt, um die Rechtmäßigkeit der Wahl des Papstes Hadrian II. zu untersuchen; dort aber plünderte u. brandschatzte er, daß ihn der Papst in den Bann that, bis er die Beute wieder herausgab. Darauf unternahm er öfter Streifzüge in das Römische Gebiet; ja er benutzte auch den Zeitpunkt (871), wo Herzog Adelgis von Benevent den Kaiser Ludwig II. gefangen genommen hatte, sich unabhängig zu machen; doch rückte Ludwig nach seiner Befreiung in S. ein u. Lambert floh nach Benevent. Der Kaiser verzieh ihm zwar, setzte ihn jedoch 871 ab u. an seine Stelle seinen ersten Minister Suppo II.; dieser wurde aber von Karl dem Kahlen 876 zum Herzog von Mailand gemacht u. Lambert wieder in S. eingesetzt, doch erhielt sein Bruder Guido die Mark Camerino (s. oben). Lambert ergriff in dem Streite Karlmanns u. Karls des Kahlen die Partei des Letzteren u. bemächtigte sich 877 Roms, wurde aber vom Papst Johann VIII. excommunicirt. Er st. 679 (880), u. sein Sohn Guido II. regierte nur kurze Zeit. Ihm folgte sein Oheim Guido III., der Markgraf von Camerino. Dieser die Schwäche des Karolingischen Hauses benutzend, suchte die Kaiserkrone an sich zu reißen, weshalb er sich mit den Sarazenen verband u. Unterstützung vom byzantinischen Kaiser erhielt, er wurde des Hochverraths beschuldigt, 882 (881) in die Acht erklärt, u. Berengar von Friaul mit der Vollstreckung der Acht beauftragt; 885 von dem Kaiser begnadigt, verlangte er 889 als ein Karolinger nach Karls des Dicken Tode die Kaiserkrone, doch mußte er sich mit dem römischen Italien begnügen, während Berengar das fränkische bekam; indeß gelang es ihm diesen aus seinem Theile zu vertreiben u. er wurde 891 als Kaiser von Italien gekrönt. Kaiser Arnulf setzte aber Berengar 893 wieder ein u. Guido st. 894. Während dieser Zeit war S. sehr von den Sarazenen heimgesucht worden. Lambert II., Guidos III. Sohn, war schon 891 Mitregent seines Vaters gewesen; als er 894 Kaiser wurde, setzte er seinen Bruder Guido als Herzog von S. ein, welcher die Griechen aus Benevent vertrieb u. 898 starb. Nachher behauptete sich seine Gemahlin Agiltrud eine Zeitlang in S., u. dann ist vielleicht der Markgraf Alberich von Camerino auch Herzog von S. gewesen; bestimmt wird wieder 922 Bonifacius als Herzog von S. u. Markgraf von Camerino genannt. Dieser entschied bei Firenzuola den Sieg Rudolfs von Böhmen über Berengar. Sein Sohn Theobald I., seit 926, half den Beneventinern die Griechen besiegen; zu seinem Nachfolger wurde 935 Anschar, Sohn des Markgrafen Adalbert von Ivrea, vom König Hugo gesetzt, da jedoch Hugo die Untreue Anschars fürchtete, so schickte er den Burgunder Sarlio (Sarilfo) nach S., um sich eine Partei zu gewinnen u. Auscharn die[581] Herzogswürde zu entreißen. Es kam zum offenen Kampfe, in welchem Anschar blieb (940). Nun wurde Sarlio Markgraf (dieser Titel wechselte damals mit dem eines Herzogs), aber auch dieser wurde dem mißtrauischen Hugo verdächtig u. in eine Stadt Toscanas von Hugo eingeschlossen, konnte er nur dadurch sein Leben retten, daß er in ein Kloster ging (943). Sein Nachfolger Hubert (Humbert) war ein natürlicher Sohn Hugos, Markgraf von Toscana u. Schwiegersohn des Herzogs Bonifacius; seit ihm waren die Marken Toscana u. S. meist vereinigt. Weil er den Königen Hugo u. Lothar treuanhing, so wurde er dadurch Berengarn II. verhaßt, vor welchem er auch 946 nach Ungarn floh. Markgraf wurde nun Bonifacius II. (st. 957), dann Theodebald II. (st. 959) u. Thrasimund III.; 967 kam S. unter Berengar II. an Capua, dessen Markgraf, Pandulf Eisenkopf, Grafen als Statthalter dort einsetzte. Doch wurde S. nochmals wieder von Capua getrennt u. Thrasimund IV. wurde um 982 Markgraf. Ihm folgte 989 Hugo I., Herzog u. Markgraf von Toscana, als Markgraf von S- u. 995 nach Thrasimunds Tode als Markgraf von Camerino. Nach seinem Tode (um 1001) scheint Bonifacius II., Sohn des Grafen Albert, bis 1012 Markgraf von S. gewesen zu sein; nachher werden Johann u. 1028 Hugo II. als Markgrafen genannt. Schon die Markgrafen seit Thrasimund IV. waren bloße Statthalter, welche durch die Kaiser ein- u. abgesetzt wurden; die nach Hugo II. folgenden lassen sich mit Bestimmtheit nicht angeben, Durch Kaiser Heinrich II. wurde S. mit Toscana vereinigt u. dadurch der Grund zu dem großen Reiche gelegt, welches nachmals seine Tochter Mathilde (s. Toscana, Gesch.) besaß, wenigstens war sie Herrin bis an das Adriatische Meer, so lange ihr Gemahl Gottfried lebte, welchen der Kaiser zum Markgrafen von S. gemacht hatte, u. auch nachher blieb sie es, wohl wegen ihrer zahlreichen Allodialgüter in der dortigen Gegend, mit Anerkennung der daselbst eingesetzten kaiserlichen Richter. Später wurde aus der Mark Camerino die Mark Fermo u. aus S. bildete sich die Mark Ancona (s.d.), deren Grafen zuweilen auch über das ganze Herzogthum S. herrschten, wie Guarner II. (s. Ancona). Bei den Einfällen der Normänner riß König Robert einen Theil der Mark Fermo bis an den Tronto an sich, welcher auch bei dem Königreich Apulien blieb. Seit dem 13. Jahrh. gehörte das Herzogthum S. nebst der Mark Fermo zu dem Kirchenstaate; die einzelnen Städte hatten sich in den Kämpfen der Ghibellinen u. Guelfen selbst vom Papste unterworfen. 18101814 war die Stadt S. Hauptstadt des französischen Departements Trasimeno. Vgl. Conti, Storia di S., 1672.
Buchempfehlung
Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.
112 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro