Feuerwehr

[248] Feuerwehr, die Gliederung einer Anzahl Personen einer Ortschaft zu einer Körperschaft zu dem Zwecke, die persönlichen Dienste bei Feuersbrünsten zu thun. Diese Gliederung ist sehr verschieden nach Maßgabe der Größe u. Lage der Ortschaft u. dem Höhepunkt ihrer bürgerlichen od. gesellschaftlichen Ausbildung. In den größern Städten ist eine vollkommen einexercirte u. besoldete Schaar fest angestellt, die man Pompiers (Spritzenleute) nennt. Städte, welche eine solche Mannschaft nicht erhalten können, haben wenigstens eine besoldete Mannschaft als F., welche auf gegebenes Feuersignal zum Feuerdienst sich zu stellen verbunden ist. Zur Beihülfe sind die Bürger, auch wohl deren Gehülfen, Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen, Knechte etc. in besonderen Abtheilungen, mit eignen Ober- u. Unteranführern verpflichtet. Die Anordnung wird in der Regel so getroffen: a) Spritzenrotte od. Feuerschaar, zur Bedienung der Spritzen, besteht aus Schlossern, Schmieden, Tischlern u. ähnlichen Handwerkern, die wieder bei jeder Feuerspritze in den Spritzenmeister, welcher die Spritze befehligt, deren Wirkung beobachtet, ihren Bau genau kennt u. in dem Augenblicke etwaiger Stockungen möglichst abzuhelfen weiß; den Standrohrführer, welcher das Standrohr leitet, u. nach Befinden den Schlauchrohrführer, den Schlauchmeister für den Zubringer u. so viel Mannschaft, als die Spritze u. die Schläuche bedürfen, getheilt ist; b) Gewerksrotte (Pionniere, Einreißschaar), zum Einreißen, besteht aus Zimmerleuten, Maurern, Schieferdeckern u. dgl., welche mit Axten, Brecheisen, Haken, Stricken an Haken etc. bewaffnet sind; c) die Wasserschaar (Zubringungsabtheilung) bilden gewöhnliche Bürger, sie besorgt die Herbeischaffung des Wassers im Eimern u. Sturmfässern u. die Herbeischaffung des Löschapparais; d) die Wachschaar patrouillirt in den nicht brennenden Straßen, besetzt u. erhält dse Ausgänge des Orts, wo es brennt, u. achtet bes. auf das Flugfeuer, welches von dem durch das Feuer in die Höhe, vom Winde weiter getriebenen brennenden Stroh, Getreide, Papier veranlaßt wird, damit dieses nicht von Neuem zünde; sorgt dafür, daß die Luken in Dächern u. Magazinen geschlossen werden, damit sich das Feuer nicht dadurch weiter verbreite: achtet darauf, daß nichts gestohlen werde u. daß keine Unordnungen vorkommen, läßt auch, um Stehlen u. hauptsächlich die mit Gedränge stets verbundene Unordnung zu vermeiden, Niemand als die F-mannschaft zum Plgtz der F. Diese Abtheilungen unterscheiden sich durch ein Schild, eine Armbinde, Cocarde u. dgl. von einer besonderen Farbe von einander. Sie tragen auch Kittel, Gürtel u. schützende Kopfbedeckungen von einerlei Art u. Schnitt. Außer diesen Abtheilungen besteht noch: e) eine Rettungsschaar; sie führt meist Rettungsgeräth u. Maschinen bei sich (s.u. Feuerlöschanstalten). Mehrere Städte zeichnen sich durch zweckmäßige Einrichtung von F-en aus, so Berlin. Im Jahre 1851 wurde dort die F. ins Leben gerufen u. macht, abgesehen von der ersten Ausgabe für die Einrichtung, über 100,000 Thlr. jährliche Unterhaltungs- u. Verwaltungskosten nöthig. Sie wird gebildet[248] aus dem Branddirector, einem Brandinspector, 4 Brandmeistern, 40 Oberfeuermännern, 180 Feuermännern u. 360 Spritzenleuten. Die Mannschaften haben 48 Stunden Dienst u. 24 Stunden Ruhe, indeß muß ein Theil der jedesmal Ruhehabenden die öffentlichen Theater u. Vergnügungsorte beziehen, um die nöthigen Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung eines Feuers zu treffen u. zu überwachen. Zu der F. gehört ferner die Mannschaft zur Bedienung für die Spritzen, nämlich 44 Rohrmeister u. 220 Druckmeister Die Kleidung des gewöhnlichen Feuermmans ist eine blaue Tuchjacke mit Schoß u. Verzierungen, graue Tuchhosen, Zwillighosen u. Jacke zum Überziehen, Feuerkappe von schwarz lackirtem Leder, die bis tief über den Nacken hinunterreicht. Um den Leib trägt der Feuermann einen 4 Zoll bre iten Rettungsgurt aus Rindsleder, woran sich ein stählerner Rettungshaken, eine Fangleine im Ring, ein Handbeil in lederner Tasche, ein Nagelzieher u. stählerner Schuh befinden. Der Feuermann darf nicht über 40 Jahre alt sein u. muß in der Armee gedient, eine vierwöchentliche Probezeit bestanden u. bei seiner Anstellung einen Eid durch Handschlag abgelegt haben. Die gesammte Mannschaft ist auf 18 Feuerwachen vertheilt, welche sich in verschiedenen Stadttheilen befinden. Auf jeder dieser Wachen ist eine große fahrbare Spritze nebst Hakenleitern od. Steigleitern, Rettungssack u. eine Rädertiene (s.u. Feuerlöschanstalten) vorhanden, zu deren Bedienung ein Oberfeuermann mit vier Feuermännern u. dem nöthigen Gespann gehören. Außerdem gibt es 5 Brandinspectionen: jede derselben enthält eine Maschinenleiter, einen Utensilien- u. Wasserwagen, 5 Rädertienen u. einen Transportwagen. Dazu gehören die nöthigen Feuermänner u. 25 Spritzenleute, welche sich von 2 Uhr Mittags bis 4 Uhr Morgens bereit halten. Im Mittelpunkte der Stadt liegt endlich die Hauptstation mit 3 Personenwagen, einem Wasserwagen, 2 Oberfeuermännern, 37 Spritzenleuten u. 20 Feuermännern. Bricht nun in irgend einer Straße Feuer aus, so geschieht die erste Meldung von dem betreffenden Constabler od. Wächter, die sie von der Telegraphenstation erhalten, wo sie ihren Standort haben, an den nächsten Wachtposten der F. Dieselbe rückt dann aus; die Fahrzeuge werden mit Blitzesschnelle bespannt etc. u. in 11/2, spätestens 3 Minuten ist Alles fertig. Die Telegraphenhauptstation gibt auch den anderen Feuerwachen wonöthig Nachricht, u. so werden fast gleichzeitig sämmtliche Feuerwachen Berlins von dem Orte des Brandes u. dem Umfange desselben in Kenntniß gesetzt. Die Commandos werden mit einer Pfeife gegeben, die zwei schrille Töne hat, woraus sich viele Signale zusammensetzen lassen. Eine ähnliche Einrichtung besteht in Leipzig durch freiwilligen Beitritt von Turnern zu einer Turnerfeuerwehr neben der städtischen F., die aus Personen besteht, welche ihre Arbeit als Feuer- u. Spritzenleute neben anderen Geschäften ausführen u. zu denen sich als Wachtschaar die Bürgergarde (Communalgarde) gesellt. Vgl. Feuerpolizei. Everats, Feuerbuch für alle Stadt- u. Landgemeinden etc., nach den Grundsätzen des Pariser Spritzencorps bearbeitet von Petri, Ilmen. 1829; Föllner, Schutz, Rettung u. Hülfe in Feuersgefahr, Quedlinb. 1826; Rommerdt, Feuerschutzbuch für Stadt u. Land, Gotha 1827; Nübling, Rettungsanstalten bei F-en, Ulm 1829; Teichmann, Feuersnoth- u. Hülfsbuch, Lpz. 1831; Handbuch der Pariser Feuerwehr, bearbeitet von Schunck, Braunschw. 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 248-249.
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